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Schlagwortarchiv für: Staatsorganisationsrecht

Gastautor

Der Vermittlungsausschuss

Aktuelles, Examensvorbereitung, Lerntipps, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Schwerpunktbereich, Startseite, Uncategorized, Verfassungsrecht, Verschiedenes

Wir freuen uns, nachfolgend einen Gastbeitrag von Sören Hemmer veröffentlichen zu können. Der Autor hat Rechtswissenschaften an der Universität Bonn studiert und strebt nun das Referendariat an.

A. Einleitung

Gleich an mehreren Stellen konnte das kürzlich in Kraft getretene Cannabisgesetz (CanG, BGBl. 2024 Teil I Nr. 109) Anlass geben, sich mit Fragen des Staatsorganisationsrechts zu befassen. Das gilt zum einen für den „Klassiker“ des Prüfungsrechts des/der BundespräsidentIn (s. dazu schon Augel, Das Prüfungsrecht des Bundespräsidenten – und der Bundesratspräsidentin?), aber auch für den – in diesem Verfahren schließlich nicht einberufenen (BR-Plenarprotokoll 1042, S. 60 ff.) – Vermittlungsausschuss. ExamenskandidatInnen und Studierenden des Staatsorganisationsrechts sollte auch dieser Akteur, respektive Abschnitt des Gesetzgebungsverfahrens grundlegend bekannt sein (dazu u. B). Ferner stellen sich manche verfassungsrechtlichen Fragen, zu denen sich vertiefte Kenntnisse in der Klausur oder mündlichen Prüfung lohnen können (dazu u. C –E).

B. Der Vermittlungsausschuss im Überblick

Seine verfassungsrechtliche Grundlage findet der Vermittlungsausschuss in Art. 77 Abs. 2-3 GG, ohne dass sich diese Bezeichnung bereits aus der Verfassung ergibt (Kersten, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 77 (Stand: Jan. 2021) Rn. 31). Seinen Namen erhält der Vermittlungsausschuss vielmehr durch die GOVA, einer eigenen Geschäftsordnung, die vom Bundestag beschlossen wird und der Zustimmung des Bundesrats bedarf (Art. 77 Abs. 2 S. 2 GG).

In den Worten des Bundesverfassungsgerichts ist das Ziel seiner Arbeit

„ein konkretes Gesetzgebungsverfahren zu einem positiven Abschluss zu bringen […]. Dies soll dadurch erreicht werden, dass auf höherer politischer Ebene und unter übergeordneten Gesichtspunkten ein Interessenausgleich gesucht wird (vgl. Dehm, Stellung, Aufgaben und Bedeutung des Vermittlungsausschusses, Bulletin vom 12. Februar 1958, Nr. 29, S. 251 [252]). Der Vermittlungsausschuss ist insoweit die institutionelle Konsequenz der Grundentscheidung des Verfassungsgebers, an der Gesetzgebung im Bund mit dem Bundestag und dem Bundesrat zwei Entscheidungsträger konstitutiv zu beteiligen. Er öffnet das Gesetzgebungsverfahren in einer bestimmten Konstellation für institutionelle Verhandlungslösungen“

BVerfGE 112, 118 (137)

Ist das Zustandekommen eines Gesetzes nicht von der Zustimmung des Bundesrates abhängig, so kann der Bundesrat die Einberufung des Vermittlungsausschusses gemäß Art. 77 Abs. 2 S. 1 GG binnen 3 Wochen verlangen. Die Entscheidung hierzu steht im politischen Ermessen des Bundesrates, ist allerdings gemäß Art. 77 Abs. 3 S. 1 GG Voraussetzung für das Einlegen eines Einspruchs (Kersten, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 77 (Stand: Jan. 2021) Rn. 46; Dietlein, in: Schneider/Zeh, Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, 1989, § 57 Rn. 19). Bedarf ein Gesetz hingegen der Zustimmung des Bundesrates, können auch der Bundestag und die Bundesregierung die Einberufung verlangen (Art. 77 Abs. 2 S. 4 GG). Die Dreiwochenfrist gilt – dem Wortlaut von Art. 77 Abs. 2 S. 1 GG nach – auch in diesem Fall für den Bundesrat (Mann, in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 77 Rn. 10; Kment, in: Jarass/Pieroth, GG, 17. Aufl. 2022, Art. 77 Rn. 11; aA Wolff, in: Hömig/Wolff, GG, 13. Aufl. 2022, Art. 77 Rn. 9), kann aber nicht auf das Einberufungsverlangen des Bundestages und der Bundesregierung übertragen werden. Für sie kann nur die Pflicht zur Entscheidung in „angemessener Frist“ aus dem Prinzip der Organtreue hergeleitet werden (Mann, in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 77 Rn. 12; Kment, in: Jarass/Pieroth, GG, 17. Aufl. 2022, Art. 77 Rn. 12; aA Stern, Staatsrecht Bd. II, 1980, § 37 III 7 b)). Das Recht, die Einberufung zu verlangen, steht jedem Verfassungsorgan nur ein Mal, dafür aber jeweils selbstständig zu. Maximal kann es also zu drei aufeinanderfolgenden Vermittlungsverfahren kommen (Mann, in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 77 Rn. 13; Kersten, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 77 (Stand: Jan. 2021) Rn. 67; aA Willigmann, DÖV 1961, 370 (373 f.).

I. Inhalt des Einberufungsverlangens

Ein Einberufungsverlangen kann offen, das heißt ohne inhaltliche Spezifizierung gestellt werden. Es besteht auch keine Begründungspflicht. (Kersten, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 77 (Stand: Jan. 2021) Rn. 48, 50, 55, 57, 62, 64; Masing/Risse, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 77 Rn. 80; aA Dietlein, in: Schneider/Zeh, Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, 1989, § 57 Rn. 27, der die offene Anrufung nur bei Bundestag und Bundesregierung für zulässig erachtet). Möglich ist aber auch eine Beschränkung auf Teile des Gesetzesbeschlusses, sodass dem Vermittlungsausschuss in seiner Tätigkeit auch nur diese eröffnet sind (Masing/Risse, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 77 Rn. 80; Kersten, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 77 (Stand: Jan. 2021) Rn. 48) oder die Formulierung eines bestimmten Vermittlungsziels. So kann der Bundesrat einen Antrag auf Änderung, Ergänzung oder Aufhebung des Gesetzesbeschlusses stellen (Kersten, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 77 (Stand: Jan. 2021) Rn. 48; Masing/Risse, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 77 Rn. 80 f.). Das Recht des Bundestages, die Einberufung zu verlangen, dient hingegen von vornherein nur der Verteidigung des eigenen Beschlusses. Mit einem Antrag auf Aufhebung würde er sich mit sich selbst in einen Widerspruch setzen. Ein Antrag kann daher nur auf die Verteidigung des Gesetzesbeschlusses, allenfalls mit gewissen Zugeständnissen der Modifikation, gerichtet sein (Kersten, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 77 (Stand: Jan. 2021) Rn. 55; Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein/Hofmann/Henneke, GG, 15. Aufl. 2022, Art. 77 Rn. 34). Gleiches muss – mit eigener Begründung – auch für das Recht der Bundesregierung gelten. Zwar entspricht der Gesetzesbeschluss des Bundestages nicht unbedingt auch dem politischen Willen der Bundesregierung. Der Sinn des Vermittlungsverfahrens liegt jedoch in einer Lösung föderaler Konflikte zwischen dem Bundestag und dem Bundesrat, nicht in der Disziplinierung des Bundestages durch die Bundesregierung. Letztere muss somit automatisch „im Lager des Bundestages“ stehen, wenn sie die Einberufung des Vermittlungsausschusses verlangt (Kokott, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 77 (Stand: Mai 2014) Rn. 154; Kersten, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 77 (Stand: Jan. 2021) Rn. 60; Masing/Risse, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 77 Rn. 81; aA Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein/Hofmann/Henneke, GG, 15. Aufl. 2022, Art. 77 Rn. 34).

II. Nichtöffentlichkeit und Weisungsabhängigkeit

Mit der Einberufung tagen die je 16 vom Bundestag und Bundesrat entsendeten ständigen Mitglieder des Vermittlungsausschusses (vgl. §§ 1, 4 GOVA). Die Teilnahme anderer ist nur nach den §§ 3 S. 3, 5 f. GOVA möglich. Daraus folgt, dass der Vermittlungsausschuss nicht-öffentlich tagt (Masing/Risse, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 77 Rn. 92). Das ist zwar verfassungsrechtlich nicht völlig unproblematisch, denn Öffentlichkeit ist ein wesentliches Element des demokratischen Parlamentarismus (s. Art. 42 Abs. 1 S. 1; BVerfGE 150, 345 (369)), mit Blick auf den Zweck der effizienten Kompromissfindung im vertraulichen Kreis des in Art. 77 Abs. 2 S. 1 GG ausdrücklich vorgesehenen Vermittlungsausschusses prinzipiell aber nicht zu beanstanden (BVerfGE 120, 56 (74); 125, 104 (124); Masing/Risse, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 77 Rn. 92; Wolff, in: Hömig/Wolff, GG, 13. Aufl. 2022, Art. 77 Rn. 8; krit. Kokott, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 77 (Stand: Mai 2014) Rn. 136 ff.). Beschlüsse werden mit der Mehrheit der anwesenden Mitglieder gefasst (§ 8 GOVA, die Beschlussfähigkeit ergibt sich aus § 7 GOVA). Die Mitglieder des Vermittlungsausschusses sind an Weisungen, insbesondere der entsendenden Organe, nicht gebunden. Für die Bundesratsbank wird dies in Art. 77 Abs. 2 S. 3 GG bestimmt, die Weisungsfreiheit der entsendeten Bundestagsabgeordneten folgt bereits aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG (Brosius-Gersdorf, in: Dreier, GG, 3. Aufl. 2015, Art. 77 Rn. 37; Kokott, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 77 (Stand: Mai 2014) Rn. 99).

III. Abschluss des Verfahrens

Am Ende des Verfahrens im Vermittlungsausschuss kann ein Einigungsvorschlag stehen. Empfohlen werden kann die Bestätigung (§ 11 S. 1 GOVA), Änderung (Art. 77 Abs. 2 S. 5, Abs. 2a GG; § 10 Abs. 1 S. 1 GOVA) oder Aufhebung (§ 10 Abs. 1 S. 1 GOVA) des Gesetzesbeschlusses (Kersten, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 77 (Stand: Jan. 2021) Rn. 82). Gemäß § 12 GOVA kann ein Verfahren aber auch ohne Einigungsvorschlag abgeschlossen werden, wenn ein solcher keine Mehrheit findet. Ferner verliert der Vermittlungsausschuss mit dem Zusammentritt eines neuen Bundestages seine Beschlussfähigkeit (Art. 39 Abs. 1 S. 2 GG iVm § 7 Abs. 3 GOVA) – zumindest insoweit wirkt also der Diskontinuitätsgrundsatz (Brosius-Gersdorf, in: Dreier, GG, 3. Aufl. 2015, Art. 77 Rn. 42; Kment, in: Jarass/Pieroth, GG, 17. Aufl. 2022, Art. 77 Rn. 9; zumindest in seiner personellen Zusammensetzung nach Hasselsweiler, Der Vermittlungsausschuß, 1981, S. 72 f.; keine Geltung, sondern nur Ausstrahlwirkung des Diskontinuitätsgrundsatzes nach Axer, Kompetenz des Vermittlungsausschusses, 2010, S. 66 ff.).

IV. Fortsetzung des Gesetzgebungsverfahrens

Ist das Verfahren im Vermittlungsausschuss beendet, richtet sich der Gang des weiteren Gesetzgebungsverfahrens nach dem dortigen Ausgang. Wird die Bestätigung des Gesetzesbeschlusses vorgeschlagen oder konnte kein Einigungsergebnis gefunden werden, liegt es beim Bundesrat, binnen einer angemessenen Frist über die Zustimmung Beschluss zu fassen (Art. 77 Abs. 2a GG), respektive binnen zwei Wochen Einspruch einzulegen (Art. 77 Abs. 3 GG). Schlägt der Vermittlungsausschuss die Änderung oder Aufhebung des Gesetzesbeschlusses vor, muss der Bundestag erneut Beschluss fassen (vgl. Art. 77 Abs. 2 S. 5 GG; § 10 Abs. 1 S. 1 GOVA; Bryde, in: v. Münch/Kunig, GG, 7. Aufl. 2021, Art. 77 Rn. 28). Er unterliegt hier keiner festen, jedoch einer angemessenen Frist (s. § 10 Abs. 1 S. 1 „alsbald auf die Tagesordnung“; Brosius-Gersdorf, in: Dreier, GG, 3. Aufl. 2015, Art. 77 Rn. 39 mwN zum Grundsatz der Verfassungsorgantreue). In der Sache ist der Bundestag frei, die Änderung bzw. Aufhebung anzunehmen oder abzulehnen. Er soll aber keine Gelegenheit erhalten, Teile des gefundenen Kompromisses wieder aus diesem herauszulösen, sodass Anträge zur Sache gemäß § 10 Abs. 2 S. 3 GOVA nicht zulässig sind (Masing/Risse, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 77 Rn. 94; Dietlein, in: Epping/Hillgruber, GG, 56. Ed. 15.08.2023, Art. 77 Rn. 44; krit. Kersten, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 77 (Stand: Jan. 2021) Rn. 89; s. noch u. E. II.).

V. Rechtsnatur des Vermittlungsausschusses

Bei alldem noch nicht völlig geklärt ist, welche Rechtsnatur dem Vermittlungsausschuss zukommen soll. Einerseits handelt es sich hier nicht bloß um eine Untergliederung eines Verfassungsorgans, denn der Vermittlungsausschuss steht gerade zwischen dem Bundestag und dem Bundesrat. Andererseits ist der Vermittlungsausschuss nur begrenzt selbstständig – etwa besteht gemäß Art. 77 Abs. 2 S. 2 GG keine Geschäftsordnungsautonomie (Kokott, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 77 (Stand: Mai 2014) Rn. 99 mwN auch zum Streitstand; s. diesbezüglich auch Masing/Risse, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 77 Rn. 65 mwN). Das Bundesverfassungsgericht konnte dieser Frage bislang aus dem Weg gehen, indem es iRd Zulässigkeitsprüfung eines Organstreits den Vermittlungsausschuss jedenfalls als anderen Beteiligten iSv Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG anerkannte (BVerfGE 140, 115 (139)). Für die Praxis ist diese Bestimmung daher kaum bedeutsam (Dietlein, in: Schneider/Zeh, Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, 1989, § 57 Rn. 9).

C. Besetzung des Vermittlungsausschusses

I. Parität zwischen den Bänken

Der Vermittlungsausschuss besteht gemäß Art. 77 Abs. 2 S. 1 GG aus Mitgliedern des Bundestages und des Bundesrates. § 1 GOVA sieht vor, dass der Bundestag und der Bundesrat je 16 Mitglieder entsenden. Bestimmt ist damit eine zwischen den entsendenden Verfassungsorganen paritätische Besetzung des Vermittlungsausschusses. Ob dies auch verfassungsrechtlich geboten ist, wird unterschiedlich beurteilt. Teilweise wird vertreten, Parität sei im Zweck des Vermittlungsausschusses angelegt, denn ein Ausgleich zwischen Bundestag und Bundesrat setze eine zahlenmäßig gleiche Stärke auf beiden Seiten voraus (Masing/Risse, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 77 Rn. 67; Dietlein, in: Schneider/Zeh, Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, 1989, § 57 Rn. 3; siehe auch Kment, in: Jarass/Pieroth, GG, 17. Aufl. 2022, Art. 77 Rn. 10, der die paritätische Besetzung vom Zweck her als naheliegend, aber nicht verfassungsrechtlich geboten erachtet). Dem wird entgegengehalten, dass die Mitglieder des Vermittlungsausschusses ohnehin nicht an Weisungen des entsendenden Organs gebunden sind und die Beteiligung von Bundestag und Bundesrat im Gesetzgebungsverfahren auch ansonsten nicht „symmetrisch“, sondern erheblich zugunsten des Bundestages gewichtet ist (Kersten, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 77 (Stand: Jan. 2021) Rn. 35; ebenso Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein/Hofmann/Henneke, GG, 15. Aufl. 2022, Art. 77 Rn. 19). Zum einen aber konfligiert die konkrete Ungebundenheit der Mitglieder nicht mit dem Gedanken paritätischer Vertretung der Perspektiven aus dem Bundestag und aus dem Bundesrat (vgl. BVerfGE 112, 118 (138): „Im Vermittlungsausschuss verhandeln nicht die Mehrheit des Bundestages mit einer politischen Mehrheit der Länder, sondern der Bundestag mit dem Bundesrat“). Zum anderen kann nicht ohne Weiteres von der insgesamt schwächeren Stellung des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren auf eine Schwäche auch dort, wo eine Mitwirkung ausdrücklich vorgesehen ist, geschlossen werden (vgl. Dietlein, in: Schneider/Zeh, Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, 1989, § 57 Rn. 3).

