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Schlagwortarchiv für: Haftung

Monika Krizic

Die Halterhaftung nach § 7 Abs. 1 StVG

Aktuelles, Deliktsrecht, Examensvorbereitung, Lerntipps, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes, Zivilrecht

Verkehrsunfälle spielen seit jeher eine bedeutende Rolle im juristischen Alltag, sodass auch die Spezialnormen im StVG für die universitäre Ausbildung und das Examen von enormer Relevanz sind. Insbesondere die Halterhaftung nach § 7 Asb. 1 StVG gehört zum Standarwissen. Der nachfolgende Beitrag soll daher die einzelnen Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 StVG näher durchleuchten und berücksichtigt dabei auch Fälle der jüngsten Rechtsprechung.

Autorin des Gastbeitrags ist Monika Krizic. Sie studiert Rechtswissenschaften an der Universität Bonn.

I. Kfz

Zunächst bedarf es eines Kraftfahrzeuges. Dies sind gem. § 1 Abs. 2 StVG Landfahrzeuge, die durch Maschinenkraft bewegt werden, ohne an Bahngleise gebunden zu sein.

II. Anspruchsgegner: Halter

Weiterhin muss der Anspruchsgegner Halter dieses Kfz sein. Halter ist, wer das Fahrzeug nicht nur ganz vorübergehend auf eigene Rechnung hält und die Verfügungsgewalt darüber besitzt (Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl. 2007, § 3 Rn. 2; Wandt/Schwarz, Gesetzliche Schuldverhältnisse, 10. Aufl. 2020, § 22 Rn. 8). Für die Begründung und den Bestand der Haltereigenschaft kommt es somit nicht auf ein Rechtsgeschäft, sondern vielmehr auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise an, welche maßgeblich die Intensität der tatsächlichen Sachherrschaft berücksichtigt (Greger/Zwickel, Haftungsrecht des Strassenverkehrs, 5. Aufl. 2013, § 3 Rn. 258).

1. Minderjährigkeit

Entsprechend der Rechtsnatur der Haltereigenschaft, könnten auch beschränkt Geschäftsfähige als Halter qualifiziert werden. Eine solche undifferenzierte Perspektive würde aber den tragenden Pfeilern des zivilrechtlichen Minderjährigenschutzes entgegenstehen.

Daher werden Analogien in Betracht gezogen. Eine Analogie setzt eine planwidrige Regelungslücke bei Vergleichbarkeit der Interessenlage voraus. Angesichts der Bedeutung eines umfassenden Minderjährigenschutzes, ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber diese Frage planwidrig nicht geregelt hat.

Vor dem Hintergrund des deliktischen Charakters der Gefährdungshaftung aus § 7 Abs. 1 StVG, könnte eine vergleichbare Interessenlage zu § 828 Abs. 3 BGB bejaht werden (MüKoBGB/Wagner, 8. Aufl. 2020, § 833 Rn. 42). Das höhere Schutzniveau für den Minderjährigen bietet aber eine analoge Anwendung der §§ 104 ff. BGB, da nicht auf dessen Einsichtsfähigkeit abgestellt wird, sondern vielmehr stets ein Tätigwerden und Mitwirken der gesetzlichen Vertreter erforderlich ist (Schamberg, JURA 2021, 758, 761).

2. Leasing

Fragen zur Haltereigenschaft ergeben sich aber auch bei den immer beliebter werdenden Leasingverträgen. In diesen verpflichtet sich der Leasinggeber gegenüber dem Leasingnehmer zur Beschaffung und Übergabe eines bestimmten Gegenstandes. Im Gegenzug zahlt der Leasingnehmer die Leasingrate, wodurch sich die Kosten und Ausgaben für den Leasinggeber amortisieren. Das Eigentum verbleibt beim Leasinggeber.

Der BGH hatte die Haltereigenschaft des Leasingnehmers unter bestimmten Voraussetzungen bereits bejaht (BGH, Urt. v. 22.03.1983 – VI ZR 108/81). Begründet wurde dies mit dem Telos des § 7 Abs. 1 StVG und dem Wesen des Leasingvertrags. Haftungsgrund der Norm ist u.a. die von dem Einsatz des Kfz im Verkehr ausgehende Gefahr. Wird nun dem Leasingnehmer die uneingeschränkte Verfügungsgewalt über das Fahrzeug überlassen, sodass er dieses nach Belieben zeitlich und örtlich einsetzen kann, ist er in tatsächlicher Hinsicht verantwortlich für die vom Kfz ausgehenden Gefahren, was seine Haltereigenschaft rechtfertigt. Hinzu kommt, dass der Leasingnehmer die Betriebskosten bestreitet und damit das Kfz „für eigene Rechnung“ hält (Greger/Zwickel, Haftungsrecht des Strassenverkehrs, 5. Aufl. 2013, § 3 Rn. 261).

3. Mietvertrag

Anders gestaltet sich die Situation bei Mietverträgen. Hier hängt die Beurteilung vielmehr von den Umständen des Einzelfalles ab. Zieht der Vermieter wirtschaftliche Vorteile und überlasst das Fahrzeug nur für wenige Stunden, einen Tag oder eine bestimmte Fahrt, so hat zwar bei tatsächlicher Betrachtung der Mieter die tatsächliche Sachherrschaft inne, jedoch wird das Fahrzeug immer noch auf Rechnung des Vermieters verwendet (Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl. 2007, § 3 Rn. 283). Zumal ein Kfz auch dann „gebraucht“ wird, wenn man es nicht selber fährt, sondern etwa gegen einen Mietzins einer anderen Person überlässt (Greger/Zwickel, Haftungsrecht des Strassenverkehrs, 5. Aufl. 2013, § 3 Rn. 259).

4. Sicherungsübereignung

Durch die Sicherungsübereignung wird der Sicherungsnehmer Eigentümer des Kfz. Gleichwohl fährt der Sicherungsgeber weiterhin in eigener Verfügungsgewalt und trägt die Betriebskosten. Grundsätzlich bleibt der Sicherungsgeber also Halter. Die Haltereigenschaft des Sicherungsnehmers ergibt sich nur dann, wenn er das Kfz zu eigenen Zwecken nutzt und für die Betriebskosten einsteht (Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl. 2007, § 3 Rn. 282).

III. Betriebsspezifische Gefahr

Der Schaden muss bei Betrieb des Kfz entstanden sein. Die Realisierung dieser typischen Betriebsgefahr entspricht insoweit dem Schutzzweck der Norm. Während nach der früheren maschinentechnischen Auffassung erforderlich war, dass der Motor läuft und sich das Kfz bewegt, genügt es nach der heute herrschenden verkehrstechnischen Auffassung, wenn sich das Kfz im öffentlichen Verkehrsraum bewegt oder in verkehrsbeeinflussender Weise darin ruht (Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl. 2007, § 3 Rn. 51). Die Subsumtion kann an dieser Stelle durchaus schwerfallen. Im Laufe der Zeit haben sich im Rahmen dieses Tatbestandsmerkmales unterschiedliche Fallgruppen herauskristallisiert, die aber stets den Umständen des Einzelfalls hinreichend Rechnung tragen müssen. Einige sollen hier zur Veranschaulichung und besserem Verständnis dargestellt werden.

1. Fahrzeuge mit Arbeitsfunktion

Erfüllt ein Kfz neben der Fortbewegung noch weitere Funktionen, so kann sich die Realisierung der betriebsspezifischen Gefahr als problematisch erweisen.

a) Aktuelle Beispiele aus der Rechtsprechung

Beispiel 1 (BGH, Urt. v. 18.07.2023 – VI ZR 16/23)

Unternehmer B ist Halter eines Traubenvollernters und wurde als solcher von K zur Weinlese beauftragt. Allerdings wies der Traubenvollernter ein Leck in der Dieselleitung auf, wodurch die gesamte Ernte verunreinigt wurde.

Beispiel 2 (OLG Celle, Urt. v. 15.11.2023 – 14 U 56/23)

A hatte bei B Heizöl bestellt. Indes zeigten die Füllstandsanzeigen an den Tanks von A nicht den tatsächlichen Füllstand auf, sodass infolge der Befüllung Öl austrat und Gebäude sowie Grundstück von A beschädigte.

Beispiel 3 (BGH, Urt. v. 08.12.2015 – VI ZR 139/15)

A hatte bei B Heizöl bestellt und wollte sich dieses anliefern lassen. Am Liefertermin stellte B den Tanklastwagen vor dem Haus von A auf der öffentlichen Straße ab und verband die Öltanks des Fahrzeugs mithilfe eines Schlauchs mit Öleinfüllstutzen am Haus des A. Jedoch konnte es zu keiner Beladung des Öltanks kommen, da ein Verbindungsschlauch undicht war. Dies hatte wiederum zur Folge, dass das Öl nach allen Seiten herausspritze und letztendlich auch Hausfassade und Küche von A sowie die öffentliche Straße verschmutzte.

In allen drei Fällen hatten die Gerichte stets auf Sinn und Zweck des § 7 Abs. 1 StVG verwiesen. So ist die Gefährdungshaftung der „Preis dafür, dass durch die Verwendung eines Fahrzeuges erlaubterweise eine Gefahrenquelle eröffnet wird; die Vorschrift will daher alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe erfassen“ (BGH, Urt. v. 18.07.2023 – VI ZR 16/23, Rn. 10).

Hinsichtlich Beispiel 1 könnte auf den ersten Blick die Realisierung der Betriebsgefahr bejaht werden, schließlich fuhr der Traubenvollernter durch die Weinberge und verunreinigte die Trauben noch während genau dieser Fahrt. Darauf hatte sich auch das Berufungsgericht (OLG Koblenz, Urt. v. 12.12.2022 – 12 U 636/22) bezogen und betont, dass nicht nur die Maschinen zur Ernteleistung, sondern der Wagen als solcher in Bewegung war. Dem wurde aber entgegengehalten, dass das Fahren durch die Weinberge gerade der bestimmungsgemäßen Arbeitsfunktion der Maschine diente und sich folglich allein diesem Zweck unterordnete. Die Fortbewegungs- und Transportfunktion des Traubenvollernters hatte damit keine eigenständige Rolle inne. Hinzu kommt auch noch, dass sich der Traubenvollernter während des schädigenden Ereignisses auf einer privaten Verkehrsfläche, fernab des öffentlichen Straßenverkehrs befand und sich folglich nicht die Gefahren realisiert haben, die von dem Traubenvollernter in seiner Eigenschaft als Verkehrsmittel hervorgehen.

Letzteres trifft vorliegend auch auf Beispiel 2 zu, das dem OLG Celle zuletzt zur Entscheidung vorlag. Gefahren für den Verkehr, für die § 7 Abs. 1 StVG schadlos halten will, verwirklichen sich auch dann nicht, wenn ein völlig anderer Gefahrenbereich betroffen ist. So resultierten die Schäden in Beispiel 2 aus den falschen Füllanzeigen des Tanks, nicht aber aus dem Tanklastwagen selber oder seinem Entladevorgang.

Anders sieht die Situation in Fallbeispiel 3 aus. Der BGH führte dabei aus, dass nicht der Einsatz des Motors für den Betrieb der Ölpumpe ausschlaggebend war, sondern vielmehr die Tatsache, dass der Tankwagen seinen Entladevorgang im öffentlichen Verkehrsraum verrichtete. Mithin war durch den auf der öffentlichen Straße stehenden Tankwagen auch der öffentliche Verkehr gefährdet und damit der Schutzzweck von § 7 Abs. 1 StVG tangiert (BGH, Urt. v. 08.12.2015 – VI ZR 139/15, Rn. 15).

b) Zwischenfazit

Die vorliegenden Beispiele zeigen, dass eine Beurteilung nach starren Kriterien wie z.B. Stehen oder Fahren ins Leere gehen. Vielmehr muss untersucht werden, ob sich Gefahren des Fahrzeugs als Verkehrsmittel oder reine Arbeitsmaschine verwirklichen (Beispiel 1), das Kfz nur rein zufällig in einen anderen Gefahrenkreis involviert ist (Beispiel 2) oder diejenigen Schutzgüter betroffen sind, nach denen die Haftungsvorschrift einen Ausgleichsanspruch gewähren soll (Beispiel 3) (Wandt/Schwarz, Gesetzliche Schuldverhältnisse, 10. Aufl. 2020, § 22 Rn. 14).

2. Stehendes Kfz

Beispiel 4 (BGH, Urt. v. 12.12.2023 – VI ZR 76/23)

K stellte sein Fahrzeug innerorts an einer Straße mit leichtem Gefälle ab. Oberhalb dessen war das Fahrzeug des B geparkt, von dem nachts brennendes Benzin auslief und die Straße herunterfloss. Infolgedessen gerieten beide Fahrzeuge in einen Brand, wodurch das Fahrzeug von K zerstört wurde.

Das OLG hatte vor dem Hintergrund der weiten Auslegung des Tatbestandsmerkmals einen Anspruch aus § 7 Abs. 1 StVG bejaht. So reiche es aus, dass der Unfall in einem örtlichen und zeitlichen Zusammenhang zu einem Betriebsvorgang, hier dem Einparken, stehe. Allerdings wurde im Rahmen dessen die Beweislast von K durch das OLG verkannt. Durch das Auslaufen des Benzins bestand nur ein räumlicher Zusammenhang, die Ursache des Brandes selber blieb aber ungeklärt. Umstände, aus denen sich schließen lässt, dass der Brand auf einen Betriebsvorgang des Autos zurückzuführen ist, ergeben sich nicht.

3. Fahrzeugteile

Beispiel 5 (BGH, Urt. v. 24.01.2023 – VI ZR 1234/20)

B brachte seinen Elektroroller zur Inspektion in die Werkstatt von W. Der dort angestellte M entnahm die Batterie aus dem Elektroroller, um diese aufzuladen. Als M bemerkte, dass sich die Batterie stark erhitzte, trennte er sie vom Stromnetz und wollte sie abkühlen lassen. Gleichwohl explodierte die Batterie und setzte das Gebäude von W in Brand.

Auch einzelne Fahrzeugteile können beim Betrieb des Kfz einen Schaden verursachen, wenn sie mit einem Verkehrsvorgang zusammenhängen. So etwa das Abfallen des Auspuffs während der Fahrt (Greger/Zwickel, Haftungsrecht des Strassenverkehrs, 5. Aufl. 2013, § 3 Rn. 134). In Beispiel 4 führte der BGH aus, dass die Explosion nicht mehr in einem ursächlichen Zusammenhang mit einer Betriebseinrichtung des Rollers stand. Gerade weil die Batterie bereits aus dem Roller ausgebaut war, fehle es am örtlichen und zeitlichen Zusammenhang der Explosion mit einem Betriebsvorgang (BGH, Urt. v. 24.01.2023 – VI ZR 1234/20, Rn. 10).

III. Haftungsausschluss

Ausschlusstatbestände für die Halterhaftung ergeben sich aus §§ 7 Abs. 2 und 3, 8 StVG.

1. Höhere Gewalt

Zunächst ist die Halterhaftung gem. § 7 Abs. 2 StVG bei höherer Gewalt ausgeschlossen. Dabei ist höhere Gewalt zu definieren als ein „außergewöhnliches, betriebsfremdes, von außen durch elementare Naturkräfte oder Handlungen dritter Personen herbeigeführtes und nach menschlicher Einsicht und Erfahrung unvorhersehbares Ereignis, das mit wirtschaftlich erträglichen Mitteln auch nach den Umständen durch äußerste, vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht verhütet werden kann und das auch nicht im Hinblick auf reine Häufigkeit in Kauf genommen werden muss“ (BGH, Urt. v. 17.10.1985 – III ZR 99/84, Rn. 17).

§ 7 Abs. 2 StVG ist folglich nur bei Vorgängen einschlägig, die außerhalb des Kfz und dessen Betrieb beruhen. Dazu gehören neben Naturereignissen auch technische Versagen wie etwa Explosionen (Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl. 2007, § 3 Rn. 356). Lag ein unabwendbares Ereignis vor, muss zusätzlich auch noch das Einhalten der gebotenen Sorgfalt dargelegt werden (Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl. 2007, § 3 Rn. 358).

2. Unbefugte Benutzung

Daneben kann ein Haftungsausschluss auch im Falle der sog. Schwarzfahrt eintreten. Hierzu trifft § 7 Abs. 3 StVG differenzierte Regelungen.

Wird das Kfz von einem völlig unbekannten Dritten in Gebrauch genommen, so wird nur dieser Anspruchsgegner. Eine Haftung des Halters scheidet in diesem Fall gem. § 7 Abs. 3 S. 1 Halbs. 1 StVG aus.

Hat der Halter hingegen die Benutzung des Kfz durch den Dritten schuldhaft ermöglicht, so können Halter und Dritter als Gesamtschuldner haften, § 7 Abs. 3 S. 1 Halbs. 2 StVG. Für das Verschulden genügt bloße Fahrlässigkeit. Gem. § 14 Abs. 2 S. 2 StVO sind Fahrzeuge gegen unbefugte Benutzung zu sichern.

Schließlich ist noch der Fall des Exzesses des befugten Benutzers in § 7 Abs. 3 S. 2 StVG normiert. Ist der Benutzer vom Halter für den Betrieb des Kfz angestellt oder ist ihm dieser überlassen worden, so haftet der Halter weiterhin aus § 7 Abs. 1 StVG. Erfasst ist vor allen Dingen die Konstellation, dass der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer oder Angestellten die Befugnis einräumt, das Kfz zu verwenden (Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl. 2007, § 3 Rn. 322).

3. Ausnahmen

Ausdrücklich normierte Haftungsausschlüsse finden sich ebenfalls in § 8 StVG wieder. Nach § 8 Nr. 2 StVG ist ein Ersatzanspruch ausgeschlossen, wenn der Verletzte bei dem Betrieb des Kfz tätig war.

Beispiel 6 (BGH, Urt. v. 12.01.2021 – VI ZR 662/20)

A ist Halter eines Fahrzeugs, das für ihn behindertengerecht umgebaut wurde. Als A nach einem Arztbesuch zu seinem geparkten Kfz gelangen möchte, muss er feststellen, dass dieses von einem anderen zugeparkt wurde, sodass A mit seinem Rollstuhl nicht mehr an die Fahrertür gelangen kann.

B möchte A helfen und bietet ihm an, sein Fahrzeug aus der Parklücke zu fahren. A willigt ein, macht B aber deutlich, dass es sich um ein umgebautes Fahrzeug handelt, dessen Gas und Bremse mit der Hand bedient werden. B schenkt den Worten des A nicht hinreichend Beachtung und verliert kurze Zeit später die Kontrolle über das Fahrzeug. Infolgedessen wird das dahinterstehende Kfz des B beschädigt.

In teleologischer Hinsicht will die Ausnahmevorschrift dem Umstand Rechnung tragen, dass derjenige, der sich bewusst den Gefahren eines Kfz aussetzt, nicht den besonderen Schutz der Gefährdungshaftung verdient (Schulz-Merkel/Meier, JuS 2015, 201, 203). Dazu gehören u.a. Personen, die sich beim Be- und Entladen, Tanken oder einer Reparatur beteiligen (Wandt/Schwart, Gesetzliche Schuldverhältnisse, 10. Aufl. 2020, § 22 Rn. 26). Im vorliegenden Fall war fraglich, ob § 8 Nr. 2 StVG auch dann eingreift, wenn der Kraftfahrzeugführer mit einem fremden Kfz sein eigenes Fahrzeug beschädigt.

Zum Teil wird dies mit der Begründung abgelehnt, dass das beschädigte Fahrzeug nicht freiwillig, sondern nur zufällig dem Gefahrenbereich des geführten Fahrzeugs ausgesetzt sei. Im Gegensatz zu Personenschäden könne bei einem solchen Sachschaden von einem freiwilligen Aussetzen in den Gefahrenbereich nicht die Rede sein (Hentschel/König/Dauer/König, Straßenverkehrsrecht, 45. Aufl. 2019, § 8 Rn. 4).

Dem hielt der BGH aber entgegen, dass § 8 Nr. 2 StVG sowohl seinem Wortlaut als auch seiner teleologischen Zweckrichtung nach auf Personen- sowie Sachschäden anwendbar sei, wobei im konkreten Fall stets Einzelfallumstände zu würdigen seien. In Fallbeispiel 5 hat sich B bewusst für das Ausparken entschieden, womit er auch wusste, dass er sein danebenstehendes Fahrzeug diesem Gefahrenbereich aussetzte.

4. Unabwendbares Ereignis

Blättert man weiter im StVG, so findet sich § 17 Abs. 3. Im Vergleich zu § 7 Abs. 2 StVG handelt es sich um eine einfacherer zu erreichende Enthaftung, welche aber nur im Verhältnis zu den Ansprüchen von anderen Kfz-Haltern, -Führern und -Eigentümern gilt und damit im haftungsausfüllenden Tatbestand zu thematisieren ist (Wandt/Schwarz, Gesetzliche Schuldverhältnisse, 10. Aufl. 2020, § 22 Rn. 19).

Demnach scheidet die Ersatzpflicht bei einem unabwendbaren Ereignis aus. Nach § 17 Abs. 3 S. 1 und 2 StVG gilt ein Ereignis als unabwendbar, wenn es nicht auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Kfz oder einem Versagen seiner Einrichtungen beruht und der Halter sowie der Führer des Kfz jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet haben. Sinn und Zweck dieser Norm ist es, den Idealfahrer trotz der typischen Betriebsgefahr von der Haftung freizustellen (Schulz-Merkel/Meier, JuS 2015, 201, 205). Im Gegensatz zu § 276 Abs. 1 und 2 BGB muss ein Handeln an den Tag gelegt werden, dass der Umsichtigkeit und Aufmerksamkeit eines Idealfahrers entspricht, sich aber noch im Rahmen des Menschenmöglichen bewegt (Wandt/Schwarz, Gesetzliche Schuldverhältnisse, 10. Aufl. 2020, § 22 Rn. 20). So ist etwa dem Fahrer eines Kfz bei einer plötzlichen Gefahrenlage ein „Schreckzeit“ zu gewähren (Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl. 2007, § 3 Rn. 377).

5. Konkludenter Haftungsausschluss

Schließlich kann sich eine Enthaftung auch aus einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung ergeben. Dabei besteht aber gem. § 8a S. 1 StVG bei entgeltlichen, geschäftsmäßigen Personenbeförderungen ein Verbot des Haftungsausschlusses. Umgekehrt kann bei unentgeltlicher Beförderung gem. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB eine strengere oder mildere Haftung vereinbart werden. Insbesondere bei Gefälligkeitsfahrten kann sich eine konkludierte Haftungsbeschränkung ergeben (Schulz-Merkel/Meier, JuS 2015, 201, 204).

IV. Fazit

Es zeigt sich also, dass die Halterhaftung gemäß § 7 Abs. 1 StVG in vielerlei Hinsicht für eine Klausur geeignet ist. Sowohl das Können in der teleologischen Argumentation als auch systematisches Gesetzesverständnis lassen sich daran gut abprüfen. Mit einem strukturierten Aufbau, gerade im Prüfungspunkt „Betriebsspezifische Gefahr“, lassen sich die Fälle jedoch gut meistern und wer dazu  die aktuelle Rechtsprechung, gerade vor der mündlichen Prüfung, im Blick behält, sollte gut für die Prüfung gerüstet sein.

23.04.2024/1 Kommentar/von Monika Krizic
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Monika Krizic https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Monika Krizic2024-04-23 08:00:002024-11-27 18:21:45Die Halterhaftung nach § 7 Abs. 1 StVG
Redaktion

Haftung des Fahrzeughalters und Fahrzeugführers im StVG

Deliktsrecht, Karteikarten, Rechtsgebiete, Uncategorized, Zivilrecht, Zivilrecht

Haftung des Halters- § 7 StVG

I. Halter

→ Wer die tatsächliche Verfügungsgewalt auf Dauer ausübt, vgl. § 7 III StVG

II. Personen- oder Sachschäden
III. Beim Betrieb eines KFZ

a) Betrieb: Alles was geeignet ist, Gefahren in den Straßenverkehr zu tragen (verkehrstechnische Auffassung (str.))

b) Kausalität zwischen Betrieb und Personen- bzw. Sachschaden

IV. Gefährdungshaftung

→ Kein Verschulden erforderlich

V. Ausschluss der Haftung bei höherer Gewalt, § 7 II StVG
VI. Mitverschulden des Geschädigten, § 9 StVG

18 StVG – Ersatzpflicht des Fahrzeugführers

I. Fahrzeugführer

→ Wer das Fahrzeug eigenverantwortlich lenkt oder steuert

II. Personen- oder Sachschäden
III. Beim Betrieb eines KFZ
 IV. Verschuldenshaftung, § 18 I 2 StVG
 V.  Ggf. Mitverschulden des Geschädigten, § 9 StVG

→ Beachte bei Schadensverursachung durch mehrere KFZ: § 17 StVG

→ Weitere mögliche Anspruchsgrundlagen bei Unfällen im Straßenverkehr: § 823 I BGB; 823 II i.V.m. § 229 StGB bzw. StVO; § 115 VVG i.V.m. § 3 PflVG

18.10.2023/1 Kommentar/von Redaktion
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2023-10-18 08:08:022023-10-18 08:08:05Haftung des Fahrzeughalters und Fahrzeugführers im StVG
Gastautor

Halterhaftung bei Unfällen mit PKW-Anhängern nach § 19 I 1 StVG

Aktuelles, Deliktsrecht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Startseite, Zivilrecht

Wir freuen uns, nachfolgend einen Gastbeitrag von Johannes Zhou veröffentlichen zu können. Der Autor ist Rechtsreferendar am Landgericht Frankfurt am Main.

Der BGH beschäftigt sich in seiner Entscheidung vom 7.2.2023 (VI ZR 87/22) mit dem im Jahr 2020 neu hinzugefügten § 19 I 1 StVG. Diese Vorschrift regelt die Halterhaftung bei Unfällen mit PKW-Anhängern, welche vor 2020 noch in § 7 I StVG geregelt war. Kernproblem des Falles ist die Frage, ob von einem ordnungsgemäß abgestellten PKW-Anhänger eine Betriebsgefahr ausgeht, für die der Halter des Anhängers einzustehen hat.

I. Der Sachverhalt

Der Kläger ist Gebäudeversicherer und verlangt von dem Beklagten – einem Haftpflichtversicherer – Schadensersatz aufgrund eines Unfallereignisses im Zusammenhang mit einem PKW-Anhänger.

Bei der Beklagten ist ein PKW-Anhänger versichert, den der Versicherungsnehmer am Unfalltag ordnungsgemäß am Straßenrand abstellte. Ein Dritter, der nicht Partei des Verfahrens ist, befuhr mit seinem Fahrzeug diese Straße und stieß mit dem ordnungsgemäß geparkten PKW-Anhänger zusammen. Der Anhänger rollte aufgrund des Zusammenstoßes nach vorne und beschädigte das Eingangstor eines Grundstücks sowie die Fassade des auf dem Grundstück stehenden Gebäudes. Der Kläger übernahm als Gebäudeversicherer die dem Gebäudeeigentümer angefallenen Kosten für die Reparatur des Eingangstores und der Fassade.

Daraufhin machte der Kläger Schadensersatz gegen den Haftpflichtversicherer, bei dem der PKW-Anhänger versichert ist, geltend. Während das AG Friedberg der Klage stattgab, lehnte das LG Gießen den Schadensersatzanspruch ab. Das LG Gießen begründete dies damit, dass der Schaden nicht beim Betrieb des PKW-Anhängers eingetreten sei. Der Anhänger sei nämlich durch einen anderen Verkehrsteilnehmer, der mit dem Anhänger zusammenstieß, in Bewegung gesetzt worden.

II. Die Entscheidung

Der BGH bejaht den geltend gemachten Schadensersatz nach § 7 I StVG a.F. bzw. § 19 I 1 StVG i.V.m. § 115 I 1 Nr. 1, § 86 VVG. § 19 I 1 regelt nach der amtlichen Normüberschrift die Haftung des Halters bei Unfällen mit Anhängern und Gespannen.

§ 19 I 1 StVG: „Wird bei dem Betrieb eines Anhängers, der dazu bestimmt ist, von einem Kraftfahrzeug (Zugfahrzeug) gezogen zu werden, ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, ist der Halter des Anhängers verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.“

Nach Auffassung des BGH gehe auch von einem ordnungsgemäß abgestellten PKW-Anhänger eine Betriebsgefahr aus. Demnach sei der Schaden am Gebäude beim Betrieb des Anhängers eingetreten. Hierbei geht der BGH zunächst auf die für § 7 I StVG entwickelten Grundsätze bezüglich der Betriebsgefahr von Kraftfahrzeugen ein:

„[8] a) Wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zu Recht angenommen hat, ist das Haftungsmerkmal „bei dem Betrieb“ in Bezug auf Kraftfahrzeuge entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Norm weit auszulegen. Denn die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG ist der Preis dafür, dass durch die Verwendung eines Kraftfahrzeugs erlaubterweise eine Gefahrenquelle eröffnet wird; die Vorschrift will daher alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe erfassen. Ein Schaden ist demgemäß bereits dann „bei dem Betrieb“ eines Kraftfahrzeugs entstanden, wenn sich in ihm die von dem Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren ausgewirkt haben, d.h. wenn bei der insoweit gebotenen wertenden Betrachtung das Schadensgeschehen durch das Kraftfahrzeug (mit)geprägt worden ist (vgl. Senatsurteil vom 11. Februar 2020 – VI ZR 286/19, VersR 2020, 782 Rn. 10 mwN).[9] Erforderlich ist dabei stets, dass es sich bei dem Schaden, für den Ersatz verlangt wird, um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handelt, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden soll; die Schadensfolge muss in den Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen worden ist. Für die Zurechnung der Betriebsgefahr kommt es damit grundsätzlich maßgeblich darauf an, dass die Schadensursache in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs steht (vgl. Senatsurteile vom 3. Juli 1962 – VI ZR 184/61, BGHZ 37, 311, juris Rn. 12 ff.; vom 11. Februar 2020 – VI ZR 286/19, VersR 2020, 782 Rn. 10; vom 20. Oktober 2020 – VI ZR 319/18, VersR 2021, 597 Rn. 7, jeweils mwN). Der Betrieb dauert dabei fort, solange der Fahrer das Fahrzeug im Verkehr belässt und die dadurch geschaffene Gefahrenlage fortbesteht (vgl. Senatsurteil vom 11. Februar 2020 – VI ZR 286/19, VersR 2020, 782 Rn. 10 mwN).“ (Hervorhebungen durch den Verfasser)

Diese Grundsätze überträgt der BGH auf die Halterhaftung für PKW-Anhänger nach § 19 I 1 StVG. In dem Geschehen habe sich die aus der Konstruktion des Anhängers resultierende Gefahr einer unkontrollierten Bewegung durch Fremdkraft verwirklicht. Das Abstellen des Anhängers im öffentlichen Verkehrsraum beseitige diese Gefahr nicht. Vielmehr wirke die Betriebsgefahr fort.

Schließlich dringt die Beklagte auch nicht mit dem Einwand durch, dass ein Dritter durch seinen Zusammenstoß mit dem Anhänger für das Unfallgeschehen maßgeblich verantwortlich sei. Dieser Umstand sei lediglich für die Abwägung der Verursachungsbeiträge im Rahmen eines etwaigen Gesamtschuldnerinnenausgleichs der Schädiger gem. §§ 426 I, 254 I BGB von Bedeutung. Der Umstand habe aber keine Auswirkung auf den zuvor bejahten Zurechnungszusammenhang zwischen dem Gebäudeschaden und Betrieb des Anhängers.

III. Einordnung

Der Gesetzgeber hat die Haftung des Halters bei Unfällen mit Anhängern im Jahr 2020 neu geregelt, indem er diese aus den §§ 7, 8, 12, 17 und 18 StVG a.F. ausgliederte und die neuen §§ 19, 19a StVG einfügt hat (vgl. Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Jahnke, § 19 StVG Rn. 3). Anlass für die Gesetzesänderung war die alte Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 27.10.2010 – IV ZR 279/08), wonach bei Unfällen mit PKW-Anhängern die beteiligten Halter von Zugfahrzeug und Anhänger im Innenverhältnis zu gleichen Teilen hafteten. Diese Haftungsverteilung entsprach laut Gesetzesbegründung in der Regel jedoch nicht der jeweils gesetzten Betriebsgefahr (BT-Drs. 19/17964, S. 1). Im Zuge der Neuregelung des § 19 StVG schaffte der Gesetzgeber daher § 19 IV 2 und 3 StVG. Danach haftet grundsätzlich der Halter des Zugfahrzeuges im Innenverhältnis.

IV. Bedeutung für das Examen

Die Entscheidung des BGH eignet sich gut für Examensklausuren, da mit § 19 I 1 StVG eine vergleichsweise neue Anspruchsgrundlage abgeprüft werden kann. Entscheidend ist aber, dass hier eine auf den ersten Blick unbekannte Norm mit bereits gelerntem Wissen zu § 7 I StVG bewältigt werden kann. Der Wortlaut des § 19 I 1 StVG entspricht dem des § 7 I StVG.

Die Entscheidung des BGH gibt zudem Anlass, sich mit zahlreichen examensrelevanten Problemen zu beschäftigen und diese zu wiederholen. Über die für § 7 I StVG entwickelten Grundsätze zum Tatbestandsmerkmal „beim Betrieb“ hinaus, sollte im Hinblick auf Systematik auch ein Blick auf andere Gefährdungstatbestände wie § 833 S. 1 BGB oder § 1 ProdHaftG geworfen werden (zum Grundwissen Lorenz, JuS 2021, 307).

Auch eine Wiederholung der Vorschrift zum Gesamtschuldnerausgleich nach § 426 BGB sowie der examensrelevanten Vorschriften des VVG kann nicht schaden. Nach § 115 I 1 Nr. 1 VVG i.V.m. § 1 PflVG kann ein Geschädigter auch unmittelbar gegen den Versicherer Schadensersatz geltend machen. Bei § 86 I 1 VVG handelt es sich um eine sog. Legalzession (cessio legis). Danach geht der Anspruch des Versicherungsnehmers auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt. Welche weiteren Vorschriften ordnen einen gesetzlichen Forderungsübergang an? Zum Beispiel: §§ 268 III 1, 774 I 1 BGB, § 116 SGB X.

28.06.2023/von Gastautor
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2023-06-28 09:30:182023-06-28 14:48:13Halterhaftung bei Unfällen mit PKW-Anhängern nach § 19 I 1 StVG
Dr. Lena Bleckmann

BGH: Der Staat haftet nicht für schlechte Gesetze – Neues zur Amtshaftung für legislatives Unrecht

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Am 28.1.2021 erging eine Entscheidung des BGH (III ZR 25/20), der viele mit Spannung entgegengeblickt haben. Das Verfahren zur Amtshaftung aufgrund einer unwirksamen Mietpreisbremse hat hohe praktische Relevanz, sind die vom BGH angewandten Grundsätze doch auf andere Fälle des legislativen Unrechts übertragbar. Staatshaftungsrecht ist bei Studenten bekanntermaßen nicht sonderlich beliebt – die hochaktuelle Entscheidung dürfte aber umso mehr für Klausurrelevanz sorgen. Die Lektüre lohnt sich also, insbesondere auch zur Wiederholung der Grundsätze der Amtshaftung.
I. Worum es geht
Nach § 556d Abs. 2 S. 1 BGB haben die Länder die Möglichkeit, durch Verordnung Gebiete mit angespannter Wohnsituation festzulegen und so den Mechanismus der Mietpreisbremse nach § 556d Abs. 1 BGB auszulösen. Zu Beginn des Mietverhältnisses darf die Miete die ortsübliche Vergleichsmiete dann um höchstens 10 % übersteigen. Eine solche Verordnung hat das Land Hessen u.a. für einen Stadtteil von Frankfurt am Main erlassen, allerdings die in § 556d Abs. 2 S. 5-7 BGB festgelegte Begründungspflicht verletzt. In der Folge erklärte der BGH die Verordnung für unwirksam (BGH, Urt. v. 17.7.2019 – VIII ZR 130/18). Damit konnte die Mietpreisbremse für den betroffenen Stadtteil nicht gelten, was für ein Ehepaar bedeutete, dass ihre Miete nicht wie erwartet um mehr als 200 € sank. Der Rechtsdienstleister wenigermieter.de, an den das Ehepaar seine Ansprüche abgetreten hatte, forderte nach der Entscheidung des BGH über die Unwirksamkeit der Verordnung Ersatz vom Staat. Dieser habe seine Amtspflicht gegenüber den Mietern verletzt.
II. Rechtliche Grundlagen
Maßgeblich geht es also um eine Amtshaftung nach § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG. Die grundsätzliche Konstruktion der Amtshaftung ist bekannt – § 839 Abs. 1 S. 1 BGB normiert zunächst die persönliche Einstandspflicht des handelnden Beamten, die Haftung wird aber durch Art. 34 GG auf den Staat übergeleitet. Voraussetzung für einen Amtshaftungsanspruch ist, dass jemand in Ausübung eines hoheitlichen Amtes die einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht verletzt, dies kausal zu einem Schaden führt und der Beamte dies zu verschulden hat. Der Begriff des Beamten ist hier weit zu fassen – Beamte im staatshaftungsrechtlichen Sinne sind alle Personen, denen öffentliche Gewalt anvertraut wurde und die ihre Tätigkeit nach den Bestimmungen des öffentlichen Rechts ausüben (s. BeckOK BGB/Reinert, § 839 Rn. 4, 15). Dies ist unter Anwendung der modifizierten Subjektstheorie zu bestimmen. Einschränkungen der Haftung folgen aus § 839 Abs. 1 S. 2 BGB (bei Fahrlässigkeit besteht kein Anspruch, wenn der Betroffene auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag), Abs. 2 (Spruchrichterprivileg) und Abs. 3 (kein Ersatz bei schuldhafter Versäumnis von Rechtsmitteln). Der Anspruch wird vor den ordentlichen Gerichten geltend gemacht, Art. 34 S. 3 GG, § 40 Abs. 2 S. 1 VwGO.
III. Die aktuelle Entscheidung des BGH im Kontext der Amtshaftung
Angewandt auf den zu entscheidenden Fall ist nun zunächst eindeutig, dass jemand – die Landesregierung bzw. deren Mitglieder – bei Erlass der Verordnung in Ausübung eines öffentlichen Amts agierte: Die in § 556d Abs. 2 BGB vorgesehene Verordnungsermächtigung berechtigt ausschließlich die Landesregierung als Trägerin hoheitlicher Gewalt und ist somit dem öffentlichen Recht zuzuordnen. Auf Grundlage dieser Norm agierte die Regierung in Ausübung eines öffentlichen Amtes, ihre Mitglieder sind Beamte im staatshaftungsrechtlichen Sinne.
Entscheidend ist demgegenüber das Merkmal der Verletzung einer drittbezogenen Amtspflicht. Der Begriff der Amtspflicht ist weit zu fassen und umfasst insbesondere auch die Pflicht zu rechtmäßigem Handeln. Indem die Begründungspflicht nach § 556d Abs. 2 S. 5-7 BGB verletzt wurde, wurde auch eine Amtspflicht verletzt, denn es liegt eine rechtswidrige Amtsausübung vor. Das reicht für den Amtshaftungsanspruch jedoch noch nicht – verletzt werden muss gerade eine drittgerichtete Amtspflicht. Das setzt voraus, dass die Amtspflicht gerade auch der Wahrung der Interessen des Dritten dient. Der BGH führt in seiner Pressemitteilung hierzu aus:

„Es muss mithin eine besondere Beziehung zwischen der verletzten Amtspflicht und dem geschädigten „Dritten“ bestehen. Gesetze und Verordnungen enthalten hingegen durchweg generelle und abstrakte Regeln, und dementsprechend nimmt der Gesetzgeber in der Regel ausschließlich Aufgaben gegenüber der Allgemeinheit wahr, denen die Richtung auf bestimmte Personen oder Personenkreise fehlt.“ (BGH, Pressemitteilung Nr. 018/2021)

Damit greift das Gericht die anerkannten Grundsätze zur Haftung – bzw. fehlenden Haftung – für legislatives Unrecht auf. Die Pflicht zum rechtmäßigen Handeln in ihrer Ausprägung, nur rechtmäßige Gesetze zu erlassen, dient i.d.R. nicht dem Einzelnen, sondern den Interessen der Allgemeinheit. Ein Amtshaftungsanspruch scheidet damit aus. Das muss aber nicht ausnahmslos in allen Fällen legislativen Unrechts gelten, wie auch der BGH anmerkt:

„Nur ausnahmsweise – etwa bei sogenannten Maßnahme- oder Einzelfallgesetzen – kann etwas Anderes in Betracht kommen und können Belange bestimmter Einzelner unmittelbar berührt werden, so dass sie als „Dritte“ im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB angesehen werden können.“ (BGH, Pressemitteilung Nr. 018/2021)

Die Verordnung zur Mietpreisbremse sei aber kein derartiges Maßnahme- oder Einzelfallgesetz, denn sie betreffe keine individuellen Mieter, sondern aufgrund der Weite ihres räumlichen Geltungsbereichs einen unüberschaubar großen und nicht individuell begrenzten Personenkreis.
Dies hätte womöglich schon gereicht, um den Amtshaftungsanspruch abzulehnen. Der BGH ging in seinen Ausführungen aber noch weiter und merkte an, dass auch der Eingriff in eine grundrechtlich geschützte Rechtsposition nicht zu einem Amtshaftungsanspruch führe:

„Nicht jede Grundrechtsbeeinträchtigung durch staatliche Amtsträger führt zur Staatshaftung. Der Gesetzgeber kann Voraussetzungen und Umfang von Amtshaftungs- und Entschädigungsansprüchen näher ausgestalten. Eine solche Ausgestaltung ist mit § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB erfolgt, wonach ein Amtshaftungsanspruch nur besteht, wenn ein Beamter die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht verletzt. Damit ist eine Haftung wegen der Verletzung von Amtspflichten, die dem Beamten nicht spezifisch dem Träger des betroffenen Grundrechts gegenüber obliegen, nicht vereinbar.“ (BGH, Pressemitteilung Nr. 018/2021)

Und auch das enttäuschte Vertrauen der Mieter in die Wirksamkeit der hessischen Mietpreisbremsenverordnung könne für sich genommen keinen Ersatzanspruch nach sich ziehen – ein allgemeiner Anspruch diesbezüglich ist nicht anerkannt, die Voraussetzungen der Amtshaftung mangels Drittbezogenheit nicht erfüllt.
IV. Was bleibt?
Der BGH ist seiner lang etablierten Linie treu geblieben und hat eine Haftung des Staates für mangelhafte und damit unwirksame Gesetze abgelehnt. Eine andere Entscheidung hätte weitreichende Folgen haben können – nicht nur zahlreiche Verordnungen zu Mietpreisbremsen sind in der Vergangenheit für unwirksam erklärt worden, die Entscheidung hätte Ausstrahlungswirkung auf sämtliche anderen unwirksamen Normen gehabt und so zu umfangreichen Haftungssummen führen können. Dies hat das Urteil abgewendet. Für Studenten und Examenskandidaten ist das begrüßenswert – es bleibt bei den bislang geltenden Grundsätzen, nach denen eine Haftung für legislatives Unrecht i.d.R. nicht besteht. Mieter und sonst von letztlich unwirksamen Gesetzen Betroffene dürften dem anders gegenüberstehen.

01.02.2021/1 Kommentar/von Dr. Lena Bleckmann
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Lena Bleckmann https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Lena Bleckmann2021-02-01 08:30:102021-02-01 08:30:10BGH: Der Staat haftet nicht für schlechte Gesetze – Neues zur Amtshaftung für legislatives Unrecht
Dr. Melanie Jänsch

BGH: Neues zum Rechtsmangel beim Autokauf

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In einer aktuellen Entscheidung vom 26.02.2020 (Az.: VIII ZR 267/17) hat sich der BGH abermals mit dem extrem klausur- und examensrelevanten Gebiet des kaufrechtlichen Gewährleistungsrechts auseinandergesetzt. Konkret ging es um die Haftung eines Gebrauchtwagenverkäufers bei der Eintragung des Fahrzeugs in die Fahndungsliste des Schengener Informationssystems (SIS) nach Gefahrübergang. Der Fall, der sich hervorragend eignet, um die Feinheiten des Mängelrechts aufzuzeigen und daher problemlos Einzug in Klausuren finden kann, hat zwei Schwerpunkte: Zum einen geht es um die Abgrenzung des Sach- vom Rechtsmangel im Falle öffentlich-rechtlicher Beschränkungen; vor allem aber – und das ist das Neue an der vorliegenden Entscheidung – stellt sich die Frage, ob ein Rechtsmangel bei Gefahrübergang dann angenommen werden kann, wenn zwar nicht der Rechtsmangel an sich, aber die Umstände, die kausal zum Rechtsmangel geführt haben, im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorlagen.
 
A) Sachverhalt (leicht abgewandelt und vereinfacht)
Der Sachverhalt ist schnell erzählt: K kaufte am 12.07.2011 von V einen gebrauchten Pkw. Noch am selben Tag wurde der Kaufpreis entrichtet und das Fahrzeug, zusammen mit einer rechtmäßig ausgestellten Zulassungsbescheinigung II, die den V als Eigentümer auswies, an den K übergeben. Am 06.03.2013 wurde der K mit dem Fahrzeug bei der Rückkehr aus der Türkei an der serbischen Grenze angehalten. Das Fahrzeug wurde dort auf der Grundlage einer Interpol-Meldung mit der Begründung beschlagnahmt, es werde in Rumänien als Gegenstand einer Straftat gesucht. Über das Polizeipräsidium Dortmund erhielt der Kläger in der Folgezeit zudem die Mitteilung, dass das Fahrzeug seit dem 22.05.2014 im Schengener Informationssystem (SIS) zwecks Sicherstellung ausgeschrieben sei. Als Fahrzeughalter sei in Rumänien seit dem 22.12.2008 das Unternehmen U und die B als Besitzerin gemeldet. An dieses Unternehmen wurde das beschlagnahmte Fahrzeug in der Folge herausgegeben. Der K ist empört und wendet sich an V: Er begehre die Verschaffung von Eigentum und Besitz an dem Fahrzeug, hilfsweise sofortige Rückzahlung des geleisteten Kaufpreises, abzüglich einer Nutzungsentschädigung, nebst Zinsen.
In erster Instanz wurde die Klage vollständig abgewiesen. Das LG Köln hat es für erwiesen erachtet, dass das Fahrzeug nicht abhandengekommen war; deshalb habe der K gutgläubig das Eigentum erwerben können, sodass weder ein Sach- noch ein Rechtsmangel anzunehmen sei (LG Köln, Urt. v. 26.10.2016 – 12 O 254/14, n.v.). Das OLG Köln hat in der Berufung das erstinstanzliche Urteil abgeändert und den V auf den Hilfsantrag zur Rückzahlung des Kaufpreises (abzüglich einer Nutzungsentschädigung) nebst Zinsen verurteilt (OLG Köln, Urt. v. 09.11.2017 – 18 U 183/16, n.v.). In der Revisionsinstanz verfolgte der V nunmehr die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
 
B) Rechtsausführungen
Damit stellte sich für den BGH die Frage, ob dem V ein Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags aus § 346 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 437 Nr. 2 Alt. 1, 323 BGB zustand.
 
I. Kaufvertrag
Ein Kaufvertrag zwischen den Parteien besteht ohne Zweifel. Da aus dem Sachverhalt nicht hervorgeht, ob dem V eine Strafbarkeit, etwa wegen Hehlerei (§ 259 StGB), anzulasten ist, ist insbesondere nicht von der Nichtigkeit des Kaufvertrags nach § 134 BGB oder § 138 BGB auszugehen (zur Unwirksamkeit eines Kaufvertrags bei Verstoß gegen § 259 StGB s. MüKoBGB/Armbrüster, 8. Aufl. 2018, § 138 Rn. 42).
 
II. Rechtsmangel bei Gefahrübergang
Weiterhin dürfte der Verkäufer seiner Pflicht aus dem Kaufvertrag gemäß § 433 Abs. 1 S. 2 BGB zur Verschaffung der Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln nicht nachgekommen sein. Es müsste also – wie der K vorträgt – ein Rechtsmangel bei Gefahrübergang vorliegen.
 
1. Rechtsmangel
Bei der Eintragung des Fahrzeugs in das SIS müsste es sich also zunächst um einen Rechtsmangel handeln. Gemäß § 435 S. 1 BGB ist eine Sache frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf die Sache keine oder nur die im Kaufvertrag übernommenen Rechte gegen den Käufer geltend machen können. Zur vollständigen Erfüllung seiner vertraglichen Pflicht obliegt es dem Verkäufer also nicht nur, das Eigentum als solches zu übertragen. Er muss vielmehr auch sicherstellen, dass dem Käufer die Sache frei von Rechten Dritter verschafft wird, damit dieser als Eigentümer – wie es § 903 S. 1 BGB vorsieht – mit der Sache nach Belieben verfahren kann (BT-Drucks. 14/6040, S. 218). Hiervon ausgehend ist ein Rechtsmangel dann gegeben, wenn Rechte eines Dritten eine individuelle Belastung des Käufers darstellen, indem sie geeignet sind, ihn an der ungestörten Ausübung der ihm nach § 903 S. 1 BGB zustehenden Rechtsposition zu hindern (MüKoBGB/Westermann, 8. Aufl. 2019, § 435 Rn. 4; BeckOK BGB/Faust, 53. Edt., Stand: 01.02.2020, § 435 Rn. 6). In Betracht kommen dabei grundsätzlich alle dinglichen Rechte (beispielsweise (Grund-)Pfandrechte, Dienstbarkeiten wie Nießbrauch), aber auch obligatorische Rechte eines Dritten, soweit ihre Ausübung den Käufer in seiner aus § 903 BGB folgenden Eigentümerstellung beeinträchtigt (MüKoBGB/Westermann, 8. Aufl. 2019, § 435 Rn. 7). Erfasst werden hiervon auch solche Eingriffsbefugnisse, Einschränkungen und Bindungen, welche auf öffentlichem Recht beruhen (hierzu MüKoBGB/Westermann, 8. Aufl. 2019, § 435 Rn. 10). Öffentlich-rechtliche Einschränkungen können indes auch einen Sachmangel bedeuten. Denn für die Qualifikation eines Umstandes als Sachmangel ist nicht allein seine physische Beschaffenheit maßgeblich. Vielmehr können auch Umstände, die sich letztlich als Nutzungs- oder Verwendungsbeeinträchtigungen auswirken, als Sachmangel einzuordnen sein. Daher ist an dieser Stelle eine Abgrenzung des Rechtsmangels vom Sachmangel erforderlich.
 
Anmerkung: Die Abgrenzung des Rechts- vom Sachmangel ist nicht nur theoretischer Natur. Die Einordnung als Rechtsmangel hätte unter anderem zur Folge, dass der auf Sachmängel zugeschnittene § 477 BGB (Beweislastumkehr bei Verbraucherverträgen) keine Anwendung findet.  
 
Als Faustformel lässt sich festhalten, dass solche Mängel, die an die Beschaffenheit der Sache anknüpfen, Sachmängel darstellen, auch wenn sie dazu führen, dass Dritte Rechte gegen den Käufer geltend machen können, die ihn in der ungestörten Ausübung der Eigentümerbefugnisse beeinträchtigen (BeckOK BGB/Faust, 53. Edt., Stand: 01.02.2020, § 435 Rn. 10 m.w.N.). Das heißt: Solche öffentlich-rechtlichen Beschränkungen (beispielsweise Enteignungen, Beschlagnahmen), die ihre Grundlage in der Beschaffenheit der Sache (also ihrer Zusammensetzung, ihrem physischen Zustand) haben, sind als Sachmangel einzuordnen (BGH, Urt. v. 26.2.2020 – VIII ZR 267/17, BeckRS 2020, 4703, Rn. 13; Urt. v. 18.01.2017 – VIII ZR 234/15, NJW 2017, 1666 Rn. 18 ff.). In der Vergangenheit wurde dies beispielsweise für Beschränkungen der Bebaubarkeit, die an die Beschaffenheit (insbesondere die Lage) eines Grundstücks anknüpfen, angenommen (hierzu BGH, Urt. v. 11.12.1992 – V ZR 204/91, NJW-RR 1993, 396; Urt. v. 17.03.1989 – V ZR 245/87, NJW 1989, 2388). Auch gilt dies konsequenterweise für Beschlagnahmen, wenn sich das Recht zur Beschlagnahme aus der Zusammensetzung bzw. dem Zustand der Kaufsache ergibt, so etwa bei Lebensmitteln, bei denen der Verdacht des Salmonellenbefalls besteht (BGH, Urt. v. 14.06.1972 – VIII ZR 75/71, NJW 1972, 1462). Anders ist dagegen zu urteilen – also ein Rechtsmangel anzunehmen – wenn das Recht zum öffentlich-rechtlichen Eingriff aus „äußeren“ Umständen, die zwar eine Beziehung zur Sache aufweisen, ihr aber nicht unmittelbar anhaften, herrührt, wie beispielsweise aus der Nichtzahlung von Abgaben für die Sache. Wie aber ist in Bezug auf die SIS-Ausschreibung eines Fahrzeugs zu urteilen? Die SIS-Ausschreibung bedeutet, dass das betreffende Fahrzeug zwecks Sicherstellung oder Beweissicherung in einem Strafverfahren gesucht wird. Damit gründet der dem Fahrzeug anhaftende Mangel (Gefahr der Beschlagnahme) nicht auf der physischen Beschaffenheit (beispielsweise technischen Aspekten), sondern auf dem äußeren Umstand, dass das Fahrzeug im Kontext einer Straftat verwendet wurde. Wendet man konsequent die Faustformel an, kommt man auf dieser Basis unzweifelhaft zur Annahme eines Rechtsmangels. Denn – so der BGH:

„[M]it der SIS-Ausschreibung eines Kraftfahrzeugs zur Fahndung ist die konkrete, im gesamten Schengen-Raum bestehende Gefahr verbunden, dass das Fahrzeug bei einer Halteränderung oder bei einer polizeilichen Kontrolle von staatlichen Behörden rechtmäßig sichergestellt oder beschlagnahmt wird (Senatsurteil vom 18. Januar 2017 – VIII ZR 234/15, aaO Rn. 24) mit der Folge, dass es der Käufer – unabhängig von einem etwaig bestehenden, für die Beurteilung eines Rechtsmangels nicht maßgebenden Eigentumsherausgabeanspruch eines (Vor-)Eigentümers – nicht mehr ungestört im In- und Ausland nutzen kann.“ (Rn. 13).

Ein Rechtsmangel liegt damit vor.
 
Anmerkung: Lesenswert – und zur Vertiefung des Verständnisses empfehlenswert – ist auch das Urteil vom 18.01.2017, in dem der BGH ausführlich erörtert hat, dass die bei Gefahrübergang vorhandene und im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung fortbestehende Eintragung eines Kraftfahrzeugs in dem SIS zum Zwecke der Sicherstellung und Identitätsfeststellung einen erheblichen Rechtsmangel bedeutet, der den Käufer zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt. Im Zuge dessen hat der BGH eine ausführliche Abgrenzung des Rechts- vom Sachmangel bei öffentlich-rechtlichen Beschränkungen in Bezug auf die Kaufsache vorgenommen (BGH, Urt. v. 18.01.2017 – VIII ZR 234/15, NJW 2017, 1666).
 
2. Bei Gefahrübergang
Der Rechtsmangel muss aber auch im Zeitpunkt des Gefahrübergangs – und hierin liegt die Krux des Falls – vorgelegen haben. Zeitpunkt des Gefahrübergangs ist hier gemäß § 446 Abs. 1 BGB nach den Ausführungen des BGH der Zeitpunkt der Übergabe, also im konkreten Fall der 12.07.2011. Die SIS-Ausschreibung erfolgte aber erst am 22.05.2014, weshalb man vor diesem Hintergrund – ganz simpel – das Vorliegen eines Rechtsmangels im Zeitpunkt des Gefahrübergangs verneinen müsste.
 
Anmerkung: Die – soweit erkennbar – allgemeine Meinung in der Literatur sieht das bei Rechtsmängeln gleichwohl anders. Hiernach soll der maßgebliche Zeitpunkt anders als beim Sachmangel nicht die Übergabe, sondern der Zeitpunkt sein, in dem sich der Erwerb vollziehen soll, also regelmäßig der Zeitpunkt des Eigentumserwerb (der zugegebenermaßen oftmals mit der Übergabe zusammenfallen wird), s. hierzu MüKoBGB/Westermann, 8. Aufl. 2019, § 435 Rn. 6 m.w.N. Hierauf soll jedoch nicht näher eingegangen werden, dient der Beitrag der Besprechung der BGH-Entscheidung, in der bei der Beurteilung konsequent auf den Zeitpunkt der Übergabe abgestellt wurde.
 
Das Berufungsgericht hat jedoch zutreffend darauf hingewiesen, dass zwar der unmittelbare Rechtsmangel erst am 22.05.2014 begründet wurde, der Sachverhalt, der zu der Eintragung in das SIS geführt habe, aber schon am 12.07.2011 vorgelegen habe. Dass dies zur Annahme eines Mangels bei Gefahrübergang aber nicht genüge, hat der BGH in seiner Entscheidung ausführlich dargelegt:

„Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts liegt ein Rechtsmangel bei Gefahrübergang nicht schon dann vor, wenn die letztlich zur späteren Eintragung in das SIS führende Ausgangslage […] bereits bei der nach § 446 Satz 1 BGB den Gefahrübergang herbeiführenden Übergabe des Fahrzeugs bestanden hat. Der Senat hat in seiner bisherigen Rechtsprechung zur Frage, ob in der Eintragung eines Kraftfahrzeugs in die SIS-Fahndungsliste ein Rechtsmangel liegt, darauf abgestellt, dass diese Eintragung bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs bestand (Senatsurteile vom 18. Januar 2017 – VIII ZR 234/15, aaO Rn. 14; vom 26. April 2015 – VIII ZR 233/15, aaO). Grund hierfür ist der Umstand, dass der Käufer mit der Aufnahme des Fahrzeugs in die SISFahndungsliste in der ungestörten Nutzung der Kaufsache und damit in der Ausübung der ihm – nach Übergabe – gebührenden Rechtsposition eines Eigentümers (§ 903 BGB) konkret beeinträchtigt ist. Erst mit der Eintragung in das SIS verdichtet sich das Risiko der Ausübung von Rechten Dritter – hier in Gestalt strafprozessrechtlicher Zugriffsbefugnisse auf das verkaufte Fahrzeug – so stark, dass mit dessen Verwirklichung unmittelbar und jederzeit gerechnet werden muss. An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest mit der Folge, dass allein das Vorliegen eines tatsächlichen Geschehens, das wegen seiner erst nach Gefahrübergang erkannten strafrechtlichen Bedeutung für eine spätere SISFahndung – und in deren Folge für eine etwaige Beschlagnahme – in irgendeiner Weise kausal geworden ist […] für die Annahme eines Rechtsmangels nicht genügt.“ (Rn. 14 ff.)

Eine andere Sichtweise würde die Haftung des Gebrauchtwagenverkäufers in unzumutbarer Weise überdehnen:

„Denn dieser müsste selbst bei dem Verkauf von Fahrzeugen, die eine lückenlos dokumentierte Historie aufweisen, auf lange Zeit für ein bei Gefahrübergang für ihn weder erkennbares noch beherrschbares tatsächliches Geschehen einstehen, das irgendwann einen staatlichen Zugriff auf das Fahrzeug ermöglicht.“ (Rn. 17).

Dies hatte der BGH indes schon einmal anders gesehen: In einer Entscheidung aus dem Jahre 2004 hatte es der BGH bei einer nach § 111b StPO rechtmäßig durchgeführten Beschlagnahme eines im Ausland als gestohlen gemeldeten Fahrzeugs für die Annahme eines Rechtsmangels bei Gefahrübergang als ausreichend erachtet, dass der Sachverhalt, aufgrund dessen die spätere Beschlagnahme erfolgte, bereits bei Gefahrübergang vorlag (BGH, Urt. v. 18.02.2004 – VIII ZR 78/03, NJW 2004, 1802 unter II 1). Die diesem Sachverhalt zugrunde liegende Konstellation unterscheide sich jedoch derart vom vorliegenden Fall, dass nicht die gleichen Maßstäbe angelegt werden könnten. Konkret:

„Der in dem Senatsurteil vom 18. Februar 2004 (VIII ZR 78/03, aaO) zu beurteilende Sachverhalt zeichnete sich dadurch aus, dass bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs eine Diebstahlsanzeige vorlag und strafrechtliche Ermittlungen – auch gegen den Käufer des Fahrzeugs – wegen des Verdachts der Hehlerei geführt wurden, in deren Folge es 16 Tage nach der Übergabe zu einer (rechtmäßigen und danach richterlich bestätigten) Beschlagnahme durch die deutschen Strafverfolgungsbehörden kam (Senatsurteil vom 18. Februar 2004 – VIII ZR 78/03, aaO). Somit drohte in jenem Fall bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs eine alsbaldige behördliche Beschlagnahme, die die Annahme eines bereits zu diesem Zeitpunkt bestehenden Rechtsmangels begründen konnte. Eine derartig „verdichtete“ Situation einer unmittelbar drohenden behördlichen Beschlagnahme bestand angesichts der vom Berufungsgericht zum zeitlichen Ablauf hier getroffenen Feststellungen bei Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger jedoch nicht. Somit kann […] auch insoweit ein bei Gefahrübergang vorhandener Rechtsmangel nicht bejaht werden.“ (Rn. 19).

Im vorliegenden Fall kann die Tatsache, dass der Sachverhalt, der zu der Eintragung in das SIS geführt habe, also nur deswegen nicht zur Annahme eines Sachmangels „bei Gefahrübergang“ führen, weil sich die Situation zum Zeitpunkt der Übergabe noch nicht hinreichend verdichtet hatte im Sinne eines unmittelbar drohenden behördlichen Einschreitens.
 
III. Ergebnis
Letztlich scheitert nach Auffassung des BGH ein Anspruch auf Rückabwicklung aus § 346 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 437 Nr. 2 Alt. 1, 323 BGB, dass im Zeitpunkt des Gefahrübergangs noch kein Rechtsmangel vorlag.
 
C) Fazit
Die wichtigsten Aussagen des BGH können wie folgt zusammengefasst werden:

  • Ein Sachmangel liegt in Abgrenzung zum Rechtsmangel immer dann vor, wenn der betreffende Umstand an die Beschaffenheit der Sache anknüpft, auch wenn er dazu führt, dass Dritte Rechte gegen den Käufer geltend machen können. Hiervon ausgehend liegt in der SIS-Ausschreibung eines Fahrzeugs zur Fahndung ein Rechtsmangel.
  • Ein Rechtsmangel bei Gefahrübergang liegt nicht bereits dann vor, wenn die Umstände, die zur späteren Ausschreibung führen, bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorgelegen haben. Denn eine konkrete Beeinträchtigung der Eigentümerposition ist erst mit der Eintragung in das SIS zu befürchten, denn erst dann verdichtet sich das Risiko der Ausübung von Rechten Dritter so stark, dass mit dessen Verwirklichung unmittelbar und jederzeit gerechnet werden muss. Anders geurteilt werden kann allenfalls dann, wenn im Zeitpunkt des Gefahrübergangs eine „alsbaldige“ behördliche Maßnahme droht, wenn sich die Situation also bereits so verdichtet hat, dass die der Maßnahme zugrunde liegenden Umstände in engem zeitlichem Abstand zur Durchführung (hier: Eintragung in das SIS) führen.

Die Entscheidung des BGH ist in Bezug auf die Äußerungen zum Gefahrübergang mehr als zweifelhaft, aber für die Praxis hinzunehmen. Aus streng dogmatischer Sicht hat der BGH freilich recht – der Rechtsmangel und nicht die für ihn irgendwie kausalen Umstände müssen im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorliegen. Gleichwohl erscheint das Urteil gerade vor dem Hintergrund der Entscheidung aus dem Jahre 2004, in der der BGH ausdrücklich anerkannt hat, dass bereits dem Rechtsmangel zugrunde liegende Umstände genügen können, nahezu willkürlich. Denn wann ist der zeitliche Zusammenhang noch gewahrt, dass von einem unmittelbar bevorstehenden behördlichen Eingriff ausgegangen werden kann? Als Eckpunkte kann man sich allenfalls – wenn auch wenig hilfreich – merken, dass eine Beschlagnahme, die 16 Tage nach Gefahrübergang folgt, wohl bereits hinreichend „drohte“; sind dagegen nach Übergabe drei Jahre vergangen, bevor es zur Eintragung ins SIS kommt, kann dies zur Annahme des erforderlichen zeitlichen Zusammenhangs nicht genügen – auch wenn die Umstände, die zur Maßnahme geführt haben, bereits in diesem Zeitpunkt abschließend vorlagen. In einer Klausur kommt es daher auf die Argumentation an: Wichtig ist, dass sich ausführlich mit der Frage auseinandergesetzt wird, ob die öffentlich-rechtliche Beschränkung bereits hinreichend drohte. Nur dann kann ein Rechtsmangel bei Gefahrübergang angenommen werden.

20.04.2020/1 Kommentar/von Dr. Melanie Jänsch
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Melanie Jänsch https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Melanie Jänsch2020-04-20 09:00:362020-04-20 09:00:36BGH: Neues zum Rechtsmangel beim Autokauf
Dr. Lena Bleckmann

Bundesverwaltungsgericht zu Polizeikosten bei Hochrisikospielen

Examensvorbereitung, Lerntipps, Öffentliches Recht, Polizei- und Ordnungsrecht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Verwaltungsrecht

In der vergangenen Woche erging ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Frage der Kostentragungspflichten bei Hochrisikofußballspielen (PM Nr. 26/2019 v. 29.3.2019). Aufgrund der Berührungspunkte mit mehreren Teilgebieten des Öffentlichen Rechts, insbesondere dem Polizeirecht und den Grundrechten, bietet die Entscheidung eine gute Basis für zukünftige Klausuren.
Sachverhalt
Aus Anlass eines Polizeieinsatzes bei einem Fußballspiel des SV Werder Bremen gegen den Hamburger SV erhob das Land Bremen von der Deutschen Fußball Liga (DFL) Gebühren in Höhe von 425.000 €. Dies geschah auf Grundlage eines Gesetzes aus dem Jahre 2014: Es sieht die Möglichkeit vor, von Veranstaltern gewinnorientierter Großveranstaltungen Gebühren für Polizeieinsätze zu erheben, sofern in räumlichem und zeitlichem Zusammenhang gewaltsame Ausschreitungen zu erwarten und so der Einsatz zusätzlicher Polizeikräfte voraussichtlich erforderlich sei. Die Gebühr richtet sich nach dem jeweiligen Mehraufwand der Polizei. 
Bei dem Spiel bestand die hohe Wahrscheinlichkeit gewalttätiger Auseinandersetzungen, sodass statt der üblichen 150 Beamten über 950 Polizisten, größtenteils aus anderen Bundesländern, im Einsatz waren. Die hierdurch entstandenen Kosten soll die DFL nun ersetzen. 
Die DFL ging gegen den Gebührenbescheid vor. Sie selbst sei schon nicht der richtige Adressat, die Gebühren könnten ausschließlich vom Verein Werder Bremen erhoben werden. Das Gesetz sei außerdem verfassungswidrig, insbesondere im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot, Art. 12 GG und Art. 14 GG. Weiterhin sei die Gefahrenabwehr Kernaufgabe des Landes und dürfe nur über Steuern finanziert werden. Auch sei die DFL selbst kein Störer i.S.d. Polizeigesetzes des Landes Bremen, sondern müsse vielmehr selbst vor den Ausschreitungen geschützt werden (siehe zu den Einwänden der DFL die Entscheidung der Vorinstanz, OVG Bremen, Az. 2 LC 139/17 – juris).
Während die erste Instanz der Klage der DFL stattgab und das Gesetz für zu unbestimmt hielt, entschied das OVG Bremen zugunsten des Landes.
So nun auch das Bundesverwaltungsgericht:
Zunächst sei bei der Gebührenerhebung zu beachten, dass der Gebührenpflichtige Steuerzahler sei und so unter anderem auch die Gefahrenabwehr mitfinanziere. Aufgrund einer besonderen Rechtfertigung sei die Erhebung zusätzlicher Gebühren dennoch möglich. Richtig sei der Einwand, die DFL selbst sei kein Störer im polizeirechtlichen Sinne, sodass die Gebühren nicht auf die Grundsätze der Störerhaftung gestützt werden können. Allerdings handle es sich bei dem Einsatz auch nicht um die übliche Gefahrenabwehr, sondern um eine Sonderleistung, die die Gebühren rechtfertige. Die DFL sei insoweit Nutznießer, sodass die Gebührenerhebung gerechtfertigt sei. 
Zwar sei auch die allgemeine Gefahrenabwehr betroffen, sodass in Erwägung gezogen werden könnte, einen entsprechenden Betrag in Abzug zu bringen. Das BVerwG stellte jedoch fest, dass das Interesse des Nutznießers das allgemeine Interesse so sehr überwiege, dass ein Abzug nicht angezeigt sei. 
Hinsichtlich der Bestimmtheit des Gesetzes bestünden jedenfalls im Hinblick auf Hochrisikofußballspiele keine Zweifel: Aufgrund der bestehenden Erfahrungswerte sei absehbar, in welchem Ausmaß zusätzliche Polizeikräfte erforderlich seien. Zwar müsse die Polizei den betriebenen Aufwand stets im Einzelnen rechtfertigen, dies sei ihr aufgrund der Erfahrungswerte allerdings regelmäßig möglich. 
Wichtig: Anderes soll für andersartige Großveranstaltungen gelten, für die keine ähnlichen Erfahrungswerte bestehen – die in diesem Fall mit dem Gebührentatbestand verbundenen Unsicherheiten seien dem Veranstalter unzumutbar, sodass keine Gebühr erhoben werden dürfe. 
Auch die Höhe der erhobenen Gebühr sah das BVerwG als unproblematisch an: Zwar können die polizeilichen Ausgaben eine beträchtliche Höhe erreichen, dies sei aber zumutbar, da der Tatbestand ausschließlich an gewinnorientierte Veranstaltungen anknüpfe. Insbesondere in der (hier betroffenen) Ersten Bundesliga stehe die Gebühr in einer angemessenen Relation zu dem durch den Veranstalter erzielten Gewinn. Dieser erhöhe sich auch gerade durch die gewährleistete Sicherheit – ohne den Einsatz der Polizeikräfte sei das Risiko von Ausschreitungen so hoch, das Besucher fernbleiben, der Gewinn einbrechen und der Ruf der DFL leiden könnte. In nachrangigen Ligen oder bei anderen Großveranstaltungen, bei denen keine vergleichbaren Gewinne erzielt werden, können die Gebühren jedoch unverhältnismäßig sein. 
Soweit die DFL geltend macht, sie sei nicht der richtige Adressat des Gebührenbescheids, führt das BVerwG lediglich aus, das Land könne nach seiner Wahl zwar auch den Verein Werder Bremen in Anspruch nehmen – die DFL sei jedoch jedenfalls Mitveranstalter des Fußballspiels. Sie bestimme wesentlich mit, wann und wo die Spiele der Ersten Bundesliga stattfinden. Der interne Ausgleich zwischen den Beteiligten bleibe diesen überlassen. 
Problematisch seien die erhobenen Gebühren allerdings insoweit, als dass sie auch direkt von den jeweiligen Störern erhoben werden könnten. Dies betrifft insbesondere die Kosten für zahlreiche Ingewahrsamnahmen am Spieltag. