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Schlagwortarchiv für: Umweltschutz

Dr. Maximilian Schmidt

BVerfG: Luftverkehrssteuer verfassungskonform

Lerntipps, Öffentliches Recht, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Verfassungsrecht

Das BVerfG hat mit Urteil vom 5.11.2014 – 1 BvF 3/11 entschieden, dass die ab dem 1.1.2011 in Deutschland geltende Luftverkehrssteuer mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Der Fall beinhaltet verschiedene rechtliche Aspekte, die sowohl in Gänze als auch in Teilen in einer Examensklausur oder einer mündlichen Prüfung geprüft werden könnten. Zudem kann der Fall als kleines verfassungsrechtliches Repititorium dienen.
I. Sachverhalt (der Pressemitteilung entnommen)

Das Luftverkehrsteuergesetz begründet eine Steuerpflicht für die in Deutschland ab dem 1. Januar 2011 startenden Abflüge von Fluggästen, die von einem gewerblichen Luftverkehrsunternehmen transportiert werden, nicht aber für private Flüge und Frachtflüge. Von der Besteuerung ausgenommen sind ferner Flüge zu hoheitlichen, militärischen und medizinischen Zwecken, Versorgungsflüge von und zu Nordseeinseln sowie Transit- und Transferflüge. Neben der Erzielung von Einnahmen in Höhe von einer Milliarde Euro jährlich soll die Abgabe nach der Gesetzesbegründung lenkend wirken, indem sie Anreize für ein umweltgerechteres Verhalten im Bereich des Flugverkehrs setzt. Die Regierung des Landes Rheinland-Pfalz hat das Luftverkehrsteuergesetz im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle zur Prüfung gestellt.

Zweck der Regelung ist – neben der Generierung von Einnahmen – der Schutz der Umwelt; durch die Steuer und die hierdurch steigenden Preise erhofft man sich eine Lenkungswirkung für weniger Flüge und somit weniger Ausstoß von CO2.
II. Rechtsfragen
1. Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes
Zunächst müsste das Luftverkehrssteuergesetz der Gesetzgebungskompetenz des Bundes unterfallen. Neben den aus dem ersten Semester bekannten Zuständigkeitregelungen der Art. 70 ff. GG finden sich für die Steuergesetzgebung in Art. 105 GG besondere Kompetenzzuweisungen. Für die Luftverkehrssteuer ergibt sich die Zuständigkeit aus Art. 105 Abs. 1 Alt. GG i.V.m. Art. 106 Abs. 1 Nr. 3 GG. Danach stehen dem Bund

die Straßengüterverkehrsteuer, die Kraftfahrzeugsteuer und sonstige auf motorisierte Verkehrsmittel bezogene Verkehrsteuern,

zu. Fraglich war, ob unter den Begriff des „sonstigen motorisierte Verkehrsmittel“ auch Flugzeuge fallen. Dies bestätigte das BVerfG überzeugend. In einer Prüfung müsste hier kurz argumentiert werden, dass mit Art. 106 Abs. 1 Nr. 3 das Steuersetzungsrecht für das gesamte motorisierte Verkehrswesen dem Bund übertragen werden sollte. Hierfür spricht, dass eine je nach Bundesland differierende Luftverkehrssteuer wenig zielführend wäre.
2. Verstoß gegen Art. 80 GG durch Rechtsverordnungsermächtigung
In einem nächsten Schritt ist zu prüfen, ob die in § 11 Abs. 2 Luftverkehrsgesetz vorgesehene Rechtsverordnungsermächtigung den Anforderungen des Art. 80 GG genügt. Danach können qua Rechtsverordnung die Steuersätze jeweils mit Wirkung zu Beginn eines Kalenderjahres unter Berücksichtigung der Vorjahreseinnahmen aus dem Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten prozentual abgesenkt werden. Da sich in § 11 Abs. 2 S. 2 eine genaue Berechnungsmethode findet, erlaubt die Rechtsverordnung keine Entscheidung über „Ob“ und „Wie“ der Steuer, sondern vielmehr wird nur eine jährliche Neuberechnung ermöglicht. Der Exekutive bleibt also kein freier Entscheidungsspielraum wie hoch die Steuer nun ausfallen soll – was mit dem in Art. 80 GG zum Ausdruck kommenden Demokratieprinzip auch nicht vereinbar wäre.
3. Verstoß gegen Art. 3 GG wegen Beschränkung auf gewerbliche Passagierflüge
Das Luftverkehrssteuergesetz normiert nur eine Steuer auf gewerbliche Passagierflüge, weswegen ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG im Hinblick auf die Steuerfreiheit von nicht-gewerblichen Passagierflügen sowie gewerblichen Frachtflügen in Betracht kommt. Bei Festlegung des tertium comparationes, also des Oberbegriffs zur Feststellung einer Ungleichbehandlung, wird man eine Vergleichbarkeit von gewerblichen und nicht-gewerblichen Flügen schon ablehnen müssen.
Hinsichtlich der Unterscheidung von Passagierflügen und Frachtflügen führt das BVerfG in der Pressemitteilung aus:

Mit der Belastung von gewerblichen Passagierflügen hat der Gesetzgeber den Steuergegenstand in verfassungsgemäßer Weise gewählt. Der Gesetzgeber war nicht aus Gleichheitsgründen gehalten, zugleich auch den privaten Flugverkehr und Frachtflüge mit der Luftverkehrsteuer zu belegen. Wegen seines weitgehenden, demokratisch legitimierten Spielraums bei der Auswahl von Steuergegenständen wird der Gesetzgeber vom Gleichheitssatz nicht gezwungen, nach einer einmal getroffenen Entscheidung für ein bestimmtes Steuerobjekt zugleich auch alle ähnlichen, für den Steuerzweck ebenfalls geeigneten Steuerobjekte in die Belastung einzubeziehen. Erst nachdem der Steuergegenstand ausgewählt ist, unterliegt der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Steuergesetzes engeren Bindungen aus Art. 3 Abs. 1 GG.

Ein Verstoß gegen Art. 3 GG liegt damit nicht vor. Das BVerfG verneint schon eine Ungleichbehandlung, so dass es auf eine Rechtfertigung nach Willkür- oder Neuer Formel nicht mehr ankommt.
4. Verstoß gegen Art. 3 GG wegen Ausnahme von Inselflügen und militärischen Flügen
Auch hinsichtlich der getroffenen Ausnahmen verneint das BVerfG einen Verstoß gegen Art. 3 GG. Insoweit nimmt es allerdings an, dass eine zu rechtfertigende Ungleichbehandlung vorliegt, die dann nach der Willkürformel (also mit Sachgrund) gerechtfertigt werden kann.

Die vom Luftverkehrsteuergesetz bestimmten Ausnahmen von der Steuerbelastung werden durch stichhaltige Sachgründe getragen. Die Steuerentlastung von Inselflügen sichert die Daseinsvorsorge für die Inselbewohner. Die Befreiung von Flügen zu militärischen und anderen hoheitlichen Zwecken rechtfertigt sich bereits aus dem gewählten Gegenstand der Besteuerung. Das Umsteigerprivileg soll die deutschen Flughäfen als internationale Drehkreuze schützten, indem sie in dieser Funktion einer geringeren Belastung unterliegen.

5. Verstoß gegen Art. 3 GG wegen Berechnung des Steuertarifs
Besonders interessant sind die Ausführungen des BVerfG zum Gleichheitssatz hinsichtlich der Berechnung der Luftverkehrssteuer. Diese richtet sich nicht nach der tatsächlichen Flugstrecke, sondern nach der Distanz zum größten Verkehrsflughafen des Ziellandes. Hierdurch kommt es zwangsläufig zu Verzerrungen bei der Berechnung, die aber laut BVerfG aus Vereinfachungsgründen zulässig seien:

Ungleiche Belastungen, die dadurch entstehen, dass die Höhe des Steuertarifs an den größten Verkehrsflughafen des Ziellandes statt an den tatsächlichen Zielflughafen anknüpft, führen nicht zur Unvereinbarkeit des vom Gesetzgeber bestimmten Steuermaßstabes mit Art. 3 Abs. 1 GG. Der für die Besteuerung maßgebliche Flughafen des Ziellandes mit dem größten Verkehrsaufkommen gibt nur bei wenigen sehr großen Ländern oder beim Flug in überseeische Territorien einiger Länder den Distanzmaßstab nicht korrekt wieder. Diese geringen Verwerfungen sind aus Vereinfachungsgründen gleichheitsrechtlich noch tragbar.

An dieser Stelle kann man mit guten Argumenten anderer Auffassung sein. Zwar gilt grundsätztlich, dass die Vereinfachung ein zulässiges Mittel bei der Berechnung eines Steuertarifs sind. Diese muss aber grosso modo die tatsächlichen Umstände wiederspiegeln. Ob dies bei Flügen in große, überseeische Staaten noch der Fall ist, kann angezweifelt werden. Man denke nur an die USA (Flug nach LA, Steuertarif New York –> günstiger für Flugunternehmen) oder Russland (Flug nach Wladiwostok, Steuertarif Moskau). Hier ist dann Argumentationskunst gefragt.
6. Verstoß gegen Art. 12 GG
Hinsichtlich eines Verstoßes gegen die Berufsfreiheit kann sich kurz gefasst werden.
Für die Flugpassagiere hat die Besteuerung schon keine berufsregelnde Tendenz.
Für die Flugunternehmen liegt zwar ein Eingriff in die Berufsausübung vor („Wie“ = Stufe 1 der 3-Stufen-Lehre), der aber mit dem Aspekt des in Art. 20a GG als Verfassungsziel benannten Umweltschutzes gerechtfertigt werden kann.
III. Fazit
Das Luftverkehrssteuergesetz ist also verfassungskonform. Es stellen sich einige Einzelprobleme, die in eine Klausur oder mündliche Prüfung Einzug halten können. An einigen Stellen kann man mit guten Argumenten anderer Meinung sein, jedoch sollten die Besonderheiten der verfassungsrechtlichen Prüfung von Steuergesetzen bekannt sein.

14.11.2014/0 Kommentare/von Dr. Maximilian Schmidt
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Maximilian Schmidt https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Maximilian Schmidt2014-11-14 12:00:392014-11-14 12:00:39BVerfG: Luftverkehrssteuer verfassungskonform
Dr. Christoph Werkmeister

Examensrelevante Probleme im Rahmen von Art. 20a GG

Öffentliches Recht, Verfassungsrecht

Art. 20a GG ist relativ neuer Artikel in unserem Grundgesetz. Anlässlich einer Reihe von Urteilen des BVerfG (etwa kürzlich Urt. v. 12.10.2010 – 2 BvF 1/07), die sich mit dem Thema beschäftigten, halte ich diese Norm durchaus für potentiell examensrelevant.
Normtext Art. 20a [Umweltschutz; Tierschutz]

Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.

Keine subjektiven Schutzansprüche – allein objektives Verfassungsrecht
Art. 20a GG weist den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen als Staatsziel aus. Dies ergibt sich bereits anhand einer grammatikalischen Auslegung und aus der systematischen Stellung. Der Gesetzgeber hat die Norm bewusst nicht unter die Grundrechte im ersten Abschnitt des GG eingereiht hat, sondern die verfassungsrechtliche Verankerung erst im zweiten Grundgesetzabschnitt und hier in räumlich-inhaltlicher Nähe zu den Staatsstrukturprinzipien aus Art. 20 GG vorgenommen
Die historische Auslegung ergibt, dass der Umweltschutz nicht in Form von subjektiven Rechten, sondern allein und nur in der Form einer Staatszielbestimmung gewollt war. Ein Umweltgrundrecht, wie es insbesondere in der politischen und rechtswissenschaftlichen Diskussion der siebziger Jahre angemahnt und eingefordert wurde, war aus politischen Erwägungen herrührend nicht gewollt.
Als Individuum lassen sich aus Art. 20a GG also keine subjektiven Rechte herleiten. Insbesondere erhalten Vorschriften, die keinen drittschützenden Charakter besitzen, einen solchen (und dadurch eine Klagebefugnis) nicht etwa dadurch, dass sie den verfassungsrechtlichen Schutzauftrag des Art. 20a GG auf unterverfassungsrechtlicher Ebene näher ausformen. Weiterhin gewinnt der einzelne aus dem ökologischen Staatsziel folgerichtig kein subjektives einklagbares Recht auf eine bestimmte legislative Tätigkeit.
Aber zumindest objektives Verfassungsrecht
Art. 20a GG enthält allerdings nicht bloß einen verfassungspolitischen Programmsatz, sondern beinhaltet eine unmittelbar geltende, an alle Formen der Staatsgewalt gerichtete, Leitlinie. Nichtsdestotrotz ist auf der anderen Seite festzustellen, dass Art. 20a GG aufgrund der situativen Offenheit und der entwicklungsbedingten Dynamik ökologischer Bedarfslagen – wie etwa auch bei dem Sozialstaatsprinzip – weitgehend offen bzw. konkretisierungsbedürftig ist.
Für die Klausur bedeutet das, dass dieser Begriff insbesondere im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung relevant werden kann. Das verfassungsrechtliche Rechtsgut „Umweltschutz i.S.d. Art 20a GG“ kann dann innerhalb der Abwägung eine Rolle spielen. In diesem Sinne hat das BVerwG ausgeführt, dass durch die ausdrückliche Einordnung der Staatszielbestimmung in die verfassungsmäßige Ordnung klargestellt werde, dass der Umweltschutz keinen absoluten Vorrang genieße, sondern in Ausgleich mit anderen Verfassungsprinzipien und ‑rechtsgütern zu bringen sei. Denkbar ist es ebenso, dass bei der Untersuchung der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen ein Verstoß gegen Art 20a GG geprüft werden muss.
Damit der Einbau von Art. 20a GG in der Klausur gelingt, muss in den Fällen, wo es nicht gerade um den Schutz von Tieren geht, der Begriff „natürliche Lebensgrundlagen“ definiert und subsumiert werden.
Definition des Begriffs „natürliche Lebensgrundlagen“
Eine allgemein verbindliche Definition des Begriffs „natürliche Lebensgrundlagen“ besteht nicht. Es handelt sich um einen weithin gestaltungsoffenen Begriff, der sich je nach Bedarfssituation auf dem Planeten Erde auch ändern kann. Vorsichtige und vorläufige Annäherungen bietet etwa das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (u.a. Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft).
Im Rahmen einer Klausur wäre es bei der Definition dieses Begriffes somit wichtig, darauf einzugehen, dass er die Grundlagen des Menschen erfasst, also z.B. die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts, die Nutzungsfähigkeit der Naturgüter, die Pflanzen- und Tierwelt sowie die Vielfalt, Eigenart und vielleicht sogar Schönheit von Natur und Landschaft. Insgesamt und grundsätzlich geht es um die Gesamtheit der Ökosysteme.
Nicht zu den „natürlichen Lebensgrundlagen“ im Sinne von Art. 20a GG gehören „schutzwürdige Sachgüter“ wie Bauweise und Kulturdenkmäler oder gar das „kulturelle Erbe“, die gelegentlich auf europäischer Rechtsebene in den Umweltschutz einbezogen werden.
Ebenso dürfen nicht die europarechtlichen Maßstäbe für Tiergerechtheit und Naturschutz zur Auslegung des Verfassungsbegriffs herangezogen werden. Das Gemeinschaftsrecht kann systematisch nicht als Mittel zur Definition von Verfassungsgütern dienen. Das EU-Recht stellt vielmehr auf einer eigenen Ebene Mindeststandards auf, deren Verletzung gesondert nach anderen Maßstäben gerügt werden kann.
Keine mittelbare Drittwirkung
Nach Sinn, Wortlaut und auch Entstehungsgeschichte ist die Staatszielbestimmung des Art. 20a GG nur an den Staat bzw. dessen Zuständigkeitsträger, nicht dagegen an Private gerichtet. Als Staatszielbestimmung fällt Art. 20a GG schon wesensmäßig keine Drittwirkung zu. Art. 20a GG konstituiert zwar eine materiale Wertentscheidung zugunsten des Umweltschutzes, diese bedarf aber zuerst der Umsetzung bzw. konkreten Aktualisierung durch den Gesetzgeber.
In Privatrechtsstreitigkeiten spielt Art. 20a GG somit keine Rolle. § 241 Abs. 2 BGB erfasst in seinen Schutzpflichten bereits, dass die körperliche Integrität des Vertragspartners zu achten ist; insofern sind Fälle, bei denen aufgrund von Umweltverschmutzung Gesundheitsschäden bei Vertragspartnern auftreten, bereits hiervon erfasst. Das gleiche gilt ebenso beim Deliktsrecht im Rahmen von § 823 BGB etc., wo die Gesundheit ebenso geschützt ist.
Beschränkte Justiziabilität
Die konkrete Umsetzung des in Art. 20a GG angelegten bzw. vorgegebenen Handlungsauftrages an die legislative Gewalt ist der gerichtlichen Nachprüfbarkeit weitgehend entzogen. Von Verfassungswegen vorgegeben ist lediglich das ökologische Ziel, nicht aber auch der Weg dorthin. Dem Gesetzgeber steht somit bei der konkreten Ausgestaltung eine weite Einschätzungsprärogative zu.
Genauso kann es sich für die Exekutive verhalten, sofern etwa Umwelt- oder Tiertbelange angemessen im Tatbestand einer Norm zu berücksichtigen sind. Das bedeutet, dass Behörden diese Belange bei solchen Normen zwar zu beachten haben, wie diese Belange aber konkret umgesetzt werden, bleibt Ihnen überlassen. Das bedeutet, dass im Rahmen solcher Entscheidungen weitreichende Beurteilungsspielräume denkbar sind. Andererseits bedeutet das natürlich trotzdem, dass gerichtlich überprüfbar ist, ob die Behörde diese Belange überhaupt in Betracht gezogen hat, bzw. ob ein sog. Beurteilungsfehler vorliegt.
Verstöße gegen Art. 20a GG
Sofern etwa konkrete Ausgestaltungen des Umweltschutzes in Gesetzesform gegossen werden, hat sich der Gesetzgeber etwa in Fällen von Regelungen zur artgerechten Tierhaltung am aktuellen Stand der Wissenschaft zu orientieren (Urt. v. 12.10.2010 – 2 BvF 1/07). Bevor hier konkrete Regelungen erlassen werden konnten, besteht zudem eine vorherige Ermittlungspflicht, um diesen Stand der Wissenschaft zu ermitteln. In Zweifelsfällen dürfen neue Haltungsformen erst eingeführt werden, wenn ihre Vereinbarkeit mit den Anforderungen an eine artgerechte Tierhaltung nachgewiesen ist.
Weiterhin ist im Rahmen von Ermächtigungsgrundlagen für Rechtsverordnungen in Bereichen des Umwelt- und Tierschutzrechts durch geeignete Verfahrensnormen sicherzustellen, dass bei der Setzung tierschutzrechtlicher bzw. umweltrechtlicher Standards die o.g. Informationen zum Stand der Technik auch verfügbar sind und vom Verordnungsgeber genutzt werden.
Diese genannten Grundsätze lassen sich auf behördliche Entscheidungen im Umwelt- und Tierrecht übertragen. Die Behörden haben stets dafür zu sorgen, dass ihre Entscheidungen technisch auf dem aktuellen Stand sind und haben durch entsprechende Verfahren dafür zu sorgen, dass diese Informationen auch wirksam in die Entscheidung mit einfließen können.
Examensrelevanz
Da im Rahmen der Anwendung von Art. 20a GG noch eine Vielzahl an Fragen offen und da die Anwendung der Norm in weiten Teilen wohl gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist, bietet sich die Norm hervorragend zum Improvisieren in der Klausur oder mündlichen Prüfung an. Hier wird wie in den meisten Fällen von exotischen Randproblemen kein detailliertes Fachwissen abgefragt, sondern es genügen eine brauchbare Definition und Subsumtion. Darüber hinaus lassen sich Aspekte beschränkter Justiziabilität wie Beurteilungsspielräume bzw. die Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers einbauen, so dass insoweit zunächst einmal eine Masse abstraktes Grundwissen präsentiert und im Einzelfall angewendet werden kann.

31.01.2011/4 Kommentare/von Dr. Christoph Werkmeister
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2011-01-31 00:13:072011-01-31 00:13:07Examensrelevante Probleme im Rahmen von Art. 20a GG

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