II. Besetzung der Bänke

Wie die einzelnen Bänke zu besetzen sind, wird nicht in der GOVA, sondern in der GOBT und der GOBR geregelt. Der besondere Auftrag des Art. 77 Abs. 2 S. 2 GG der Regelung der Zusammensetzung in einer vom Bundestag beschlossenen Geschäftsordnung, der der Bundesrat zugestimmt hat, ist insofern eng zu verstehen (Kersten, in Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 77 (Stand: Jan. 2021) Rn. 36; aA Burghart, DÖV 2005, 815 (816 ff.)).

1. Die Bundesratsbank

Für die Bundesratsbank kommt aus verfassungsrechtlicher Sicht sowohl eine Verteilung nach dem Stimmengewicht der Länder (vgl. Art. 51 Abs. 2 GG), als auch nach dem Prinzip der Staatengleichheit in Betracht (BVerfGE 112, 118 (142 f.); Kersten, in Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 77 (Stand: Jan. 2021) Rn. 36; Sannwald, in Schmidt-Bleibtreu/Klein/Hofmann/Henneke, GG, 15. Aufl. 2022, Art. 77 Rn. 20). § 11 Abs. 2 GOBR sieht letzteres vor (Kersten, in Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 77 (Stand: Jan. 2021) Rn. 36).

2. Die Bundestagsbank
a) Das Spiegelbildlichkeitsprinzip

Kontroverser diskutiert werden – zumindest im Einzelnen – die verfassungsrechtlichen Anforderungen der Besetzung der Bundestagsbank des Vermittlungsausschusses. Gemäß §§ 54 Abs. 2, 12, 57 GOBT benennen die Fraktionen die Mitglieder des Ausschusses entsprechend ihrem Stärkeverhältnis zu einander. Dem liegt der Grundsatz der Gleichheit der Abgeordneten gemäß Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG zugrunde. Danach haben alle Abgeordneten das Recht auf gleiche Teilhabe an den parlamentarischen Aufgaben. Wo diese Teilhabe – etwa durch Wahrnehmung in einem verkleinerten Gremium – zu einem endlichen Gut wird, treten die Abgeordnetenrechte in Konflikt mit einander. Es gilt eine Ausgestaltung zu finden, die der relativen Gleichheit der Abgeordnetenrechte Rechnung trägt (BVerfGE 80, 188 (218 f.); Magiera, in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 38 Rn. 58; Butzer, in: Epping/Hillgruber, GG, 57. Ed. 15.01.2024, Art. 38 Rn. 158). Hier werden dann die Fraktionen als freiwillige Zusammenschlüsse der Abgeordneten herangezogen. Eine spiegelbildliche Verteilung der Sitze nach ihrem Stärkeverhältnis im Plenum kann die Gleichheit im Zugang unter den Abgeordneten erhalten (BVerfGE 130, 318 (354); Klein/Schwarz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 38 (Stand: Jan. 2021) Rn. 283; zu Folgefragen der Behandlung fraktionsloser Abgeordneter und von Gruppen, die keine Fraktionsstärke erreichen s. BVerfGE 80, 188 (221 ff.); 84, 304 (323 f.)). Entsprechende Erwägungen sind auch für den Vermittlungsausschuss anzustellen (BVerfGE 112, 118 (133); Trute, in: v. Münch/Kunig, GG, 7. Aufl. 2021, Art. 38 Rn. 132).

b) Reichweite und Grenzen des Prinzips

Ist die Ableitung des Spiegelbildlichkeitsprinzip für Ausschüsse und ähnliche Gremien aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG weitgehend unbestritten (siehe aber Payandeh, VVDStRL 2022, S. 171 ff.), bieten Fragen der Reichweite und Grenzen dieses Prinzips nach wie vor erhebliches Streitpotenzial. Speziell hinsichtlich des Vermittlungsausschusses ist zweierlei in den Blick zu nehmen: Zum einen soll die Spiegelbildlichkeit nur für den Vermittlungsausschuss als solchen, nicht aber für dessen Untergliederungen gelten. Zwar werde hier die Willensbildung im Vermittlungsausschuss bereits vorgeformt, dieser Prozess entspreche aber der spezifischen Arbeitsweise im Vermittlungsausschuss, die auf die effiziente Erarbeitung eines Kompromisses gerichtet ist. Hier könne es legitim sein, in Vorbereitung einer Beschlussfassung Gremien zu bilden, die sich nach anderen Kriterien als der Spiegelbildlichkeit zusammensetzen (BVerfGE 140, 115 (154 ff.); krit. Hillgruber, JA 2016, S. 156 (157 f.)).

Zum anderen ist fraglich, inwieweit die Spiegelbildlichkeit nach Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG durch gegenläufiges Verfassungsrecht eingeschränkt werden kann. Ein solcher potenzieller Konflikt wird insbesondere mit der Funktionsfähigkeit des Parlaments und dem Mehrheitsprinzip gemäß Art. 42 Abs. 2 S. 1 GG gesehen: Die Stärkeverhältnisse der Fraktionen im Plenum in einem kleineren Gremium exakt spiegelbildlich abzubilden ist ein praktisch kaum erreichbares Ideal. Eine gewisse Verzerrung ist so regelmäßig unausweichlich, sodass es gerade bei knappen Mehrheiten dazu kommen kann, dass diese bei der Sitzverteilung in einem kleineren Gremium nach einem bestimmten Schlüssel nicht mehr widergespiegelt werden (Kokott, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 77 (Stand: Mai 2014) Rn. 97). Dieser Problematik kann der Bundestag zumeist begegnen, indem er die Gesamtzahl der Sitze in einem Gremium so weit erhöht, dass die Mehrheitsfraktionen des Plenums auch hier die Mehrheit bilden können. Für den Vermittlungsausschuss ist ihm das jedoch zumindest nicht ohne Weiteres möglich, denn eine entsprechende Veränderung der GOVA bedürfte auch der Zustimmung des Bundesrates (Kersten, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 77 (Stand: Jan. 2021) Rn. 38; eine Erhöhung der Sitzzahl prinzipiell ausschließend Kokott, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 77 (Stand: Mai 2014) Rn. 98). In dieser Lage entschied das Bundesverfassungsgericht, dass Abweichungen vom Prinzip der Spiegelbildlichkeit in einem begrenzten Umfang gerechtfertigt seien, wenn im verkleinerten Gremium nur dadurch Sachentscheidungen ermöglicht werden, die eine realistische Aussicht haben, mit dem Willen einer im Plenum bestehenden politischen „Regierungsmehrheit“ übereinzustimmen. Gefordert sei ein schonender Ausgleich zwischen Spiegelbildlichkeits- und Mehrheitsprinzip, wobei allerdings Funktion und Aufgaben des Vermittlungsausschusses keine zwingende Ausrichtung der Besetzung am Mehrheitsprinzip in einem Umfang fordern, dem der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit zu weichen hätte (BVerfGE 112, 118 (Ls.; 140 ff.)).

Teilweise wird bemängelt, es werde mit dieser Rechtsprechung ein Antagonismus zwischen dem Spiegelbildlichkeits- und Mehrheitsprinzip eröffnet, der gar nicht existiere. Richtig verstanden könne spiegelbildlich von vornherein nur sein, was die Mehrheitsverhältnisse im Plenum abbildet. Die Prinzipien seien so nicht in eine Abwägung einzustellen, sondern gehen in einander auf (Kersten, in: Dürig/Hezog/Scholz, GG, Art. 77 (Stand: Jan. 2021) Rn. 41; wohl auch Bryde, in: v. Münch/Kunig, GG, 7. Aufl. 2021, Art. 77 Rn. 21; vgl. BVerfGE 112, 118 (153 ff. –abwM Lübbe-Wolf), die einen Konflikt grds. anerkennt, aber beide Teilziele der Abbildung der relativen Fraktionsstärken und der Mehrheit auf das Spiegelbildprinzip zurückführt). Damit wird allerdings übergangen, dass der Grundsatz spiegelbildlicher Repräsentation seine Grundlage in der Gleichheit der Abgeordneten gemäß Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG findet. Eine Differenzierung nach Zugehörigkeit zu einer Mehrheit ist dem gerade nicht inhärent (Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein/Hofmann/Henneke, GG, 15. Aufl. 2022, Art. 77 Rn. 21; ebenso Kokott, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 77 (Stand: Mai 2014) Rn. 94).

Dem Bundesverfassungsgericht ist somit zu folgen, wenn es zwischen Spiegelbildlichkeit und Mehrheit differenziert und ein Konfliktpotenzial erkennt (so auch Brosius-Gersdorf, in: Dreier, GG, 3. Aufl. 2015, Art. 77 Rn. 35; Kokott, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 77 (Stand: Mai 2014) Rn. 94;). Fraglich ist dann, wie dieser Konflikt aufzulösen ist. Denkbar ist, auf den Verfahrensabschnitt zu blicken, in welchem der Vermittlungsausschuss auftritt. So könnte zwischen dem Vermittlungsausschuss und anderen Ausschüssen zu differenzieren sein. Während die Aufgabe letzterer in der Vorbereitung eines Gesetzesbeschlusses des Bundestages besteht, liegt ein solcher bei Einberufung des Vermittlungsausschusses bereits vor. Es könnte so weniger um die Erhaltung einer politischen Pluralität bei einer internen Entscheidung bzw. Entscheidungsvorbereitung gehen, sondern vielmehr um die Vertretung des Bundestages nach außen in der Sache einer bestimmten Mehrheitsentscheidung. Mit dieser Argumentation müsste dann das Mehrheitsprinzip überwiegen (Möllers, Jura 2010, 401 (404), wobei die gebotene Beachtung des Mehrheitsprinzips nicht zu einer bestimmten Zusammensetzung der Bundestagsbank, sondern der Respektierung der Mehrheitsentscheidung des Bundestages über die Zusammensetzung führen soll; iE ähnlich BVerfGE 112, 118 (148 ff. – abwM. Osterloh/Gerhardt), die die Geschäftsautonomie hervorheben). Die besseren Argumente sprechen jedoch dafür, das Spiegelbildlichkeitsprinzip im Ergebnis stärker zu gewichten. Ziel des Vermittlungsverfahrens ist das Finden eines Kompromisses und damit einer „neuen Mehrheit“ in einem neuen politischen Kontext (BVerfGE 112, 118 (145); Masing/Risse, in: v. Mangoldt/Klein/Risse, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 77 Rn. 68; krit. BVerfGE 112, 118 (155 f. – abwM Lübbe-Wolf)). Hier verliert sich die Mehrheit im Bundestag auch insofern, als im Vermittlungsausschuss nicht etwa nach Bänken, sondern im Gesamtgremium abgestimmt wird (BVerfGE 112, 118 (144); Masing/Risse, in: v. Mangoldt/Klein/Risse, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 77 Rn. 68). Weiter ist die Mehrheitsfindung iSe Einigungsvorschlags auch kein zwingender Ausgang des Vermittlungsverfahrens (vgl. § 12 GOVA; BVerfGE 112, 118 (144); Masing/Risse, in: v. Mangoldt/Klein/Risse, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 77 Rn. 68; Kokott, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 77 (Stand: Mai 2014) Rn. 95). In diese Richtung deutet wohl auch die Entscheidung der Senatsmehrheit (vgl. BVerfGE 112, 118 (141 f.); Masing/Risse, in: v. Mangoldt/Klein/Risse, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 77 Rn. 68).

In diesem Rahmen ist zwar anzuerkennen, dass das Grundgesetz dem Bundestag (unter Zustimmung des Bundesrates) die Gestaltung der Zusammensetzung gemäß Art. 77 Abs. 2 S. 2 GG aufgetragen hat. Dieser Auftrag und die damit einhergehende Freiheit steht aber durchaus im Lichte der weiteren Verfassung – eine Betonung der Gestaltungsautonomie kann nicht so weit gehen, dass andere Vorgaben der Verfassung, wie die Wahrung von Mitwirkungsrechten nach Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG, überwunden werden können.

D. Unsicherheit über die richtige Verfahrensvariante

Die Handlungsmöglichkeiten des Bundesrates unterscheiden sich, wie dargelegt, je nachdem, ob ein Beschluss zu einem Einspruchs- oder Zustimmungsgesetz zugeleitet wird. Will der Bundesrat sich einem Beschluss entgegenstellen, so muss er in ersterem Fall zunächst die Einberufung des Vermittlungsausschusses verlangen und das Vermittlungsverfahren abwarten, bevor er Einspruch einlegen kann. Die Zustimmung kann hingegen ohne Weiteres verweigert werden. Das vorherige Einberufungsverlangen durch den Bundesrat ist hier optional (Dietlein, in: Schneider/Zeh, Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, 1989, § 57 Rn. 19). Dass eine Nicht-Zustimmung nicht in ein Einberufungsverlangen umgedeutet werden kann, dürfte mittlerweile anerkannt sein (Kment, in: Jarass/Pieroth, GG, 17. Aufl. 2022, Art. 77 Rn. 11; Kersten, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 77 (Stand: Jan. 2021) Rn. 49; aA noch v Mangoldt/Klein, GG, 2. Aufl. 1966, Art. 78 Anm. IV 2 d).

Umstritten ist jedoch, ob der Bundesrat gerade zur Klärung diesbezüglicher Uneinigkeiten oder Unsicherheiten die Einberufung des Vermittlungsausschusses verlangen kann (so Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein/Hofmann/Henneke, GG, 15. Aufl. 2022, Art. 77 Rn. 36; Brosius-Gersdorf, in: Dreier, GG, 3. Aufl. 2015, Art. 77 Rn. 32). Dagegen spricht, dass die Kategorisierung von Einspruchs- und Zustimmungssachen von der Verfassung vorgegeben und somit nicht verhandelbar ist (Kersten, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG Art. 77 (Stand: Jan. 2021) Rn. 49; Masing/Risse, in: v. Mangoldt/Klein/Risse, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 77 Rn. 84).

E. Grenzen des Vermittlungsvorschlags

Noch immer nicht abschließend geklärt ist, welche formalen und inhaltlichen Grenzen sich dem Vermittlungsausschuss hinsichtlich seines Vermittlungsvorschlags stellen (In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts für geklärt erachtet, BVerfGE 125, 104 (121); s. aber Kritik in der Literatur u.a. bei Kersten, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 77 (Stand: Jan. 2021) Rn. 86 f.; Masing/Risse, in: v. Mangoldt/Klein/Risse, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 77 Rn. 87 f.). Der Streit entfacht sich dabei im Austarieren konfligierenden Verfassungsrechts in folgendem Spannungsfeld:

Einerseits ist die institutionalisierte Vermittlung zwischen Bundestag und Bundesrat einschließlich der Möglichkeit, Änderungen an einem Gesetzesbeschluss vorzunehmen, ausdrücklich in Art. 77 Abs. 2 (S. 5) GG vorgesehen. Andererseits aber wird der Vermittlungsausschuss nicht in der Liste der Gesetzesinitiativberechtigten in Art. 76 Abs. 1 GG geführt. Ferner kommt dem Vermittlungsausschuss zwar keine Entscheidungskompetenz zu, eine offene Debatte über etwaige Änderungen zum ursprünglichen Gesetzesbeschluss findet im Bundestag gemäß § 10 Abs. 2 GOVA allerdings nicht statt. Somit können die Rechte von Abgeordneten gemäß Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG beeinträchtigt werden, wenn dem Parlament keine Möglichkeit zukommt, Regelungsgegenstände zu erörtern. Das ist auch hinsichtlich Art. 42 Abs. 1 S. 1 GG problematisch, wenn Regelungen nur in einem nichtöffentlichen Rahmen verhandelt werden und so auch der demokratischen Kontrolle (Art. 20 Abs. 2 GG) entzogen sind. Schließlich muss die Kompetenzverteilung im Verhältnis zwischen den Gesetzgebungsorganen gewahrt werden: Diesfällig ist die zentrale Rolle des Bundestages (Art. 77 Abs. 1 S. 1 GG) gegenüber der bloßen Mitwirkung des Bundesrates (Art. 50 GG) anzuerkennen, zumal letztere – jenseits des Einflusses im Vermittlungsausschuss – nur nichtgestaltender Art ist (BVerfGE 120, 56 (73 ff.); 125, 104 (121 ff.) mwN; Kokott, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 77 (Stand: Mai 2014) Rn. 111, 118; Masing/Risse, in: v. Mangoldt/Klein/Risse, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 77 Rn. 87).

