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Schlagwortarchiv für: Kaufvertrag

Marie-Lou Merhi

Neues zur falsa demonstratio beim Grundstückskauf

Aktuelles, BGB AT, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Startseite, Zivilrecht

Wir freuen uns, nachfolgend einen Gastbeitrag von Marie-Lou Merhi veröffentlichen zu können. Die Autorin studiert Rechtswissenschaften im siebten Semester an der Universität Bonn

Examenskandidaten aufgepasst: Der BGH hat abermals zur falsa demonstratio beim Grundstückskauf entschieden (Urt. v. 23.6.2023 – V ZR 89/22). Das verkaufte Grundstück war in Wahrheit 19m² kleiner als bei Abschluss des Kaufvertrags angenommen. Der BGH schließt sich im Ergebnis der Auffassung des Berufungsgerichts an. Nach Ansicht des BGH wollte der beklagte Verkäufer gerade nicht das Nachbargrundstück mitverkaufen und hat die Aufklärung über die tatsächliche Grundstücksgrenze schuldhaft unterlassen. Anlass, den Grundsatz „falsa demonstratio non nocet“ bei formbedürftigen Rechtsgeschäften noch einmal in der Fallbearbeitung zu wiederholen!

I. Sachverhalt

Die Kläger und Beklagten sind Vertragspartner. Am 9. Dezember 2009 schlossen sie einen notariellen Vertrag über ein mit einem Wohnhaus bebauten Grundstück ab. Benannter Kaufgegenstand ist das Flurstück 291/3. Dabei gingen die Kläger irrtümlich davon aus, dass dazu auch das angrenzende, 19m² große Flurstück 277/22 gehöre und dieses mitveräußert werde. Allerdings war in Wahrheit der Nachbar Eigentümer dieses Flurstücks. Mit ihrer am 28. Dezember 2020 eingegangen Klage begehren die Kläger die Rückabwicklung des Vertrags sowie die Feststellung, dass die Beklagten sie von sämtlichen im Zuge der Rückabwicklung ergebenden materiellen Schäden freizustellen haben.

II. (Gutachterliche) Entscheidung

Das Hauptanliegen der Kläger ist es, sich nachträglich wegen ihres Irrtums über den Umfang des Grundstücks von dem Grundstückkaufvertrag zu lösen. Bedeutsam ist, dass zwischen Abschluss des Kaufvertrags und Eingang der Klage beim Landgericht elf Jahre vergangen sind. Auch in einer Klausur könnte eine derartige Konstellation vorkommen. Besonders ist dann auf die Möglichkeit der Verjährung sowie die Einhaltung von Fristen zu achten. Im vorliegenden Fall ist ein Anfechtungsrecht der Kläger nach § 121 Abs. 2 BGB ausgeschlossen, da seit Abgabe der Willenserklärung der Kläger mehr als zehn Jahre verstrichen sind (BGH, Urt. 23.6.2023 – V ZR 89/22, BeckRS 2023, 18992 Rn. 35). In Bezug auf die Verjährung ist zu beachten, dass gemäß § 194 Abs. 1 BGB nur materiell-rechtliche Ansprüche der Verjährung unterliegen, nicht aber Gestaltungsrechte wie der Rücktritt und die Minderung. Den Ausschluss der Geltendmachung der Gestaltungsrechte durch Zeitablauf (sog. Gestaltungsverjährung) regelt § 218 BGB (MüKoBGB/Grothe, 9. Aufl. 2021, § 218 Rn. 1). BGH, Urt. v. 23.6.2023 – V ZR 89/22, BeckRS 2023, 18992 Rn. 34). Vorliegend stellt der BGH bei der Prüfung der Rückabwicklung des Kaufvertrags die Prüfung des § 218 BGB an den Anfang und erläutert, dass sich auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht beurteilen lässt, ob ein von den Klägern erklärter Rücktritt gemäß § 218 BGB unwirksam wäre. Der Zeitpunkt des Fristbeginns nach § 200 S. 1 BGB ist nicht eindeutig feststellbar (BGH, Urt. 23.6.2023 – V ZR 89/22, BeckRS 2023, 18992 Rn. 9 ff.). Auch bei der Möglichkeit der Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs wird die Prüfung der Verjährung relevant (siehe Gliederungspunkt II.3.)

1. Anspruch gemäß §§ 437 Nr. 2 Alt. 1, 434, 326 Abs. 5, 323, 346 Abs. 1 BGB

Die Kläger könnten einen Anspruch gegen die Beklagten auf Rückgewähr des Kaufpreises gemäß §§ 437 Nr. 2 Alt. 1, 434, 326 Abs. 5, 323, 346 Abs. 1 BGB haben.

Das setzt voraus, dass ein wirksamer Kaufvertrag geschlossen wurde, ein Sachmangel vorliegt, ein Rücktrittsrecht aus §§ 437 Nr. 2 Alt. 1 i.V.m. § 326 Abs. 5, 323 BGB besteht und der Rücktritt wirksam erklärt wurde.

a) Wirksamer Kaufvertrag, § 433 BGB

Es müsste ein wirksamer Kaufvertrag zwischen den Klägern und Beklagten zustande gekommen sein. Die Parteien haben am 9. Dezember 2009 einen notariellen und damit formgemäßen Kaufvertrag (§ 311b Abs. 1 BGB i.V.m. § 128 BGB) über ein mit einem Wohnhaus bebauten Grundstück (Flurstück 291/3) abgeschlossen. Es liegt somit ein wirksamer Kaufvertrag vor.

b) Sachmangel, § 434 BGB

Es müsste ein Sachmangel (§ 434 BGB) bei Gefahrübergang (§ 446 BGB) vorliegen. Gemäß § 434 Abs. 1 BGB ist die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen entspricht. Nach § 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB müsste die Sache, um den subjektiven Anforderungen zu entsprechen, die vereinbarte Beschaffenheit haben. Zur Beschaffenheit einer Sache gehören nach § 434 Abs. 2 S. 2 BGB die Art, Menge, Qualität, Funktionalität, Kompatibilität, Interoperabilität und sonstige Merkmale der Sache. In Bezug auf ein verkauftes Grundstück stellt der BGH in seiner Entscheidung klar, dass zu dessen Beschaffenheit grundsätzlich nicht gehöre, dass es sich auch auf einen Teil des Nachbargrundstücks erstrecke. Etwas anderes komme allenfalls beim Vorliegen besonderer Umstände in Betracht, die im konkreten Fall nicht vorlägen (BGH, Urt. v. 23.6.2023 – V ZR 89/22, BeckRS 2023, 18992 Rn. 5). Somit betrifft die Tatsache, dass das verkaufte Flurstück 291/3 nicht das Flurstück 277/22 umfasst, nicht die Beschaffenheit des verkauften Flurstücks 291/3. Dem verkauften Flurstück 291/3 fehlt es nicht an der vereinbarten Beschaffenheit.

Konsequenterweise kann die Tatsache, dass sich das verkaufte Grundstück nicht auf das Nachbargrundstück erstreckt, auch nicht Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung der Parteien sein. Eine entsprechende Vereinbarung würde den Kaufgegenstand selbst und nicht lediglich seine Beschaffenheit festlegen (BGH, Urt. v. 23.6.2023 – V ZR 89/22, BeckRS 2023, 18992 Rn. 5; BGH, Urt. v. 11.11.2011 – V ZR 245/10, NJW 2012, 846, 847 Rn. 9). Im Übrigen besteht keine Zweifel an der Mangelfreiheit des veräußerten Grundstücks. Mithin ist ein Sachmangel (§ 434 BGB) bei Gefahrübergang (§ 446 BGB) zu verneinen.

c) Zwischenergebnis

Die Kläger haben keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Rückgewähr des Kaufpreises gemäß §§ 437 Nr. 2 Alt. 1, 434, 326 Abs. 5, 323, 346 Abs. 1 BGB.

2. Anspruch auf Rückabwicklung nach § 433 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. §§ 326 Abs. 5, 323 Abs. 5 S. 1 BGB

Die Kläger könnten gegen die Beklagten einen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags gemäß § 433 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. §§ 326 Abs. 5, 323 Abs. 5 S. 1 BGB haben.

Dafür müsste ein wirksamer gegenseitiger Vertrag geschlossen worden sein, die Leistung müsste teilweise nach § 275 Abs. 1 bis Abs. 3 BGB ausgeschlossen sein und der Kläger müsste kein Interesse an der Teilleistung haben.

a) Bezeichnung des Kaufgegenstands

Zunächst müsste ein wirksamer gegenseitiger Vertrag vorliegen. In Betracht kommt ein Kaufvertrag über das aus beiden Flurstücken (Flurstück 291/3 und Flurstück 277/22) bestehende Grundstück zwischen Kläger und Beklagten. Problematisch ist dabei die Bezeichnung des Kaufgegenstands.

(1) Wortlaut der Vertragsurkunde

Nach dem Wortlaut der Vertragsurkunde ist der Kaufgegenstand das Flurstück 291/3. Es ist davon auszugehen, dass die Beklagten dieses nur in dem Zuschnitt und Umfang verkaufen wollten, wie aus dem Grundbuch und dem Liegenschaftskataster ersichtlich (BGH, Urt. v. 23.6.2023 – V ZR 89/22, BeckRS 2023, 18992 Rn. 16). Eine Mitveräußerung des Flurstücks 277/22 findet in der Vertragsurkunde keinen Ausdruck.

(2) Versehentliche Falschbezeichnung bzw. falsa demonstratio

Allerdings ist nach Ansicht des BGH der Wortlaut einer in einem Kaufvertrag erhaltenen Erklärung nicht maßgeblich, wenn feststeht, dass die Vertragsparteien in der Erklärung Begriffe nicht im gemeinverständlichen Wortsinn, sondern übereinstimmend in einem anderen Sinn verstehen oder mit Flurstücks- oder Grundbuchangaben andere Vorstellung über den verkauften Grundbesitz verbinden (sog. versehentliche Falschbezeichnung bzw. falsa demonstratio) (BGH, Urt. v. 23.6.2023 – V ZR 89/22, BeckRS 2023, 18992 Rn. 18; Brox/Walker, BGB AT, § 6 Rn. 10). Es gilt dann nach § 133 BGB nicht das fehlerhaft Erklärte, sondern das wirklich Gewollte.

Fraglich ist, ob einer Anwendung der Grundsätze der falsa demonstratio das Formerfordernis des Grundstückkaufvertrags nach § 311b Abs. 1 S. 1 BGB entgegensteht. Bei der versehentlichen Falschbezeichnung wird das objektiv Erklärte von den Parteien übereinstimmend anders verstanden. Die Parteien haben tatsächlich etwas anderes vereinbart und gehen irrtümlich davon aus, dies auch im Vertrag zum Ausdruck gebracht zu haben. Beurkundet ist somit das wirklich Gewollte nur falsch bezeichnete. Die von den Parteien übereinstimmend verstandene Regelung ist der Vertragsurkunde zu entnehmen und nur bei der Auslegung der Vereinbarung ist auf außerurkundliche Umstände zurückzugreifen. (BGH, Urt. v. 23.6.2023 – V ZR 89/22, BeckRS 2023, 18992 Rn. 21) Somit ist dem Formerfordernis nach § 311b Abs. 1 S. 1 BGB genüge getan. Die Grundsätze der falsa demonstratio sind somit auch bei formbedürftigen Rechtsgeschäften anwendbar (Brox/Walter, BGB AT, § 6 Rn. 11, Rn. 18).

Dementsprechend stellt sich die Frage, ob die Kläger und Beklagten übereinstimmend bei der Bezeichnung des Flurstücks 291/23 im notariellen Kaufvertrag ebenfalls das Flurstück 277/22 erfassen wollten und sich somit auf den Kauf eines aus beiden Flurstücken 291/3 und 277/22 bestehenden Grundstücks geeinigt haben (sog. versehentliche Falschbezeichnung).

Es ist im absoluten Regelfall davon auszugehen, dass der Verkäufer eines Grundstücks nur das ihm gehörende Grundstück und nicht auch das nicht in seinem Eigentum stehende Nachbargrundstück verkaufen möchte (BGH, Urt. v. 23.6.2023 – V ZR 89/22, BeckRS 2023, 18992 Rn. 27). Somit spricht die Tatsache, dass das Flurstück 277/22 im Eigentum des Nachbarn steht, dagegen, dass der Beklagte dieses Flurstück 277/22 an die Kläger verkaufen wollte. Eine Abweichung von diesem Grundsatz ist nicht lediglich dadurch anzunehmen, dass eine gemeinsame Besichtigung des Grundstücks stattfand. Der BGH erläutert, dass eine Besichtigung des Grundstücks des Verkäufers, auch wenn dessen Grundstück und das angrenzende Nachbargrundstück scheinbar eine Einheit bilden, nur in sehr begrenzten Ausnahmefällen den Schluss auf eine Einigung über den Mitverkauft des nicht im Eigentum des Verkäufers stehenden Nachbargrundstücks zulasse. Nicht jede Abweichung von der bei der Besichtigung wahrgenommenen Grundstücksgrenze rechtfertige die Annahme, dass die Parteien das tatsächlich wahrgenommene Grundstück zum Vertragsgegenstand machen wollten und dieses im notariellen Grundstückkaufvertrag lediglich falsch bezeichnet hätten (BGH, Urt. v. 23.6.2023 – V ZR 89/22, BeckRS 2023, 18992 Rn. 27).

Unerheblich für die Frage, ob die Parteien sich auf den Kauf eines aus beiden Flurstücken 291/3 und 277/22 bestehenden Grundstücks geeinigt haben, ist im konkreten Fall, ob der Verkäufer Kenntnis von den wahren Eigentumsverhältnissen hatte und den Kläger darüber schuldhaft im Unklaren lies oder ob der Verkäufer davon ausging, dass das Flurstück 277/22 Bestandteil seines eigenen Grundstücks 291/3 war. Im ersten Fall scheidet eine Anwendung der Grundsätze der falsa demonstratio daran, dass die Parteien nicht übereinstimmend einem Irrtum bei der Bezeichnung des Kaufgegenstands unterlagen. Tatsächlich kennt in diesem Fall der Verkäufer die Grenzen seines Grundstücks und hat die gebotene Aufklärung hierüber fahrlässig oder vorsätzlich unterlassen. Die Parteien haben sich somit nicht über den Mitverkauf des Flurstücks 277/22 geeinigt. Eine versehentliche Falschbezeichnung liegt nicht vor (BGH, Urt. v. 23.6.2023 – V ZR 89/22, BeckRS 2023, 18992 Rn. 28). Im zweiten Fall ist ebenfalls nicht von einer versehentlichen Falschbezeichnung auszugehen, denn es liegen keinerlei Anhaltspunkte vor, die den Schluss zulassen, dass der Verkäufer mehr verkaufen wollte als das, was nach dem Grundbuch und dem Liegenschaftskataster in seinem Eigentum stand. (BGH, Urt. v. 23.6.2023 – V ZR 89/22, BeckRS 2023, 18992 Rn. 31). Dementsprechend liegt im Ergebnis keine versehentliche Falschbezeichnung in Bezug auf den Kaufgegenstand vor.

b) Zwischenergebnis

Es wurde kein wirksamer Kaufvertrag über das aus beiden Flurstücken (Flurstück 291/3 und Flurstück 277/22) bestehende Grundstück zwischen Kläger und Beklagten geschlossen. Die Kläger haben gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags gemäß § 433 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. §§ 326 Abs. 5, 323 Abs. 5 S. 1 BGB.

3. Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2 BGB

Die Kläger könnten gegen die Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz aus culpa in contrahendo (= Verschulden vor Vertragsschluss) gemäß §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2 BGB haben.

a) Schuldverhältnis i.S.d. § 311 Abs. 2 BGB

Es müsste ein Schuldverhältnis i.S.d. § 311 Abs. 2 BGB vorliegen. Gemäß § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB entsteht ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 BGB durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen. Vorliegend fand eine Grundstücksbesichtigung statt. Bei der Besichtigung handelte es sich um einen Vorbereitungsakt für den späteren Abschluss eines Kaufvertrags. Mithin haben die Kläger und Beklagten Vertragsverhandlungen aufgenommen und es ist ein Schuldverhältnis nach § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB entstanden.

b) Schuldhafte Pflichtverletzung, §§ 241 Abs. 2, 276 Abs. 1 S. 1 BGB

Die Beklagten müssten eine Pflicht aus dem entstandenen Schuldverhältnis vorsätzlich oder fahrlässig (§ 276 Abs. 1 S. 1 BGB) verletzt haben. Gemäß § 241 Abs. 2 BGB ergeben sich Rücksichtnahmepflichten der Kläger und Beklagten. Die Revisionsinstanz geht davon aus, dass die Beklagten einen Irrtum der Kläger über den wahren Grenzverlauf und damit über den Umfang des zu verkaufenden Grundstücks hervorgerufen oder diesen Irrtum erkannt und nicht berichtigt haben. Dabei haben sie zumindest die im Verkehr erforderliche Sorgfalt missachtet (§ 276 Abs. 2 BGB) und mithin fahrlässig gehandelt. Somit liegt die schuldhafte Verletzung einer Rücksichtnahmepflicht gemäß § 241 Abs. 2 BGB aus dem Schuldverhältnis vor.

c) Schaden, §§ 249 BGB

Zudem müsste ein Schaden entstanden sein. Das ist dann anzunehmen, wenn die vom Beklagten versprochene Leistung (hier die Übereignung lediglich des Flurstücks 291/3 ohne das Flurstück 277/22) für die Zwecke der Kläger nicht geeignet ist. (BGH, Urt. v. 23.6.2023 – V ZR 89/22, BeckRS 2023, 18992 Rn. 34). Nach dem Klägervortrag ist das erworbene Grundstück ohne das Flurstück 277/22 zur Wohnnutzung nicht geeignet und zumindest die Nutzbarkeit erheblich eingeschränkt. (OLG Oldenburg, Beschl. v. 29.4.2022 – 14 U 300/21, BeckRS 2022, 49980 Rn. 3). Der Schaden besteht somit in der Eingehung der für die Zwecke der Kläger ungeeigneten vertraglichen Verpflichtung (BGH, Urt. v. 23.6.2023 – V ZR 89/22, BeckRS 2023, 18992 Rn. 34).

d) Ausschluss durch Verjährung

Der Anspruch könnte allerdings wegen Verjährung gemäß §§ 196, 200 S. 1 BGB ausgeschlossen sein. Nach §§ 196, 200 S. 1 BGB verjährt der Anspruch in zehn Jahren, wobei die Verjährungsfrist mit der Entstehung des Anspruchs beginnt. Der Anspruch entsteht, wenn der Anspruch erstmalig geltend gemacht und notfalls im Wege der Klage durchgesetzt werden kann. (BGH, Urt. v. 23.6.2023 – V ZR 89/22, BeckRS 2023, 18992 Rn. 10). Vorliegend ist der Anspruch mit dem Schadenseintritt und somit mit dem Abschluss des Grundstückkaufvertrags am 9. Dezember 2009 entstanden. Die Klage ist erst am 28. Dezember 2020 beim Landgericht eingegangen. Somit sind bereits über zehn Jahre seit Entstehung des Anspruchs verstrichen. Der Anspruch ist gemäß §§ 196, 200 S. 1 BGB verjährt.

e) Zwischenergebnis

Die Kläger haben gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Schadensersatz aus culpa in contrahendo (= Verschulden vor Vertragsschluss) gemäß §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2 BGB.

4. Ergebnis

Der neue Eigentümer des Grundstücks 291/3 kann sich nicht mehr nachträglich vom Kaufvertrag lösen.

III. Einordnung der Entscheidung

Die Entscheidung verdeutlicht, dass die Anwendung der Grundsätze der falsa demonstratio bei einem Irrtum in Bezug auf den Grundstücksumfang im Rahmen des Abschlusses eines Grundstückkaufvertrags lediglich eine Ausnahme ist. Nur in besonderen Ausnahmefällen ist davon auszugehen, dass mehr oder weniger verkauft werden soll, als aus dem Grundbuch und dem Liegenschaftskataster ersichtlich (BGH, Urt. v. 23.6.2023 – V ZR 89/22, BeckRS 2023, 18992 Rn. 26). Für den Klausurbearbeiter ist ratsam sich zunächst einen Überblick über die Eigentumsverhältnisse zu verschaffen. Im absoluten Regelfall will der Verkäufer nur das Grundstück verkaufen, das in seinem Eigentum steht, und nicht auch das Nachbargrundstück. (BGH, Urt. v. 23.6.2023 – V ZR 89/22, BeckRS 2023, 18992 Rn. 27). Etwas anderes ist nur unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls anzunehmen (siehe etwa BGH, Urt. v. 18.1.2008 – V ZR 174/06, NJW 2008, 1658 Rn. 12 für den Verkauf einer sich auf das Nachbargrundstück erstreckenden ganzen Parkanlage).