I. Entwicklung der Rechtsprechung des BVerfG

Das Bundesverfassungsgericht hat seine Rechtsprechung zu dieser Frage mit der Zeit verschärft (Kersten, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG Art. 77 (Stand: Jan. 2021) Rn. 85).

In früheren Entscheidungen hob es maßgeblich auf einen Sachzusammenhang zwischen dem Einigungsvorschlag und dem Gesetzesbeschluss des Bundestages ab, wobei der „Spielraum für Alternativ- und Ergänzungsvorschläge umso weiter [sei], je umfassender die Materie und das Regelungsziel sind.“ Nur geringe Beschränkungen konnten so etwa für heterogene Artikelgesetze bestehen (BVerfGE 72, 176 (188 ff.); bestätigend BVerfGE 78, 249 (271)). Ab 1999 ist derweil eine andere Linie in der Rechtsprechung zu beobachten. Nunmehr wird die durch einen zu weitgreifenden Beschlussvorschlag des Vermittlungsausschusses drohende „Entparlamentarisierung der Gesetzgebung“ betont (vgl. BVerfGE 101, 297 (306 f.); 120, 56 (75); 125, 104 (122)). Der Vorschlag soll:

„eine Brücke zwischen schon in den Gesetzgebungsorganen erörterten Alternativen schlagen, ohne eine – dem Vermittlungsausschuss nicht zustehende – Gesetzesvorlage einzubringen (Art. 76 Abs. 1 GG), das Gesetzgebungsverfahren in der parlamentarischen Demokratie zu verkürzen oder die Gesetzgebungszuständigkeiten und Verantwortlichkeiten zu verfälschen. Der Bundestag muß den Vermittlungsvorschlag auf der Grundlage seiner Debatte über ihm vorliegende Anträge und Stellungnahmen als ein ihm zuzurechnendes und von ihm zu verantwortendes Ergebnis seines parlamentarischen Verfahrens erkennen und anerkennen können. Der Vermittlungsvorschlag ist deshalb in dem Rahmen gebunden, der nach den bisherigen Beratungen im Bundestag inhaltlich und formal vorgezeichnet ist. […] Der Vermittlungsausschuß darf hingegen keinen Vorschlag unterbreiten, der außerhalb der bisherigen Auffassungsunterschiede im Parlament oder der bisherigen Gegenläufigkeit zwischen Bundestag und Bundesrat bleibt“

BVerfGE 101, 297 (307 f.); ähnlich BVerfGE 120, 56 (75 f.); 150, 204 (229 ff.)

Das Anrufungsbegehren soll diesen Rahmen zwar weiter begrenzen, nicht jedoch erweitern können (BVerfGE 101, 297 (307)), der Vermittlungsvorschlag müsse dem Bundestag aufgrund der dort zu führenden parlamentarischen Debatte zurechenbar sein (BVerfGE 120, 56 (76); 125, 104 (122)). Damit schiebt das Bundesverfassungsgericht der Heranziehung von „neuem Material“, auch aus anderen Gesetzgebungsverfahren, einen Riegel vor (so auch Kokott, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 77 (Stand: Mai 2014) Rn. 129). Doch auch bezüglich des Verbleibenden soll nicht jeder, sondern nur ein mit Blick auf Art. 38 Abs. 1 S. 2, 42 Abs. 1 S. 1, 20 Abs. 2 GG hinreichend qualifizierter Konnex zum bisherigen Gesetzgebungsverfahren genügen: In der Entscheidung über eine Verfassungsbeschwerde, die sich mittelbar gegen § 45a Abs. 2 PBefG a.F. (Art. 24 HBeglG 2004, BGBl. 2003 Teil I Nr. 68, S. 3091) richtete, erkannte das Bundesverfassungsgericht, dass das sog. „Koch/Steinbrück-Papier“ – ein von einer Arbeitsgruppe unter der Leitung der Ministerpräsidenten von Hessen und Nordrhein-Westfahlen erarbeitetes Programm – nicht in einer Weise im Bundestag behandelt wurde, die dem Vermittlungsausschuss die Kompetenz geben würde, eine Änderung des PBefG iSd Art. 24 HBeglG 2004 in dem Vermittlungsvorschlag zu berücksichtigen. Insofern handele es sich bei dem Papier um eine Vielzahl wenig konkretisierter Vorschläge, die durch die Übergabe, Vorstellung und Behandlung in den Ausschüssen keine dieses Defizit ausräumende Konkretisierung erfahren haben. Das Papier wurde in der Beschlussempfehlung des federführenden Haushaltsausschusses nicht berücksichtigt und habe im Plenum nur eine oberflächliche Erwähnung erfahren. Deshalb müsse davon ausgegangen werden, dass die Tragweite der einzelnen Posten des Papiers den Abgeordneten nicht bewusst war oder sein konnte. Unbeachtlich seien insoweit die Presseberichterstattung über das Papier, dessen Verfügbarkeit im Internet und ob es allen Abgeordneten zur Verfügung gestellt wurde. Entscheidend sei, ob die Abgeordneten aufgrund des Gesetzgebungsverfahrens im Bundestag Anlass gehabt haben, sich mit dem Inhalt des Papiers zu befassen (BVerfGE 125, 104).

Eine Korrektur offensichtlicher Unrichtigkeiten des Gesetzesbeschlusses sei hingegen auch jenseits der so gesteckten Grenzen zulässig, soweit damit nicht der rechtliche Gehalt der Norm und mit ihm seine Identität angetastet werde (BVerfGE 150, 345 (371)).

Bei alldem fordere die Rechtssicherheit, dass ein Mangel im Gesetzgebungsverfahren nur dann zur Nichtigkeit des Gesetzes führt, wenn dieser evident ist (BVerfGE 120, 56 (79); 125, 104 (132)).

II. Kritik

Die hinter der Verengung der Grenzen des Vermittlungsvorschlags in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stehende legitimatorische Problematik eines zu weitreichenden Vermittlungsvorschlags leuchtet, mit Blick auf Art. 38 Abs. 1 S. 2, 42 Abs. 1 S. 1, 76 Abs. 1 GG, ein. Kritik erfährt das Bundesverfassungsgericht vielmehr dahingehend, dass es die – ebenfalls verfassungsrechtlich verankerte – institutionalisierte Vermittlung in diesem Stadium des Gesetzgebungsverfahrens nicht hinreichend berücksichtige (Masing/Risse, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 77 Rn. 88; Kersten, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 77 (Stand: Jan. 2021) Rn. 86). Das Einigungsziel könne nicht durch die bloße Neukombination bereits „verbrauchter“ Elemente erreicht werden, vielmehr sei dem in Art. 77 Abs. 2 GG angelegten Kompromiss auch das Beschreiten neuer Wege durch kreative Eigeninitiative inhärent (Cornils, DVBl 2002, 497 (500); Kersten, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 77 (Stand: Jan. 2021) Rn. 86). Alles andere verkenne auch das Wesen des Vermittlungsausschusses als Forum der Auseinandersetzung mit föderalen Gegensätzen. Die neue Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mache den Bundesrat, insbesondere bei Gesetzesinitiativen aus der Mitte des Bundestages (vgl. Art. 76 Abs. 2 GG), nur zum „verlängerten Arm der Bundestagsopposition“ (Masing/Risse, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 77 Rn. 88). Im Übrigen werde das Verfahren im Bundestag überfrachtet und die Auffassungsgabe der einzelnen Abgeordneten idealisiert. Es entspreche nicht einem realistischen Bild des Parlaments, dass sämtliche Abgeordnete Kenntnis über sämtliche parlamentarische Vorgänge besitzen, vielmehr wirke der Bundestag aufgrund der Fülle an Aufgaben notwendig arbeitsteilig (vgl. BVerfGE 130, 318 (348)). Schon jetzt bestehe ein „information overload“ für die einzelnen Abgeordneten, der sich nur noch verschärfen werde, wenn sämtliche denkbaren Verhandlungsergebnisse mit Blick auf ein etwaiges Vermittlungsverfahren bereits im Bundestag in einer Weise thematisiert werden müssten, die deren politische Relevanz den einzelnen Abgeordneten hinreichend vor Augen führt (Kersten, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 77 (Stand: Jan. 2021) Rn. 86; Möllers, Jura 2010, 401 (406)).

Vor diesem Hintergrund werden in der Literatur verschiedene Lösungen angeboten. Im Bereich der Rechtsanwendung wird vorgeschlagen, die verfassungsgerichtliche Prüfung auf eine Missbrauchskontrolle zu beschränken. Ein Vermittlungsvorschlag würde die Grenzen der Verfassung erst dann überschreiten, wenn die parlamentarische Beratung eines Regelungsvorschlags offensichtlich gezielt umgangen wird (formeller Missbrauchsfall) oder der Vermittlungsausschuss offensichtlich ein Gesetzesinitiativrecht in Anspruch nimmt, das ihm nach Art. 76 Abs. 1 GG nicht zusteht (Kersten, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 77 (Stand: Jan. 2021) Rn. 87; Kokott, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 77 (Stand: Mai 2014) Rn. 135; „bedenkenswerter Ansatz“). Dem kann freilich die allgemein bestehende Kritik an Evidenzlösungen entgegengehalten werden. Zum einen kann es an Transparenz und intersubjektiver Nachvollziehbarkeit fehlen und zum anderen wird die Koinzidenz zwischen dem Tatbestand des Verfassungsverstoßes und der Rechtfolge gelöst, indem „einfache“ Verfassungswidrigkeit folgenlos bleibt (ausführlich zur Evidenz als Rechtskriterium Steinbach, AöR 140, 367 ff.). Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass auch das Bundesverfassungsgericht Evidenzerwägungen bemüht.

Jenseits alldem werden Entschärfungen der Konfliktlage durch Modifikationen des Gesetzgebungsverfahren gesucht.

Hinweis: Soweit die Klausur nach der Verfassungsmäßigkeit eines bestimmten Gesetzes fragt, wäre es natürlich falsch, alternative Geschäftsordnungsregelungen ins Auge zu fassen.

In dieser Richtung wird erwogen, die Verhandlungen im Vermittlungsverfahren der Öffentlichkeit zugänglich zu machen (Möllers, Jura 2010, 401 (406)). Außerdem wird für eine Änderung von § 10 Abs. 2 GOVA (iVm § 90 Abs. 1 GOBT) plädiert. Könnte der Bundestag nicht nur über den im Vermittlungsausschuss erarbeiteten Einigungsvorschlag abstimmen, sondern diesen einer offenen Parlamentsdebatte zuführen oder gar abändern, wären Art. 38 Abs. 1 S. 2, 42 Abs. 1 S. 1, 20 Abs. 2 GG weniger stark tangiert (Cornils, DVBl 2002, 497 (506 f.); Kersten, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 77 (Stand: Jan. 2021) Rn. 87). Dazu dürfte diese Begrenzung jedoch nicht schon aus der Verfassung abzuleiten sein. Diesfällig ist der Wortlaut von Art. 77 Abs. 2 S. 5 GG offen, eine systematisch-teleologische Gegenüberstellung mit Art. 77 Abs. 1 GG spricht hingegen für jenes enge Verständnis. Der Bundestag gibt mit Beschluss ein Gesetzgebungsverfahren aus der Hand – es gilt seine Unabänderlichkeit. Bekommt er nur dann die Möglichkeit, seinen Beschluss zu modifizieren, wenn der Vermittlungsausschuss eine Änderung vorgeschlagen hat, liegt es nahe, dass diese Modifikationsmöglichkeit auch nur so weit trägt. (Axer, Die Kompetenz des Vermittlungsausschusses, 2010, S. 128 ff.; so auch Borowy, ZParl 2010, 874 (901); diff. Kokott, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 77 (Stand: Mai 2014) Rn. 137 f.; aA Kersten, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 77 (Stand: Jan. 2021) Rn. 87; s. auch verfassungsrechtliche Bedenken bzgl. der gegenwärtigen Regelung bei Möllers, Jura 2010, 401 (406)).

III. Für die Prüfung

Wenngleich das Bundesverfassungsgericht die Frage der Grenzen des Vermittlungsvorschlags für sich als geklärt erachtet (BVerfGE 125, 104 (121)), kann das Gleiche nicht für die breite juristische Debatte gelten. Die Problematik ist komplex, das Feld der angebotenen Auflösungen ist weit (vgl. auch Masing/Risse, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 77 Rn. 87, die schlicht konstatieren, dass eine überzeugende Lösung noch nicht gefunden ist). In der Examensklausur dürfte entscheidend sein, die verfassungsrechtlichen Erwägungen und Probleme sowohl bezüglich einer engen wie weiten Bemessung der Grenzen zu erkennen und den Fall auf dieser Grundlage einem schlüssigen Ergebnis zuzuführen.

F. Ausblick

Der Blick auf den Vermittlungsausschuss als ExamenskandidatIn zeigt: Einiges ergibt sich bereits aus der Lektüre der Verfassung und der Geschäftsordnungen. Vieles fällt auf die Anwendung bekannter Prinzipien und Argumentationsmuster des Staatsorganisationsrechts zurück. So sind verschiedene Fallgestaltungen denkbar, die im Examen (oder anderen Prüfungen) begegnen können. Eine gute Vorbereitung bedeutet dabei in der Regel nicht das Sicherschließen von völlig Neuem, sondern bereits Bekanntes mit einigen Kniffen zu übertragen.

10.04.2024/1 Kommentar/von Gastautor
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2024-04-10 08:03:422024-04-17 10:18:56Der Vermittlungsausschuss
Gastautor

BVerfG zum Ausschluss der Partei „Die Heimat“ (vormals: NPD) von der staatlichen Parteienfinanzierung

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Wir freuen uns, nachfolgend einen Gastbeitrag von Tyrrell Blum veröffentlichen zu können. Der Autor ist Wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherheit der Universität Bonn sowie Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Düsseldorfer Wirtschaftskanzlei „ARQIS“.

A. Einleitung

Der zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat am 23. Januar 2024 einstimmig entschieden (BVerfG, Urt. v. 23.01.2024 – 2 BvB 1/19), dass die Partei „Die Heimat“ (vormals: NPD) für die Dauer von sechs Jahren von der staatlichen Parteienfinanzierung nach § 18 Parteiengesetz (PartG) ausgeschlossen ist. Dadurch entfallen gleichzeitig sämtliche steuerliche Begünstigungen der Partei – dies wirkt sich insbesondere mit Blick auf etwaige Spenden vehement aus.

Die Relevanz des Falles für das Staatsexamen liegt, ungeachtet der gesellschaftspolitischen Bedeutung, vor allem an der Tatsache, dass erstmalig ein solches Finanzierungsausschlussverfahren auf Grundlage des Art. 21 Abs. 3 GG angestrengt worden ist. Außerdem eignet sich der Sachverhalt gut, um staatsorganisationsrechtliche Kompetenzen abzufragen. Die Entscheidung soll daher im Folgenden entsprechend dem Aufbau einer juristischen Klausur dargestellt werden. Aus didaktischen Gründen ist der Sachverhalt an einzelnen Stellen leicht abgewandelt worden.

B. Sachverhalt (leicht abgewandelt)

Die N-Partei ist eine 1964 gegründete rechtsextreme Partei in Deutschland, die in der Vergangenheit mehrfach erfolgreiche Landtagswahlen verzeichnen konnte. Sie ist bundesweit organisiert und verfügt neben regionalen Untergliederungen über eine eigene Jugendorganisation. Außerdem richtet sie regelmäßig Parteiveranstaltungen in Form von Parteitagen, Tagungen, Konferenzen und Schulungen aus und verfügt über Publikationsorgane in Printversionen und digitalen Formaten. Im Jahre 2014 ist sie zudem aufgrund des Wegfalls der Sperrklausel für die Wahl zum Europäischen Parlament mit einem Ergebnis von 1 % der Stimmen mit einem Abgeordneten in das Europäische Parlament eingezogen.

Seit einigen Jahren ist die Wählerzahl jedoch stetig gesunken, sodass die N-Partei gegenwärtig in keinem Parlament auf Bundes- oder Landesebene vertreten ist. In der jüngsten Bundestags- und Europawahl hat sie jeweils unter einem Prozent erzielt. In gleicher Weise ist die Mitgliederzahl der Partei stetig gesunken.

Die N-Partei fordert in ihrem Parteiprogramm die „Einheit von Volk und Staat“ und postuliert „Volksherrschaft setzt Volksgemeinschaft voraus“. Hierbei bezieht sie sich auf einen ethnischen Volksbegriff und der Vorstellung von der deutschen „Volksgemeinschaft“ als Abstammungsgemeinschaft, die einen Vorrang gegenüber dem einzelnen Menschen haben soll. Eine „Überfremdung“ Deutschlands soll daher in jedem Falle verhindert werden. Weitergehend soll die bestehende Verfassungsordnung durch einen autoritären „Nationalstaat“ ersetzt werden, der an der ethnischen „Volksgemeinschaft“ ausgerichtet ist.

Diese politischen Ziele möchte die N-Partei anhand einer „Vier-Säulen-Strategie“ und vor allem durch zahlreiche öffentliche Veranstaltungen, darunter auch in Zusammenarbeit mit anderen rechtsextremen Parteien und Organisationen, erreichen.

Bis zum Jahr 2021 hat die N-Partei an der staatlichen Parteienfinanzierung partizipiert. Nach der Bundestagswahl 2021 hat sie jedoch nicht mehr die nach § 18 Abs. 4 S. 1 Hs. 1 PartG erforderlichen Wahlergebnisse erzielt und demnach ihren Anspruch verloren.

Nichtsdestotrotz konnte die Partei erhebliche Einnahmen außerhalb der staatlichen Teilfinanzierung erlangen, vor allem durch Mitgliedsbeiträge und Spenden. Aufgrund dieser Einnahmen gelang es ihnen weiterhin einen Überschuss zu erzielen und somit einen defizitären Haushalt zu verhindern. So betrug der Überschuss zuletzt im Jahre 2020 insgesamt 451.692,32 €.

Der Bundestag möchte der steuerlichen Begünstigung der N-Partei nun ein Ende setzen. Am 17.07.2019 beantragt er beim Bundesverfassungsgericht, die N-Partei von staatlicher Finanzierung auszuschließen und den Wegfall der steuerlichen Begünstigung und von Zuwendungen festzustellen. Die N-Partei sei sowohl nach ihren Zielen als auch nach dem ihr zurechenbaren Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen und zu beseitigen.

Das Bundesverfassungsgericht wendet sich sodann an den Vorstand der N-Partei und gibt ihm eine Gelegenheit zur Stellungnahme. Die N-Partei hält den Antrag für unzulässig und unbegründet. Der Antrag sei bereits unstatthaft, da weder das Grundgesetz noch das Bundesverfassungsgerichtsgesetz eine Verfahrensart kennen, mit der eine politische Partei von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen werden kann. Etwaig vorhandene Regelungen seien wegen Verstoßes gegen Art. 21 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 und 2 sowie Art. 79 Abs. 3 GG verfassungswidrig und nichtig.

Außerdem fehle das Rechtsschutzbedürfnis für einen Finanzierungsausschluss der N-Partei, da sie infolge ihrer mäßigen Wahlergebnisse nahezu vollständig aus der staatlichen Finanzierung herausgefallen seien.

Jedenfalls sei der Antrag unbegründet mangels Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 3 GG, insbesondere mit Blick auf das Tatbestandsmerkmal des „Darauf-Ausgerichtetseins“. Wie im Falle des Art. 21 Abs. 2 GG könne auch im Rahmen des Abs. 3 nicht auf das Potentialitätskriterium verzichtet werden.

Hat der Finanzierungsausschlussantrag Aussicht auf Erfolg?

C. Gutachten

Vorweg: Aufgrund des Umstandes, dass Art. 21 Abs. 3 GG erst seit 2017 existiert, fällt die entsprechende Ausbildungsliteratur hierzu vergleichsweise eher spärlich aus. Dies wird auch der Tatsache geschuldet sein, dass nun erstmals ein solches Finanzierungsausschlussverfahren angestrengt worden ist. Konsequenterweise wird eine beachtliche Leistung des Prüflings bereits in der Transferleistung liegen, dass er ein „eigenes“ Prüfungsschema anhand des Gesetzes und der Kenntnisse zum Parteiverbotsverfahren erstellt. Die erforderliche Gesetzeslektüre richtet sich hierbei primär nach den Bestimmungen des Art. 21 Abs. 2-4 GG bzw. §§ 43 ff. BVerfGG.

Der Finanzierungsausschlussantrag hat Aussicht auf Erfolg, wenn er zulässig und soweit er begründet ist.

I. Zulässigkeit

Der Antrag des Bundestages müsste zunächst zulässig sein.

1. Zuständigkeit des BVerfG

Das Bundesverfassungsgericht ist gem. Art. 93 Abs. 1 Nr. 5 GG i.V.m. Art. 21 Abs. 4 Alt. 2 GG, § 13 Nr. 2a BVerfGG für das Finanzierungsausschlussverfahren zuständig.

Der Statthaftigkeit des Antrages steht es nicht entgegen, dass Art. 21 Abs. 3 GG von der N-Partei als verfassungswidriges Verfassungsrecht gerügt wird, weshalb das Grundgesetz eine entsprechende Antragsart von vornherein nicht kennen würde. Die materiell-rechtliche Beurteilung der Verfassungswidrigkeit ist eine Frage der Begründetheit, weshalb für die Statthaftigkeit ausreicht, dass die begehrte Entscheidung überhaupt gesetzlich vorgesehen ist.

2. Antragsberechtigung

Der Bundestag ist gem. § 43 Abs. 1 S. 1 BVerfGG antragsberechtigt.

3. Antragsgegner

Die N-Partei ist der richtige Antragsgegner gem. § 43 Abs. 1 S. 1 BVerfGG. Sie wird gem. § 44 Abs. 1 S. 1 BVerfGG i.V.m. § 11 Abs. 3 PartG vom Vorstand vertreten.

4. Vorverfahren

Das Bundesverfassungsgericht hat dem Vertretungsberechtigten, also dem Vorstand der Partei gem. § 44 Abs. 1 S. 1 BVerfGG i.V.m. § 11 Abs. 3 PartG, Gelegenheit zur Äußerung gegeben und somit das nach § 45 BVerfGG erforderliche Vorverfahren durchgeführt.

5. Form

Von einem ordnungsgemäßen Antrag gem. § 23 Abs. 1 BVerfGG ist auszugehen.

6. Rechtsschutzbedürfnis

Fraglich ist, ob im Rahmen eines Finanzierungsausschlussverfahrens ein Rechtsschutzbedürfnis notwendig ist.

Dagegen spricht zunächst der Sinn und Zweck des Finanzierungsausschlussverfahrens. Dieses ist – wie auch das Parteiverbotsverfahren – auf präventiven Verfassungsschutz gerichtet und soll nicht den subjektiven Interessen des Antragsstellers dienen. Außerdem würde hiermit im Ergebnis eine Kontrolle des politischen Ermessens bei der Entscheidung über eine Antragstellung stattfinden. Schließlich führt sogar der missbräuchliche Antrag eines Parteiverbots nicht zur Unzulässigkeit, weshalb dies erst recht für einen Antrag gelten muss, an dessen Entscheidung der Antragsberechtigte kein eigenes Interesse hat.

Für die Erforderlichkeit spricht der systematische Vergleich mit anderen verfassungsrechtlichen Streitigkeiten, bei denen ein Rechtsschutzbedürfnis grundsätzlich notwendig ist.

Ein Streitentscheid ist jedoch nur erforderlich, wenn kein Rechtsschutzbedürfnis vorliegt. Ein Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an der Rechtsverfolgung hat und eine gerichtliche Inanspruchnahme erforderlich ist. Dem könnte der Umstand entgegenstehen, dass die N-Partei infolge ihrer mäßigen Wahlergebnisse nahezu vollständig aus der staatlichen Finanzierung herausgefallen ist. Das verfolgte Rechtsziel in Form des Ausschlusses der staatlichen Finanzierung stellt demnach im Ergebnis bereits den gegenwärtigen Zustand dar.

Dies lässt jedoch außer Acht, dass die N-Partei zukünftig wieder Wahlerfolge verbuchen könnte und damit die Beteiligungsvoraussetzungen erneut aufleben würden. Jenes lässt sich nur vermeiden, indem ein Finanzierungsaussschlussverfahren durchgeführt wird, wonach die N-Partei in jedem Falle in den künftigen sechs Jahren von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen wäre. Darüber hinaus stellt auch der Entzug der mittelbaren Parteienfinanzierung in Form von Steuerbegünstigungen nach Art. 21 Abs. 3 S. 2 GG ein legitimes Ziel dar. Der Entzug folgt dem Ausschluss von staatlicher Teilfinanzierung akzessorisch und kann nicht eigenständig verfolgt werden. Somit würden von vornherein auch die Rechtsfolgen des Art. 21 Abs. 3 S. 2 GG vereitelt werden, obwohl die Partei hiervon unter Umständen noch profitiert. Schließlich ist Sinn und Zweck des Art. 21 Abs. 3 GG die präventive Abwehr erstarkender verfassungsfeindlicher Parteien. Diesen soll nicht nur gegenwärtige Finanzzuwendungen entzogen, sondern für einen festgelegten Zeitraum jegliche Partizipation an der staatlichen Parteienfinanzierung verwehrt werden.

Aufgrund dieser Erwägungen ist ein Rechtsschutzbedürfnis gegeben, weshalb sich ein Streitentscheid erübrigt.

7. Zwischenergebnis

Der Antrag des Bundestages ist zulässig.

II. Begründetheit

Der Antrag ist begründet, soweit die N-Partei darauf ausgerichtet ist, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, vgl. Art. 21 Abs. 3 S. 1 GG.

1. Art. 21 Abs. 3 GG als „verfassungswidriges Verfassungsrecht“

Der Ausschluss von der staatlichen Parteienfinanzierung ist nur möglich, wenn Art. 21 Abs. 3 GG selbst keinen verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegt.

Eine Verfassungsänderung, die nicht die durch Art. 79 Abs. 3 GG aufgestellten Grenzen einhält, stellt „verfassungswidriges Verfassungsrecht“ dar und ist nichtig. Demzufolge ist eine Änderung des Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, nichtig.

a) Demokratieprinzip

Art. 21 Abs. 3 GG könnte eine die Ewigkeitsgarantie des Art. 79 Abs. 3 GG berührende Aushöhlung des Demokratieprinzips darstellen und damit nichtig sein.

Das Demokratieprinzip ist verankert in Art. 20 Abs. 1 und 2 GG und verlangt, dass sich die Ausübung hoheitlicher Gewalt durch staatliche Organe auf die Gesamtheit der Bürger zurückführen lässt. Hierbei muss eine gleichberechtigte Teilnahme aller Bürger an der politischen Willensbildung stets gewährleistet sein. Ein wichtiges Instrument hierfür ist der Grundsatz der Chancengleichheit der politischen Parteien.

Hinweis: Art. 79 Abs. 3 GG schützt nicht jede einzelne Ausprägung des Demokratieprinzips. Vielmehr soll das demokratische Wesen des Verfassungsstaates als solches geschützt werden – dessen Wesensgehalt darf nicht durch eine Grundgesetzänderung negiert oder in substantieller Weise beeinträchtigt werden.

Art. 21 Abs. 3 GG sieht einen Finanzierungsausschluss im Falle von verfassungsfeindlichen Parteien vor. Aufgrund der entzogenen finanziellen Mittel steht die N-Partei im politischen Wettbewerb schlechter dar, insbesondere in Zeiten des Wahlkampfes.
Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass die Chancengleichheit in ihrem Kerngehalt erhalten bleibt; eine absolute Garantie dessen wird durch Art. 79 Abs. 3 GG nicht gewährleistet. Parteien, die auf die Abschaffung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ausgehen, können gem. Art. 21 Abs. 2 GG verboten und damit vollständig von der Mitwirkung an der politischen Willensbildung des Volkes ausgeschlossen werden. Dies ist eine Folge des grundgesetzlichen Konzepts der „wehrhaften Demokratie“, wonach die freiheitliche demokratische Ordnung des Grundgesetzes geschützt werden soll.
In gleicher Weise ist ein Eingriff in die Chancengleichheit durch Art. 21 Abs. 3 GG zulässig, wenn dieser dem Bestand und der Sicherung der freiheitlichen Demokratie dient. Der Finanzierungsausschluss bezweckt in abgestufter Variante ebendiesen Schutz vor Parteien, die gerade dessen Beseitigung anstreben. Es können demnach nur solche Parteien von den Folgen des Art. 21 Abs. 3 GG getroffen werden, deren chancengleiche Beteiligung an der politischen Willensbildung nicht Teil des grundgesetzlichen Demokratieprinzips ist. Zudem gewährt die politische Chancengleichheit keinen Anspruch auf finanzielle Unterstützung, sondern sieht nur eine gleichheitsgerechte Ausgestaltung vor, sofern diese stattfindet.

Folglich berührt Art. 21 Abs. 3 GG nicht die Substanz des in Art. 20 GG garantierten Demokratieprinzips i.S.d. Art. 79 Abs. 3 GG.

b) Menschenwürdegarantie

Art. 21 Abs. 3 GG könnte jedoch in verfassungsfeindlicher Weise die Menschenwürdegarantie gem. Art. 1 Abs. 1 GG berühren und damit nichtig sein.

Der Schutz- und Achtungsanspruch der Menschenwürde umfasst auch den Anspruch auf demokratische Selbstbestimmung der Bürger. Dieser sichert den Bürgern eine gleichberechtigte Teilhabe an der Ausgestaltung der freiheitlichen demokratischen Ordnung zu, ausgehend vom Eigenwert und Würde des zur Freiheit befähigten Menschen.
Aufgrund des finanziellen Ausschlusses der N-Partei, kann der einzelne Bürger seine bevorzugte Partei nicht mehr finanziell unterstützen. Hierin könnte eine Verhinderung der Wahrnehmung des demokratischen Selbstbestimmungsrechtes des einzelnen Bürgers liegen.
Dem steht jedoch erneut das Konzept der „wehrhaften Demokratie“ entgegen. Der Bürger hat keinen Anspruch darauf, dass auch verfassungsfeindliche Parteien an einer staatlichen Finanzierung partizipieren können. Weitergehend bleibt es dem Bürger überlassen die Partei auf eine andere Art und Weise zu unterstützen und auf diesem Wege politisch mitzuwirken. Das demokratische Selbstbestimmungsrecht des Bürgers ist nicht allein auf eine finanzielle Unterstützung beschränkt, sondern kann auf unterschiedlichste Art verwirklicht werden.

Mithin berührt Art. 21 Abs. 3 GG nicht die Menschenwürdegarantie gem. Art. 1 Abs. 1 GG i.S.d. Art. 79 Abs. 3 GG und ist damit nicht nichtig.

c) Zwischenergebnis

Art. 21 Abs. 3 GG tangiert nicht die von Art. 79 Abs. 3 GG geschützten Regelungsinhalte. Folglich handelt es sich bei Art. 21 Abs. 3 GG nicht um „verfassungswidriges Verfassungsrecht“ und unterliegt damit keiner verfassungsrechtlichen Bedenken.

Hinweis: Im Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist zudem die Vereinbarkeit des Art. 21 Abs. 3 GG mit den Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention thematisiert und bejaht worden. Dies soll an dieser Stelle jedoch nicht weiter vertieft werden.

2. Beeinträchtigung oder Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung

Weitergehend müssten die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 3 S. 1 GG gegeben sein. Hierbei „bedarf es einer [restriktiven] Auslegung der einzelnen Tatbestandsmerkmale, die dem Charakter des Ausschlusses von der staatlichen Finanzierung in Art. 21 Abs. 3 S. 1 GG als ‚demokratieverkürzende Ausnahmenorm‘ genügt (Rn. 244).

Der Tatbestand könnte durch eine Beeinträchtigung oder Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung erfüllt sein.

Hinweis: Die tatbestandliche Prüfung verläuft hier weitestgehend parallel zu der Prüfung des Parteiverbots gem. Art. 21 Abs. 3 GG. Folglich kann auf das dortige Wissen zurückgegriffen werden. Der einzige Unterschied liegt in der Voraussetzung des „Darauf-Ausgehens“ und des „Darauf-Ausgerichtetseins“ – auf genau diesen Unterschied kam es in dieser Entscheidung schwerpunktmäßig an.

a) Freiheitliche demokratische Grundordnung

Zunächst müsste die freiheitliche demokratische Grundordnung betroffen sein. Diese umfasst nur „wenige, zentrale Grundprinzipien, die für den freiheitlichen Verfassungsstaat schlechthin unverzichtbar sind, [sodass weiterhin ein] kritische[s] Hinterfragen einzelner Elemente der Verfassung möglich sein [kann], ohne dass dadurch ein Parteiverbot oder ein Finanzierungsausschluss ausgelöst werden kann.“ (Rn. 248).

Den Ausgangspunkt stellt die Würde des Menschen gem. Art. 1 Abs. 1 GG dar. Daneben kommt dem Demokratieprinzip und dem Rechtsstaatsprinzip eine große Bedeutung zu.

aa) Menschenwürde

Das politische Konzept der N-Partei könnte mit der Garantie der Menschenwürde i.S.d. Art. 1 Abs. 1 GG unvereinbar sein. Diese umfasst insbesondere die „Wahrung personaler Individualität, Identität und Integrität sowie die elementare Rechtsgleichheit.“

Die N-Partei bekennt sich in ihrem Parteiprogramm deutlich zu dem Vorrang einer ethnisch definierten „Volksgemeinschaft“ und begehrt eine „Einheit von Volk und Staat“. In jedem Falle soll eine „Überfremdung“ Deutschlands verhindert werden, damit das deutsche Volk mit Blick auf die Abstammung, Sprache und Wertevorstellungen erhalten bleibt. Ein solcher „Volksbegriff“ negiert, vor allem in der Gesamtschau der Äußerungen, den Achtungsanspruch der Person. Insbesondere wird hierdurch eine Rechtsgleichheit für alle verweigert und einzelne gesellschaftliche Gruppierungen und Minderheiten werden in entschlossener Art und Weise diffamiert und ausgegrenzt. Diesen Personen wird auf Grundlage des von der N-Partei entwickelten „Volksbegriffes“ die Geltung der Grundrechte abgesprochen, wodurch der Vorrang einzelner Menschen erreicht werden soll. Der personalen Individualität, Identität und Integrität eines Menschen werden hierbei in keiner Weise Rechnung getragen, da es allein auf den „ethnischen Deutschen“ ankommt.

Jedenfalls das Gesamtbild dieser Standpunkte stellt einen Verstoß gegen die Garantie der Menschenwürde i.S.d. Art. 1 Abs. 1 GG dar.

bb) Demokratieprinzip

Weitergehend könnte das politische Konzept der N-Partei auch gegen das Demokratieprinzip i.S.d. Art. 20 Abs. 1 und 2 GG verstoßen. Das Demokratieprinzip sichert unter anderem die gleichberechtigte Teilhabe an der politischen Willensbildung ab.

Die N-Partei fordert die „Einheit von Volk und Staat“ und postuliert „Volksherrschaft setzt Volksgemeinschaft voraus“. Die Volksherrschaft soll demnach von der Volksgemeinschaft ausgehen, welche die N-Partei jedoch anhand ihres eigenen „ethnischen Volksbegriffes“ definiert. Hierdurch werden alle diejenigen von der demokratischen Willensbildung ausgeschlossen, die dieser Gemeinschaft per Definition der N-Partei nicht angehören. Ein „ethnisch Nichtdeutscher“ könnte demnach in dem begehrten „autoritären Nationalstaat“, der die aktuelle Bundesrepublik ersetzen soll, nicht wählen. Dies greift in elementarer Weise in den Grundsatz des Demokratieprinzips ein, wonach sich die Ausübung hoheitlicher Gewalt durch staatliche Organe nicht mehr auf die Gesamtheit aller Bürger zurückführen lässt.

Folglich verstößt das politische Konzept der N-Partei auch gegen das Demokratieprinzip i.S.d. Art. 20 Abs. 1 und 2 GG.

cc) Rechtsstaatsprinzip

Das Begehren die aktuelle Verfassungsordnung durch einen „autoritären Nationalstaat“ mit den oben beschriebenen Grundsätzen zu ersetzen, stellt zudem einen Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip i.S.d. Art. 20 Abs. 3 GG dar.

dd) Zwischenergebnis

Mithin ist die freiheitliche demokratische Grundordnung betroffen aufgrund der Unvereinbarkeit mit der Garantie der Menschenwürde, dem Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip.

b) Beeinträchtigung oder Beseitigung

Des Weiteren müsste die Partei die freiheitliche demokratische Grundordnung „beeinträchtigen“ oder „beseitigen“. Dies muss sich hierbei aus den Zielen der Partei oder dem Verhalten ihrer Anhänger ergeben, wobei Letzteres der Partei auch zurechenbar sein muss. Eine Zurechnung des Verhaltens von bloßen Anhängern ist möglich, soweit darin der politische Wille der betroffenen Partei erkennbar zum Ausdruck gebracht wird und eine Beeinflussung oder Billigung seitens der Partei vorliegt.

Eine „Beeinträchtigung“ liegt vor, wenn „eine Partei nach ihrem politischen Konzept mit hinreichender Intensität eine spürbare Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung bewirken will.“ (Rn. 261). Der Begriff des „Beseitigens“ hingegen bezeichnet „die Abschaffung zumindest eines der vorstehend beschriebenen Wesenselemente der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder deren Ersetzung durch eine andere Verfassungsordnung beziehungsweise ein anderes Regierungssystem.“ (Rn. 260).

Die N-Partei begehrt einen an der ethnischen „Volksgemeinschaft“ ausgerichteten „autoritären Nationalstaat“, der die aktuelle Verfassungsordnung in Gänze ersetzen soll. Das hierbei verfolgte politische Konzept widersetzt sich der Garantie der Menschenwürde und ist mit dem grundgesetzlichen Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip unvereinbar. Diese Wesenselemente der freiheitlichen demokratischen Grundordnung würden demnach gefährdet und nach vollständiger Einführung des „autoritären Nationalstaats“ vollständig abgeschafft werden.

Folglich strebt die N-Partei nach ihren Zielen nicht nur eine Beeinträchtigung, sondern die Beseitigung der bestehenden freiheitlichen demokratischen Grundordnung an.

c) „Darauf ausgerichtet“

Schließlich müsste die N-Partei auch nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger „darauf ausgerichtet“ sein, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen.

Im Unterschied zum „Darauf-Ausgehen“ des Art. 21 Abs. 2 GG setzt ein „Darauf-Ausgerichtetsein“ ein „qualifiziertes und planvolles Handeln zur Beseitigung oder Beeinträchtigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung voraus, ohne dass es auf das Erfordernis der Potentialität ankommt.“ (Rn. 277).

Hinweis: Dieser Unterschied zwischen den beiden Tatbeständen – also das Ausbleiben des Potentialitätserfordernisses – muss in der Klausur deutlich werden. Die Wahrscheinlichkeit des Erfolges, soll im Rahmen des Art. 21 Abs. 3 GG als bewusste Entscheidung des verfassungsändernden Gesetzgebers unerheblich sein. Vielmehr sollte die Möglichkeit geschaffen werden, dass solch verfassungsfeindliche Parteien von vornherein bei der Gewährung staatlicher Zuschüsse keine Berücksichtigung finden.

Die N-Partei verfügt über eine bundesweite Organisationsstruktur und führt ebenfalls bundesweit eigene Veranstaltungen durch. Hierbei pflegt sie Kontakte zu anderen rechtsextremen Parteien und Organisationen. Für ihre politischen Ziele wirbt sie öffentlich und tritt zudem regelmäßig bei Wahlen an, um so ihre Mitgliederzahl zu erhöhen. Sie verfügt außerdem über eine Jugendorganisation, mit der das Gedankengut der Partei unter beeinflussbaren Jugendlichen verbreitet werden soll. Ferner werden die Ideale der Partei der breiten Masse über zahlreiche Parteiveranstaltungen in Form von Parteitagen, Tagungen, Konferenzen und Schulungen zugetragen. Dies wird in gleicher Weise anhand von Publikationsorganen der Partei in Printversionen und digitalen Formaten erreicht. Folglich strebt die N-Partei die Erreichung ihrer Ziele auf unterschiedlichen Wegen an, damit sie diese möglichst effizient und erfolgreich umsetzen können. Schließlich sprechen die sinkenden Wahlerfolge nicht gegen die Annahme der Voraussetzung, da es eben nicht auf die Wahrscheinlichkeit des Erfolges ankommt.

Somit ist die N-Partei auch nach ihren Zielen „darauf ausgerichtet“, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen.

c) Zwischenergebnis

Die N-Partei ist auf die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ausgerichtet.

3. Gefährdung des Bestands der Bundesrepublik Deutschland

Die N-Partei gefährdet aufgrund der obigen Erwägungen auch den Bestand der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere mit Blick auf das politische Ziel einen „autoritären Nationalstaat“ einzuführen.

4. Zwischenergebnis

Die N-Partei ist darauf ausgerichtet die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen und den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, vgl. Art. 21 Abs. 3 S. 1 GG.

Damit ist der Antrag begründet.

III. Entscheidung des BVerfG

Das Bundesverfassungsgericht wird gem. § 46a Abs. 1 S. 1 BVerfGG feststellen, dass die Partei für sechs Jahre von der staatlichen Finanzierung nach § 18 des Parteiengesetzes ausgeschlossen ist.

D. Einordnung der Entscheidung

Die Entscheidung ist das Ergebnis einer längeren Prozedur: Den Anfang begründete das gescheiterte Verbotsverfahren gegen die NPD im Jahre 2017 (BVerfG, Urt. v. 17.01.2017 – 2 BvB 1/13, NJW 2017, 611). Die NPD ist hierbei zwar als verfassungsfeindlich eingestuft worden- für ein Verbot reichte das aber nicht: Es fehlte an konkreten Anhaltspunkten, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass das Handeln der Partei zur Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung führt.

Der Gesetzgeber reagierte auf diese Entscheidung, indem er mit Wirkung zum 20. Juli 2017 den dritten Absatz des Artikel 21 GG eingeführt hat, der im Mittelpunkt dieser Entscheidung stand. Die NPD sah sich durch diese Grundgesetzänderung in ihren Rechten verletzt und regte ein Organstreitverfahren an. Das BVerfG lehnte jedoch die Antragsbefugnis der NPD ab und hat dessen Antrag daher verworfen (BVerfG, Beschl. v. 20.06.2023 – 2 BvE 1/17, BeckRS 2023, 15363).

Im Juli 2019 haben Bundesrat, Bundestag und Bundesregierung auf Grundlage des Art. 21 Abs. 3 GG den Ausschluss der NPD von der staatlichen Parteienfinanzierung beantragt, was nun schlussendlich zu dieser Entscheidung geführt hat.

Die Entscheidung ist aus gesellschaftspolitischer Sicht zu begrüßen – eine verfassungsfeindliche Partei sollte keinesfalls eine staatliche Finanzierung oder steuerliche Begünstigungen erhalten und sendet somit ein wichtiges Signal in inner- und außenpolitischer Hinsicht.
Darüber hinaus ist das Urteil auch aus rechtlicher Sicht bedeutsam: Die Entscheidungsgründe stellen in ausführlicher Art und Weise die grundgesetzlichen Fundamente unserer Verfassung dar und richten hierbei häufig einen historischen Blick auf die Erfahrungen des Nationalsozialismus. In diesem Kontext wird insbesondere die elementare Bedeutsamkeit des Art. 79 GG und die unterschiedlichen Ausprägungen des Demokratieprinzips – auch im Zusammenspiel mit der Menschenwürde – beleuchtet. Bahnbrechende neue Erkenntnisse sind dem Urteil zwar nicht zu entnehmen; es stellt dennoch eine notwendige rechtliche Verfestigung der bisherigen juristischen Einschätzung des Sachverhaltes dar.

Hinsichtlich aktueller Geschehnisse könnte hiermit jedoch die Vorlage für ein Verfahren gegen die AfD geschaffen worden sein. Es bleibt nichtsdestotrotz abzuwarten, ob ein solches Verfahren tatsächlich angestrengt wird und ob die Voraussetzungen für einen Finanzierungsausschluss aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts vorliegen – beides erscheint in Anbetracht der aktuellen Entwicklungen nicht fernliegend.

07.02.2024/3 Kommentare/von Gastautor
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2024-02-07 09:12:452024-02-07 09:12:54BVerfG zum Ausschluss der Partei „Die Heimat“ (vormals: NPD) von der staatlichen Parteienfinanzierung
Redaktion

Schema: Bund-Länder-Streit vor dem BVerfG

Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Startseite, Verfassungsrecht, Verschiedenes

Schema: Bund-Länder-Streit

Gegenstand des Bund-Länder-Streits: Streitigkeiten im Verhältnis Bund – Länder um Recht3 und Pflichten aus dem Bundesstaatsverhältnis.

A. Zulässigkeit

Die Zulässigkeit richtet sich nach Art. 93 I Nr. 3 GG, §§ 13 Nr. 7, 68 ff. BVerfGG.

I. Zuständigkeit des BVerfG
Art. 93 I Nr. 3 GG, § 13 Nr. 7 BVerfGG

II. Beteiligtenfähigkeit von Antragsteller und Antragsgegner, § 68 BVerfGG

Für den Bund die Bundesregierung und für das Land die jeweilige Landesregierung.

III. Antragsgegenstand
– Meinungsverschiedenheiten über die sich aus der Verfassung ergebenden Rechte und Pflichten des Bundes bzw. der Länder (Art. 93 I Nr. 3 GG).
– Die in Frage stehenden Rechte und Pflichten müssen sich unmittelbar aus der Verfassung ergeben.
– § 69 BVerfGG iVm § 64 I BVerfGG verlangt, dass sich gegen eine konkrete rechtserhebliche Maßnahme des Antragsgegners gewendet wird. Dies ist nach hM eine zulässige Konkretisierung des Verfassungsnorm.

IV. Antragsbefugnis, § 69 BVerfGG iVm § 64 I BVerfGG
Der Antragsteller muss geltend machen, dass er durch das Verhalten des Antragsgegners in einem ihm durch das Grundgesetz eingeräumten Recht verletzt ist.

V. Form, §§ 23 I, 69 BVerfGG iVm § 64 II BVerfGG

VI. Frist, § 69 BVerfGG iVm § 64 III, IV BVerfGG

B. Begründetheit
Der Antrag ist begründet, wenn die Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners den Antragssteller in einem seiner vom Grundgesetz übertragenen Rechte verletzt oder unmittelbar gefährdet, § 69 BVerfGG iVm § 67 BVerfGG.

 

Das Schema ist in den Grundzügen entnommen von myjurazone.de.

06.07.2017/0 Kommentare/von Redaktion
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2017-07-06 10:00:322017-07-06 10:00:32Schema: Bund-Länder-Streit vor dem BVerfG
Gastautor

Prüfungsgespräch im Öffentlichen Recht: Die Wahl des Bundespräsidenten

Examensvorbereitung, Mündliche Prüfung, Verfassungsrecht, Verschiedenes

Wir freuen uns, einen Gastbeitrag von Sebastian Nellesen veröffentlichen zu können. Der Autor ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität zu Köln am Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht sowie Wissenschaftsrecht und Medienrecht (Prof. Dr. Christian von Coelln).
 
Öffentlich diskutierte Themen stehen regelmäßig zu Beginn des Prüfungsgesprächs und dienen als Einstieg in die eigentliche rechtliche Thematik. Daher ist jedem Examenskandidaten zu empfehlen – jedenfalls unmittelbar vor der mündlichen Prüfung – die aktuelle Berichterstattung zu gesellschaftspolitischen und rechtlichen Themen bei der Vorbereitung zu berücksichtigen. Typischerweise bietet sich hierfür die tägliche Zeitungslektüre an. Zeitungen wie die FAZ (besonders zu empfehlen ist die Rubrik „Staat und Recht“) können Sie als Student in der Regel über die Universitätsbibliothek kostenlos abrufen. Nutzen Sie dieses Angebot!
Wer in den nächsten Wochen zur mündlichen Prüfung des 1. Staatsexamens geladen wird, sollte sich daher mit der Wahl des Bundespräsidenten vertraut machen. Der amtierende Bundespräsident Joachim Gauck (Sie sollten auch darauf vorbereitet sein die Namen der Altbundespräsidenten zu kennen) hat öffentlich erklärt für eine weitere Amtszeit nicht mehr zur Verfügung zu stehen.

Erste Frage
: Wer wählt den Bundespräsidenten?
Antwort: Der Bundespräsident wird gemäß Art. 54 Abs. 1 GG von der Bundesversammlung gewählt.

Zweite Frage
: Die Bundesversammlung wählt also den Bundespräsidenten. Wie setzt sich die Bundesversammlung zusammen?
Antwort: Gemäß Art. 54 Abs. 3 GG besteht die Bundesversammlung aus den Abgeordneten des Bundestages (geborene Mitglieder) und einer gleichen Anzahl von Mitgliedern, die von den Volksvertretungen der Länder gewählt werden (gekorene Mitglieder).

Dritte Frage
: Welche Anforderungen stellt das Grundgesetz an die Wahl durch die Volksvertretungen der Länder?
Antwort: Die Vertreter der Volksvertretungen der Länder müssen gemäß Art. 54 Abs. 3 GG nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt werden.

Vierte Frage
: In Art. 54 Abs. 1 S. 1 GG ist normiert, dass der Bundespräsident ohne Aussprache gewählt wird. Was bedeutet das? Wie wäre ein Antrag eines Mitglieds der Bundesversammlung auf Vorstellung der Kandidaten zu behandeln? Können die Rechte der Bundestagsabgeordneten aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG auf die Mitglieder der Bundesversammlung übertragen werden?
Antwort: Art. 54 Abs. 1 S. 1 GG verbietet eine Aussprache zum Schutze des Amtes und der Autorität des zukünftigen Bundespräsidenten. Personaldebatten dürfen demnach nicht geführt werden. Wäre den Kandidaten die Möglichkeit eröffnet sich im Rahmen der Bundesversammlung vorzustellen, begründete dies einen Verstoß gegen Art. 54 Abs. 1 S. 1 GG. Anträge, die offenkundig gegen das Grundgesetz verstoßen werden daher vom Bundestagspräsidenten als Leiter der Bundesversammlung nicht zur Abstimmung gestellt.
Eine Übertragung der Rechte der Bundestagsabgeordneten aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG auf die Mitglieder der Bundesversammlung kommt aufgrund verschiedenartiger Aufgaben nicht in Betracht. Den Mitgliedern der Bundesversammlung wird im Gegensatz zu den Bundestagsabgeordneten kein generelles Rede- und Antragsrecht gewährt.

Fünfte Frage
: Wie lange dauert die reguläre Amtszeit des Bundespräsidenten. In welchen Fällen ist außerhalb dieses Rhythmus ein neuer Bundespräsident zu wählen? Wie ist die Vertretung des Bundespräsidenten geregelt?
Antwort: Nach Art. 54 Abs. 2 S. 1 GG dauert die Amtszeit 5 Jahre. Sofern der Bundespräsident zurücktritt, verstirbt, der Verlust des Amtes gemäß Art. 61 Abs. 2 S. 1 GG durch das BVerfG festgestellt wird oder der amtierende Präsident die Wählbarkeitsvoraussetzungen nach Art. 54 Abs. 1 S. 2 GG verliert, kommt es zu einer vorzeitigen Neuwahl.
Ist der Bundespräsident nur vorübergehend abwesend, z.B. im Krankheitsfall, wird er von seinem Stellvertreter, dem Präsidenten des Bundesrates, gemäß Art. 57 GG vertreten.

Sechste Frage
: Kurz vor dem Ende der Amtszeit entscheidet sich ein amtierender Bundespräsident noch einmal für das Amt zu kandidieren. Ist dies möglich? Welche Grenzen setzt das Grundgesetz?
Antwort: Art. 54 Abs. 2 S. 2 GG bestimmt, dass eine anschließende Wiederwahl nur einmal zulässig ist. Wie diese Vorschrift zu verstehen ist, ist umstritten (siehe zum Meinungsstand den eigenen Beitrag unter https://juraexamen.info/wiederwahl-des-bundespraesidenten/). Jedenfalls kommt eine erneute Wahl nicht mehr in Betracht, wenn das Amt unmittelbar hintereinander zwei Wahlperioden lang ausgeübt wurde.

Siebte Frage
: Welche Mehrheit wird benötigt, um den Bundespräsidenten zu wählen?
Antwort: Die erforderliche Mehrheit ist in Art. 54 Abs. 6 GG geregelt. Diese ist abhängig vom Wahlgang. In den ersten zwei Wahlgängen wird für eine erfolgreiche Wahl die Mehrheit der Mitglieder der Bundesversammlung (die Legaldefinition des Art. 121 GG bezieht sich auch auf die Bundesversammlung) verlangt (absolute Mehrheit). Kommt dabei keine Wahl zustande, ist danach derjenige gewählt, der die meisten Stimmen auf sich vereinigt.

Achte Frage
: Welche Inkompatibilitätsvorgaben sind im Grundgesetz für den Bundespräsidenten vorgesehen? Darf der Bundespräsident Mitglied einer Partei sein?
Antwort: Regelungen hierzu finden sich in Art. 55 GG. Der Bundespräsident darf weder der Bundesregierung noch einer gesetzgebenden Körperschaft des Bundes oder eines Landes angehören. Nach Art. 55 Abs. 2 GG darf er zudem kein anderes besoldetes Amt, kein Gewerbe, keinen Beruf ausüben und auch nicht der Leitung oder dem Aufsichtsrat eines auf Erwerb gerichteten Unternehmens angehören.
Eine Inkompatibilitätsvorschrift bzgl. einer Mitgliedschaft in einer politischen Partei besteht nicht. Der Bundespräsident ist daher nicht verpflichtet mit Antritt seines Amtes aus der Partei auszutreten.

Neunte Frage
: Der Bundespräsident wird regelmäßig als Staatsoberhaupt der Bundesrepublik Deutschland bezeichnet. Welche Argumente sprechen für eine solche Einordnung?
Antwort: Begründet wird die Bezeichnung als Staatsoberhaupt zunächst aufgrund der ihm zugewiesenen Kompetenzen. Ihm steht insbesondere die völkerrechtliche Vertretung der Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 59 Abs. 1 GG zu, er ist für die Ausfertigung der Gesetze gemäß Art. 82 Abs. 1 GG und die Ernennung der Bundesminister gemäß Art. 64 Abs. 1 GG zuständig. Typischerweise sind diese Rechte dem Staatsoberhaupt zugewiesen. Zudem werden die Bezeichnung als „Präsident“ und die Wahl durch die Bundesversammlung, einem einzig für die Wahl des Bundespräsidenten konstituierten Verfassungsorgan, angeführt.

Zehnte Frage
: Wenn der Bundespräsident gewählt ist, schreibt Art. 58 S. 1 GG vor, dass Anordnungen und Verfügungen des Bundespräsidenten der Gegenzeichnung bedürfen. Welches Ziel wird mit der Regelung verfolgt? Wäre eine politische Rede des Bundespräsidenten auch gegenzeichnungspflichtig?
Antwort: Die Gegenzeichnungspflicht dient dem Zweck der Wahrung einer einheitlichen Staatsleitung. Bundespräsident und Bundesregierung sollen sich in ihren Positionen nicht diametral entgegenstehen.
Ob Reden des Bundespräsidenten gegenzeichnungspflichtig sind, wird unterschiedlich beurteilt. Mit dem Argument, dass sich alle politisch bedeutsamen Äußerungen des Bundespräsidenten auf das Verhältnis zur Bundesregierung auswirken können, kann auch für diese eine Gegenzeichnungspflicht bejaht werden. Dem entgegen steht aber der Wortlaut, der ausdrücklich nur von „Anordnungen und Verfügungen“ spricht und als Rechtsfolge von der „Gültigkeit“ spricht. Eine Rede ist kein rechtlich verbindlicher Akt, sodass diese auch nicht als „ungültig“ oder „gültig“ bezeichnet werden kann. Im Übrigen würde dem Bundespräsidenten jede Spontanität genommen. Ein solches Verständnis geriet zudem in Konflikt mit der Integrationsfunktion des Bundespräsidenten und würde ihn umfassend von der Bundesregierung abhängig machen.
 
Weitere Aspekte, die in diesem Zusammenhang in das Prüfungsgespräch eingebaut werden könnten, sind:
– Die Pflicht des Bundespräsidenten zu politischer Neutralität (BVerfGE 136, 323)
– Prüfungsrechte des Bundespräsidenten (z.B. bei der Ausfertigung von Gesetzen oder der Ministerernennung)
– Die demokratische Legitimation der Mitglieder der Bundesversammlung
– Die Stellung des Bundespräsidenten im Verfassungsgefüge

27.06.2016/2 Kommentare/von Gastautor
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2016-06-27 11:00:582016-06-27 11:00:58Prüfungsgespräch im Öffentlichen Recht: Die Wahl des Bundespräsidenten
Lukas Knappe

Eil-Notiz: BVerfG kippt Betreuungsgeld

Aktuelles, BVerfG Leitentscheidungen & Klassiker, Mündliche Prüfung, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Startseite, Verfassungsrecht

Das BVerfG hat das umstrittene Betreuungsgeld mangels Gesetzgebungskompetenz des Bundes für verfassungswidrig erklärt. Der Erste Senat hat im Rahmen eines vom Senat der Freien und Hansestadt Hamburg betriebenen abstrakten Normenkontrollverfahrens damit zugleich diejenigen bundesgesetzlichen Regelungen, die einen Anspruch auf die in der Öffentlichkeit auch kritisch unter dem Schlagwort „Herdprämie“ diskutierte Sozialleistung begründen, für nichtig erklärt. Die Einführung des Betreuungsgeldes war politisch stark umstritten, da vor allem erhebliche inhaltliche Bedenken gegen die Leistung geäußert wurden. Das BVerfG hat die Regelung nun bereits aus formellen Gründen für nicht mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt und musste sich mangels Zuständigkeit des Bundes daher auch nicht mehr zu materiellen Gesichtspunkten äußern. Dieser Beitrag soll aufgrund der Aktualität sowie der Bedeutung der Entscheidung einen ersten Überblick über die Beantwortung der wesentlichen Rechtsfragen durch das BVerfG liefern, die einen Kernbereich des Staatsorganisationsrechts betreffen und somit eine Vorbereitung für eine kurzfristig anstehende Klausur bzw. mündliche Prüfung erleichtern.

A. Sachverhalt

Im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens nach Art. 93 I Nr. 2 GG, §§ 13 Nr. 6, 76 ff. BVerfGG (abstrakte Normenkontrolle) hatte sich der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg vor dem BVerfG gegen die mit dem Betreuungsgeldgesetz des Bundes vom 15. Februar 2013 eingefügten §§ 4a-d des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes gewandt. Diese Regelungen sahen im Wesentlichen vor, dass Eltern in der Zeit vom 15. Lebensmonat bis zum 36. Lebensmonat ihres Kindes einkommensunabhängig Betreuungsgeld in Höhe von zunächst 100 € und mittlerweile 150 € pro Monat beziehen können, sofern für das Kind weder eine öffentlich geförderte Tageseinrichtung noch Kindertagespflege in Anspruch genommen wird.

B. Wesentliche Erwägungen des BVerfG

I. Kompetenztitel

Fraglich war zunächst, ob sich der Bund beim Erlass der in Rede stehenden Regelungen überhaupt auf einen Kompetenztitel berufen konnte. Bereits dies war vom Antragsteller verneint worden, da es sich um eine Zahlung für die Nichtinanspruchnahme öffentlicher Leistungen handle, bei der kein Kompetenztitel des Grundgesetzes greife. Das BVerfG hat in dem Urteil allerdings demgegenüber klargestellt, dass die Regelungen zum Betreuungsgeld dem Gebiet der öffentlichen Fürsorge im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG zuzuordnen seien, welches im Kern die Unterstützung Hilfsbedürftiger in wirtschaftlichen Notlagen umfasst (vgl. dazu näher Degenhart in: Sachs, GG, Art. 74, Rn. 35):

Der Begriff der öffentlichen Fürsorge in Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG ist nicht eng auszulegen. Er setzt voraus, dass eine besondere Situation zumindest potenzieller Bedürftigkeit besteht, auf die der Gesetzgeber reagiert. Dabei genügt es, wenn eine – sei es auch nur typisierend bezeichnete und nicht notwendig akute (ähnlich BVerfGE 88, 203 (329 f.); 97, 332 (342); 106, 62 (134)) – Bedarfslage im Sinne einer mit besonderen Belastungen (vgl. BVerfGE 88, 203 <329 f.>) einhergehenden Lebenssituation besteht, auf deren Beseitigung oder Minderung das Gesetz zielt.

Diese Anforderungen sind nach Ansicht des BVerfG im konkreten durch die vom Bund erlassenen Regelungen erfüllt worden, da der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung auf die Belastung von Familien mit Kleinkindern und eine damit verbundene besondere Hilfs- und Unterstützungsbedürftigkeit habe reagieren wollen. Im Rahmen seines gesetzgeberischen Einschätzungsspielraums habe er auch von einem typischerweise in dieser Altersphase auftretenden besonderen Aufwand bei der Betreuung von Kleinkindern ausgehen dürfen.

II. Erforderlichkeitsklausel des Art. 72 Abs. 2 GG

Der Kompetenztitel des Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG fällt zwar in den Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung, allerdings kann der Bund, anders als im Rahmen des Art. 72 Abs. 1 GG, nicht uneingeschränkt tätig werden, da der Bereich der öffentlichen Fürsorge der Erforderlichkeitsklausel des Art. 72 Abs. 2 GG unterfällt, die zusätzliche Anforderungen für die Zulässigkeit einer bundesgesetzlichen Regelung statuiert. Nach Art. 72 Abs. 2 GG hat der Bund auf den dort genannten Gebieten nämlich nur das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich machen. Erforderlich ist eine bundesgesetzliche Regelung daher nur, wenn ohne sie die vom Gesetzgeber für sein Tätigwerden im konkret zu regelnden Bereich in Anspruch genommene Zielvorgabe des Art. 72 Abs. 2 GG nicht oder nicht hinlänglich erreicht werden kann (BVerfGE 106, 62 (149); zur Wiederholung der Erforderlichkeitsklausel eignet sich insbes. Degenhart in: Sachs, GG, Art. 72, Rn. 10 f.). Fraglich ist, ob die vom Bund erlassenen Regelungen diesen vom BVerfG traditionell streng ausgelegten Anforderungen genügen:

1. Art. 72 Abs. 2 Var. 1 GG: Erforderlichkeit zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse

Möglicherweise könnte die Regelung zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse erforderlich gewesen sein.

a) Das BVerfG hat in seinen Leitentscheidungen in BVerfGE 106, 62 und BVerfGE 112, 226 klargestellt, dass eine Bestimmung zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse nicht schon dann erforderlich ist, wenn es sich nur um das Inkraftsetzen einer bundeseinheitlichen Regelungen handelt oder die Regelung nur eine allgemeine Verbesserung der Lebensverhältnisse beinhaltet. Der Bundesgesetzgeber dürfe vielmehr erst dann eingreifen,

wenn sich die Lebensverhältnisse in den Ländern der Bundesrepublik Deutschland in erheblicher, das bundesstaatliche Sozialgefüge beeinträchtigender Weise auseinanderentwickelt haben oder sich eine derartige Entwicklung konkret abzeichnet (vgl. BVerfGE 106, 62 (144); 112, 226 (244)). Ein rechtfertigendes besonderes Interesse an einer bundesgesetzlichen Regelung kann auch dann bestehen, wenn sich abzeichnet, dass Regelungen in einzelnen Ländern aufgrund ihrer Mängel zu einer mit der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse unvereinbaren Benachteiligung der Einwohner dieser Länder führen und diese deutlich schlechter stellen als die Einwohner anderer Länder (vgl. BVerfGE 106, 62 (153 f.); 112, 226 (244 f.)).

b) Diesen Anforderungen genügt das vom Bund eingeführte Betreuungsgeld allerdings nach Auffassung der entscheidenden Richter nicht:

aa) So kann das Erfordernis einer bundesgesetzlichen Regelung insbesondere nicht damit begründet werden, dass nur ein kleiner Teil vergleichbare Sozialleistungen vorsehe, während andere Länder derartige Leistungen nicht gewähren:

Zwar gibt es gegenwärtig nach den Landeserziehungsgeldgesetzen in Bayern, in Sachsen und noch in Thüringen, nicht aber in anderen Ländern, dem Betreuungsgeld ähnliche staatliche Leistungen. Diese Konsequenz föderal vielfältiger Gestaltungen führt jedoch nicht zu einer erheblichen Schlechterstellung von Eltern in jenen Ländern, die solche Leistungen nicht gewähren. Ohnehin könnte das Bundesbetreuungsgeld ein bundesweit gleichwertiges Förderungsniveau von Familien mit Kleinkindern schon deshalb nicht herbeiführen, weil keine Anrechnungsvorschrift bezüglich bereits bestehender Landesregelungen existiert, sodass Eltern neben dem Bundesbetreuungsgeld in den drei genannten Ländern bei Erfüllen der jeweiligen Bezugsvoraussetzungen weiterhin zusätzlich das Landeserziehungsgeld beziehen können.

bb) Darüber hinaus führen auch nicht durch die Förderung der Kinderbetreuung durch Dritte entstehende Ungleichbehandlungen gegenüber der Betreuung von Kleinkindern im häuslichen Umfeld zu einer nicht mehr hinnehmbaren dramatischen Veränderungen des Sozialgefüges:

Die Gewährung von Betreuungsgeld ist nicht deshalb nach Art. 72 Abs. 2 GG zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse erforderlich, weil der Ausbau der Kindertagesbetreuung von Bund und Ländern seit Jahren gefördert und damit diese Form der frühkindlichen Betreuung bereits durch finanzielle Leistung unterstützt wird, sodass es einer Alternative zur Inanspruchnahme von Betreuung durch Dritte bedürfte (vgl. aber BTDrucks 17/9917, S. 9 linke Spalte). Das Merkmal der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse zielt auf den Ausgleich spezifisch föderaler Nachteile der Einwohner einzelner Länder (vgl. BVerfGE 106, 62 (153 f.); 112, 226 (244 f.)) zur Vermeidung daraus resultierender Gefährdungen des bundesstaatlichen Sozialgefüges, nicht aber auf den Ausgleich sonstiger Ungleichheiten. Wenn die Kleinkindertagesbetreuung durch Dritte stärker gefördert wird als die Betreuung von Kleinkindern im häuslichen Umfeld, so liegt darin jedenfalls kein spezifisch föderaler Nachteil.

cc) Auch aus den Grundrechten könne ungeachtet der Frage, ob sich aus diesen im Hinblick auf das Kriterium gleichwertiger Lebensverhältnisse überhaupt ein Gesetzgebungsrecht des Bundes nach Art. 72 Abs. 2 GG ergeben kann, keine Erforderlichkeit zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse angenommen werden:

Konkrete Ansprüche auf bestimmte staatliche Leistungen lassen sich jedoch aus dem verfassungsrechtlichen Gebot des Art. 6 Abs. 1 und 2 GG, die Pflege- und Erziehungsleistung der Eltern zu unterstützen, nicht herleiten. Der Bundes- und die Landesgesetzgeber sind verfassungsrechtlich nicht verpflichtet, eine Leistung der hier in Rede stehenden Art zu gewähren… Auch Gleichheitsgründe gebieten weder dem Bundes- noch dem Landesgesetzgeber, ein Betreuungsgeld zu gewähren, um eine vermeintliche Benachteiligung von die Betreuung eigenständig durchführenden Eltern gegenüber jenen Eltern zu vermeiden, die einen öffentlich geförderten Betreuungsplatz in Anspruch nehmen. Das Angebot öffentlich geförderter Kinderbetreuung steht allen Eltern offen. Nehmen Eltern dies nicht in Anspruch, verzichten sie freiwillig, ohne dass dies eine verfassungsrechtliche Kompensationspflicht auslöste.

dd) Zudem kann nach Ansicht des BVerfG ebenfalls nicht der in der Gesetzesbegründung angeführte Umstand, dass bis heute zwischen den Ländern erhebliche Unterschiede hinsichtlich der Verfügbarkeit öffentlicher und privater Angebote im Bereich der frühkindlichen Betreuung bestehen (vgl. BTDrucks 17/9917, S. 8 rechte Spalte), die Erforderlichkeit der Einführung des Betreuungsgeldes zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse begründen.

Zwar bestehen – in abnehmendem Maße – bis heute zwischen den neuen und den alten Ländern Unterschiede hinsichtlich der Betreuungsquote…Ungeachtet der Frage, ob damit hinsichtlich der Verfügbarkeit von öffentlich geförderten Betreuungsplätzen überhaupt eine nach Art. 72 Abs. 2 GG relevante Schlechterstellung der Einwohner bestimmter Länder vorliegt, bezweckt das Betreuungsgeld aber nicht, etwaige Engpässe bei der Verfügbarkeit von Betreuungsplätzen für Kleinkinder zu beheben. Es ist dafür auch weder geeignet noch erforderlich.

Das Betreuungsgeld ist nicht als Ersatzleistung für den Fall ausgestaltet, dass ein Kleinkind keinen Platz in einer Betreuungseinrichtung erhält. Der Anspruch auf Betreuungsgeld setzt nach § 4a BEEG nicht voraus, dass kein öffentlich geförderter Betreuungsplatz verfügbar ist; vielmehr genügt die Nichtinanspruchnahme auch dann, wenn ein Betreuungsplatz vorhanden ist. Das Betreuungsgeld könnte etwaige Engpässe bei der Verfügbarkeit von Betreuungsplätzen auch nicht beheben, da es nicht den gewünschten Betreuungsplatz schafft, sondern eine alternative Förderung bietet, die zudem angesichts der Höhe des Betreuungsgeldes zur Finanzierung eines privaten Betreuungsplatzes bei Weitem nicht ausreichte….

Vor allem aber ist der Zugang zu öffentlich geförderten Betreuungseinrichtungen für Kleinkinder seit dem Jahr 2013 rechtlich so ausgestaltet, dass jedem Kind, dessen Eltern einen öffentlich geförderten Betreuungsplatz wünschen, ein solcher Platz auch zur Verfügung gestellt werden muss. Nach § 24 Abs. 2 SGB VIII besteht diesbezüglich ein einklagbarer Leistungsanspruch, der nicht unter Kapazitätsvorbehalt gestellt ist. Danach kann das Betreuungsgeld von vornherein nicht auf die Schließung einer Verfügbarkeitslücke gerichtet sein…

 

2. Art. 72 Abs. 2 Var. 2 und 3 GG : Erforderlichkeit zur Wahrung der Rechtseinheit oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse

Zwar erfüllt die Regelung des Betreuungsgeldes nicht die Anforderungen des Art. 72 Abs. 2 Var. 1 GG, allerdings könnte sie jedoch zur Wahrung der Rechtseinheit oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich sein:

a) Allerdings legt das BVerfG auch diese beiden Zielvorgaben restriktiv aus:

Eine bundesgesetzliche Regelung ist zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich, wenn und soweit die mit ihr erzielbare Einheitlichkeit der rechtlichen Rahmenbedingungen Voraussetzung für die Vermeidung einer Rechtszersplitterung mit problematischen Folgen ist, die im Interesse sowohl des Bundes als auch der Länder nicht hingenommen werden kann (vgl. BVerfGE 125, 141 (155)). Sie ist zur Wahrung der Wirtschaftseinheit erforderlich, wenn und soweit sie Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit des Wirtschaftsraums der Bundesrepublik ist, wenn also unterschiedliche Landesregelungen oder das Untätigbleiben der Länder erhebliche Nachteile für die Gesamtwirtschaft mit sich brächten (vgl. BVerfGE 106, 62 (146 f.); 112, 226 (248 f.)….

b) Diesen Anforderungen entspricht das bundesgesetzlich normierte Betreuungsgeld jedoch ebenfalls nicht:

Der Annahme, die angegriffene Bundesregelung sei zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich, steht bereits entgegen, dass sie zusätzliche vergleichbare Leistungen in einzelnen Ländern bestehen lässt, so dass eine Rechtsvereinheitlichung ohnehin nicht herbeigeführt wird …. Die bundesgesetzliche Bereitstellung von Betreuungsgeld ist auch nicht zur Wahrung der Wirtschaftseinheit erforderlich. Die Einführung eines Bundesbetreuungsgeldes war nicht Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit des Wirtschaftsraums der Bundesrepublik. Unterschiedliche Landesregelungen oder das Untätigbleiben der Länder haben keine erkennbaren erheblichen Nachteile für die Gesamtwirtschaft mit sich gebracht. Auch der Gesetzgeber hat einen solchen Wirkzusammenhang nicht behauptet.

Auch Erforderlichkeitserwägungen, die im Gesetzgebungsverfahren zum Kinderförderungsgesetz angestellt wurden und dieses rechtfertigen können, sind nach Auffassung des BVerfG nicht auf das Betreuungsgeld übertragbar. So sieht das BVerfG nämlich erhebliche Unterschiede hinsichtlich des Regelungszweckes der beiden gesetzlichen Regelungen:

Während beim Kinderförderungsgesetz unter dem Gesichtspunkt der Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit maßgeblich auf den Zusammenhang zwischen Kinderbetreuungsmöglichkeit und Möglichkeiten der Beteiligung von Eltern am Arbeitsleben abgestellt und damit an die Bedeutung der Regelungen als Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsfaktor angeknüpft wurde, fördert das hier zu beurteilende Betreuungsgeld die Erwerbsbeteiligung von Eltern nicht. Insbesondere ist das Betreuungsgeld weder dazu bestimmt noch ist es angesichts seiner Höhe dazu geeignet, eine private, nicht öffentlich geförderte Kinderbetreuung zu finanzieren.

Gleiches müsse auch auch für Erwägungen im Zusammenhang mit dem Elterngeld gelten, da dieses mit einer Höhe von 67 % des vorherigen Eikommens einen erheblichen Faktor für die Frage einer Unterbrechung der Erwerbstätigkeit darstelle, während nicht erkennbar sei, dass das Betreuungsgeld mit einer monatlichen Zahlung von 150 € geeignet wäre, einen auch nur annähernd ähnlichen Unterbrechungseffekt zu entfalten.

3. Erforderlichkeit der Regelungen „als Teil eines schon dem Kinderförderungsgesetz zugrunde liegenden Gesamtkonzepts zur Bewältigung der Probleme der Lebenssituation von Familien mit kleinen Kindern hinsichtlich der Kinderbetreuung“.

Zudem erteilt das BVerfG der von der bayerischen Staatsregierung vertretenen Ansicht, dass die Regelungen zum Betreuungsgeld „ als Teil eines schon dem Kinderförderungsgesetz zugrunde liegenden Gesamtkonzepts zur Bewältigung der Probleme der Lebenssituation von Familien mit kleinen Kindern hinsichtlich der Kinderbetreuung“ erforderlich seien, eine Absagen. So könne die Erforderlichkeit des Betreuungsgelds nicht damit begründet werden, dass das Betreuungsgeld im Verbund mit dem Kinderförderungsgesetz kompetenzrechtlich als Ausdruck eines Gesamtkonzepts zu sehen sei:

a) Das BVerfG betont, dass grundsätzlich jede unter den Kompetenztitel des Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG fallende Fürsorgeleistung den Anforderungen des Art. 72 Abs. 2 GG entsprechen müsse. Dies sei grundsätzlich auch in den Fällen erforderlich, in denen der Gesetzgeber selbständige Leistungen der öffentlichen Fürsorge als Teil eines Gesamtkonzeptes ansehe:

Wenn der Bundesgesetzgeber nach Art. 72 Abs. 2 GG für die nach dem Kinderförderungsgesetz gewährten Leistungen von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für den Bereich der öffentlichen Fürsorge Gebrauch machen durfte, begründet dies jedoch nicht auch die Zulässigkeit des Kompetenzgebrauchs hinsichtlich des Betreuungsgeldes. Will der Bundesgesetzgeber verschiedene Arten von Leistungen der öffentlichen Fürsorge begründen, muss grundsätzlich jede Fürsorgeleistung für sich genommen den Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG genügen. Allein die Verbindung mit einer Bestimmung, die bundesrechtlicher Regelung unterliegt, schafft demnach noch nicht den bundesrechtlichen Regelungsbedarf für eine Bestimmung, die für sich genommen nicht die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG erfüllt. Auch wenn der Bundesgesetzgeber selbständige Leistungen der öffentlichen Fürsorge als Teile eines Gesamtkonzepts begreift, teilen diese nicht allein wegen dieses Verknüpfungswillens das kompetenzrechtliche Schicksal. Grundsätzlich ist der Bundesgesetzgeber bei der Realisierung legislativer Gesamtförderungskonzepte vielmehr auf jene Fürsorgeinstrumente beschränkt, die für sich genommen die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG erfüllen. Im Übrigen verbleibt ihm die Möglichkeit, eine übergreifende Konzeption in Kooperation mit den Ländern und in Abstimmung mit deren Gesetzgebung zu verfolgen.

b) Allerdings könne es Fälle geben, in denen zwischen zwei Förderinstrumenten ein untrennbarer Zusammenhang bestehe, der dazu führe, dass die Erforderlichkeit der einen Regelung ausnahmsweise auf die andere Regelung übertragen werden könne. Das BVerfG verlangt jedoch für einen solchen untrennbaren Zusammenhang, dass die

Instrumente dafür objektiv in einem sachlichen Unteilbarkeitsverhältnis stehen, so dass das für sich genommen nach Art. 72 Abs. 2 GG nicht erforderliche Instrument integraler Bestandteil des Gesamtkonzepts wäre und sein Herausbrechen die Tragfähigkeit der Gesamtkonstruktion gefährdete (vgl. BVerfGE 106, 62 (149 f.); 113, 167 (197 f.), 199>).

Dieses Erfordernis sei allerdings hier nicht erfüllt, da zwischen dem Betreuungsgeld sowie dem Kinderförderungsgesetz ein solcher Zusammenhang nicht bestehe:

Die Regelungen des Kinderförderungsgesetzes verlören nichts von ihrer Tragfähigkeit, wenn das anderweitig geregelte Betreuungsgeld entfiele. Insbesondere veränderte sich dadurch nicht der Charakter der Leistungen und Regelungen des Bundes zur Kinderbetreuung in öffentlich geförderten Betreuungseinrichtungen. Entfiele das Betreuungsgeld, blieben die Regelungen und Ziele des Kinderförderungsgesetzes, namentlich der Ausbau der Betreuung von Kleinkindern sowie die Einführung eines entsprechenden Betreuungsanspruchs, unberührt… Auch wenn der Gesetzgeber ein Gesamtkonzept der frühkindlichen Betreuung schaffen wollte, sind das Kinderförderungsgesetz und die Regelungen über das Betreuungsgeld in kompetenzrechtlicher Hinsicht selbständige Teile dieses Gesamtkonzepts, von denen einer entfallen könnte, ohne dass der andere seinen Sinn verlöre oder auch bloß seinen Gehalt veränderte.

 c) Nach Ansicht des BVerfG führe auch nicht die dem Gesetzgeber im Rahmen des Art. 72 Abs. 2 GG zustehende Einschätzungsprärogative zu einem anderen Ergebnis. Zwar stehe dem Gesetzgeber eine solche Einschätzungsprärogative hinsichtlich der Einschätzung sowie Bewertung derjenigen tatsächlichen Entwicklungen, von denen die Erforderlichkeit bundesrechtlicher Regelungen hinsichtlich der in Art. 72 Abs. 2 GG genannten Zwecke abhängt, zu. Allerdings reiche diese nicht so weit, dass dieser vollständig ohne gerichtliche Kontrolle beurteilen könne, ob die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG gegeben sind. So führt das BVerfG dazu aus:

Dem Bundesgesetzgeber hier eine nicht justiziable Verknüpfungskompetenz zu überlassen, verbietet sich nicht zuletzt angesichts der Entstehungsgeschichte des Art. 72 Abs. 2 GG. In der ursprünglichen Fassung des Grundgesetzes vom 23. Mai 1949 war Art. 72 Abs. 2 GG im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung noch als sogenannte Bedürfnisklausel ausgestaltet. Das Bundesverfassungsgericht hatte die Frage, ob ein Bedürfnis im Sinne des Art. 72 Abs. 2 GG a.F. nach bundesgesetzlicher Regelung besteht, als eine Frage des pflichtgemäßen Ermessens des Bundesgesetzgebers bezeichnet, die ihrer Natur nach nicht justiziabel und daher der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich entzogen sei (…).

Durch Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 27. Oktober 1994 (BGBl I S. 3146) wurde die Bedürfnisklausel durch die heute geltende Erforderlichkeitsklausel ersetzt. Ziel der Neufassung war es, die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz zu konzentrieren, zu verschärfen und zu präzisieren, um die „als unzureichend empfundene Justiziabilität der Bedürfnisklausel durch das Bundesverfassungsgericht zu verbessern“ (vgl. BTDrucks 12/6633, S. 8 rechte Spalte). Nach dieser Maßgabe hat das Bundesverfassungsgericht die Voraussetzungen der Bundesgesetzgebungskompetenzen aus Art. 74 GG und aus Art. 75 GG a.F. auf der Grundlage der neuen Erforderlichkeitsklausel des Art. 72 Abs. 2 GG heutiger Fassung strengerer Prüfung unterzogen als zuvor (…).

Durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 hat er den Anwendungsbereich der im Jahr 1994 in den Kriterien enger gefassten Erforderlichkeitsklausel auf bestimmte Kompetenztitel des Art. 74 Abs. 1 GG beschränkt, nicht aber die Erforderlichkeitsklausel selbst gelockert (…).

Vor diesem entstehungsgeschichtlichen Hintergrund kann es nicht der einer verfassungsgerichtlichen Kontrolle entzogenen Einschätzungsprärogative des Bundesgesetzgebers überlassen bleiben, im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung auf dem Gebiet der öffentlichen Fürsorge selbständige Förderinstrumente mit der Folge zu einem politischen Konzept zu verbinden, dass bereits hierdurch die Erforderlichkeit bundesgesetzlicher Regelung umfassend zu bejahen wäre. Könnte der Bundesgesetzgeber kraft politisch gewollter Verklammerung verschiedener Fürsorgeinstrumente auch für jene Instrumente die Erforderlichkeit eines Bundesgesetzes begründen, die für sich genommen die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG nicht erfüllen, hätte der Bund die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG nach wie vor selbst in der Hand. Dies wollte der verfassungsändernde Gesetzgeber im Jahr 1994 durch die Reform des Art. 72 Abs. 2 GG gerade ausschließen (vgl. BVerfGE 106, 62 (148)).

Mangels Gesetzgebungskompetenz verstoßen die §§ 4a bis 4d BEEG in der durch das Betreuungsgeldgesetz vom 15. Februar 2013 erlangten Fassung gegen das Grundgesetz.

21.07.2015/0 Kommentare/von Lukas Knappe
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Lukas Knappe https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Lukas Knappe2015-07-21 14:11:422015-07-21 14:11:42Eil-Notiz: BVerfG kippt Betreuungsgeld
Dr. Marius Schäfer

Erstsemester-Guide: Klausur „Staatsorganisationsrecht“ bestehen

Für die ersten Semester, Lerntipps, Startseite, Verschiedenes

Die Vorlesungszeit des Semesters neigt sich dem Ende entgegen, was für fast alle Erstsemester jedoch bedeutet, dass sie sich mitten im ersten Uni-Prüfungsstress befinden – die Klausuren stehen bevor und in der Regel wird auch in Staatsrecht I bzw. Staatsorganisationsrecht eine Klausur zu bestehen sein. An diesem Punkt angekommen, haben die meisten Erstsemester in etwa drei Monate hinter sich gebracht, in denen sie mehr oder weniger häufig die Vorlesungen besucht und vielleicht ab und zu in ein Lehrbuch oder Skript geschaut haben, dabei jedoch feststellen mussten, dass diese sich nach dem Abitur ergebende, neuartige Stoffmenge recht viel und kaum zu bewältigen scheint.
Leider habe ich mit den Jahren den unrühmlichen Eindruck gewonnen, dass an der Universität (insbesondere in den Vorlesungen) lediglich Wert auf eine bloße Vermittlung von Stoff gelegt wird – je mehr desto besser. Viele Erstsemester sind mit dieser bloßen Stoffvermittlung schier überfordert, denn woher oder wie sollte man bei diesem Wurf ins kalte Wasser die Methodik der Rechtswissenschaft auch nur im Ansatz verstanden haben? Gerade das Systemverständnis und die Frage nach dem „warum?“ ist jedoch gleich zu Beginn ein nicht zu missachtender Faktor. Oftmals zieht sich diese Unwissenheit bis hinein in die Phase der Examensvorbereitung oder des Repetitoriums. Man muss es schlichtweg so sagen: Vielerorts werden die Erstsemester ratlos und vor einem riesigen Stoffberg stehend alleine gelassen, was dazu führt, dass viele Studenten nicht wissen, wie man eine Klausur überhaupt zu bearbeiten hat.
Wem dieses Gefühl – so kurz vor der Klausur – bekannt vorkommt, dem möchte ich an dieser Stelle mit einem Leitfaden eine Hilfestellung geben den Stoff übersichtlich zu ordnen und das Bestehen der Klausur im Staatsorganisationsrecht zumindest zu ermöglichen. Dargestellt werden diese Hinweise anhand einer Checkliste, dessen wesentliche Punkte in der Klausur beherzigt oder sogar unbedingt verinnerlicht werden sollten.
 
1. Das Lernen
Ganz egal, welcher Lerntyp Ihr auch seid, wichtig sollte zunächst sein, dass Ihr Euch eine Übersicht über den klausurrelevanten Stoff verschafft. Einen Überblick über das System zu erlangen sollte für euch immer der erste Schritt sein. Macht euch auch klar, was die einschlägigen Rechtsquellen des Faches sind, denn damit werdet ihr in einer Klausur arbeiten müssen.
Wie Ihr dann den Stoff im Einzelnen verinnerlicht, bleibt ganz euren Neigungen überlassen. Worum Ihr jedoch nicht herum kommen werdet, ist das Auswendiglernen von Schemata und Definitionen. Dies lässt sich bspw. mit selbstgeschriebenen Karteikarten gut bewerkstelligen. Aber auch Obersätze lassen sich hervorragend mit Karteikarten auswendig lernen, was ich Euch angesichts der nur sehr begrenzten Zeit in der Klausur dringend empfehlen muss. Ansonsten helfen Euch Anfängerskripte wohl am besten das Gros des Stoffes zu erfassen. Je nach Eigenart des Professors hilft auch das Lernen mit seinem Lehrbuch.
Wichtig wird aber auch sein, dass ihr Fallkonstellationen und gängige Argumente zu relevanten Problemkreisen parat habt, was sich am effektivsten durch das Üben von Fällen erlernen lässt. Schnappt Euch ein Fallbuch und arbeitet dieses aufmerksam durch! Für die ganz motivierten Studenten sei das Schreiben einer Klausur unter Klausurbedingungen empfohlen, denn Ihr werdet noch feststellen, dass es ein großer Unterschied ist etwas nur zu lesen oder aber selbstständig zu Papier bringen zu müssen.
 
2. Relevanter Lernstoff
Vom gewissenhaften Lernen kann Euch natürlich niemand befreien. Anbieten kann ich Euch hiermit nur ein grobes Skelett, sodass Ihr mit eurem Lernen „Fleisch an die Knochen“ bringen müsst. In diesem Zusammenhang biete ich Euch eine nicht abschließende Liste über die wesentlichen Lerninhalte des Semesters zum Staatsorganisationsrecht. Da die Lerninhalte von Vorlesung zu Vorlesung abweichen können, solltet Ihr insbesondere in den Tagen und Wochen vor der Klausur auf mögliche Hinweise des Professors oder der AG-Leiter zu etwaigen Themen der Klausur achten.

  • Die Verfahrensarten (Zulässigkeit und Begründetheit) müsst Ihr unbedingt auswendig beherrschen oder zumindest aus dem Grundgesetz und dem BVerfGG herleiten können – dies gilt natürlich nur dann, wenn in der Klausur ein Antrag (nicht Klage) vor dem Bundesverfassungsgericht in Frage kommen kann. Relevant sind dabei insbesondere das Organstreitverfahren sowie die abstrakte Normenkontrolle. Zur Abgrenzung müsst Ihr Euch klar machen, ob es sich um ein kontradiktorisches Verfahren (Organstreitverfahren oder Föderative Streitigkeit) oder um die bloße Überprüfung eines Rechtssatzes (abstrakte oder konkrete Normenkontrolle) handelt. Ein gutes Beispiel für eines der Verfahren findet Ihr dazu in unserem Artikel vom 22. November 2012.
  • Die Rechtmäßigkeitsprüfung von Gesetzen prüft Ihr anhand der formellen (Gesetzgebungskompetenz, Gesetzgebungsverfahren, Ausfertigung und Verkündung) sowie der materiellen (Inhalt des Gesetzes am Prüfungsmaßstab des GG) Verfassungsmäßigkeit, dessen Prüfungspunkte im Detail beherrscht werden müssen, ebenso wie auch die Grundsätze der Verwaltungskompetenz.
  • Die Rechtmäßigkeitsprüfung von übrigen Akten staatlicher Organe prüft Ihr anhand der formellen (Zuständigkeit, Verfahren, Form) sowie der materiellen (Inhalt der Maßnahme am Prüfungsmaßstab der Gesetze und des GG) Rechtmäßigkeit.
  • Verinnerlicht die relevanten Problemkreise und Argumente im Zusammenhang mit den einzelnen Bundesorganen (wie z.B. das Prüfungsrecht des Bundespräsidenten) sowie die Wahlrechtsgrundsätze und sonstigen Verfassungsprinzipien (Republik-, Demokratie-, Rechtsstaats-, Bundesstaats-, Sozialstaatsprinzip).
  • Die Rechte der Parteien oder der Abgeordneten könnt Ihr anhand des persönlichen und sachlichen Schutzbereiches (was und wer wird von den Rechten erfasst?), des Eingriffs in diesen Schutzbereich (inwiefern ist der Schutzbereich durch die Maßnahme beeinträchtigt worden?), der Schranke (Legitimation für den Eingriff als Beschränkung des Schutzbereiches) sowie der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung (verfassungsgemäße bzw. rechtmäßige Anwendung der Schranke, i.d.R. zu prüfen anhand der Verhältnismäßigkeit) prüfen. Ein Beispiel dazu findet ihr in unserem Artikel vom 11. Oktober 2013.

 
3. Aktuelles Geschehen
Da es einige Professoren zu geben scheint, die in der Abschlussklausur auch gerne Aktuelles in einem Fall verwerten, solltet Ihr stets das aktuelle politische Geschehen im Auge behalten. Kein anderes Fach ist so eng damit verknüpft, wie das Staatsorganisationsrecht – insbesondere in den letzten Monaten hat sich eine Reihe von Problemfeldern aufgetan. Idealerweise könnt Ihr in juristischen Fachzeitschriften oder Internetplattformen (wie z.B. juraexamen.info) sogar eine rechtliche Aufarbeitung der relevanten Problemkreise finden, was Euch das Argumentieren im Zusammenhang mit aktuellen Diskussionen des Staatsorganisationsrechtes erleichtern wird. Derzeit wird insbesondere Folgendes diskutiert:

  • Das Wahlrecht, insbesondere die Gültigkeit der 5 %- bzw. 3 %-Klausel (siehe Artikel vom 12. Oktober 2013  und Artikel vom 22. Mai 2013).
  • Die Rechte der Opposition im Bundestag (siehe Artikel vom 25. September 2013).
  • Die Verlängerung der Wahlperiode auf 5 Jahre.
  • Die rechtliche Wirkung und Verbindlichkeit eines Koalitionsvertrages.

 
4. Klausuraufbau und -stil
Neben einer einigermaßen lesbaren Schrift – das versteht sich von selbst – solltet Ihr die Klausur anhand von Überschriften sowie anhand von sauberen und ausführlichen Ober- und Ergebnissätzen gliedern. Dies hilft dem Korrektor sich innerhalb eurer Klausurbearbeitung zurechtzufinden, was ihn bei der Bewertung milder stimmen sollte.
Vor allem in den Anfangssemestern muss die Klausur überwiegend im Gutachtenstil geschrieben werden, es sei denn, ein Prüfungspunkt ist offensichtlich unproblematisch. Haltet dabei folgende Abfolge ein: Obersatz, Tatbestandsvoraussetzungen, Definitionen, Subsumtion, Ergebnis.
Des Weiteren solltet Ihr –so oft es Euch möglich ist – die relevanten Normen vollständig zitieren und bei der Nennung von Schlagworten und Fachbegriffen auf eine genaue Bezeichnung achten.
 
5. Zeiteinteilung
Eine sinnvolle Zeiteinteilung ist gerade im Rahmen der Erstsemesterklausuren ein wichtiger Bestandteil für das Bestehen der Klausur, denn man will von Euch gleich zu Beginn sehen, dass Ihr innerhalb einer kurzen Zeit (in der Regel zwei Stunden) dazu in der Lage seid die aufgeworfenen Rechtsprobleme einer sauberen Lösung zuzuführen. Angesichts Eurer noch mangelnden Erfahrung kommt dem Zeitmanagement daher eine große Bedeutung zu. Dennoch solltet Ihr nicht verzweifeln, denn gerade dies lässt sich gut trainieren. In Abhängigkeit von eurer Schreibgeschwindigkeit und der Klausur selbst empfehle ich grob folgende Einteilung: Lesen des Sachverhalts mit Randnotizen (15-20 min.), Erstellen einer Lösungsskizze (20-25 min.), Reinschrift (75-85 min.).
 
6. Klausurtaktik
Über den Tellerrand hinauszuschauen hilft oft auf die richtigen Probleme oder Ideen zu kommen. In diesen Bereich fällt die Anwendung der Klausurtaktik, indem man sich vor Augen führt, was der Klausurersteller bei der Klausurbearbeitung offensichtlich im Hinblick auf den Lösungsweg und die Lösung selbst scheinbar gewollt haben muss. Hilfsgutachtliche Prüfungen sind eher die Ausnahme und sollten daher vermieden werden. Auch sollten Eure Ergebnisse nicht so ausfallen, dass Ihr Euch bedeutende Probleme damit abschneiden würdet oder schon weit vor der Abgabezeit mit der Klausurlösung zu einem Ende gekommen seid. Wägt also gleich zu Beginn ab, welchen Lösungsweg Ihr beschreiten wollt, d.h. welcher der scheinbar gewollte Weg ist. Sofern Ihr diesen dann auch noch vertretbar begründen könnt, sollte Euch kein Vorwurf zu machen sein. Oberstes Gebot ist übrigens immer, dass Ihr Ruhe behalten müsst, falls Euch nicht gleich der richtige Gedanke kommt – Panik blockiert Euch, statt zu helfen!
 
7. Norm- und Argumentationsfindung
Insbesondere das Öffentliche Recht zeichnet sich dadurch aus, dass ihr im Rahmen einer Klausur sauber und schlüssig argumentieren müsst, warum ihr zu welchem Ergebnis gekommen seid. Sofern euch zunächst keine Argumente einfallen sollten, so werdet ihr oftmals durch die im Sachverhalt aufgeworfenen Fragen oder Bedenken der beteiligten Personen auf die wesentlichen Probleme gestoßen, denn die rechtliche Behandlung dieser Punkte ist zumeist Gegenstand der Fallprüfung. Von daher sollte es euch immer klar sein, dass sich hierauf eure Argumentation beziehen muss.
Untermauern müsst Ihr Eure Argumentation zumeist mit den dazugehörigen oder einschlägigen Normen, die Ihr – und dies sei nochmals erwähnt – sauber und ausführlich zitieren müsst. Wenn es nun in der Klausur darum geht die richtige Norm zu finden, so mag es oftmals vorkommen, dass sich viele von Euch die folgende Frage stellen: „Wo stand das noch gleich?“ – dies sollte aber kein Problem sein. In diesem Fall müsst ihr Euch klar machen, wo es rein von der Logik her am meisten Sinn ergibt auf diese Norm zu stoßen. Geht es um die Rechte der Abgeordneten oder das Verfahren im Bundestag, so werdet Ihr häufig in der GeschOBT fündig. Sofern es um das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht geht, so schaut im BVerfGG nach. Auch die Systematik des Grundgesetzes kann Euch eine Hilfe sein, denn auch das Grundgesetz folgt zumeist einem logischen Aufbau. Es schadet dabei nie, zunächst das Inhaltsverzeichnis der jeweiligen Gesetze (auch in den Tagen vor der Klausur) zu studieren oder in der Klausur – sofern vorhanden – das Sachregister zu bemühen.
Wichtig ist im Anschluss bei der Auslegung der Normen, dass Ihr Euch der Canones nach Savigny bedient, d.h. die grammatische (Auslegung aus dem Wortlaut), systematische (Auslegung aus dem Zusammenhang), historische (Auslegung aus der Entstehungsgeschichte) und teleologische (Auslegung nach dem Sinn und Zweck einer Gesetzesbestimmung) Auslegung bemüht.
 
8. Klausurkorrektur
Abschließend sei zur Korrektur eurer Klausur gesagt, dass Ihr bei der Bewertung bis hinein ins Examen stets mit Euren Mitstudenten verglichen werdet, sodass Ihr schon dann bestanden haben solltet, wenn Ihr die wichtigsten Punkte der Klausur „getroffen“ habt und damit mehr zu Papier gebracht habt als die anderen. Damit will ich nicht den Konkurrenzdruck fördern, doch stellt Euch einfach vor, dass der Korrektor eine Lösungsskizze zugrunde legt und diese oftmals nur anhand der wesentlichen Schlagworte in Eurer Klausur wiederfinden und abhaken will. Bietet ihm insofern Gelegenheit, so viel wie möglich abzuhaken! Versetzt Euch dazu einfach in die Rolle eines Korrektors.
 
Wenn Ihr diese Punkte beherrscht und in der Lage seid, Euch diese, gepaart mit dem notwendigen Wissen, in der Klausur ins Gedächtnis zu rufen, dann sollte das Bestehen der Klausur hoffentlich kein Problem mehr darstellen. Von daher hoffe ich, dass Euch dieser Artikel eine Hilfe war bzw. sein wird. Weitere Hinweise für das erste Semester findet Ihr in unserem Artikel vom 10. Oktober 2013. Wer für die Examensvorbereitung noch eine Hilfestellung benötigt, dem sei im Übrigen dieser Artikel vom 18. Mai 2013 ans Herz gelegt.
 
Ansonsten bleibt nur noch Euch viel Erfolg zu wünschen!
 

29.01.2014/1 Kommentar/von Dr. Marius Schäfer
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Marius Schäfer https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Marius Schäfer2014-01-29 12:00:472014-01-29 12:00:47Erstsemester-Guide: Klausur „Staatsorganisationsrecht“ bestehen

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  • Präventiver Verfassungsschutz versus Meinungs- und Pressefreiheit – Das BVerwG hebt das Verbot der COMPACT-Magazin GmbH auf
  • Praktikum am Landgericht Bonn
  • Die gesetzliche Altersgrenze für Anwaltsnotare ist verfassungswidrig

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