Der BGH nimmt in dem Urteil zudem Bezug auf seine bisher getätigte Rechtsprechung zur Anwendung der Grundsätze der falsa demonstratio auf Grundstückskaufverträge und erläutert dabei drei wichtige Fallgruppen. (BGH, Urt. v. 23.6.2023 – V ZR 89/22, BeckRS 2023, 18992 Rn. 24 f.). Eine versehentliche Falschbezeichnung kann dadurch vorliegen, dass:

  • Beim Grundstückkaufvertrag die Parzellenbezeichnung verwechselt wird oder vergessen wird, eine von mehreren verkauften Parzellen aufzuführen (BGH, Urt. v. 25.3.1983 – V ZR 268/81, BGHZ 87, 150, 152).
  • Im Grundstückkaufvertrag als Kaufgegenstand das gesamte Grundstück genannt wird, obwohl nur eine bestimmte Teilfläche verkauft und übereignet werden soll (BGH, Urt. v. 12.10.2012 – V ZR 187/11, NJW-RR 2013, 789).
  • Im Grundstückkaufvertrag eine Fläche versehentlich nicht bezeichnet wird, diese aber nach den Umständen des Einzelfalls mitverkauft sein sollte (BGH, Urt. 18.1.2008 – V ZR 174/06, NJW 2008, 1658).
06.09.2023/von Marie-Lou Merhi
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Marie-Lou Merhi https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Marie-Lou Merhi2023-09-06 10:00:002024-06-06 12:43:10Neues zur falsa demonstratio beim Grundstückskauf
Dr. Philip Musiol

Ticketverkaufsstellen wie Eventim müssen bei coronabedingtem Veranstaltungsausfall nicht die Ticketkosten zurückerstatten

Kaufrecht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schuldrecht, Startseite, Uncategorized, Verbraucherschutzrecht, Zivilrecht

Entscheidungen rund um das Coronavirus beherrschen nach wie vor die Rechtsprechung. Besonders die letztinstanzlichen Entscheidungen sind dabei von besonderer Prüfungsrelevanz, so auch das Urteil des BGH vom 13.07.2022, Az. VII ZR 329/21.

I.             Sachverhalt

Die Klägerin K hatte bei einer Vorverkaufsstelle, dem Ticketdienstleister T, im Dezember 2019 fünf Konzertkarten gekauft, das Konzert sollte am 21.03.2020 stattfinden. T ist dabei nicht selbst Veranstalter der Veranstaltungen, sondern vertreibt die Tickets nur im Auftrag des jeweiligen Veranstalters in eigenem Namen als Kommissionärin (§ 383 HGB). Das Konzert wurde schließlich aus Infektionsschutzgründen abgesagt. Anders als bei anderen Veranstaltungen der Fall, handelte es sich hierbei augenscheinlich um eine „endgültige“ Absage, ohne dass in dem Urteil Versuche, das Konzert zu verschieben thematisiert werden. Infolge der Absage wurde der Klägerin von der Veranstalterin – wohlgemerkt: nicht von der Vorverkaufsstelle – ein Wertgutschein angeboten. K lehnte diesen Wertgutschein ab und forderte stattdessen den Ticketdienstleister T auf die Erstattung des Ticketpreises in Anspruch. In erster Instanz war K hiermit erfolgreich, das Berufungsgericht wies die Klage ab. Mit ihrer Revision begehrte K nun die Wiederherstellung des erstinstanzlichen, der Klage stattgebenden Urteils.

II.            Entscheidung

Die Revision brachte nicht das von der Klägerin erhoffte Ergebnis. Der BGH wies die Revision zurück und schloss sich der Entscheidung des Berufungsgerichts an.

Zunächst ordnete der BGH den Vertrag, der zwischen K und T zustande gekommen war, als Rechtskauf im Sinne des § 453 BGB ein, um dann in einem zweiten Schritt einen Anspruch auf Rückerstattung des Ticketpreises infolge eines Rücktritts nach §§ 453 Abs. 1 aF, 437 Nr. 2 Alt. 1, 323 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB abzulehnen. Denn es fehle an einem Rücktrittsgrund: Hauptleistungspflicht der T war nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag die Verschaffung des Rechts auf Teilnahme an Konzert durch Übertragung des Eigentums und des Besitzes an der dieses Recht verbriefenden Eintrittskarte. Keine Leistungspflicht der T aus dem Rechtskaufvertrag sei demgegenüber die Durchführung des Konzerts selbst. Durch die Übereignung der Eintrittskarte habe T ihre Verpflichtung damit vollständig erfüllt, für eine nachträgliche Absage des Konzerts hafte sie nicht. Insbesondere habe T ihre Verpflichtung zur Verschaffung eines Teilnahmerechts nicht mangelhaft erfüllt: Zum Zeitpunkt der Übertragung des Rechts an K war die Durchführung des Konzerts noch planmäßig vorgesehen und K stand das künftige Recht zur Teilnahme daran zu. Eine spätere, coronabedingte Absage der Veranstaltung könne schon deshalb keine Mängelgewährleistungsrechte der K begründen, weil es sich bei der Absage um einen Umstand handelt, der nach der bereits erfolgten mangelfreien Übertragung des Rechts eintrat. Maßgeblich für die Mangelfreiheit sei der Zeitpunkt der Übertragung des verkauften Rechts. Die Eintrittskarten verschafften der K dagegen als kleine Inhaberpapiere gemäß §§ 807, 793 Abs. 1 S. 1 BGB einen unmittelbaren Anspruch auf Durchführung und Teilnahme an der Veranstaltung gegen die Veranstalterin selbst. Hierbei handele es sich auch nicht um ein erst künftiges Recht. Das in der Eintrittskarte verkörperte Recht auf Teilnahme an der Veranstaltung entstehe mit der Errichtung des kleinen Inhaberpapiers durch den Veranstalter und mit dem Abschluss des Begebungsvertrags, mit dem die verbriefte Forderung schuldrechtlich begründet werde. Dass das Konzert erst in der Zukunft stattfindet, ändere hieran nichts, weil das Recht zur Teilnahme bereits entstanden sei und es nicht mehr im Belieben des Veranstalters stehe, dem Inhaber einer Eintrittskarte das Teilnahmerecht zu verweigern.

Neben der Frage, ob T aus Mängelgewährleistungsrechten zur Rückerstattung verpflichtet sei, befasste sich der BGH damit, ob T eine Garantie für das Stattfinden der Veranstaltung übernommen hatte. Auch dies lehnte der BGH ab: Einem durchschnittlichen Erwerber von Eintrittskarten über eine Vorverkaufsstelle sei bekannt, dass die Vorverkaufsstelle in der Regel keinerlei Einfluss auf die Durchführung der Veranstaltung habe. Der Erwerb einer Eintrittskarte über eine Vorverkaufsstelle begründe die Erwartung, dass der Inhaber der Karte durch deren Vorzeigen von dem Veranstalter Zutritt zu der jeweiligen Veranstaltung verlangen kann. Demgegenüber könne man nicht erwarten, dass die Vorverkaufsstelle selbst dem Karteninhaber Zutritt zu der Veranstaltung verschaffen kann. Vor diesem Hintergrund könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Vorverkaufsstelle verschuldensunabhängig und über die Pflichten eines Verkäufers hinaus für die Durchführung der Veranstaltung einstehen wolle. Auch der Umstand, dass sich der Käufer bei der Absage der Veranstaltung direkt an den Veranstalter richten müsse, mit dem er bis dahin keinen unmittelbaren Kontakt hatte, führte nach Ansicht des BGH zu keinem anderen Ergebnis. Stattdessen handele es sich hierbei um eine notwendige und für den Käufer vorhersehbare Folge des Auseinanderfallens von Verkäufer und Veranstalter.

Weiterhin ergebe sich auch wegen eines Widerrufs nach §§ 312g Abs. 1, 355 Abs. 1, 3 S. 1, 357 Abs. 1 BGB kein Rückzahlungsanspruch. Zwar bejahte der BGH das Vorliegen eines Fernabsatzvertrags, hielt jedoch gleichzeitig den Ausschlusstatbestand nach § 312g Abs. 2 Nr. 9 BGB im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung für einschlägig. Denn der Rechtskaufvertrag habe das Zugangsrecht zu einer „auf einen bestimmten Zeitpunkt terminierten Freizeitbetätigung – einer Konzertveranstaltung – zum Gegenstand und [sei] somit als Dienstleistungsvertrag im Sinne von Art. 16 Buchst. l der Verbraucherrechterichtlinie und dementsprechend als von § 312g Abs. 2 Nr. 9 BGB erfasst anzusehen“ (Rn. 45). Die Veranstalterin sei vorliegend Kommittentin und schulde der Vorverkaufsstelle im Falle eines Widerrufs die Rückerstattung des Kaufpreises an den Verkäufer. Damit würde die Veranstalterin das wirtschaftliche Risiko des Widerrufs des Vertrags und das Risiko bezüglich der frei gewordenen Kapazitäten tragen.

Schließlich lehnte der BGH noch einen Anspruch der K auf Rückzahlung des Kaufpreises wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage des Rechtskaufvertrags gemäß § 313 Abs. 1, 3 BGB ab. Dabei lässt er offen, ob es zu einer Störung der Geschäftsgrundlage kam. Zwar führt er aus, dass dem Vertrag die beidseitige und nachträglich schwerwiegend gestörte Erwartung zu Grunde gelegen haben dürfte, dass sich bis zu dem geplanten Veranstaltungstermin die grundlegenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen, unter denen Großveranstaltungen grundsätzlich zulässig waren, nicht etwa auf Grund einer Pandemie ändern würden mit der Folge von hoheitlichen Verboten solcher Veranstaltungen. Es genüge, dass die Parteien diese Umstände als selbstverständlich ansahen, ohne sich diese bewusst gemacht zu haben. Darauf komme es aber deshalb nicht an, weil neben der Annahme einer Geschäftsgrundlage (bzw. des Wegfalls derselben) für die eine Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1, 2 BGB erforderlich ist, dass dem betroffenen Vertragspartner unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Daran fehle es in dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Fall. Zunächst nutzt der BGH die Gelegenheit, um zum Verwendungsrisiko von Eintrittskarten auszuführen: Grundsätzlich trage der Käufer das Risiko, den Kaufgegenstand nicht wie von ihm beabsichtigt nutzen zu können. Dies sei auf die Konstellation des Rechtskaufs übertragbar, sodass es grundsätzlich in der Risikosphäre des Käufers liege, das in der Eintrittskarte verbriefte Recht auf Teilnahme an der Veranstaltung auch tatsächlich ausüben und durchsetzen zu können, mithin die Veranstaltung tatsächlich durchgeführt wird. Etwas anderes gelte jedoch, wenn die Absage der Veranstaltung auf eine hoheitliche Maßnahme zur Pandemiebekämpfung zurückgehe. Dieses Risiko gehe über das gewöhnliche Verwendungsrisiko des Verkäufers hinaus. Die fehlende Nutzbarkeit des Teilnahmerechts sei Folge umfangreicher staatlicher Eingriffe in das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie, für die weder der Veranstalter noch einer der Kaufvertragsparteien verantwortlich gemacht werden kann. Jedoch sei das Festhalten an dem unveränderten Rechtskaufvertrag der K deshalb zumutbar, weil die Veranstalterin des ausgefallenen Konzerts bereit war, für die Absage der Veranstaltung einzustehen und ihr Wertgutscheine als Ersatz hierfür auszustellen. Deren Annahme sei der K zumutbar gewesen, zumal sie die Auszahlung des Betrags jedenfalls nach dem 31. Dezember 2021 hätte verlangen können, wenn ihr nicht der Verweis auf einen Gutschein angesichts ihrer persönlichen Lebensumstände unzumutbar gewesen wäre (Art. 240 § 5 Abs. 5 Nr. 1 EGBGB). Der BGH führt zur Anwendbarkeit der Regelung zwar aus, dass die genannte Gutscheinlösung für einen Rechtskaufvertrag zwischen Vorverkaufsstelle und einem Käufer nicht gelte, da sie in ihrem Anwendungsbereich auf Veranstalter beschränkt sei. Jedoch sei der Gesetzgeber ersichtlich davon ausgegangen, dass die Berechtigung zur Ausgabe eines Gutscheins durch den Veranstalter die pandemiebedingte Problematik auch bei Beteiligung einer Vorverkaufsstelle löst. So muss der Wert des Gutscheins nach Art. 240 § 5 Abs. 2 S. 1 EGBGB auch etwaige Vorverkaufsgebühren umfassen, die üblicherweise bei einem Verkauf über Vorverkaufsstellen anfallen. Der Gesetzgeber ging zudem davon aus, dass der Veranstalter seine Pflicht zur Übergabe des Gutscheins unter anderem durch dessen Aushändigung seitens der Vorverkaufsstelle erfüllen kann. Die hierdurch zum Ausdruck kommende Intention des Gesetzgebers würde umgangen, wenn ein Käufer von einer als Kommissionärin handelnden Vorverkaufsstelle die Rückzahlung des Ticketpreises verlangen könnte. In diesem Falle könnte sich die Vorverkaufsstelle bei dem Veranstalter schadlos halten, wodurch die Entlastung durch die „Gutscheinlösung“ leerliefe. Dafür, dass der K als Partei eines Rechtskaufvertrags das Festhalten hieran zumutbar ist, spreche schließlich die Gleichbehandlung mit Personen, die ihre Eintrittskarten unmittelbar beim Veranstalter erworben haben: Wieso sollte K besser stehen als ein Dritter, der sein Veranstaltungsticket unmittelbar von dem Veranstalter erhält und entsprechend der gesetzgeberischen Wertung auf die Gutscheinlösung verwiesen werden kann. Damit war es der K zumutbar, am unveränderten Vertrag festzuhalten, weshalb eine Vertragsanpassung nach § 313 BGB ausscheide.

III.          Einordnung der Entscheidung

Der auf den ersten Blick ungewohnte Einstieg ins Kaufrecht über den Umweg eines Rechtskaufs macht die Entscheidung besonders examensrelevant. Auf den zweiten Blick lässt sich der Fall durch saubere Arbeit am Gesetz und einer klaren Abgrenzung der unterschiedlichen schuldrechtlichen Verpflichtungen lösen.

Dabei ist die richtige Einordnung des Vertragstyps eine unerlässliche Weichenstellung für die restliche Falllösung: So sollte in der Fallbearbeitung klargestellt werden, dass T selbst nicht Veranstalterin ist und die Tickets in eigenem Namen „verkauft“. Hier könnte – in gebotener Kürze – eine Stellvertretung der Veranstalterin zumindest angeprüft werden. Dabei ist freilich auf die Besonderheiten des Falls zu achten, um sich nicht in unnötigen Ausführungen zu verlieren. Zur Einordnung des Vertragstyps führt der BGH aus: „Zwar ist im allgemeinen Sprachgebrauch regelmäßig von einem „Erwerb“ oder „Kauf“ von Eintrittskarten die Rede. Rechtlich handelt es sich hierbei jedoch grundsätzlich nicht um einen Sachkauf der Karten. Kaufgegenstand ist vielmehr das Recht auf Teilnahme an der vom Veranstalter durchzuführenden Veranstaltung, das durch die – nicht personalisierte – Eintrittskarte als sogenanntes kleines Inhaberpapier im Sinne von § 807 BGB verkörpert ist.“ (Rn. 20)

Soweit es um Ansprüche aus Mängelrechten geht, kommt es entscheidend auf das Pflichtenprogramm des Verkäufers an: Es ist ein Unterschied, ob die Verschaffung eines Zugangsrechts oder die Durchführung einer Veranstaltung Vertragsgegenstand ist – dies muss erkannt werden. Nachdem das Pflichtenprogramm herausgearbeitet wurde, ist auf die mangelfreie Erfüllung der Pflichten abzustellen, sowie auf den hierfür maßgeblichen Zeitpunkt. So wie die Mängelrechte beim Sachkauf vom Zeitpunkt des Gefahrübergangs nach §§ 446, 447 BGB abhängen, kommt es beim Rechtskauf auf den Zeitpunkt der Übertragung des verkauften Rechts an. Hier ist allerdings nicht auf die §§ 446, 447 BGB abzustellen – diese sind allein auf die Verschaffung von Sachen anwendbar. Gedanklich lassen sich gleichwohl Parallelen ziehen.

Die Frage, ob eine Vorverkaufsstelle eine Garantie für die Durchführung einer Veranstaltung übernommen hat, lässt sich durch eine Auslegung der Vereinbarung nach §§ 133, 157 BGB beantworten, wobei die einschlägigen Normen zu zitieren sind. Hier sollte klargestellt werden, dass mit Blick auf ihre weitreichenden Folgen hohe Anforderungen an die Annahme einer Garantie zu stellen sind.

Der Fall bietet darüber hinaus Gelegenheit, Kenntnisse aus dem Verbraucherschutzrecht abzuprüfen. Eine richtlinienkonforme Auslegung wie der BGH sie unter Verweis auf eine Entscheidung des EuGH vorgenommen hat, wird von Prüflingen wohl kaum ohne zur Verfügungstellung weiteren Materials erwartet werden können. Dennoch lohnt es sich, sich die ratio des § 312g Abs. 2 Nr. 9 BGB vor Augen zu führen: Es geht darum, dem Veranstalter nicht das wirtschaftliche Risiko von kurzfristig freiwerdenden Kapazitäten aufzuerlegen. In einem Fall wie dem vorliegenden, in dem der BGH annahm, dass es sich bei der Veranstalterin um die Kommittentin handelte, sei der Anwendungsbereich eröffnet, da Folgen des Widerrufs die Veranstalterin sonst mittelbar treffen würden. In einem letzten Schritt muss auf das im Zusammenhang mit Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung allgegenwärtige Thema des Wegfalls der Geschäftsgrundlage eingegangen werden. Im Gutachten ist es ratsam, die Voraussetzungen für einen Rückzahlungsanspruch nach § 313 Abs. 1, 3 BGB schematisch zu prüfen und nicht die Frage offenzulassen, ob die Geschäftsgrundlage überhaupt betroffen ist bzw. sich geändert hat. Aus klausurtaktischen Gründen sollte dies bejaht werden, um sich sodann dem letzten Schwerpunkt des Falls zuzuwenden: Der Frage, ob das Festhalten am Vertrag unter Berücksichtigung der durch die Veranstalterin angebotenen Gutscheine zumutbar war. Die Frage, ob einer Partei das Festhalten am Vertrag zumutbar ist, ist eine Wertungsfrage. Dadurch sind gesetzgeberische Wertungen, auch wenn sie den Fall nicht unmittelbar betreffen, stets beachtlich, ebenso wie Vergleiche mit ähnlich gelagerten Konstellationen. Namentlich ist damit die Konstellation des Ticketkäufers, der sein Ticket unmittelbar beim Veranstalter erworben hat, als Vergleich heranzuziehen. Diese Erwägung sowie die wirtschaftlichen Folgen (möglicher Regress der Vorverkaufsstelle beim Veranstalter und eine drohende Umgehung des gesetzgeberischen Willens) rechtfertigen es, in Fällen wie dem Vorliegenden davon auszugehen, dass es dem Ticketkäufer zumutbar ist, an dem Rechtskaufvertrag mit der Vorverkaufsstelle festzuhalten.

15.08.2022/1 Kommentar/von Dr. Philip Musiol
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Philip Musiol https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Philip Musiol2022-08-15 08:03:462022-10-24 14:47:34Ticketverkaufsstellen wie Eventim müssen bei coronabedingtem Veranstaltungsausfall nicht die Ticketkosten zurückerstatten
Alexandra Ritter

Das „neue“ Kaufrecht 2022 – Teil 3: Der Lieferantenregress

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Jurastudenten und auch Praktiker werden die Nachricht mit gemischten Gefühlen entgegengenommen haben – mit dem Beginn des Jahres 2022 stehen größere Änderung im allseits prüfungs- und praxisrelevanten Kaufrecht an. Juraexamen.info gibt einen Überblick über die wichtigsten Änderungen, die aufgrund der Umsetzung der Warenkaufrichtlinie (EU) 2019/771 im Kaufrecht der §§ 433 ff. BGB erfolgen. Hierzu veröffentlichen wir eine Reihe von Beiträgen – in diesem dritten Teil der Reihe steht der Regressanspruch des Verkäufers gegen seinen Lieferanten im Fokus.
 
I.       Vorbemerkungen
Auch im Lieferantenregress des BGB hat die Umsetzung der Warenkaufrichtlinie (EU) 2019/711 Änderungen bewirkt: Die Meisten sind redaktioneller Natur, um bspw. die Änderungen von § 439 BGB aufzunehmen. Dennoch werfen sie klärungsbedürftige Rechtsfragen auf. Der Prüfungsaufbau jedoch bleibt unverändert.
Die Warenkaufrichtlinie (EU) 2019/711 enthält in ihrem Art. 18 die Vorgaben für die Umsetzung des Regresses des Verkäufers auf den Lieferanten. Dort steht:

„Haftet der Verkäufer dem Verbraucher aufgrund einer Vertragswidrigkeit infolge eines Handelns oder Unterlassens einer Person in vorhergehenden Gliedern der Vertragskette, einschließlich des Unterlassens, Aktualisierungen für Waren mit digitalen Elementen gemäß Artikel 7 Absatz 3 zur Verfügung zu stellen, ist der Verkäufer berechtigt, bei den oder dem innerhalb der Vertragskette Haftenden Rückgriff zu nehmen. Bei welcher Person der Verkäufer Rückgriff nehmen kann, sowie die diesbezüglichen Maßnahmen und Bedingungen für die Geltendmachung der Rückgriffsansprüche bestimmt das nationale Recht.“

Die unionsrechtlichen Vorgaben haben erkennbar einen geringen Umfang und gem. Art. 18 S. 2 RL (EU) 2019/711 werden einige Regelungsaspekte den Mitgliedstaaten überlassen.
Der Lieferantenregress im Kaufrecht wird weiterhin in den §§ 445a, 445b und 478 BGB geregelt.
 
II.    § 445a Abs. 1 BGB
In § 445a BGB beschränken sich die Änderungen auf den ersten Absatz; Die Absätze 2 und 3  bleiben unverändert.
 
1.      Erweiterung der Bezugnahme auf § 439 BGB
Zunächst wird die Bezugnahme von § 445a Abs. 1 BGB auf § 439 BGB erweitert, sodass auch die Rücknahmekosten des Verkäufers gem. § 439 Abs. 6 S. 2 BGB (zu dieser Änderung s. den zweiten Beitrag dieser Reihe) in den Anwendungsbereich des Regressanspruchs fallen.
 
2.      Regressmöglichkeit für Aufwendungen des Verkäufers wegen § 475b Abs. 4 BGB
§ 445a aE BGB gibt dem Verkäufer nunmehr die Möglichkeit Regress beim Lieferanten zu nehmen für Aufwendungen, die ihm im Verhältnis zum Käufer wegen eines Mangels, der auf der Verletzung einer objektiven Aktualisierungspflicht gem. § 475b Abs. 4 BGB beruht, entstehen.
Diese Ergänzung am Ende von § 445a Abs. 1 BGB kann problematisch gesehen werden: Der Regressanspruch des Verkäufers gegen den Lieferanten beruht auf dem Gedanken, dass der Grund für die Inanspruchnahme des Verkäufers durch den Käufer ein Mangel ist, der aus der Sphäre des Lieferanten stammt (Looschelders, Schuldrecht BT, 15. Aufl. 2020, § 9 Rn. 1). Dies geht auch daraus hervor, dass gem. § 445a Abs. 1 BGB der Mangel bereits beim Übergang der Gefahr vom Lieferanten auf den Letztverkäufer vorgelegen haben muss. Der Lieferant haftet also über den Regressanspruch, weil er eine Pflicht, die er bereits gegenüber dem Verkäufer hatte, verletzt hat.
Eine Aktualisierungspflicht gem. § 475b Abs. 4 BGB hat der Lieferant gegenüber dem Verkäufer jedoch nicht (Lorenz, NJW 2021, 2065, 2067). In den Gesetzesmaterialien heißt es hierzu:

„Da in der Regel nicht der Verkäufer, sondern der Hersteller technisch und rechtlich in der Lage ist, die erforderlichen Aktualisierungen anzubieten, ist eine Aktualisierungsverpflichtung nur dann tatsächlich effektiv, wenn die Pflicht, Aktualisierungen bereitzustellen, durch die Lieferkette bis zum Hersteller weitergereicht wird.“ (BT-Drucks. 19/27424, S. 27)

Man geht also davon aus, dass der Verkäufer die Aktualisierung nicht anbieten kann. Dann allerdings stellt sich ein Folgeproblem: § 445a Abs. 1 BGB i.V.m. § 475b Abs. 4 BGB verpflichtet den Lieferanten nicht unmittelbar zur Vornahme der Aktualisierung, sondern zum Ersatz der Aufwendungen, die der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung zu tragen hat. Solche Aufwendungen können einem Verkäufer, der die Aktualisierung nicht anbieten kann, jedoch gar nicht erst entstehen. Das vom umsetzenden Gesetzgeber angestrebte Ergebnis, eine Aktualisierungsverpflichtung herbeizuführen, kann mit § 445a Abs. 1 aE BGB nicht erreicht werden (Lorenz, NJW 2021, 2065, 2068). Insbesondere bei einer längeren Lieferantenkette, müsste eine solche Pflicht über § 445a Abs. 3 BGB, also vermittelt über die gesamte Lieferkette bis zum Hersteller, hergestellt werden.
Der Lösungsvorschlag von Lorenz (NJW 2021, 2065, 2068) begegnet dem Problem mit einer teleologische Reduktion des § 445a Abs. 1 aE BGB, Der Regress des Verkäufers gegen den Lieferanten ist dann zu untersagen, „wenn das unterlassene Zurverfügungstellen von Aktualisierungen beim Verbraucher allein aus der Sphäre des Verkäufers selbst herrührt und nicht auf den Lieferanten oder einen Dritten zurückzuführen ist.“ (Lorenz, NJW 2021, 2065, 2068). Diese Lösung steht in Einklang mit dem Wortlaut von Art. 18 S. 1 RL (EU) 2019/771. Denn nach Art. 18 S. 1 RL (EU) 2019/771 soll ein Regressanspruch bestehen, wenn ein voriges Glied der Vertragskette es unterlassen hat, „Aktualisierungen für Waren mit digitalen Elementen gemäß Artikel 7 Absatz 3 zur Verfügung zu stellen“, das heißt, es darf nicht allein der Verkäufer selbst für die unterlassene Aktualisierung verantwortlich sein.
 
III. § 445b BGB
§ 445b BGB regelt weiterhin Besonderheiten der Verjährung von Ansprüchen des Verkäufers gegen den Lieferanten nach § 445a BGB. § 445b Abs. 1 BGB wurde nicht geändert. In § 445b Abs. 2 BGB dagegen wurde Satz 2 aF gestrichen. Das bedeutet die Ablaufhemmung für die Ansprüche des Verkäufers gegen den Lieferanten aus gem. § 445a Abs. 1 BGB und gem. § 437 BGB ist nicht mehr auf fünf Jahre begrenzt.
Diese Änderung ist durch die Warenkaufrichtlinie (EU) 2019/771 nicht vorgegeben. Hintergrund ist die soeben erläuterte Vorstellung des Gesetzgebers, dass über § 445a Abs. 1 aE BGB eine Verpflichtung des (Hersteller-)Lieferanten zur Aktualisierung bestehe und solche Aktualisierung über eine Dauer von mehr als fünf Jahren notwendig sein können (vgl. BT-Drucks. 19/27424, S. 28).
 
IV. § 478 BGB
Zuletzt sind die Änderungen von § 478 BGB zu betrachten. § 478 BGB modifiziert die Regelungen der §§ 445a und 445b BGB für den Fall, dass der letzte Verkauf in der Kette ein Verbrauchsgüterkauf i.S.v. § 474 Abs. 1 S. 1 BGB ist. Während § 478 Abs. 1 und Abs. 3 BGB unverändert sind, wurde in Absatz 2 ein Verweis auf die §§ 475b und 475c BGB eingefügt.
478 Abs. 2 BGB regelt die Haftungsbeschränkung des Lieferanten, bzw. deren Unwirksamkeit. Der Lieferant kann sich nicht auf eine Vereinbarung berufen, die vor Mitteilung des Mangels getroffen wurde und zum Nachteil des Unternehmers (Verkäufers) von §§ 478 Abs. 1, 433 bis 435, 437, 439 bis 443, 445a Absatz 1 und 2 sowie den §§ 445b, 475b und 475c BGB abweicht, wenn dem Rückgriffsgläubiger kein gleichwertiger Ausgleich eingeräumt wird. Neu ist die Aufnahme der §§ 475b und 475c BGB. Jedoch kommen diese Normen bei dem Regress des Unternehmers gegen den Lieferanten nicht zur Anwendung (Lorenz, NJW 2021, 2065, 2068). Fraglich ist insoweit, wie zum Nachteil des Unternehmerverkäufers von den §§ 475b und 475c BGB abgewichen werden soll, wenn dem Unternehmerverkäufer die entsprechenden Rechte gar nicht zustehen. In den Gesetzesmaterialien beschränkt man sich auf den Hinweis, dass es sich um „Folgeänderungen“ handele, mit denen „der Einfügung der §§ 475b und 475c BGB-E Rechnung getragen“ werde (BT-Drucks. 2019/27424, S. 44). Die Ergänzung um §§ 475b und 475c BGB ist auch nicht für einen effektiven Verbraucherschutz notwendig, da seine Rechte aus §§ 475b und 475c BGB schon durch § 476 Abs. 1 S. 2 BGB geschützt sind.
 
V.    Zusammenfassung und Ausblick
Zusammenfassend kann also festgehalten werden, dass es wie auch bezüglich der Nacherfüllung gem. § 439 BGB keine grundlegenden Änderungen im Lieferantenregress durch die Umsetzung der Warenkaufrichtlinie (RL) 2019/771 gibt.
Problematisch ist aber die Ergänzung von § 445a Abs. 1 aE BGB um den pauschalen Verweis auf § 475b Abs. 4 BGB. Hier gilt es zu beobachten, wie Rechtsprechung und weitere Stimmen der Literatur dazu Stellung beziehen werden und welche Auswirkungen der Verweis in der Praxis haben wird.
Zudem ist der Verweis in § 478 Abs. 2 BGB auf die §§ 475b und 475c BGB kritisch zu hinterfragen. Für Studierende in der Klausursituation gilt es hier – wie immer in Konstellationen mit mehreren Beteiligten –, die einzelnen Vertrags- und Leistungsbeziehungen klar zu ordnen. Auch wenn es banal erscheinen mag, sollte eine Fallskizze mit den einzelnen Beziehungen der Beteiligten angefertigt und bei der Anfertigung der Lösung im Auge behalten werden.

18.01.2022/1 Kommentar/von Alexandra Ritter
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Alexandra Ritter https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Alexandra Ritter2022-01-18 09:00:522022-01-18 09:00:52Das „neue“ Kaufrecht 2022 – Teil 3: Der Lieferantenregress
Dr. Yannick Peisker

Das „neue“ Kaufrecht 2022 – Teil 2: Der Nacherfüllungsanspruch

Aktuelles, Examensvorbereitung, Schon gelesen?, Schuldrecht, Verbraucherschutzrecht, Zivilrecht

Jurastudenten und auch Praktiker werden die Nachricht mit gemischten Gefühlen entgegengenommen haben – mit dem Beginn des Jahres 2022 stehen größere Änderung im allseits prüfungs- und praxisrelevanten Kaufrecht an. Juraexamen.info gibt einen Überblick über die wichtigsten Änderungen, die aufgrund der Umsetzung der Warenkaufrichtlinie (EU) 2019/771 im Kaufrecht der §§ 433 ff. BGB erfolgen. Hierzu veröffentlichen wir eine Reihe von Beiträgen – in diesem zweiten Teil der Reihe steht der Nacherfüllungsanspruch des Käufers im Fokus.
I. Anforderungen der Richtlinie (EU) 2019/771 an die Nacherfüllung
Genuin unionsrechtliche Vorgaben und Anforderungen an die Nacherfüllung in Gestalt der Nachbesserung oder Nachlieferung trifft die Richtlinie (EU) 2019/771 in Art. 14.
Art. 14 Abs. 1 Richtlinie (EU) 2019/771 beschreibt die Art und Weise der Erfüllung von Nachbesserung und Nachlieferung. Dies habe unentgeltlich (lit. a); innerhalb einer angemessenen Frist ab dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher den Verkäufer über die Vertragswidrigkeit unterrichtet hat (lit. b) und ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher zu erfolgen, wobei die Art der Waren sowie der Zweck, für den der Verbraucher die Waren benötigt, zu berücksichtigen sind (lit. c).
Abs. 2 regelt nunmehr die Frage, wie mit der mangelbehafteten Ware zu verfahren ist. Sofern die Vertragswidrigkeit durch Nachbesserung oder Ersatzlieferung beseitigt wird, stellt der Verbraucher die Ware dem Verkäufer zur Verfügung. Der Verkäufer muss diese ersetzten Waren auf seine Kosten zurücknehmen.
Abs. 3 betrifft die Problematik der Nacherfüllung bei eingebauten Waren. Erfordert die Nachbesserung deren Entfernung, umfasst die Nacherfüllungspflicht nunmehr ausdrücklich die Entfernung der mangelbehafteten Ware sowie Montage oder Installierung nach Nachbesserung oder Nachlieferung, oder aber auch eine entsprechende Kostenübernahme.
Zuletzt regelt Abs. 4, dass der Verbraucher für eine normale Verwendung der ersetzten Waren für die Zeit vor der Ersetzung nicht zu zahlen braucht.
Um diese in der Richtlinie (EU) 2019/771 getroffenen Anforderungen in nationales Recht umzusetzen, hat der Gesetzgeber einige Anpassungen des § 439 BGB vorgenommen.
II. Die Umsetzung in deutschen Recht
Textliche Änderungen hat der Gesetzgeber durch Gesetz v. 25.6.2021 (BGBl. I S. 2133) durch Anpassung des Abs. 3 S. 1, durch Streichung des Abs. 3 S. 2, durch Einfügen eines neuen Abs. 5 und die Verschiebung des bisherigen Abs. 5 in Abs. 6 verbunden mit der Einführung eines neuen Abs. 6 S. 2 vorgenommen. Nachfolgend sollen die einzelnen Änderungen untersucht und ihre Auswirkung auf die bisher geltende Rechtslage beurteilt werden.
1. Aufwendungen für den Aus- und Einbau, § 439 Abs. 3 BGB nF.
439 Abs. 3 BGB betrifft die klassischen Einbaufälle, in denen der Käufer die gekaufte Sache in eine andere Sache eingebaut, oder an eine andere Sache angebracht hat. Abs. 3 S. 1 verpflichtet in diesem Fällen, sofern der Einbau oder die Anbringung der Art der gekauften Sache und ihrem Verwendungszweck entspricht, den Verkäufer dazu, die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften Sache und den Einbau oder das Anbringen der mangelhaften Sache zu tragen.
Wichtig ist: Diese Pflicht wird durch die Neuregelung des Abs. 3 im Grundsatz nicht angerührt.
Lediglich der Ausnahmetatbestand ist betroffen. So verwies § 439 Abs. 3 S. 2 BGB aF. auf § 442 Abs. 1, wobei es für die Kenntnis des Käufers auf den Zeitpunkt des Einbaus/Anbringens ankam. Dies hatte nach früherer Rechtslage zur Folge, dass der Anspruch des Käufers auf Aufwendungsersatz nach Abs. 3 S. 1 in den Fällen ausgeschlossen war, in denen er bereits bei Einbau oder Anbringen der gekauften Sache Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von ihrer Mangelhaftigkeit besaß. Mit dieser Vorschrift setzte der nationale Gesetzgeber seinerseits (überschießend, also nicht nur für Verbraucher, sondern für alle Käufe geltend) die Rechtsprechung des EuGH um, nach der ein Ersatz von Aus- und Einbaukosten nur bei Gutgläubigkeit des Verbrauchers bestehen könne (BT-Drs. 19/27424, 26).
Dieser Ausnahmetatbestand des S. 2 fällt nunmehr weg.
Stattdessen wurde Abs. 3 S. 1 dergestalt angepasst, dass ein Aufwendungsersatzanspruch nur besteht, wenn die Sache eingebaut oder angebracht wurde „bevor der Mangel offenbar wurde“. Was genau unter dieser Begrifflichkeit zu verstehen ist, bleibt ungeklärt. Die Richtlinie (EU) 2019/771 selbst verhält sich hierzu nicht, ebenso wenig die nationalen Regelungen.
Vertreten lässt sich sowohl eine objektive Sichtweise, sodass es auf die Erkenntnismöglichkeit eines Durchschnittskäufers ankomme (Lorenz, NJW 2021, 2065, 2067), jedoch scheint auch eine Betrachtungsweise aus Sicht des Käufers nicht ausgeschlossen.
Darüber hinaus ist fraglich, ob die positive Kenntnis entscheidend und erforderlich ist, oder ob bereits grob oder einfach fahrlässige Unkenntnis ausreichend ist. Mit Blick auf die EuGH Entscheidung zur Richtlinie (EG) 1999/44, der die Gutgläubigkeit des Käufers forderte (EuGH, Urt. v. 16.6.2011 – C-65/09, C-87/09, NJW 2011, 2269) und die frühere Umsetzung in nationales Recht durch Verweis auf § 442 BGB, ist davon auszugehen, dass auch vorliegend bereits grob fahrlässige Unkenntnis schädlich ist. Sofern der nationale Gesetzgeber eine anderweitige Regelung hätte treffen wollen, hätte er dies in der Gesetzesbegründung wohl deutlicher hervorgehoben.
Rechtlich bringt die Änderung des § 439 Abs. 3 BGB nach hier vertretener Auffassung daher keine Änderungen, das letzte Wort ist hier jedoch juristisch noch nicht gesprochen.
In dem Zusammenhang soll kursorisch erwähnt werden, dass die bisherige Regelung des § 475 Abs. 4 BGB aF. ersatzlos gestrichen wurde. Der dortige S. 2 sah die Möglichkeit des Verkäufers vor, den Aufwendungsersatz nach Abs. 3 S. 1 auf einen angemessenen Betrag zu beschränken, sofern die andere Art der Nacherfüllung wegen der Höhe der Aufwendungen nach § 439 Abs. 2 oder Abs. 3 S. 1 BGB unverhältnismäßig ist. Diese Vorschrift galt aufgrund ihrer Verortung in § 475 BGB ausschließlich für den Kauf einer Ware eines Verbrauchers von einem Unternehmer. Diese Schlechterstellung des Verbrauchers im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufes gegenüber anderen Käufern wird nunmehr aufgehoben. Eine Beschränkung auf einen angemessenen Betrag ist daher nicht mehr möglich.
2.Verweigerung der Nacherfüllung, § 439 Abs. 4 BGB nF.
§ 439 Abs. 4 BGB selbst bleibt unverändert. An dieser Stelle soll jedoch erneut auf den ersatzlosen Wegfall des § 475 Abs. 4 BGB aF. hingewiesen werden. Nach alter Rechtslage stand dem Unternehmer als Verkäufer, wenn die eine Art der Nacherfüllung nach § 275 Abs. 1 BGB ausgeschlossen war oder der Unternehmer sie nach § 275 Abs. 2 oder 3 BGB oder § 439 Abs. 4 S. 1 BGB verweigern konnte, in Bezug auf die andere Art der Nacherfüllung nicht der Einwand des § 439 Abs. 4 S. 1 BGB zu. Es bestand daher nur ein relatives Verweigerungsrecht des Verkäufers (BeckOK BGB/Faust, 60. Ed. Stand 1.11.2021, § 475 Rn. 33 ff.).
Mit der Abschaffung dieser Regelung kann sich der Verkäufer daher auch im Rahmen des Verbrauchsgüterkaufs auf eine Totalverweigerung berufen (Lorenz, NJW 2021, 2065, 2069).
3. Pflicht des Käufers, dem Verkäufer die Sache zur Verfügung zu stellen, § 439 Abs. 5 BGB nF.
§ 439 Abs. 5 BGB regelt nunmehr ausdrücklich die Pflicht des Käufers, dem Verkäufer die Sache zum Zwecke der Nacherfüllung zur Verfügung zu stellen.
Dies stellt im Grundsatz eine Kodifikation bisher geltender Rechtsprechungsgrundsätze dar. Denn nach bisheriger Judikatur des BGH liegt kein taugliches Nacherfüllungsverlangen vor, solange der Käufer dem Verkäufer keine Gelegenheit biete, die Ware zu begutachten und sie ihm hierfür nicht am Erfüllungsort der Nacherfüllung zur Verfügung stelle (BGH, Urt. v. 19.7.2017 – VIII ZR 278/16, NJW 2017, 2758 Rn. 21). Nach bisher geltender Rechtslage handelt es sich bei der Überlassung der mangelbehafteten Kaufsache an den Verkäufer um eine Obliegenheit des Käufers. Ohne ein taugliches Nacherfüllungsverlangen liegt keine ordnungsgemäße Fristsetzung innerhalb der §§ 281, 323 BGB vor, sodass die Geltendmachung von Ansprüchen wegen Rücktritts, Schadensersatz und Minderung regelmäßig ausgeschlossen ist (Lorenz, NJW 2021, 2065, 2067).
Wohingegen einige Autoren die nunmehr ausdrückliche Kodifikation weiterhin als Obliegenheit einordnen wollen (so wohl Lorenz, NJW 2021, 2065, 2067), spricht vieles dafür, nunmehr von einer erzwingbaren rechtlichen Pflicht auszugehen.
So wird in der Begründung zum Gesetzentwurf wie folgt formuliert:

„Mit § 439 Absatz 5 BGBE wird dies nunmehr gesetzlich geregelt. Systematik und Wortlaut der unionsrechtlichen Vorgabe deuten indes darauf hin, dass es sich nicht bloß um eine Obliegenheit des Käufers handelt, sondern um eine erzwingbare Pflicht.“

Eine rechtliche Pflicht genießt gegenüber einer Obliegenheit den Vorteil, dass sie vom Verkäufer (Schuldner) dem Käufer (Gläubiger) des Nacherfüllungsanspruches als Einrede gemäß § 273 BGB entgegengehalten werden kann – bereits dieser ist somit nicht durchsetzbar (Wilke, VuR 2021, 283, 289). Darüber hinaus ist ein Nacherfüllungsverlangen zur Geltendmachung der Rechte aus § 437 BGB insbesondere im Verbrauchsgüterkauf nicht immer notwendig (siehe § 475d BGB). Diese Rechte aus § 437 BGB, insbesondere § 323 und § 281 BGB, setzen jedoch einen fälligen und einredefreien Anspruch voraus, welcher im Falle der Einordnung als Pflicht – und damit nicht als Obliegenheit – aufgrund von § 273 BGB gerade nicht besteht. Dies zeigt die rechtliche Schwäche einer Einordnung als Obliegenheit auf.
4. Erfüllungsort der Nacherfüllung
Zum Erfüllungsort selbst verhält sich die Richtlinie (EU) 2019/771 oder auch das BGB nicht. Es ist daher davon auszugehen, dass auch in Zukunft die bisherige Rechtsprechung des BGH Geltung entfacht (nachzulesen in BGH, Urt. v. 19.7.2017 – VIII ZR 278/16, NJW 2017, 2758 Rn. 21 ff.). Danach gilt auch im Kaufrecht grundsätzlich die allgemeine Vorschrift des § 269 BGB. Bei einem Verbrauchsgüterkauf kommt es somit entscheidend darauf an, ob die Nacherfüllung mit solchen Unannehmlichkeiten verbunden ist, dass der Erfüllungsort ausnahmsweise am Wohnsitz des Verbrauchers liegt. Das Abstellen auf die mit der Nacherfüllung verbundenen Unannehmlichkeiten in diesem Rahmen findet in Art. 14 Abs. 1 lit. d Richtlinie (EU) 2019/771 erneut eine brauchbare Stütze im Wege der richtlinienkonformen Auslegung des § 269 BGB.
5. Rücknahmepflicht des Verkäufers, § 439 Abs. 6 S. 2 BGB nF.
Korrespondierend zur Überlassungspflicht des Käufers regelt § 439 Abs. 6 S. 2 BGB nF. die Pflicht des Verkäufers, die ersetzte Sache zurückzunehmen. Dieser S. 2 steht in Zusammenhang mit Abs. 6 S. 1. Es handelt sich hierbei um den § 439 Abs. 5 BGB aF. Nach dieser Norm kann der Verkäufer Rückgewähr der mangelhaften Sache nach Maßgabe der §§ 346 bis 348 BGB verlangen, sofern er zum Zwecke der Nacherfüllung eine mangelfreie Sache liefert.
Abs. 6 S. 2 betrifft damit die Konstellation, dass der Verkäufer eine neue Sache im Wege der Nachlieferung bereitstellt, er aber die alte Sache nicht zurücknimmt. Aus der Praxis dürfte dies insbesondere bei großen Versandhändlern der Fall sein, die den mit der Rücknahme einer defekten Sache verbundenen Aufwand nicht tragen wollen.
Bereits ohne ausdrückliche Normierung der Pflicht des Verkäufers, die ersetzte Sache zurückzunehmen, war jedoch nach alter Rechtslage anerkannt, dass die Rücknahmepflicht einer mangelhaften Sache Kehrseite der aus § 433 Abs. 2 BGB folgenden Abnahmeverpflichtung des Käufers darstellt (OLG Köln, Urt. v. 21.12.2005 – 11 U 46/05, NJW-RR 2006, 677; BeckOK BGB/Faust, 60 Ed. Stand 1.11.2021, § 439 Rn. 28). Nichtsdestotrotz tendierte der BGH bisher dazu, eine entsprechende Rücknahmeverpflichtung des Verkäufers nur bei einem berechtigten oder besonderen Interesse des Käufers anzunehmen (BGH, Urt. v. 9.3.1983 – VIII ZR 11/82, NJW 1983, 1479, 1480). Diese Position hat sich jedenfalls mit der ausdrücklichen Kodifizierung der Rücknahmeverpflichtung des Verkäufers erledigt.
6. Summa: Kaum rechtliche Änderungen
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die rechtliche Beurteilung des Nacherfüllungsanspruches sich auch nach dem 1.1.2022 größtenteils nicht ändern wird. Für das Examen bedarf es hier daher nur kaum einer inhaltlichen Auffrischung.
Neu sein dürfte die Einordnung der Überlassung der Kaufsache an den Verkäufer bei ihrer Mangelhaftigkeit als rechtliche Pflicht des Käufers sein, mit den oben dargestellten Folgen in Bezug auf die bisherige Rechtsprechung des BGH zur Frage des tauglichen Nacherfüllungsverlangens. Hier lohnt es sich, auch in der Klausur präzise zu arbeiten und den Unterschied zwischen Obliegenheit und rechtlicher Pflicht herauszuarbeiten.
Zur Rechtssicherheit trägt die Kodifikation der Verkäuferpflicht zur Rücknahme der mangelhaften Kaufsache bei Neulieferung bei, hier kommt es nun nicht mehr auf das Vorliegen eines berechtigten Käuferinteresses an.
Rechtsunsicherheit wird durch die Richtlinie (EU) 2019/771 und die mit ihr verbundenen Änderungen im nationalen Recht lediglich im Rahmen der klassischen Einbaufälle geschaffen. So bedarf es in Zukunft der gerichtlichen Klärung, wann der Mangel „offenbar“ wird. Einer Problematisierung bedarf es hier daher in jedem Falle auch in der Prüfungssituation.

03.01.2022/0 Kommentare/von Dr. Yannick Peisker
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Yannick Peisker https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Yannick Peisker2022-01-03 09:00:112022-01-03 09:00:11Das „neue“ Kaufrecht 2022 – Teil 2: Der Nacherfüllungsanspruch
Dr. Lena Bleckmann

Das „neue“ Kaufrecht 2022 – Teil 1: Der Sachmangelbegriff des § 434 BGB

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Jurastudenten und auch Praktiker werden die Nachricht mit gemischten Gefühlen entgegengenommen haben – mit dem Beginn des Jahres 2022 stehen größere Änderung im allseits prüfungs- und praxisrelevanten Kaufrecht an. Juraexamen.info gibt einen Überblick über die wichtigsten Änderungen, die aufgrund der Umsetzung der Warenkaufrichtlinie (EU) 2019/771 im Kaufrecht der §§ 433 ff. BGB erfolgen. Hierzu veröffentlichen wir eine Reihe von Beiträgen – in diesem ersten Teil der Reihe steht neben allgemeinen Informationen zur Richtlinie der neue Sachmangelbegriff im Fokus.
I. Warum eine Kaufrechtsreform?
Doch zunächst einige Hintergrundinformationen zum Grund für die doch recht umfangreichen Änderungen im BGB. Man mag sich fragen, was den deutschen Gesetzgeber dazu veranlasst hat, grundlegende Fragen das Kaufrechts neu zu regeln. Wie so oft steckt hierhinter eine Umsetzungsverpflichtung aus dem Europarecht (Art. 288 Abs. 3 AEUV).
Die Richtlinie (EU) 2019/771 hat es sich ausweislich ihres Art. 1 zum Ziel gesetzt, „zum ordnungsgemäßen Funktionieren des Binnenmarkts beizutragen und gleichzeitig für ein hohes Verbraucherschutzniveau zu sorgen, indem gemeinsame Vorschriften über bestimmte Anforderungen an Kaufverträge zwischen Verkäufern und Verbrauchern festgelegt werden, insbesondere Vorschriften über die Vertragsmäßigkeit der Waren, die Abhilfen im Falle einer Vertragswidrigkeit, die Modalitäten für die Inanspruchnahme dieser Abhilfen sowie über gewerbliche Garantien.“
Die Mitgliedsstaaten wurden zur Umsetzung der Richtlinie bis zum 1. Juli 2021 verpflichtet, ab dem 1. Januar 2022 sollen die neuen Regelungen gelten (Art. 26 Richtlinie (EU) 2019/771). Der deutsche Gesetzgeber hat die Umsetzungsfrist mit dem Erlass des Gesetzes zur Regelung des Verkaufs von Sachen mit digitalen Elementen und anderer Aspekte des Kaufvertrags v. 25. Juni 2021 (BGBl. 2021, I, S. 2133) haarscharf eingehalten. Viel Spielraum bei der Umsetzung der Richtlinie blieb ihm nicht – anders als noch die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, die im Zuge der Schuldrechtsreform 2002 umgesetzt wurde, ist die aktuelle Warenkaufrichtlinie vollharmonisierend. Dies geht aus Art. 4 der Richtlinie hervor: „Sofern in dieser Richtlinie nichts anderes bestimmt ist, dürfen die Mitgliedstaaten in ihrem nationalen Recht keine von den Bestimmungen dieser Richtlinie abweichenden Vorschriften aufrechterhalten oder einführen; dies gilt auch für strengere oder weniger strenge Vorschriften zur Gewährleistung eines anderen Verbraucherschutzniveaus.“ Die Mitgliedsstaaten dürfen das von der Richtlinie vorgegebene Schutzniveau mithin nicht nur nicht unter- sondern ebenso nicht überschreiten – die Vorgaben sollen im gesamten europäischen Binnenmarkt gleichermaßen gelten.
Die zentralen Begrifflichkeiten werden in Art. 2 der Richtlinie (EU) 2019/771 definiert, ihr Anwendungsbereich ist mit Kaufverträgen zwischen einem Verbraucher und einem Verkäufer (Art. 3 Abs. 1 Richtlinie (EU) 2019/771) grundsätzlich weit gefasst, wobei die Einschränkungen der Abs. 3-7 zu berücksichtigen sind.
II. Anforderungen der Richtlinie (EU) 2019/771 an die Vertragsmäßigkeit von Waren
Nun zum Sachmangel. Ein Sachmangel liegt nach allgemeinem Verständnis vor, wenn die Ist-Beschaffenheit der Kaufsache von der Soll-Beschaffenheit abweicht. Ganz maßgeblich ist daher, welche Anforderungen an die Soll-Beschaffenheit der Kaufsache zu stellen sind bzw. wie diese zu bestimmen ist. Hierzu machen die Art. 5 ff. der Richtlinie (EU) 2019/771 nähere Vorgaben. Nach Art. 5 Richtlinie (EU) 2019/771 liefert der Verkäufer dem Verbraucher Waren, die – soweit anwendbar – die Voraussetzungen der Art. 6, 7 und 8 der Richtlinie erfüllen. Ausweislich der Überschrift des Artikels ist dies als Definition dessen zu verstehen, was die Vertragsgemäßheit von Waren voraussetzt. Art. 6 Richtlinie (EU) 2019/771 bezieht sich auf subjektive Anforderungen an die Vertragsgemäßheit von Waren, Art. 7 Richtlinie (EU) 2019/771 demgegenüber auf objektive Anforderungen, sowie schließlich Art. 8 Richtlinie (EU) 2019/771 auf die Vertragswidrigkeit der Waren aufgrund unsachgemäßer Montage oder Installation. Da Art. 5 Richtlinie (EU) 2019/771 die Voraussetzungen der Art. 6, 7 und 8 kumulativ als Anforderungen nennt, ist eine Ware nur dann als vertragsgemäß anzusehen, wenn die Vorgaben aller drei Artikel erfüllt sind, soweit nicht Ausnahmen greifen.
III. Die Umsetzung im deutschen Recht
So hat auch der deutsche Gesetzgeber die Anforderungen der Richtlinie verstanden. Aus diesem Grund nennt § 434 Abs. 1 BGB in der ab dem 1. Januar 2022 geltenden Fassung drei kumulative Voraussetzungen für die Freiheit der Kaufsache von Sachmängeln: „Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen dieser Vorschrift entspricht.“
Zu betonen ist auch hier wieder das Wörtchen „und“ – dass die genannten Anforderungen alternativ erfüllt sind, genügt für die Sachmangelfreiheit nicht, sie müssen vielmehr kumulativ vorliegen. Wohlgemerkt gilt dieser neue Mangelbegriff nicht nur für Verträge zwischen Verbrauchern und Unternehmern, sondern für das Kaufrecht im Allgemeinen. In den Absätzen 2, 3 und 4 des § 434 BGB n.F. präzisiert das Gesetz, wann eine Sache den subjektiven, objektiven sowie Montageanforderungen entspricht. Hierauf wird näher einzugehen sein.
Zunächst jedoch ein Vergleich mit dem (noch) geltenden Recht. Bislang geht der strukturiert arbeitende Klausurkandidat auf der Suche nach einem Sachmangel in mehreren Schritten vor: Ausgehend vom subjektiven Fehlerbegriff prüft er, ob eine Beschaffenheitsvereinbarung vorliegt. Ist das der Fall, ist allein diese ausschlaggebend. Die Anforderungen an das Vorliegen einer Beschaffenheitsvereinbarung sind jedoch nicht zu niedrig anzusetzen: Erforderlich ist mindestens eine konkludente Einigung, wobei nicht bereits die übliche Beschaffenheit als konkludent vereinbart gilt (BeckOK BGB/Faust, § 434 Rn. 41). Die übliche Beschaffenheit als objektives Kriterium ist vielmehr erst später in der Prüfung unter § 434 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BGB zu berücksichtigen. Vorher noch ist bei Fehlen einer Beschaffenheitsvereinbarung zu fragen, ob sich die Kaufsache gem. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet. Man arbeitete sich mithin vom subjektiven Fehlerbegriff, von der spezifischen Parteivereinbarung nach § 434 Abs. 1 S. 1 BGB, über die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung erst hin zu objektiven Anhaltspunkten nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB. Weiterhin konnte sich die Mangelhaftigkeit aus abweichenden Werbeangaben (§ 434 Abs. 1 S. 3 BGB), aus Montagefehlern (§ 434 Abs. 2 BGB) oder aber aus Aliud- oder Mankolieferungen (§ 434 Abs. 3 BGB) ergeben.
Ist all das bislang Gelernte nun hinfällig, wenn subjektive und objektive sowie Montageanforderungen kumulativ erfüllt sein müssen? Ganz so ist es wohl nicht.
1. Zu den subjektiven Anforderungen
Zum einen findet sich auch im neuen § 434 BGB viel Bekanntes wieder. So entspricht eine Sache nach § 434 Abs. 2 S. 1 BGB n.F. den subjektiven Anforderungen, wenn sie (1) die vereinbarte Beschaffenheit hat, (2) sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet und (3) mit dem vereinbarten Zubehör und den vereinbarten Anleitungen, einschließlich Montage- und Installationsanleitungen, übergeben wird – vieles ist insoweit bereits aus dem bisherigen § 434 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 1 sowie Abs. 2 S. 2 BGB geläufig.
Über die vorausgesetzte Verwendung müssen sich die Parteien einigen – Art. 6 lit. b Richtlinie (EU) 2019/771 setzt insoweit die Zustimmung des Verkäufers voraus, die Vollharmonisierung verbietet hier jedenfalls im Anwendungsbereich der Richtlinie eine zugunsten des Verbrauchers günstigere Interpretation, die eine übereinstimmend unterstellte Verwendung genügen lässt (vgl. Wilke, VuR 2021, 283).
Ob die fehlende Montageanleitung bislang unter § 434 Abs. 2 S. 2 BGB fiel, war umstritten (hierfür BeckOK BGB/Faust, § 434 Rn. 102 m.W.N.; für die Anwendung des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Palandt/Weidenkaff, § 434 Rn. 48), in der neuen Fassung der Norm ist die Zuordnung nunmehr eindeutig. Damit das Fehlen von Zubehör und Montageanleitung einen Sachmangel im subjektiven Sinne darstellen kann, ist erforderlich, dass ihr Vorhandensein vereinbart wurde – insoweit ergibt sich keine Änderung in der Rechtslage, auch nach dem bisherigen § 434 BGB hätte ein solches Fehlen vereinbarter Lieferbestandteile einen Sachmangel begründet (Lorenz, NJW 2021, 2065 (2066)).
§ 434 Abs. 2 S. 2 n.F. präzisiert weiter, dass zu der Beschaffenheit nach S. 1 Nr. 1 auch die Art, Menge, Qualität, Funktionalität, Kompatibilität, Interoperabilität und sonstige Merkmale der Sache, für die die Parteien Anforderungen vereinbart haben, gehört. Die Begriffe der Funktionalität, Kompatibilität und Interoperabilität sind in Art. 2 Nr. 8, 9 und 10 Richtlinie (EU) 2019/771 definiert.
Dass die Art der Sache Merkmal der Beschaffenheit ist, könnte ein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachmangels bei Aliud-Lieferungen sein. Andererseits regelt § 434 Abs. 5 BGB n.F. ausdrücklich, dass die Lieferung einer anderen Sache als die vertraglich geschuldete einem Sachmangel gleichsteht. Anwendungsfälle, in denen die Art der Sache nicht der Vereinbarung entspricht, zugleich aber nicht bereits ein Aliud geliefert wird, sind jedenfalls auf den ersten Blick nicht ersichtlich (ähnlich Wilke, VuR 2021, 283 (285)). Die Rechtsprechung wird hier zeigen müssen, ob sich die Regelungsbereiche des § 434 Abs. 5 n.F. und § 434 Abs. 2 S. 2 Var. 1 BGB n.F. tatsächlich vollständig decken. Sollte dem so sein, wäre § 434 Abs. 5 n.F. überflüssig – dass das Aliud als Sachmangel gilt, ist dann unerheblich, wenn die Abweichung in der Art der Sache bereits ein Sachmangel ist.
Die Aufnahme des Merkmals der Menge in § 434 Abs. 2 S. 2 Var. 2 BGB n.F. könnte bislang bestehende Fragen hinsichtlich der Zuviel-Lieferung klären – oder aber weitere aufwerfen. Während § 434 Abs. 3 BGB in der aktuellen Fassung dem Wortlaut nach nur die zu geringe Menge umfasst, ist § 434 Abs. 1 S. 2 Var. 2 BGB n.F. insoweit offener formuliert. Da das Äquivalenzinteresse durch eine Zuviellieferung allerdings nicht beeinträchtigt wird, kann durchaus bezweifelt werden, ob eine solche trotz der nun möglichen Subsumtion unter den Wortlaut erfasst sein soll (Wilke, VuR 2021, 283 (285)). Gegen eine Einbeziehung auch der Zuviellieferung spricht auch die Gesetzesbegründung zu § 434 Abs. 5 BGB n.F.: Der deutsche Gesetzgeber bezieht sich hier ausdrücklich nur auf zu geringe Liefermengen (BT-Drucks. 19/27424, S. 25). Ob dies dem Verständnis des europäischen Richtliniengebers entspricht, ist damit natürlich nicht gesagt.
Die Aufzählung der Beschaffenheitsmerkmale ist nicht abschließend, wie der Zusatz „oder sonstige Merkmale“ zeigt. Die Parteien können also weitere Merkmale als Bestandteile der Beschaffenheit vereinbaren.
2. Zu den objektiven Anforderungen
Die objektiven Anforderungen an die Kaufsache stellt § 434 Abs. 3 n.F. auf. Hierzu gehört, dass die Kaufsache (1) sich für die gewöhnliche Verwendung eignet, (2) eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen derselben Art üblich ist und die der Käufer erwarten kann unter Berücksichtigung a) der Art der Sache und b) der öffentlichen Äußerungen, die von dem
Verkäufer oder einem anderen Glied der Vertragskette oder in deren Auftrag, insbesondere in der Werbung oder auf dem Etikett, abgegeben wurden, sowie (3) der Beschaffenheit einer Probe oder eines Musters entspricht, die oder das der Verkäufer dem Käufer vor Vertragsschluss zur Verfügung gestellt hat, und (4) mit dem Zubehör einschließlich der Verpackung, der Montage- oder Installationsanleitung sowie anderen Anleitungen übergeben wird, deren Erhalt der Käufer erwarten kann.
Die erstgenannten Punkte sind weitgehend aus § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, S. 3 BGB a.F. bekannt. Dass die Sache einer zur Verfügung gestellten Probe oder einem Muster entsprechen muss, ist als ausdrückliche Regelung neu, inhaltlich dürfte dies indes kaum eine Erweiterung des Mangelbegriffs bedeuten. Bislang ging man insoweit von einer konkludenten Beschaffenheitsvereinbarung aus (Wilke, VuR 2021, 283 (284)). Ebenfalls nicht neu ist, dass das Fehlen zu erwartenden Zubehörs oder zu erwartender Verpackung oder Montage- oder Installationsanleitungen oder anderen Anleitungen zu einem Mangel führt (bislang über § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB, vgl. Wilke, VuR 2021, 283 (284), zu vereinbarten Bestandteilen der Lieferung siehe bereits oben 1.).
In S. 2 werden wiederum, wie schon für die subjektiven Anforderungen, Merkmale aufgeführt, die zur Beschaffenheit – diesmal der üblichen Beschaffenheit – gehören. Überwiegend kann hier auf die Ausführungen unter 1. verwiesen werden. Zu den objektiven Merkmalen der Beschaffenheit zählt allerdings insbesondere auch die Haltbarkeit der Sache. „Haltbarkeit“ ist dabei die Fähigkeit der Sache, ihre erforderlichen Funktionen und ihre Leistung bei normaler Verwendung zu behalten, Art. 2 Nr. 13 Richtlinie (EU) 2019/771. In Erwgr. 32 der Richtlinie (EU) 2019/771 heißt es hierzu:

„Damit Waren vertragsgemäß sind, sollten sie eine Haltbarkeit haben, die für Waren derselben Art üblich ist und die der Verbraucher in Anbetracht der Art der spezifischen Waren, einschließlich der möglichen Notwendigkeit einer vernünftigen Wartung der Waren, wie etwa der regelmäßigen Inspektion oder des Austausches von Filtern in einem Auto, und unter Berücksichtigung öffentlicher Erklärungen, die von dem Verkäufer oder im Auftrag des Verkäufers oder einer anderen Person in vorhergehenden Gliedern der Vertragskette abgegeben wurden, vernünftigerweise erwarten kann. Bei der Beurteilung sollten auch alle anderen maßgeblichen Umstände berücksichtigt werden, wie beispielsweise der Preis der Ware und die Intensität oder Häufigkeit der Verwendung seitens des Verbrauchers“

Mithin geht es insbesondere darum, welche berechtigten Erwartungen der Käufer an die Haltbarkeit einer Sache haben darf, wobei Preis sowie übliche Nutzung der Sache zu berücksichtigen sind. Hingegen begründet § 434 Abs. 3 S. 2 BGB n.F. keine Haltbarkeitsgarantie, wie die Gesetzesbegründung ausdrücklich klarstellt:

„Daraus folgt, dass der Verkäufer dafür einzustehen hat, dass die Sache zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs die Fähigkeit hat, ihre erforderlichen Funktionen und ihre Leistung bei normaler Verwendung zu behalten. § 434 Absatz 3 BGB-E begründet hingegen keine gesetzliche Haltbarkeitsgarantie. Der Verkäufer haftet nach § 434 Absatz 3 BGB-E nicht dafür, dass die Sache tatsächlich ihre erforderlichen Funktionen und ihre Leistung bei normaler Verwendung behält.“ (BT-Drucks. 19/27424, S. 24)

Insgesamt sind die nun geregelten, objektiven Anforderungen für sich genommen nicht neu. Die genannten Merkmale waren auch nach bisheriger Rechtslage bereits zu berücksichtigen, soweit es auf die objektive Beschaffenheit der Kaufsache ankam. Neu ist allerdings das Rangverhältnis der objektiven Beschaffenheitsmerkmale zu den subjektiven Anforderungen an die Kaufsache – hierzu sogleich unter 3.
3. Zu den Montageanforderungen
Schnell abgehandelt werden können die Montageanforderungen, die in § 434 Abs. 4 BGB n.F. geregelt sind. Die dortige Umsetzung des Art. 8 Richtlinie (EU) 2019/771 entspricht dem Regelungsgehalt nach dem bisherigen § 434 Abs. 2 BGB (vgl. BT-Drucks. 19/27424, S. 25; Lorenz, NJW 2021, 2065 (2066)).
4. Zur Gleichrangigkeit der objektiven und subjektiven Anforderungen
So steht nun fest, was unter den in § 434 Abs. 1 BGB n.F. genannten Anforderungskategorien zu verstehen ist. Zeit, sich mit der dort angeordneten und für das deutsche Recht neuen Gleichrangigkeit dieser Anforderungen auseinanderzusetzen.
Wenn Mangelfreiheit nur dann vorliegt, wenn die Kaufsache den subjektiven und objektiven Anforderungen entspricht, kann sie dann wegen objektiver Mängel vertragswidrig sein, obwohl die Parteien sich zuvor über diese verständigt hatten? Das ginge zu weit. In einem solchen Fall könnte etwa ein gebrauchtes Auto, das stärkere Abnutzungen aufweist, als es bei Fahrzeugen desselben Alters üblicherweise zu erwarten ist, kaum noch verkauft werden. Das entspricht nicht dem Sinn und Zweck der Neuregelungen. Einem solchen Ergebnis beugt § 434 Abs. 3 S. 1 BGB n.F. vor: Dort heißt es „Soweit nicht wirksam etwas anderes vereinbart wurde, entspricht die Sache den objektiven Anforderungen, wenn sie (…)“. Die Parteien können die Bedeutung der objektiven Anforderungen mithin durch eine negative Beschaffenheitsvereinbarung zurücktreten lassen. Soweit es sich nicht um einen Verbrauchsgüterkauf handelt, kann eine solche auch konkludent abgeschlossen werden, was bei Kenntnis und Billigung der Abweichungen von der objektiven Beschaffenheit durch den Käufer regelmäßig der Fall sein dürfte.
Nicht so allerdings im Verbrauchsgüterkaufrecht. Der negativen Beschaffenheitsvereinbarung sind insoweit durch § 476 Abs. 1 S. 2 BGB n.F. Grenzen gesetzt. Dort heißt es:

„Von den Anforderungen nach § BGB § 434 Absatz BGB § 434 Absatz 3 oder § BGB § 475b Absatz BGB § 475B Absatz 4 kann vor Mitteilung eines Mangels an den Unternehmer durch Vertrag abgewichen werden, wenn 1.) der Verbraucher vor der Abgabe seiner Vertragserklärung eigens davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass ein bestimmtes Merkmal der Ware von den objektiven Anforderungen abweicht, und 2.) die Abweichung im Sinne der Nummer 1 im Vertrag ausdrücklich und gesondert vereinbart wurde.“

Soweit die objektiven Anforderungen (siehe oben 2.) nicht eingehalten sind, muss der kaufende Verbraucher eigens, dürfte heißen mittels individueller Information (Lorenz, NJW 2021, 2065 (2073)), und vor Abgabe seiner Vertragserklärung, sei es nun Angebot oder Annahme, hierüber informiert werden. Selbst die Zustimmung zum Abschluss eines Vertrages nach entsprechender Information genügt jedoch nicht für die Annahme einer negativen Beschaffenheitsvereinbarung, vielmehr muss zusätzlich (siehe Wortlaut „und“ in § 476 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB n.F.) ausdrücklich und gesondert vereinbart werden, dass die Abweichung von der objektiven Beschaffenheit keine Mangelhaftigkeit der Kaufsache bedeutet.
Sind diese Anforderungen beim Verbrauchsgüterkauf nicht eingehalten, ist die Abweichung von den objektiven Anforderungen nicht i.S.d. § 434 Abs. 3 S. 1 BGB n.F. wirksam vereinbart worden und kann daher einen Sachmangel begründen. Nun mag man denken, die praktischen Auswirkungen könnten nicht allzu groß sein – kennt der Käufer den Mangel oder kennt er ihn grob fahrlässig nicht und hat der Verkäufer ihn weder arglistig verschwiegen noch eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen, sind doch seine Rechte wegen des Mangels nach Maßgabe des durch die Reform unberührten § 442 BGB ausgeschlossen. Auf diesem Wege sollen die Grenzen des § 476 Abs. 1 S. 2 BGB n.F. jedoch nicht ausgehebelt werden können (vgl. Lorenz, NJW 2021, 2065 (2068)). Die Anwendung des § 442 BGB ist im Verbrauchsgüterkaufrecht nach § 475 Abs. 3 S. 2 BGB n.F. ausgeschlossen. Soll mithin eine nicht den objektiven Anforderungen nach § 434 Abs. 3 BGB n.F. entsprechende Sache im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs verkauft werden, kann der Ausschluss der Mängelgewährleistung wegen dieser Abweichung von den objektiven Anforderungen nur erreicht werden, indem der Verbraucher eigens und vor Abgabe seiner Vertragserklärung unterrichtet wird und die Abweichung ausdrücklich und gesondert vereinbart wird.
III. Summa
Damit kommt diese erste Betrachtung des „neuen Kaufrechts“ zu einem Ende. Die Änderungen hinsichtlich des Sachmangelbegriffs sind im Wortlaut durchaus umfangreich, wie schon die im Vergleich zur bisherigen Fassung des § 434 BGB erheblich gewachsene Länge der Norm zeigt. Die inhaltlichen Auswirkungen sind letztlich jedoch nicht so gravierend, wie es die erste Lektüre insbesondere des § 434 Abs. 1 S. 1 BGB n.F. befürchten lassen mag. Mit einer sauberen und gewissenhaften Arbeit anhand des Gesetzestextes dürften sich hier schon viele Probleme lösen lassen. Aufmerksamkeit ist indes insbesondere im Verbrauchsgüterkaufrecht geboten. Hier dürfte die Gleichrangigkeit von subjektiven und objektiven Anforderungen für die Mangelfreiheit aufgrund der erschwerten Möglichkeit negativer Beschaffenheitsvereinbarungen größere Bedeutung erlangen.

21.12.2021/0 Kommentare/von Dr. Lena Bleckmann
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Lena Bleckmann https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Lena Bleckmann2021-12-21 08:00:252021-12-21 08:00:25Das „neue“ Kaufrecht 2022 – Teil 1: Der Sachmangelbegriff des § 434 BGB
Gastautor

Neues zum Dieselskandal: Rücktritt vom Kaufvertrag ohne Fristsetzung?

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Wir freuen uns, nachfolgend einen Gastbeitrag von Alexandra Ritter veröffentlichen zu können. Die Autorin studiert Rechtswissenschaften an der Universität Bonn und ist am Institut für Arbeitsrecht und Recht der sozialen Sicherheit am Lehrstuhl von Prof. Dr. Gregor Thüsing, LL.M. (Harvard) tätig.
Mit Urteil vom 29.9.2021 (BGH, Urt. v. 29.9.2021 – VIII ZR 111/20, juris) hat der BGH entschieden, dass Käufer eines vom Dieselskandal betroffenen Pkw nicht ohne Fristsetzung vom Kaufvertrag zurücktreten können. Dem Verkäufer müsse grundsätzlich Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben werden. Der vom BGH entschiedene Fall ist wie gemacht für eine Klausur in Studium und Examen. Er bietet damit Anlass, sich anhand der aktuellen Problematik mit dem prüfungsrelevanten Thema des Rücktritts auseinanderzusetzen.
I. Der Sachverhalt
Vereinfacht dargestellt ging es in dem dem Urteil zugrunde liegenden Fall um Folgendes: Der Kläger (K) kaufte vom beklagten Autohändler (V) im Februar 2015 einen Škoda, dessen Motor von der Volkswagen AG hergestellt war. Der Motor ist mit einer Software versehen, die erkennt, ob sich das Fahrzeug im Normalbetrieb oder auf einem Prüfstand zur Messung der maßgeblichen Werte für eine Typgenehmigung befindet. In dem Fahrmodus, der für den Fall des Durchlaufens des Prüfstands programmiert ist, kommt es im Vergleich zum regulären Fahrbetrieb zu einer erhöhten Abgasrückführung und damit zu einer Verringerung des Stickoxidausstoßes. Dieser Umstand wurde im Herbst 2015 öffentlich bekannt gemacht.
Für die fehlerhafte Software wurde ein Update entwickelt, das die Fehler beseitigt. Dieses Update wurde von der zuständigen britischen Vehicle Certification Agency freigeben mit der Bestätigung, dass es zur Fehlerbehebung geeignet sei.
Der Kläger ließ das Software-Update nicht aufspielen, weil er befürchtete, dass dieses mit negativen Folgen für das Fahrzeug verbunden sei. Mit Schreiben vom 4. Oktober 2017 erklärte K gegenüber V den Rücktritt vom Kaufvertrag. V verweigerte die Rücknahme des Fahrzeugs und verwies K auf das zur Verfügung stehende Software-Update.
Hat K einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises?
II. Gutachterliche Lösung
K könnte gegen V einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises aus §§ 437 Nr. 2 Alt. 1, 346 I BGB haben.
1. Kaufvertrag
K und V haben im Februar 2015 einen Kaufvertrag i.S.v. § 433 BGB über den Škoda geschlossen.
2. Mangel bei Gefahrübergang
Damit K die Mängelgewährleistungsrechte der §§ 437 ff. BGB geltend machen kann, müsste die Kaufsache bei Gefahrübergang mangelhaft gewesen sein.
a) Mangel
Mangels Beschaffenheitsvereinbarung gem. § 434 I 1 BGB und vorausgesetzter besonderer Verwendung gem. § 434 I 2 Nr. 1 BGB, kommt ein Sachmangel gem. § 434 I 2 Nr. 2 BGB in Betracht.
Danach hat die Sache einen Mangel, wenn sie sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet und nicht eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Die unzulässige Abschalteinrichtung birgt die Gefahr einer Betriebsuntersagung gem. § 5 I FZV und führt so zu einer herabgesetzten Eignung des Fahrzeugs zur gewöhnlichen Verwendung (BGH, Urt. v. 29.9.2021 – VIII ZR 111/20, juris Rn. 20). Zudem ist eine solche Abschalteinrichtung bei Sachen der gleichen Art nicht üblich und der Käufer kann erwarten, dass der Wagen keine Abschalteinrichtung einprogrammiert hat. Somit liegt ein Sachmangel i.S.v. § 434 I 2 Nr. 2 BGB vor.
b) Gefahrübergang
Der Mangel müsste schon bei Gefahrübergang vorgelegen haben. Gem. § 446 S. 1 BGB geht die Gefahr mit Übergabe der Kaufsache auf den Käufer über. Die Abschalteinrichtung wurde schon vom Motorhersteller eingerichtet, sodass der Mangel bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorlag.
c) Zwischenergebnis
Der Anwendungsbereich für die Mängelgewährleistungsrechte gem. §§ 437 ff. BGB ist eröffnet
3. Weitere Rücktrittsvoraussetzungen
Gem. § 437 Nr. 2 Alt. 1 BGB kann K nach den §§ 440, 323, 326 V BGB vom Kaufvertrag zurückgetreten. Dazu müsste K den Rücktritt gem. § 349 BGB erklärt und gem. § 323 I BGB eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt haben.
a) Erklärung
Die Rücktrittserklärung gem. § 349 BGB ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung. Mit Schreiben vom 4.10.2017 hat K gegenüber V seinen Willen vom Vertrag zurückzutreten zum Ausdruck gebracht. Diese Erklärung ist V auch zugegangen (§ 130 I BGB). Eine Rücktrittserklärung des K liegt vor.
b) Frist
Gem. § 323 I BGB müsste K dem V zunächst eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt haben. Hier hat K dem V jedoch den Rücktritt erklärt, ohne ihm zuvor die Gelegenheit zur Nacherfüllung zu gewähren. Eine Fristsetzung liegt damit nicht vor.
Die Fristsetzung könnte jedoch entbehrlich sein.
aa) § 323 II Nr. 3 BGB
(1) Zunächst kommt eine Entbehrlichkeit der Fristsetzung gem. § 323 II Nr. 3 BGB wegen etwaigen arglistigen Verhaltens in Betracht. Gem. § 323 II Nr. 3 BGB ist die Fristsetzung entbehrlich, wenn im Falle einer nicht vertragsgemäß erbrachten Leistung besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen.
„Ein die sofortige Rückabwicklung des Kaufvertrags rechtfertigendes überwiegendes Käuferinteresse ist regelmäßig dann zu bejahen, wenn der Verkäufer dem Käufer einen ihm bekannten Mangel bei Abschluss des Kaufvertrags arglistig verschwiegen hat […]. In diesen Fällen ist in aller Regel ein den Verkäuferbelangen vorgehendes Interesse des Käufers anzuerkennen, von einer weiteren Zusammenarbeit mit dem Verkäufer Abstand zu nehmen, um sich vor möglichen weiteren Täuschungsversuchen zu schützen […]. Denn durch das arglistige Verschweigen eines Mangels entfällt auf Seiten des Käufers regelmäßig die zur Nacherfüllung erforderliche Vertrauensgrundlage, während der Verkäufer die Möglichkeit zur nachträglichen Mangelbeseitigung in der Regel nicht verdient, wenn er den ihm bekannten Mangel vor Vertragsschluss hätte beseitigen können und damit im Vorfeld der vertraglichen Beziehungen bereits die Chance hatte, eine Rückabwicklung des später geschlossenen Vertrags zu vermeiden […].“
(BGH, Urt. v. 29.9.2021– VIII ZR 111/20, juris Rn. 24)
V hatte als Händler im Zeitpunkt der Einigung zwischen V und K keine Kenntnis von der Mangelhaftigkeit des Wagens und diesen somit auch nicht arglistig verschwiegen.
Allerdings hatte der Hersteller des Wagens, die Volkswagen AG, Kenntnis von der Mangelhaftigkeit.
„Zwar kann die Vertrauensgrundlage zwischen einem Käufer und einem Verkäufer unter Umständen auch dann gestört sein, wenn der Verkäufer sich bei Vertragsabschluss ordnungsgemäß verhalten hat, jedoch der Hersteller des Fahrzeugs dieses mit einer ihm bekannten und verschwiegenen unzulässigen Abschalteinrichtung in den Verkehr gebracht hat und der Verkäufer nun allein eine Nachbesserung in Form eines von diesem Hersteller entwickelten Software-Updates anbietet. Dabei kommt es darauf an, ob spätestens bei Erklärung des Rücktritts […] die Vertrauensgrundlage zwischen den Parteien so gestört war, dass eine Nacherfüllung (vgl. § 323 Abs. 1 BGB), also eine Nachbesserung oder eine Ersatzlieferung, für den Käufer unter Einbeziehung des Herstellers nicht zumutbar war. Ob dies der Fall ist, hängt jedoch von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab, die der Tatrichter nicht schematisch, sondern in sorgfältiger Abwägung zu würdigen hat.“
(BGH, Urt. v. 29.9.2021 – VIII ZR 111/20, juris Rn. 27)
Solche Anhaltspunkte dafür, dass K die Nacherfüllung unter Einbeziehung des V nicht zumutbar war, lassen sich dem Sachverhalt nicht entnehmen.
V könnte sich allenfalls die Kenntnis von der Mangelhaftigkeit und ein arglistiges Vorgehen des Herstellers nach § 278 BGB, 166 BGB analog zurechnen lassen müssen.
Dazu müsste die Volkswagen AG als Herstellerin Erfüllungsgehilfin des V i.S.v. § 278 BGB gewesen sein. Erfüllungsgehilfe ist, wer nach den tatsächlichen Gegebenheiten mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung einer diesem obliegenden Verbindlichkeit als seine Hilfsperson tätig wird (BeckOK BGB/Lorenz, 59. Ed. Stand: 1.8.2021, § 278 Rn. 11). Die Volkswagen AG könnte bei der dem V gem. § 433 I BGB obliegenden Verbindlichkeit, dem K ein mangelfreies Fahrzeug zu übereignen, tätig geworden sein. Dagegen spricht aber, dass ein Hersteller bei der Herstellung künftiger Kaufsachen eigene Aufgaben erfüllt und nicht solche des späteren Händlerverkäufers. Eine Stellung der Volkswagen AG als Erfüllungsgehilfin des V ist somit abzulehnen.
Damit muss sich V etwaiges arglistiges Verhalten der Herstellerin nicht zurechnen lassen. Eine Entbehrlichkeit der Frist lässt sich aus der Kenntnis der Mangelhaftigkeit der Herstellerin somit nicht begründen.
(2) Eine Entbehrlichkeit der Fristsetzung gem. § 323 II Nr. 3 BGB könnte aus dem Umstand herrühren, dass die Installation des Software-Updates zu anderen Mängeln am Wagen führen könnte. Ob das Software-Update solche Konsequenzen hat, lässt sich dem Sachverhalt nicht entnehmen. Es genügt nach Auffassung des BGH hier auch nicht, dass solche sich anschließenden Mängel nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht ausgeschlossen sind (BGH, Urteil v. 29.9.2021 – VIII ZR 111/20, juris Rn. 33 ff.).

– die Ausführungen des BGH beziehen sich hier auch auf Fehler der Beweiswürdigung durch das Berufungsgericht. Für die Ausführungen im Gutachten kann an dieser Stelle festgehalten werden, dass der Entbehrlichkeitsgrund nach § 323 II Nr. 2 BGB eine umfassende Interessenabwägung im Einzelfall fordert. Ein nicht hinreichend belegter Verdacht einer Vertragspartei, wie in diesem Fall, genügt nicht, um die Entbehrlichkeit zu begründen (BGH, Urt. v. 29.9.2021 – VIII ZR 111/20, juris Rn. 38).

Hilfsweise sei an dieser Stelle die Interessenabwägung bei angenommener Unzumutbarkeit der Nacherfüllung durch Nachbesserung für K aufgezeigt.
„Selbst wenn die Nacherfüllung für den Kläger unzumutbar wäre, träte damit das Interesse der Beklagten an einer vom Gesetzgeber durch das Instrument der Nacherfüllung grundsätzlich eingeräumten „zweiten Andienung“ nicht automatisch zurück. Denn der Beklagten war das Vorhandensein der unzulässigen Abschalteinrichtung vor oder bei Vertragsschluss nicht bekannt. Sie hatte daher nicht die Möglichkeit, diesen Mangel frühzeitig zu beseitigen. Gerade diesem Umstand kommt aber nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung entscheidendes Gewicht für ein Zurücktreten der Belange des täuschenden Verkäufers im Rahmen der Interessenabwägung nach § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB zu […]-. Der Beklagten ist eine Berufung auf eine „zweite Andienung“ auch nicht per se deswegen zu versagen, weil ihr eine mögliche Arglist des Herstellers zuzurechnen wäre. Denn eine Zurechnung eines solchen Herstellerverhaltens gemäß § 278 BGB, § 166 BGB analog scheidet aus […].“
(BGH, Urt. v. 29.9.2021 – VIII ZR 111/20, juris Rn. 37)

Die Fristsetzung war auch unter Berücksichtigung der Behauptung des K entbehrlich gem. § 323 II Nr. 3 BGB.
bb) § 440 BGB
Die Fristsetzung könnte entbehrlich sein gem. § 440 BGB. Hiernach bedarf es einer Fristsetzung zur Nacherfüllung nicht, wenn dem Käufer die ihm zustehende Art der Nacherfüllung unzumutbar ist. Eine solche Unzumutbarkeit lässt sich aus den geschilderten Umständen – wie dargestellt – aber gerade nicht begründen. Die Frist ist somit auch nicht gem. § 440 BGB entbehrlich.
cc) § 326 V BGB
Zuletzt könnte die Fristsetzung entbehrlich sein gem. § 326 V BGB. Dazu müssten beide Arten der Nacherfüllung unmöglich i.S.v. § 275 I – III BGB sein.
„Vorliegend steht nicht fest, ob eine mangelfreie Nachlieferung des ursprünglichen Modells zum Zeitpunkt des Rücktritts noch möglich war oder nicht. Auch hat das Berufungsgericht nicht festgestellt, ob eine Nachbesserung durch das Software-Update oder gegebenenfalls durch andere Methoden (etwa „Hardware-Lösung“) unmöglich war […].“
(BGH, Urt. v. 29.9.2021 – VIII ZR 111/20, juris Rn. 42)

– Auch hier sind unzureichende Erhebungen des Berufungsgerichts Grundlage der Bewertung durch den BGH. In der Klausur kann es dieser Stelle zu einer Inzidentprüfung der Unmöglichkeit der Nacherfüllung kommen. Dann ist deutlich darzustellen, dass der Bezugspunkt für die Unmöglichkeit i.S.v. § 275 BGB nicht der ursprüngliche Erfüllungsanspruch, sondern der Nacherfüllungsanspruch gem. § 439 I BGB ist.

dd) Zwischenergebnis
Die Setzung einer Frist zur Nacherfüllung war nicht entbehrlich. K ist somit nicht wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten.
– Hilfsgutachten –
5. Kein Ausschluss
Bei der Annahme einer Entbehrlichkeit der Fristsetzung wäre schließlich noch zu prüfen, ob der Rücktritt durch K ausgeschlossen ist. In Betracht kommt ein Ausschluss des Rücktritts gem. § 323 V 2 BGB. Demnach kann der Gläubiger bei nicht vertragsgemäßer Leistungserbringung durch den Schuldner nicht vom Vertrag zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist. Dies
„erfordert eine umfassende Interessenabwägung auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls […]. Bei behebbaren Mängeln ist von einer Geringfügigkeit und damit von einer Unerheblichkeit in der Regel auszugehen, wenn die Kosten der Mangelbeseitigung im Verhältnis zum Kaufpreis geringfügig sind, was jedenfalls regelmäßig nicht mehr anzunehmen ist, wenn der Mangelbeseitigungsaufwand einen Betrag von fünf Prozent des Kaufpreises übersteigt […]. Bei unbehebbaren Mängeln ist regelmäßig auf das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung abzustellen […].“ (BGH, Urt. v. 29.9.2021 – VIII ZR 111/20, juris Rn. 44).
Für die Annahme einer Geringfügigkeit könnte sprechen, dass das Software-Update ohne größere Schwierigkeiten und mit geringen Zeitaufwand durchführbar ist.
„Jedoch steht derzeit nicht fest, dass das Software-Update zu einer ordnungsgemäßen Nachbesserung führt, also nicht mit dem Auftreten von (nicht zu vernachlässigenden) Folgemängeln verbunden wäre. Eine Nachbesserung im Sinne von § 439 Abs. 1 BGB setzt eine vollständige, nachhaltige und fachgerechte Behebung des vorhandenen Mangels voraus […] und liegt nicht vor, wenn zwar der ursprüngliche Mangel beseitigt, hierdurch aber Folgemängel hervorgerufen werden. Ob dies der Fall ist, ist mangels rechtsfehlerfreier Feststellungen des Berufungsgerichts offen. Damit kann nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht davon ausgegangen werden, dass sich die unzulässige Abschalteinrichtung mit geringem Kostenaufwand folgenlos in dem vorbeschriebenen Sinne beseitigen ließe.“
(BGH, Urt. v. 29.9.2021 – VIII ZR 111/20, juris Rn. 47)
Im Ergebnis kann die Unerheblichkeit der Pflichtverletzung nicht angenommen werden. Der Ausschluss gem. § 323 V 2 BGB ist somit nicht einschlägig.
– Ende des Hilfsgutachtens –
6. Ergebnis
K hat gegen V keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises aus §§ 437 Nr. 2 At. 1, 346 I BGB.
III. Fazit
Auch wenn viele Bewertungen des BGH bezüglich der Entbehrlichkeit der Frist auf den Umstand zurückzuführen sind, dass bestimmte Umstände auf Tatsachenebene von den Vorinstanzen nicht hinreichend erforscht wurden, lassen sich einige Ausführungen finden, die im Gutachten hilfreich sein können.
Zum einen macht der Fall deutlich, dass zwischen den am Sachverhalt beteiligten genau zu unterscheiden ist. Das Verhalten und die Kenntnis des Herstellers/Lieferanten von der Mangelhaftigkeit der Kaufsache, kann dem Händlerverkäufer nach Auffassung des BGH nicht zugerechnet werden.
Zum anderen ist festzuhalten, dass für die Entbehrlichkeit der Fristsetzung gem. § 323 II Nr. 3 BGB eine umfassende Abwägung der Umstände des Einzelfalls vorzunehmen ist. Für die Klausur bedeutet dies insbesondere die Informationen des Sachverhalts hierzu fruchtbar zu machen und einen eher strengen Maßstab anzulegen. Dabei darf die Bedeutung des Rechts des Schuldners zur zweiten Andienung nicht übersehen werden. Da es hier auf eine Wertung im Einzelfall ankommt, ist das Ergebnis bei sorgfältiger Verwertung der Informationen des Sachverhalts und Gewichtung der Argumente eher nebensächlich. Hier gilt es, das Ergebnis klausurtaktisch zu wählen und ggf. weitere Probleme des Sachverhalts im Hilfsgutachten zu besprechen.

04.11.2021/3 Kommentare/von Gastautor
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2021-11-04 08:22:272021-11-04 08:22:27Neues zum Dieselskandal: Rücktritt vom Kaufvertrag ohne Fristsetzung?
Dr. Lena Bleckmann

BGH zum Widerrufsrecht beim Werkvertrag sowie zur Abgrenzung von Kauf- und Werklieferungsverträgen

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Vergangene Woche hat der BGH in einer Entscheidung zu Treppenliften grundlegende Fragen im Bereich des Verbraucherwiderrufsrechts geklärt. Die Entscheidung liefert darüber hinaus wertvolle Erkenntnisse zur Abgrenzung von Kaufverträgen, Werkverträgen und Werklieferungsverträgen.  An Klausur- und Examensrelevanz dürfte eine solche Entscheidung kaum zu übertreffen sein.
I. Der Sachverhalt
Der Sachverhalt ist schnell erzählt. A vertreibt sog. Kurventreppenlifte – es handelt sich um Vorrichtungen, die an Treppenaufgängen befestigt werden, um insbesondere Personen, die in ihrer Bewegungsfähigkeit eingeschränkt sind, den Treppenauf- und –abstieg zu erleichtern bzw. überhaupt erst zu ermöglichen. Die Schienen werden hierbei individuell an im jeweiligen Treppenhaus zu befahrende Kurven angepasst. A weist Verbraucher in Bezug auf diese Kurventreppenlifte darauf hin, dass im Rahmen des jeweiligen Vertrags, abgesehen von einem bestimmten Modell, kein gesetzliches Widerrufsrecht bestehe. Hiergegen wendet sich die Verbraucherzentrale V. Sie ist der Ansicht, dass sehr wohl ein gesetzliches Widerrufsrecht besteht und nimmt die A  auf Unterlassung in Anspruch.

Anm.: Hierbei mag es sich um eine für eine Zivilrechtsklausur eher ungewöhnliche Konstellation handeln. Bearbeiter müssten sich mit der Anspruchsberechtigung der Verbraucherzentralen nach § 8 Abs. 3 Nr. 4 i.V.m. § 4 UKlaG auseinandersetzen. Dass dies gefordert wird, ist nicht ausgeschlossen, aber selten. Der Fall lässt sich jedoch ohne größere Probleme abwandeln, indem man eine tatsächliche Bestellung eines solchen Kurventreppenlifts durch einen Verbraucher mit anschließender Ausübung eines möglichen Widerrufsrechts konstruiert. Die eher unübliche Einkleidung sollte mithin nicht dazu verleiten, die Klausurrelevanz der Entscheidung zu verkennen.

II. Widerrufsrechte und Informationspflichten
Eine kurze Wiederholung der Fragen rund um das Widerrufsrecht im Verbraucherschutzrecht: Die verbraucherschützenden Vorschriften der §§ 312 ff. BGB sind nach § 312 Abs. 1 BGB auf Verbraucherverträge anwendbar, die eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand haben. Was Verbraucherverträge sind, definiert § 310 Abs. 3 BGB: Es handelt sich um Verträge zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer. Die übrigen Absätze des § 312 BGB enthalten sodann Einschränkungen des Anwendungsbereichs, die vorliegend aber keine weitere Beachtung finden sollen.
Möchte der Verbraucher nach Abschluss eines Vertrags i.S.d. § 312 Abs. 1 BGB von diesem Abstand nehmen, kann ihm dies aufgrund eines Widerrufsrechts möglich sein. § 312g Abs. 1 BGB sieht ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge und Fernabsatzverträge vor. In der Klausur ist an dieser Stelle daher eine saubere Subsumtion unter die Begriffe des außerhalb des Geschäftsräume geschlossenen Vertrags nach § 312b BGB bzw. des Fernabsatzvertrags nach § 312c BGB erforderlich. Für den konkreten Fall würde der Sachverhalt dann nähere Angaben enthalten, welche die Zuordnung zu dem einen oder anderen Begriff ermöglichen. Liegt ein Fernabsatzvertrag oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag vor, greift grundsätzlich  § 312g Abs. 1 BGB i.V.m. § 355 BGB: Wird der Widerruf fristgerecht unter Wahrung der Anforderungen des § 355 Abs. 1 BGB erklärt, sind die Parteien an ihre auf Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden. Der Unternehmer ist nach § 312d Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 246a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB verpflichtet, den Verbraucher über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts zu informieren. Das alles gilt jedoch nicht, wenn das Bestehen eines Widerrufsrechts nach § 312g Abs. 2, 3 BGB ausgeschlossen ist.
III. Ausschluss des Widerrufsrechts nach § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB
Zurück zum Fall: Die Verbraucherzentrale V stützt sich für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch (§ 8 Abs. 1 UWG, § 3 Abs. 1 UWG, § 3a UWG) auf die Informationspflicht des Unternehmers bei bestehenden Widerrufsrechten nach § 312d Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 246a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB. Sofern im Falle der Bestellung eines Kurventreppenlifts ein Widerrufsrecht bestünde, würde der Hinweis von Seiten der A, dass ein solches gerade nicht besteht, wettbewerbswidriges Verhalten darstellen (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 13.5.2020 – 6 U 300/19, MMR 2021, 350). Zentrale Frage ist mithin, ob denn ein solches Widerrufsrecht bestünde, wenn es mit einem Verbraucher zum Abschluss eines Vertrags über Anfertigung und Einbau eines Kurventreppenlifts durch die A käme.
Die Vorinstanz hat das noch abgelehnt: Das OLG Köln sah die Voraussetzungen des Ausschlusses nach § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB als erfüllt an (OLG Köln, Beschl. v. 13.5.2020 – 6 U 300/19, MMR 2021, 350, 351 f). Nach dieser Norm besteht ein Widerrufsrecht nicht bei Verträgen zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind. Dass die Laufschienen für Kurventreppenlifte individuell angefertigt werden und an die konkreten Gegebenheiten vor Ort angepasst werden, wird nicht bezweifelt. Der Problempunkt ist ein anderer: Bei dem Vertrag, der bei Bestellung eines Kurventreppenlifts abgeschlossen wird, müsste es sich um einen Vertrag zur Lieferung von Waren i.S.d. § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB handeln. Der Begriff geht auf Art. 16 lit. c Richtlinie 2011/83/EU zurück, der den Ausschluss des Widerrufsrecht vorsieht, wenn „Waren geliefert werden“.  Nun existieren im deutschen Zivilrecht mehrere Vertragstypen, die eine Lieferung von Waren umfassen: Sowohl ein Kaufvertrag nach § 433 BGB, als auch ein Werklieferungsvertrag nach § 650 BGB und ein Werkvertrag nach § 631 BGB kann Waren (es handelt sich hierbei ausschließlich um bewegliche Gegenstände, siehe § 241a Abs. 1 BGB) zum Gegenstand haben. Nicht alle dieser Vertragstypen fallen jedoch nach Ansicht des BGH unter den Begriff des Vertrags zur Lieferung von Waren, den § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB verwendet. In einer Entscheidung aus dem Jahre 2018 hinsichtlich des Einbaus eines Senkrechtslifts äußerte sich der BGH dahingehend, dass § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB Kaufverträge und Werklieferungsverträge, in aller Regel aber nicht Werkverträge umfasse.

 „Dem Wortlaut nach umfasst § 312 g II 1 Nr. 1 BGB Verträge, die auf die Lieferung von Waren gerichtet sind. Damit werden nach dem allgemeinen Sprachgebrach Kaufverträge (§ 433 BGB) und Verträge über die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen (Werklieferungsverträge, § 651 BGB) erfasst.

 Dies entspricht der Verbraucherrechte-RL, deren Umsetzung unter anderem § 312g BGB dient. Nach Art. 2 Nr. 5 Verbraucherrechte-RL ist ein „Kaufvertrag“ jeder Vertrag, durch den der Unternehmer das Eigentum an Waren an den Verbraucher überträgt oder deren Übertragung zusagt und der Verbraucher hierfür den Preis zahlt oder dessen Zahlung zusagt, einschließlich von Verträgen, die sowohl Waren als auch Dienstleistungen zum Gegenstand haben. Damit werden von dieser Definition Kauf- und Werklieferungsverträge umfasst, und zwar auch dann, wenn sich der Unternehmer gegenüber dem Verbraucher zur Montage der zu liefernden Waren verpflichtet hat. Eine entsprechende Regelung enthalten §§ 474 I 2, 434 II 1, 433, 651 S. 1 BGB.

 In Abgrenzung zum „Kaufvertrag“ ist dagegen ein „Dienstleistungsvertrag“ jeder Vertrag, der kein Kaufvertrag ist und nach dem der Unternehmer eine Dienstleistung für den Verbraucher erbringt oder deren Erbringung zusagt und der Verbraucher hierfür den Preis zahlt oder dessen Zahlung zusagt, Art. 2 Nr. 6 Verbraucherrechte-RL. Nach dieser Definition sind Werkverträge (§ 631 BGB) jedenfalls regelmäßig nicht als auf die Lieferung von Waren gerichtete Verträge einzustufen. Ob Werkverträge im Sinne des deutschen Rechts in Ausnahmefällen als Verträge über die Lieferung von Waren iSd § 312g II 1 Nr. 1 BGB einzustufen sind, braucht nicht entschieden zu werden.

 (BGH, Urt. v. 30.8.2018 – VII ZR 243/17, NJW 2018, 3380, 3381)

Zur Begründung führte der BGH auch ein systematisches Argument an: Zum Schutz der Unternehmer, die Werkverträge erbringen, sei ein Ausschluss des Widerrufsrechts nicht in § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB geregelt, sondern vielmehr in § 357 Abs. 3 S. 1 BGB.
Somit ist eine Abgrenzung der drei Vertragstypen notwendig. Grundsätzlich gilt: Der Verkäufer schuldet nach § 433 Abs. 1 S. 1 BGB allein Übergabe und Übereignung einer Sache, während ein Werklieferungsvertrag nach § 650 S. 1 BGB auf die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender Sachen gerichtet ist. Der Unternehmer des Werkvertrags ist nach § 631 BGB zur Herstellung des versprochenen Werks verpflichtet. Für eine Zuordnung zu einem dieser Vertragstypen muss der Vertragsschwerpunkt betrachtet werden: „Liegt der Schwerpunkt des Vertrags auf der mit dem Warenumsatz verbundenen Übertragung von Eigentum und Besitz, liegt ein Kauf- oder Werklieferungsvertrag vor. Liegt der Schwerpunkt des Vertrags dagegen nicht auf dem Warenumsatz, sondern schuldet der Unternehmer die Herstellung eines funktionstauglichen Werks, ist ein Werkvertrag anzunehmen“ (BGH, Urt. v. 30.8.2018 – VII ZR 243/17, NJW 2018, 3380, 3381).
Die Vorinstanz ist auf Basis dieser Rechtsprechung zu dem Ergebnis gelangt, es handle sich um einen Werklieferungsvertrag. Die Lieferung des Treppenlifts stehe im Vordergrund, die Montage könne durch jede Fachfirma mit geringem Aufwand erfolgen (OLG Köln, Beschl. v. 13.5.2020 – 6 U 300/19, MMR 2021, 350, 352). Der BGH ist anderer Ansicht. In der Pressemitteilung heißt es:

„Im Streitfall liegt der Schwerpunkt des angestrebten Vertrags nicht auf der mit dem Warenumsatz verbundenen Übertragung von Eigentum und Besitz am zu liefernden Treppenlift, sondern auf der Herstellung eines funktionstauglichen Werks, das zu einem wesentlichen Teil in der Anfertigung einer passenden Laufschiene und ihrer Einpassung in das Treppenhaus des Kunden besteht. Auch der hierfür, an den individuellen Anforderungen des Bestellers ausgerichtete, erforderliche Aufwand spricht daher für das Vorliegen eines Werkvertrags. Bei der Bestellung eines Kurventreppenlifts, der durch eine individuell erstellte Laufschiene auf die Wohnverhältnisse des Kunden zugeschnitten wird, steht für den Kunden nicht die Übereignung, sondern der Einbau eines Treppenlifts als funktionsfähige Einheit im Vordergrund, für dessen Verwirklichung die Lieferung der Einzelteile einen zwar notwendigen, aber untergeordneten Zwischenschritt darstellt.“

(BGH, Pressemitteilung Nr. 191/2021 v. 20.10.2021)

Demnach handelt es sich bei der Bestellung eines Kurventreppenlifts regelmäßig um einen Werkvertrag, auf den der Ausschluss des Widerrufsrechts nach § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht anwendbar ist. Der Hinweis der A, ein gesetzliches Widerrufsrecht bestehe nicht, ist daher unrichtig und wettbewerbswidrig. Der von V  geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 3a UWG in Verbindung mit § 312d Abs. 1 S. 1, § 312g Abs. 1 BGB und Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB besteht.
IV. Ausblick
Der BGH knüpft mit dieser Entscheidung an seine viel diskutierte Rechtsprechung aus dem Jahr 2018 an und bleibt dabei, dass sich der Ausschluss des Widerrufsrechts in § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB i.d.R. nicht auf Werkverträge bezieht. Das macht im konkreten Fall jeweils eine Zuordnung zum Vertragstyp des Kauf-, Werklieferungs- oder Werkvertrags erforderlich. Von Studenten und Examenskandidaten ist in vergleichbaren Fällen eine genau Auswertung des Sachverhalts zu fordern. Die Ausführung der Vorinstanz zeigen hier, dass auch abweichende Ergebnisse durchaus vertretbar hergeleitet werden können. Entscheidend ist – wie so oft – eine fundierte Argumentation.

25.10.2021/1 Kommentar/von Dr. Lena Bleckmann
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Lena Bleckmann https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Lena Bleckmann2021-10-25 08:00:182021-10-25 08:00:18BGH zum Widerrufsrecht beim Werkvertrag sowie zur Abgrenzung von Kauf- und Werklieferungsverträgen
Dr. Melanie Jänsch

OLG Frankfurt zur Auslegung beim Vertragsschluss über eBay: Kein Auto für 1€

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Das OLG Frankfurt hat mit Hinweisbeschluss vom 14.05.2020 (Az.: 6 U 155/19) festgestellt, dass ein Verkäufer, der einen Pkw versehentlich zum Sofortkauf-Preis von einem Euro auf eBay einstellt, dem Käufer keinen Schadensersatz leisten muss. Die Internetplattform eBay ist nicht nur eines der beliebtesten Examensthemen im BGB AT und Schuldrecht, sondern findet – da diverse Probleme des Vertragsschlusses, des Schuldrecht AT oder des Gewährleistungsrechts abgeprüft werden können – auch immer wieder Einzug in Zwischenprüfungsklausuren. Die Entscheidung soll daher zum Anlass genommen werden, Grundprobleme des Zivilrechts unter Fokussierung des Vertragsschlusses bei eBay darzustellen und zu erläutern.
 
A) Sachverhalt
Auf der Internetauktionsplattform eBay bot der V einen BMW 318d, Erstzulassung April 2011, Laufleistung 172.000 km, mit einem Wert von ca. 13.000 Euro an. Nach ausführlicher Beschreibung des Fahrzeugs und der Ausstattung formulierte er: „Preis: Euro 1,00“ sowie: „Fahrzeug muss innerhalb drei Tagen noch Auktionsende – vom Höchstbietenden abgeholt und bar vor Ort gezahlt werden…, Sofortkaufangebote sind gerne erwünscht.“ Versehentlich legte der V den Preis von einem Euro jedoch nicht als Starpreis der Auktion, sondern als Sofortkauf-Preis fest. Der K stieß auf das Inserat, bot einen Euro und erhielt automatisiert den Zuschlag. Vor regulärem Ende der Auktion beendete der V manuell die Auktion und wies den K darauf hin, dass der Preis von einem Euro als Start- und nicht als Sofortkaufpreis gemeint gewesen sei. Zu einem Verkauf für einen Euro sei er keinesfalls bereit. K sah dies nicht ein; schließlich sei die Summe von einem Euro ausdrücklich als Sofortkauf-Preis und nicht als Gebotsuntergrenze ausgewiesen. Er begehrt nunmehr Schadensersatz in Höhe von 13.000 Euro, die er für ein vergleichbares Fahrzeug aufbringen müsste.
 
B) Rechtsausführungen
Die Entscheidung des Landgerichts (Urt. v. 18.07.2019, Az. 2-20 O 77/18), das die Klage abgewiesen hatte, ist rechtskräftig, nachdem der klagende Käufer nach einem Hinweisbeschluss des OLG Frankfurt (Hinweisbeschl. v. 14.05.2020, Az. 6 U 155/19) seine Berufung zurückgenommen hatte. Doch der Reihe nach:
 
I. Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB
Den Verkäufer trifft die Pflicht, die von ihm angebotene Ware zu liefern. Er hat den Kaufgegenstand gemäß § 433 Abs. 1 S. 1 BGB zu übergeben und zu übereignen. Tut er dies nicht, so kann der Käufer unter bestimmten Voraussetzungen Schadensersatz statt der Leistung nach §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB verlangen. Der Schaden bemisst sich nach der Differenzhypothese und beträgt grundsätzlich den Wert des Kaufgegenstandes abzüglich des Kaufpreises. Ein Anspruch des K gegen V auf Schadensersatz statt der Leistung in Höhe von 13.000 Euro könnte sich also aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB ergeben.
 
Achtung: Zwar geht es hier um einen Kaufvertrag, jedoch greift – mangels Anwendungsbereichs – nicht das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht. Damit ein Anspruch aus §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB hergeleitet werden kann, ist ein Mangel bei Gefahrübergang erforderlich. Im vorliegenden Fall geht es aber um eine Nichtleistung vor Gefahrübergang, sodass die Grundsätze des Schuldrecht AT Anwendung finden.
 
1. Schuldverhältnis
Dies setzt zunächst das Vorliegen eines Schuldverhältnisses voraus. Vorliegend kommt ein vertragliches Schuldverhältnis in Form eines Kaufvertrags i.S.v. § 433 BGB in Betracht. Ein solcher verlangt eine Einigung, also zwei übereinstimmende, in Bezug aufeinander abgegebene Willenserklärungen. Ein Vertragsschluss bei eBay richtet sich nach allgemeinen Grundsätzen, d.h. ein Vertrag kommt durch Angebot und Annahme gemäß den §§ 145 ff. BGB zustande – nicht etwa durch Zuschlag nach § 156 BGB, da eBay-Auktionen keine Versteigerungen i.S.d. Norm darstellen. Dabei handelt es sich bereits bei dem Erstellen einer Auktion auf eBay bzw. beim Einstellen eines Sofortangebots um ein verbindliches Angebot, das durch die Bestellung des Kunden angenommen wird, so dass in diesem Moment der Vertrag geschlossen ist (also unmittelbar bei der Option „Sofort-Kaufen“) oder mit Zeitablauf einer Auktion zustande kommt (s. zum Zustandekommen eines Vertrags über die Sofort-Kaufen-Option auch unseren Beitrag). Dies ergibt sich aus den AGB von eBay, die zwar zwischen Käufer und Verkäufer nicht unmittelbar gelten, aber nach h.M. bei der Auslegung der Willenserklärungen zu berücksichtigen sind (s. hierzu BGH, Urt. v. 15.2.2017, Az.: VIII ZR 59/16).
Nach diesen Maßstäben hat der V zweifelsohne durch Einstellen des Autos auf der Plattform eBay ein verbindliches Angebot abgegeben. Jedoch ist problematisch – und Schwerpunkt der vorliegenden Entscheidung –, ob er ein Angebot für einen Sofortkauf des Pkw für einen Euro oder für die Option „Auktion“ mit dem Startgebot in Höhe von einem Euro abgegeben hat. Die Auslegung empfangsbedürftiger Willenserklärungen erfolgt gemäß §§ 133, 157 BGB nach Maßgabe des objektiven Empfängerhorizonts; das heißt, zu prüfen ist, wie sich das Angebot aus der Sicht eines verständigen, objektiven Betrachters darstellt. Hiervon ausgehend durfte der K die Preisangabe von einem Euro nach Ansicht des OLG Frankfurt nicht als Angebot zum Sofortkauf-Preis von einem Euro auffassen. Das Gericht erachtet die Auslegung der Willenserklärung des V nach dem objektiven Empfängerhorizont insofern als „eindeutig“: Er müsse sich nicht daran festhalten lassen, dass ihm bei der Eingabe seines Angebots ein Fehler unterlaufen sei, indem er versehentlich den Sofortkauf-Preis und nicht den Starpreis der Auktion festgelegt habe. Vielmehr sei aus dem Kontext klar ersichtlich, dass eine Versteigerung gewollt gewesen sei. Damit liege schon kein Sofortkauf-Angebot vor, das angenommen werden könnte.
 
Anmerkung: Unterstellt man eine wirksame Einigung, wäre in einem zweiten Schritt eine mögliche Nichtigkeit nach § 142 Abs. 1 BGB infolge einer Anfechtung seitens des V zu prüfen. Dass wirksam angefochten werden könnte, hat auch das OLG Frankfurt betont: Indem V gegenüber dem K erklärt habe, dass der Preis als Startpreis, nicht als Sofortkauf-Preis gemeint gewesen sei und die Transaktion abgebrochen habe, habe er konkludent die Anfechtung erklärt. In einer Klausur wäre sodann schwerpunktmäßig zu diskutieren, welcher Anfechtungsgrund – Inhaltsirrtum gemäß § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB oder Erklärungsirrtum gemäß § 119 Abs. 1 Alt. 2 BGB – in Betracht kommt. Geklärt werden müsste also, ob der Fehler bereits auf der Ebene der Willensbildung (dann Inhaltsirrtum) oder bei der Vornahme der Erklärungshandlung, also etwa durch Vertippen / Verklicken (dann Erklärungsirrtum), erfolgt ist – hierzu bedürfte es ergänzender Hinweise im Sachverhalt. Auch über den Schadensersatzanspruch des § 122 Abs. 1 BGB könnte dann aber keine Zahlung der 13.000 Euro verlangt werden, denn hiernach wird lediglich das negative und nicht das positive Interesse ersetzt.
 
2. Zwischenergebnis
Mithin liegt schon kein wirksamer Kaufvertrag und damit kein Schuldverhältnis zwischen den Parteien vor.
 
II. Ergebnis
Ein Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB scheidet infolgedessen aus.
 
C) Fazit
In summa: Wenn ein eBay-Verkäufer ein Auto zum Sofortkauf für einen Euro anbietet, muss er dem Verkäufer keinen Schadensersatz leisten, sofern nach der Auslegung der Willenserklärung vom objektiven Empfängerhorizont gemäß §§ 133, 157 BGB offensichtlich ist, dass es sich um ein Auktionsstartgebot und nicht um einen Sofortkauf-Preis handelt. Wer sich in einer entsprechenden Klausur also direkt auf die Anfechtung der Willenserklärung stürzt, der verkennt, dass der Auslegung stets  Vorrang gebührt. Ergibt diese bereits einen Versteigerungswillen, verbleibt für die Anfechtung kein Raum. Unklar bleibt freilich, ab welchem Preis auf einen „offensichtlichen“ Versteigerungswillen trotz versehentlicher Wahl der Sofortkauf-Option zu schließen ist, ist doch – auch vom BGH –anerkannt, dass durch die Nutzung der Plattform eBay ein auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung bewusst in Kauf genommen wird (hierzu beispielhaft BGH, Urt. v. 12.11.2014, Az.: VIII ZR 42/14).
 

23.07.2020/1 Kommentar/von Dr. Melanie Jänsch
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Melanie Jänsch https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Melanie Jänsch2020-07-23 08:35:432020-07-23 08:35:43OLG Frankfurt zur Auslegung beim Vertragsschluss über eBay: Kein Auto für 1€
Dr. Sebastian Rombey

BGH: Neues zum Haftungsausschluss bei (formgebundenen) Kaufverträgen

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Der BGH hat sich mit Urteil vom 25. Januar 2019 – V ZR 38/18, BeckRS 2019, 11002 mit der Reichweite eines Haftungsausschlusses in einem formgebundenen Kaufvertrag beschäftigt. Da die Frage, ob auch in Verkaufsexposés enthaltene Angaben von einem allgemein formulierten Haftungsausschluss erfasst werden, von grundlegender Bedeutung ist, kann von einer erhöhten Prüfungsrelevanz des Falles ausgegangen werden, zumal der Fall auch klassische kaufrechtliche Probleme wie die umstrittene teleologische Reduktion des § 434 Abs. 1 S. 3 BGB bei formgebundenen Verträgen oder die Wirksamkeit einer negativen Beschaffenheitsvereinbarung enthält. Im Einzelnen:
I. Der Sachverhalt in Kürze (dem Tatbestand des Urteils entnommen und vereinfacht)
Mit notariellem Vertrag vom 2. Mai 2013 kauften die Klägerin (K) und ihr Ehemann (E) von der Verkäuferin (V) unter Ausschluss der Haftung für Sachmängel ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück zu einem Kaufpreis von 750.000 €. Abschnitt V Nr. 1 des notariellen Kaufvertrags lautet:
„(…) Die Zulässigkeit einer weiteren Bebauung oder bestimmten Verwendung gehört nicht zur vereinbarten Beschaffenheit des Grundbesitzes.“
In dem Verkaufsexposé dagegen heißt es:
„Es besteht die Erlaubnis, zwei bis drei Pferdeboxen auf dem hinteren Grundstücksteil zu errichte[n]. Daneben gibt es eine angrenzende Weide, die gepachtet werden kann.“
Die Klägerin und ihr Ehemann nahmen das Grundstück im Oktober 2013 in Besitz. Nachdem sich erwiesen hatte, dass weder eine Baugenehmigung für die Errichtung von Pferdeboxen bestand noch eine solche Bebauung genehmigungsfähig war, erklärten sie den Rücktritt von dem Kaufvertrag und verlangen nun von der Verkäuferin die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückübertragung des Eigentums an dem Grundstück.
II. Die wesentlichen Erwägungen des Fünften Zivilsenats
K, die für sich sowie in Prozessstandschaft für E klagt, könnte einen Anspruch gegen V auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückübertragung des Eigentums an dem Grundstück nach erklärtem Rücktritt aus einem Rückgewährschuldverhältnis haben, § 346 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 433, 434, 437 Nr. 2 Alt. 1 BGB.
1. Ein Kaufvertrag zwischen K und V liegt fraglos vor, §§ 433, 311b I BGB.
2. Ferner müsste das Grundstück im Zeitpunkt des Gefahrübergangs mangelhaft gewesen sein, § 446 S. 1 BGB.
a) Bzgl. der fehlenden rechtlichen Möglichkeit, Pferdeboxen im hinteren Teil des Grundstück errichten zu können, kommt das Vorliegen eines Sachmangels in Betracht, § 434 BGB. Dafür muss die tatsächliche Ist-Beschaffenheit von der vertraglich vereinbarten Soll-Beschaffenheit abweichen, § 434 Abs. 1 S. 1 BGB. Zwar enthält nicht der Kaufvertrag, wohl aber das Verkaufsexposé, das nach § 434 Abs. 1 S. 3 BGB ebenfalls bei der Mangelfreiheit zu berücksichtigen ist, den Hinweis auf die „Erlaubnis, zwei bis drei Pferdeboxen“ zu errichten. Da dies jedoch in tatsächlicher Hinsicht nicht der Fall ist, liegt ein Sachmangel vor, der bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs, namentlich im Moment der Grundstücksübertragung, bestand.
Anmerkung: Ein Rechtsmangel im Sinne des § 435 S. 1 BGB, bei dem Dritte in Bezug auf die Sache Rechte gegen den Käufer geltend machen können, lag hier nicht vor, da es sich bei der fehlenden Baugenehmigung bzw. Genehmigungsfähigkeit der Pferdeboxen um öffentlich-rechtliche Beschränkungen handelt, der Staat als solcher insoweit aber nicht „Dritter“ ist.
b) Gleichwohl könnte man gemeinsam mit Stimmen aus dem Schrifttum annehmen, dass bei formbedürftigen Verträgen eine teleologische Reduktion des § 434 Abs. 1 S. 3 BGB angezeigt ist, da öffentliche Äußerungen des Verkäufers – wie etwa Verkaufsexposés – gerade nicht der entsprechenden Form des jeweiligen Vertrages unterliegen, sodass zur Vermeidung von Umgehungen der formgebundene Vertrag selbst einen Hinweis auf den Inhalt der öffentlichen Äußerung oder jedenfalls dahingehende Andeutungen enthalten müsse – alles andere sei wertungswidersprüchlich (sog. Andeutungstheorie, vgl. Grigoleit/Herresthal, JZ 2003, 233, 239; Herrler, NJW 2017, 152 f.; ausf. BeckOK-BGB/Faust, 51. Ed. 2019, § 434 BGB Rn. 78).
Die Rechtsprechung ist jedoch anderer Ansicht, was der BGH in der vorliegenden Entscheidung abermals bestätigt [Rn. 13]:

„Entgegen einer im Schrifttum teilweise vertretenen Ansicht […] ist die Vorschrift des § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB ohne Einschränkungen auf Grundstückskaufverträge anwendbar; insbesondere ist sie nicht teleologisch dahin zu reduzieren, dass die nach der öffentlichen Äußerung zu erwartende Beschaffenheit im Vertrag einen Niederschlag gefunden haben muss. Das Gesetz unterscheidet zwischen einer von den Vertragsparteien vereinbarten und der gesetzlich vorgegebenen Beschaffenheit der Kaufsache. Die Eigenschaften, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers erwarten kann, zählen zu der nach dem Gesetz geschuldeten Beschaffenheit, wie sich daraus ersehen lässt, dass es in § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB heißt, diese Eigenschaften gehörten zu der Beschaffenheit nach Satz 2 Nr. 2. Schon nach der Gesetzessystematik wäre es deshalb fragwürdig, bei beurkundungsbedürftigen Rechtsgeschäften allein die Vorschrift des § 434 Abs.1 Satz 3 BGB – für die Sollbeschaffenheit nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB wird Entsprechendes, soweit ersichtlich, von niemandem vertreten – im Wege der teleologischen Reduktion dahin einzuschränken, dass die öffentliche Äußerung Erwähnung im Vertrag gefunden haben muss.“

Zweifelsohne: Wortlaut und Systematik lassen nur wenig Raum für eine teleologische Reduktion. Doch damit nicht genug [Rn. 14]:

„Vor diesem Hintergrund überzeugt auch der Einwand nicht, dass es wertungsmäßig keinen Unterschied machen könne, ob der Verkäufer Angaben zur Kaufsache in einer öffentlichen Äußerung mache oder, etwa anlässlich der Besichtigung des Grundstücks, nur gegenüber dem Käufer […]. Zwar ist […] zu beurteilen, welche Rechtsfolgen eine Information des Verkäufers über die Kaufsache nach sich zieht (sofern die Haftung hierfür nicht wirksam ausgeschlossen wurde). Der Maßstab ist aber ein jeweils anderer.“

Auch dem ist zuzustimmen: Es kann nicht gleich bewertet werden, wenn der Verkäufer eine Angabe allein gegenüber der Öffentlichkeit tätigt, gegenüber dem Käufer aber eine abweichende und daher vorgehende Äußerung tätigt und diese darüber hinaus auch noch notariell beurkunden lässt. Mit den Worten des BGH [Rn. 14]:

„Eine öffentliche Äußerung des Verkäufers richtet sich an die Öffentlichkeit und prägt die Erwartung an die Beschaffenheit der Sache. Deshalb steht diese Eigenschaft den in § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB bezeichneten Eigenschaften gleich. Wann eine Äußerung des Verkäufers, die nur an den (späteren) Käufer gerichtet war, zu einer vereinbarten Beschaffenheit im Sinne von § 434 Abs. 1 BGB führt, ist dagegen eine Frage der Auslegung. Hierzu hat der Senat den Auslegungsgrundsatz entwickelt, dass eine Beschreibung von Eigenschaften eines Grundstücks durch den Verkäufer vor Vertragsschluss, die in der notariellen Urkunde keinen Niederschlag findet, in aller Regel nicht zu einer Beschaffenheitsvereinbarung führt […].“

Damit rekurriert der Senat auf die Vermutung der Vollständigkeit eines formgebundenen Vertrages und lehnt eine teleologische Reduktion mit guten Gründen ab.
c) Allerdings könnte man in Abschnitt V Nr. 1 des notariellen Kaufvertrages eine von den Angaben des Exposés abweichende und diesen vorgehende Beschaffenheitsvereinbarung sehen, die gerade die Zulässigkeit der weiteren Bebaubarkeit des Grundstücks ausnimmt. Anders formuliert: Treffen die Parteien eine Beschaffenheitsvereinbarung, kommt es auf § 434 Abs. 1 S. 3 BGB nicht mehr an. Oder besser: Der subjektive Mängelbegriff geht öffentlichen Äußerungen vor.
Darin wiederum liegt ein klassisches Examensproblem: die negative Beschaffenheitsvereinbarung. Eine solche ist indessen richtigerweise unwirksam, da sich die Parteien positiv über das Vorhandensein einer Eigenschaft einigen können, nicht aber auf das Fehlen derselben. Dem liegt der nachvollziehbare Gedanke zu Grunde, dass Verkäufer nicht in der Lage sein sollen, durch die Aufnahme einer langen Liste denkbarer Mängel in den Kaufvertrag eine mögliche Haftung auszuschließen und so das System des Kaufrechts auszuhebeln, das den Mängelbegriff in seinen Mittelpunkt rückt. Eine negative Beschaffenheitsvereinbarung ist daher unbeachtlich.
Der BGH und Teile der Literatur halten eine Unterscheidung zwischen positiven und negativen Beschaffenheitsvereinbarungen dagegen für überflüssig und gehen davon aus, dass beide gleichermaßen wirksam sein können. Sie grenzen danach ab, ob die Kaufsache positiv oder negativ beschrieben wird (dann Beschaffenheitsvereinbarung) oder die Formulierung eher auf einen partiellen Haftungsausschluss hindeutet [Rn. 18]:

„Abzugrenzen ist die Beschaffenheitsvereinbarung allerdings von der auf eine bestimmte Eigenschaft bezogenen Haftungsbeschränkung […]. Regeln die Kaufvertragsparteien, dass eine bestimmte Eigenschaft des Kaufobjekts nicht zur vereinbarten Beschaffenheit gehört, liegt darin keine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 BGB. Denn es wird kein bestimmter (ggf. auch mangelhafter) Zustand der Kaufsache als vertragsgemäß festgelegt; vielmehr ist eine solche Abrede darauf gerichtet, für eine bestimmte Beschaffenheit nicht einstehen zu wollen.
Gemessen daran handelt es sich bei der Regelung in Abschnitt V Nr. 1 des notariellen Kaufvertrags, wonach die Zulässigkeit einer weiteren Bebauung oder bestimmte Verwendung nicht zur vereinbarten Beschaffenheit gehört, nicht um eine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB. Eine bestimmte Eigenschaft in Bezug auf die Bebauung oder Verwendung des Grundstücks wird gerade nicht vereinbart. Eine gegenüber den Angaben im Exposé vorrangige Beschaffenheitsvereinbarung hätte einen bestimmten Zustand des Grundstücks in Bezug auf die Pferdehaltung zum Gegenstand haben müssen (z.B. ‚Pferdeboxen können nicht errichtet werden‘). Daran fehlt es.“

Damit liegt nach beiden Sichtweisen keine Beschaffenheitsvereinbarung vor (entweder gar keine, oder sie ist nicht wirksam), sodass ein Mangel im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorlag, §§ 434, 446 BGB.
3. Gleichwohl könnte der Rücktritt aus anderen Gründen nicht in Betracht kommen. Dann müsste der im Kaufvertrag enthaltene Haftungsausschluss wirksam sein, was sich nach § 444 BGB bemisst. Nach dessen Alt. 1 könnte sich V nicht auf den Haftungsausschluss berufen, wenn er den Sachmangel gegenüber K arglistig (also mindestens mit Eventualvorsatz) verschwiegen hat.
Klausurtipp: Es ist ratsam, diesen Punkt vor die (hier fehlende) Fristsetzung für die Ausübung des Rücktrittsrechts zu ziehen, da es auch bei der Entbehrlichkeit der Fristsetzung auf das Vorliegen von Arglist ankommt, § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB.
Dafür müsste sich der Haftungsausschluss allerdings zunächst einmal überhaupt auf öffentliche Äußerungen des Verkäufers erstrecken, was insoweit fraglich ist, als § 434 Abs. 1 S. 3 BGB dies allein bei Mängeln ausdrücklich anordnet, eine entsprechende Bestimmung in § 444 BGB aber fehlt. Das stört den BGH indes nicht, wohl letztlich, da bei Arglist des Verkäufers eine entsprechende Schutzwürdigkeit nicht gegeben ist [Rn. 21]:

„Der vereinbarte allgemeine Haftungsausschluss erfasst […] auch die nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB zu erwartenden Eigenschaften eines Grundstücks […]“

Das kann man wegen der soeben ins Feld geführten Systematik auch anders sehen. Oder aber man argumentiert mit dem BGH: Wenn § 434 Abs. 1 S. 3 BGB öffentliche Äußerungen unter den Mangelbegriff fasst, muss sich auch ein Haftungsausschluss darauf beziehen können. Mit dieser Problematik muss man sich indes dann nicht mehr näher befassen, wenn der Haftungsausschluss ohnehin unwirksam ist auf Grund von Arglist, unabhängig von der Erstreckung auf die öffentliche Äußerung im Verkaufsexposé. Das ist insoweit naheliegend, als V „ins Blaue hinein“ angegeben hat, eine weitere Bebaubarkeit sei gegeben, ohne seiner Offenbarungspflicht im Hinblick auf bestehende Zweifel nachzukommen [Rn. 22 ff.]:

„Arglistig im Sinne von § 444 BGB handelt bei einer Täuschung durch Verschweigen eines offenbarungspflichtigen Mangels, wer einen Sachmangel mindestens für möglich hält und gleichzeitig weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Vertragsgegner den Sachmangel nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte.
Die Offenbarungspflicht der Beklagten […] ergab sich bereits daraus, dass die unrichtige Angabe in dem Verkaufsexposé über die Zulässigkeit der Errichtung von Pferdeboxen eine Fehlvorstellung der Klägerin und des Drittwiderbeklagten hervorgerufen hat […]. Die Beklagte […] hielt den Sachmangel auch mindestens für möglich. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war sie damit einverstanden, dass die Angabe zu einer Errichtung von Pferdeboxen in das Exposé aufgenommen wurde, obwohl sie wusste, dass hierfür keine sichere Tatsachengrundlage bestand, nachdem die amtliche Bauakte lediglich „Indizien“ dafür bot, dass eine Bebauung mit Pferdeboxen bauordnungsrechtlich zulässig war.“

Da auch die billige Inkaufnahme vorliegend unproblematisch gegeben war, ist der partielle Haftungsausschluss auf Grund arglistigen Mangelverschweigens unwirksam und erfasst den betreffenden Mangel nicht.
Anmerkung: Im Originalfall hatte ein Makler das Verkaufsexposé verbreitet, da er allerdings auch die entscheidenden Verhandlungen mit K und E führte, muss V sich dessen Wissen zurechnen lassen, § 166 BGB analog.
4. An den weiteren Rücktrittsvoraussetzungen (insbesondere der Nachfristsetzung, die auf Grund von Arglist des V unterbleiben konnte, und der Rücktrittserklärung, § 349 BGB) bestehen keine Bedenken.
Ergebnis: K hat daher nach wirksam ausgeübtem Rücktritt einen Anspruch gegen V aus dem Rückgewährschuldverhältnis auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückübertragung des Eigentums an dem Grundstück.
III. Summa
Die Entscheidung lehrt gleich dreierlei:

  • Der BGH lehnt eine teleologische Reduktion des § 434 Abs. 1 S. 3 BGB bei formgebundenen Verträgen ab, die Literatur befürwortet sie teilweise.
  • Eine (negative) Beschaffenheitsvereinbarung, die öffentlichen Äußerungen nach § 434 Abs. 1 S. 3 BGB vorgeht, ist von einem partiellen Haftungsausschluss abzugrenzen; liegt nur letzterer vor, sind öffentliche Äußerungen berücksichtigungsfähig.
  • Ein Haftungsausschluss kann sich auch auf öffentliche Äußerungen eines Verkäufers erstrecken; seine Wirksamkeit entfällt aber, wenn eine Offenbarungspflicht Arglist im Sinne von § 444 Alt. 1 BGB begründet.

12.09.2019/2 Kommentare/von Dr. Sebastian Rombey
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Sebastian Rombey https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Sebastian Rombey2019-09-12 09:01:272019-09-12 09:01:27BGH: Neues zum Haftungsausschluss bei (formgebundenen) Kaufverträgen
Dr. Maximilian Schmidt

OLG Hamm: Wahlrecht des Käufers nach Kauf mangelhaften Neufahrzeugs

Rechtsprechung, Schon gelesen?, Schuldrecht, Startseite, Zivilrecht

Das OLG Hamm hat mit Urteil v. 21.07.2016 – 28 U 175/15 einen examens- und praxisrelevanten Fall zu Gewährleistungsrechten beim Kauf eines mangelhaften Neufahrzeugs entschieden. Im Folgenden sollen die für das Examen wichtigsten Aussagen des Gerichts thesenartig zusammengefasst werden – diese können auch als Wiederholung für einige Problemkreise des Kaufrechts dienen.
I. Sachverhalt (der Pressemitteilung entnommen, gekürzt)

Die Klägerin erwarb im Juni 2013 von der Beklagten einen fabrikneuen KIA Ceed zum Kaufpreis von ca. 16.300 Euro. Im Dezember 2013 erhielt die Klägerin Kenntnis von einem Transportschaden am Auspuffrohr und Tank des Fahrzeugs, der bereits bei der Fahrzeugübergabe vorhanden und nicht fachgerecht behoben worden war. Die Beklagte bot der Klägerin eine kostenfreie Schadensbeseitigung an, auf die sich die Klägerin nicht einließ, weil die Beklagte eine zusätzliche Minderung des Kaufpreises ablehnte. Daraufhin verlangte die Klägerin unter Fristsetzung die Nachlieferung eines mangelfreien Fahrzeugs und erklärte den Rücktritt vom Kaufvertrag, nachdem die Beklagte hierzu nicht bereit war. Mit ihrer Klage hat die Klägerin – unter Anrechnung eines Nutzungsvorteils – die Rückzahlung des Kaufpreises und die Erstattung der Zulassungskosten in Höhe von zusammen ca. 15.000 Euro gegen die Rückgabe des Fahrzeugs verlangt. Das Landgericht hat den Rücktritt als unverhältnismäßig angesehen und die Klage abgewiesen.

II. Die Entscheidung des Gerichts

  • Der Klägerin stand aufgrund des mangelhaften Fahrzeuges ein Anspruch auf Nacherfüllung nach § 439 BGB zu.  Insoweit hat der Käufer grundsätzlich ein Wahlrecht zwischen Nachlieferung und Nachbesserung, das in keinem Rangverhältnis steht.
  • Beim Kauf eines PKW muss zwischen Neu- und Gebrauchtwagen unterschieden werden: Während es sich bei ersterem um eine Gattungsschuld handelt, bei der eine Nachlieferung grundsätzlich möglich ist, muss bei Gebrauchtwagen geprüft werden, ob die Nachlieferung des speziellen Typs überhaupt möglich ist, § 275 BGB (gelaufene Kilometer, Alter, Anzahl der bisherigen Halter, Ausstattung etc.).
  • In jedem Fall muss der Verkäufer nach § 275 Abs. 1 BGB geltend machen sowie darlegen und beweisen, ein entsprechendes mangelfreies Fahrzeug nicht liefern zu können.
  • Das Nachlieferungsverlangen des Käufers war nicht wegen einer vorrangigen Nachbesserung ausgeschlossen. Eine Nachbesserung hat die Klägerin nicht verlangt, dieses wurde lediglich von der Beklagten angeboten, ohne dass sich die Parteien über ihre Modalitäten verständigt hätten.
  • Den Einwand der Unverhältnismäßigkeit der Nachlieferung (§ 439 Abs. 3  BGB) konnte die Beklagte nicht mehr mit Erfolg erheben: Dieser muss vom Verkäufer geltend gemacht werden, solange noch ein Nacherfüllungsanspruch besteht. Dieser erlösche u.a. dann, wenn der Käufer zu Recht vom Vertrag zurücktrete. Eine erstmalige Geltendmachung im Prozess – so wie im vorliegenden Fall – ist hingegen verspätet.
  • Die Pflichtverletzung war auch nicht unerheblich i.S.d. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB. Wichtig: Die Unerheblichkeit ist zwar im Rahmen des Rücktritts relevant, nicht aber hinsichtlich des Nacherfüllungsanspruchs als solchem!
  • Unerheblich ist nur ein geringfügiger Mangel, der mit einem Kostenaufwand von bis zu 5 % des Kaufpreises zu beseitigen sei. Nach dem eingeholten Sachverständigengutachten waren hier aber Mangelbeseitigungskosten i.H.v. ca. 12 % des Kaufpreises zu veranschlagen gewesen, so dass keine Unerheblichkeit gegeben war.

19.08.2016/1 Kommentar/von Dr. Maximilian Schmidt
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Maximilian Schmidt https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Maximilian Schmidt2016-08-19 10:00:062016-08-19 10:00:06OLG Hamm: Wahlrecht des Käufers nach Kauf mangelhaften Neufahrzeugs
Dr. Maximilian Schmidt

Notiz: Fehlender Aschenbecher als erhebliche Pflichtverletzung bei Kaufvertrag über PKW

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Das OLG Oldenburg entschied mit Urteil vom 10.03.2015 – 13 U 73/14, dass eine zum Rücktritt von einem PKW-Kaufvertrag berechtigende erhebliche Pflichtverletzung i.S.d. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB auch bei bloßem Fehlen eines Aschenbechers vorliegen kann.
Sinn und Zweck der Bagatellklausel des § 323 Abs. 5 S. 2 BGB ist der schon in §§ 459 Abs. 1 S. 2, 536 Abs. 1 S. 2, 634 Abs. 3 aF sowie in Art 49 Abs. 1 lit. a, 64 Abs. 1 lit. a CISG enthaltene Gedanke, dass die Rechtsfolge einer Vertragsverletzung verhältnismäßig sein muss und der Rücktritt als schärfster Eingriff in das Vertragsverhältnis bei marginalen Abweichungen vom Pflichtenprogramm des Schuldners ausgeschlossen ist (BeckOK-BGB/Schmidt, § 323 Rn. 39). Zur Feststellung der Erheblichkeit der Pflichtverletzung bedarf es einer umfassenden Abwägung der beiderseitigen Interessen. Dabei ist die Bedeutung des Mangels anhand der Verkehrsanschauung und aller Umstände des Einzelfalls zu würdigen.
Grundsätzlich möchte man daher – so auch die Vorinstanz – davon ausgehen, dass ein fehlender Aschenbecher bei einem 125.000€ teuren PKW mit Blick auf die wirtschaftlichen Umstände unerheblich ist. Anders jedoch im entschiedenen Fall, da der Käufer besonders angegeben hatte, dass er ein „Raucherauto“ kaufen möchte und daher über den Aschenbecher eine Beschaffenheitsvereinbarung i.S.d. § 434 BGB getroffen wurde. Der Verstoß gegen eine solche Beschaffenheitsvereinbarung indiziert regelmäßig die Erheblichkeit (BGH NJW 2013, 1365 Rn 16; NJW-RR 2010, 1289 Rn 23 = BB 2010, 1175 m Anm Ayad/Hesse; OLG Düsseldorf NJW-RR 2009, 400, 401; LG Nürnberg-Fürth BeckRS 2014, 12082 Rn 30).
Für unseren 125.000€ teuren Lexus bedeutet dies, dass das Fehlen des vereinbarten Aschenbechers einen tauglichen Rücktrittsgrund darstellt. Da der Käufer bereits 44.000km mit dem PKW gefahren war, waren aber die gezogenen Nutzungen herauszugeben.

26.03.2015/0 Kommentare/von Dr. Maximilian Schmidt
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Maximilian Schmidt https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Maximilian Schmidt2015-03-26 09:00:492015-03-26 09:00:49Notiz: Fehlender Aschenbecher als erhebliche Pflichtverletzung bei Kaufvertrag über PKW
Redaktion

Die Abgrenzung von Werk-, Werklieferungs- und Kaufvertrag

Rechtsgebiete, Startseite, Verschiedenes, Zivilrecht


Der Verlag De Gruyter stellt jeden Monat einen Beitrag aus der Ausbildungszeitschrift JURA – Juristische Ausbildung zwecks freier Veröffentlichung auf Juraexamen.info zur Verfügung.
Der heutige Beitrag

“Die Abgrenzung von Werk-, Werklieferungs- und Kaufvertrag” von Prof. Dr. Klaus Schreiber

gibt einen Überblick zu drei Vertragstypen, die mitunter nah bei einander liegen, je nach Einordnung aber unterschiedlichen Regelungsbereichen des BGB unterfallen. Anhand von Beispielen wird vor allem die Abgrenzung der einzelnen Vertragstypen näher beleuchtet.
Ihr findet den Beitrag wie immer hier.

18.01.2014/4 Kommentare/von Redaktion
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2014-01-18 09:00:382014-01-18 09:00:38Die Abgrenzung von Werk-, Werklieferungs- und Kaufvertrag
Dr. Christoph Werkmeister

Referendarexamensklausur: Schokoladendieb und Scheinerbe

Erbrecht, Fallbearbeitung und Methodik, Schuldrecht, Verschiedenes, Zivilrecht


Der Verlag De Gruyter stellt jeden Monat einen Beitrag aus der Ausbildungszeitschrift JURA – Juristische Ausbildung zwecks freier Veröffentlichung auf Juraexamen.info zur Verfügung.
Der heutige Beitrag

“Schokoladendieb und Scheinerbe” von Dr. Arndt Kiehnle

ist eine Übungsklausur samt Musterlösung, wobei der Fall vom Anspruch her dem Schwierigkeitsgrad des ersten juristischen Staatsexamens entspricht. In thematischer Hinsicht werden u.a. examensrelevante Problemkreise des Schuld- und Erbrechts aufgegriffen.
Den Beitrag findet ihr hier.

05.09.2012/0 Kommentare/von Dr. Christoph Werkmeister
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2012-09-05 19:00:122012-09-05 19:00:12Referendarexamensklausur: Schokoladendieb und Scheinerbe
Dr. Christoph Werkmeister

Verjährung und Nacherfüllung im Kaufrecht

Fallbearbeitung und Methodik, Für die ersten Semester, Schon gelesen?, Schuldrecht, Verschiedenes, Zivilrecht

Das Kaufrecht ist das mit Abstand am häufigsten abgeprüfte Rechtsgebiet in juristischen Staatsexamina. Aus diesem Grund ist die Kenntnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung in diesem Bereich unabdingbar (s. dazu hier). Im gleichen Maße interessant für die Prüfer sind daneben diejenigen Konstellationen, die obschon ihrer Praxisrelevanz noch keine höchstrichterliche Klärung erfahren haben. Einen solchen umstrittenen Problemkreis stellt die Verjährung des Nacherfüllungsanspruchs nach § 439 Abs. 1 BGB dar. Der folgende Beispielsfall soll dazu dienen, das Problem zu umschreiben.
Beispielsfall
Der A kauft am 04.03.2010 ein Navigationsgerät. Die Ortung der Satelliten funktioniert allerdings nach über einem Jahr nicht mehr richtig, was auf einen Mangel am Gerät zurückzuführen ist. Der A bringt das Gerät am 05.01.2012 in den Laden, bei dem er es erworben hat und verlangt unter Verweis auf seine Mängelrechte die Reparatur oder Nachlieferung des Geräts. Der Verkäufer nimmt das alte Gerät kommentarlos entgegen und tauscht es gegen ein neues aus. Nach gut einem Jahr, am 03.01.2013 funktioniert auch das ausgetauschte Gerät aufgrund desselben Fehlers nicht mehr. Der A geht erneut in den Laden und verlangt ein neues Gerät unter Verweis auf seine Mängelrechte. Der Ladeninhaber bestreitet nicht, dass das nachgelieferte Gerät auch mangelhaft ist. Er geht allerdings davon aus, dass mögliche Ansprüche des A längst verjährt sein müssen. Es könne doch nicht angehen, dass der A Mängelgewährleistungsrechte noch drei Jahre nach Erwerb der Sache gelten machen könnte.
Verjährung im Kaufrecht
Grundsätzlich steht dem A hier ein Anspruch auf Nacherfüllung gemäß § 439 Abs. 1 BGB zu, da die nachgelieferte Sache immer noch einen Mangel enthält. Fraglich ist jedoch, ob dieser Nacherfüllungsanspruch nicht bereits verjährt ist. Gemäß § 214 Abs. 1 BGB kann ein verjährter Anspruch nicht mehr durchgesetzt werden.
Beginn und Lauf der Verjährung sind im Kaufrecht spezialgesetzlich in § 438 BGB niedergelegt. Der Verjährungsbeginn fängt gemäß § 438 Abs. 2 BGB beim Kauf von beweglichen Sachen mit der Übergabe der Sache an den Käufer. Da der Mangel bereits bei Gefahrübergang vorliegen muss, damit das Mängelgewährleistungsrecht greift, verjährt der Anspruch auf Nacherfüllung gemäß § 439 Abs. 1 BGB demnach ab dem Zeitpunkt der Lieferung bzw. der Übergabe.
Fraglich ist nun, ob im Falle einer fehlgeschlagenen Nacherfüllung ein neuer Nacherfüllungsanspruch mit erneuter Verjährung nach § 438 BGB entsteht oder ob bloß der alte Anspruch und damit der alte Lauf der Verjährungsfrist Bestand hat. Die Stimmen sind in dieser Hinsicht geteilt: Nach Palandt/Weidenkaff, § 438 BGB, Rz. 16a ist im Falle des Nachlieferns an sich grundsätzlich ein Neubeginn der Verjährung anzunehmen (ähnlich Graf v. Westphalen, ZGS 2002, 19, 21). Beim Nachbessern liege hingegen im Regelfall kein solcher Fall vor. Ebenso argumentiert Jauernig/Berger, § 438 BGB, Rz. 15. Für die pauschale Annahme des Verjährungsneubeginns spricht natürlich der Schutz des Käufers. Andererseits kann dies erhebliche Folgen für den Verkäufer haben (so insb. Auktor/Mönch, NJW 2005, 1687). Bei einem strikten Befolgen einer solchen Dogmatik könnte der Käufer im besten Fall eine erhebliche Verlängerung der Verjährungsfrist bewirken. Auch der Gesetzgeberwille spricht dafür, dass mit der verkürzten Verjährung im Kaufrecht möglichst schnell Rechtssicherheit hergestellt werden soll.
Eine vermittelnde Lösung, die auf die konkreten Anhaltspunkte im Einzelfall abstellt, erscheint zwar zunächst interessengerecht. Eine solche Betrachtung bringt allerdings den Nachteil mit sich, dass es schwer fällt, Kriterien für eine Einzelfallabgrenzung zu normieren  (zurückhaltend auch OLG Celle, NJW 2006, 2643). Aus diesen Gründen erscheint eine restriktive Auslegung des § 439 bzw. des § 438 BGB durchaus gut vertretbar. Selbst bei Annahme einer solchen Ansicht ist der Käufer allerdings nicht gänzlich schutzlos gestellt, da die im Folgenden zu diskutierenden verjährungsrechtlichen Mechanismen bestehen.
Hemmung der Verjährung
Der Lauf der Verjährung kann zum einen regelmäßig gemäß § 203 BGB durch „Verhandlungen“ gehemmt werden. Dies ist insbesondere dann der Fall, wen der Kaufgegenstand vom Händler auf Mängel überprüft wird. Sofern die Ware also eingeschickt werden muss, geht dies nicht zu Lasten der Verjährung des Käufers (vgl. Reinking, ZGS 2002, 140; Wagner, ZIP 2002, 789).
Neubeginn der Verjährungsfrist
Darüber hinaus beginnt die Verjährungsfrist sogar neu zu laufen, wenn § 212 Abs 1 Nr 1 BGB einschlägig ist. Dies ist dann der Fall, wenn der Verkäufer den Anspruch auf Nacherfüllung anerkennt. Ein solches „Anerkennen“ i.S.d. § 212 BGB liegt dann vor, wenn der Verkäufer aus Sicht des Käufers nicht nur aus Kulanz oder zur gütlichen Beilegung eines Streits Maßnahmen zur Nacherfüllung ergreift (vgl. BGH NJW 1988, 254; BGH NJW 1999, 2961). Fraglich ist jedoch, wie der hier geschilderte Fall unter diese Definition zu subsumieren ist. Der Verkäufer kam bei der ersten Forderung nach Nacherfüllung ohne große Argumentation dem Begehren des A nach. Ob sich aus einer solchen Handlung bereits ein Anerkennen i.S.d. § 212 BGB ergibt ist fraglich.
Es lässt sich an dieser Stelle mit den obigen Argumenten zur restriktiven Auslegung des Verjährungsneubeginns argumentieren. Andererseits sprechen auch gute Gründe dafür, beim freiwilligen Nacherfüllen ein pauschales „Anerkennen“ des Mängelgewährleistungsanspruchs und damit den Neubeginn der Verjährung zu bejahen. Ansonsten läge nämlich beinahe nie ein „Anerkennen“ i.S.d. § 212 BGB vor, da sich der Verkäufer stets auf ein Handeln aus „Kulanz“ berufen könnte. Sofern man argumentiert, dass im anstandslosen Nacherfüllen ein solches Anerkennen liegt, steht der Verkäufer gleichwohl nicht völlig schutzlos da. Er kann sich bei einer solchen Auslegung nämlich trotzdem vor der Rechtsfolge des § 212 BGB schützen, indem er die Nacherfüllungshandlung explizit ohne Anerkennung einer Rechtspflicht durchführt. In der Praxis könnte dies beispielsweise auf einer entsprechenden Quittung vermerkt werden. Fehlt ein solcher Vermerk, so liefe die Verjährung erneut.
Auch, wenn man § 212 BGB in solchen Fällen restriktiv handhabt, ist daran zu denken, dass immer noch eine Hemmung durch Verhandeln i.S.d. § 203 BGB vorliegen kann. Für welche Ansicht man sich entscheidet, ist angesichts des Fehlens einer höchstrichterlichen Vorgabe nebensächlich. Wichtig ist lediglich, dass man den Grundkonflikt erkennt und möglichst auf allen Ebenen argumentiert.
Beweisprobleme
In Sachverhalten abseits der Klausuren gilt es allerdings gewichtige Beweisprobleme zu berücksichtigen. Im Regelfall wird es dem Käufer nach Ablauf einer so langen Zeit nämlich schwer fallen, zu beweisen, dass der Mangel auch bereits bei Gefahrübergang vorlag. Die Beweislastumkehr des § 476 BGB beim Verbrauchsgüterkauf hilft nach Ablauf von sechs Monaten auch nicht mehr weiter. In einer Klausur im ersten Examen stehen die Sachverhalte allerdings fest, so dass die Beweisprobleme unerheblich sind. Auch im zweiten Examen kann die Problematik Eingang in eine Klausur finden, sofern das Vorliegen des Mangels bei Gefahrübergang unstrittig ist.
Auswirkungen auf andere Forderungen
Zu beachten ist im Übrigen, dass Neubeginn und Hemmung der Verjährung nach den o.g. Normen jeweils nicht nur den Nacherfüllungsanspruch selbst betreffen. Über § 218 Abs. 1 S 1 BGB sind ebenso auch das Rücktritts- und Minderungsrecht betroffen. Über § 213 BGB gelten die gleichen Verjährungsverlängerungen auch für Ansprüche auf Schadensersatz statt der Leistung und den Aufwendungsersatz.

24.01.2012/1 Kommentar/von Dr. Christoph Werkmeister
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2012-01-24 20:56:032012-01-24 20:56:03Verjährung und Nacherfüllung im Kaufrecht

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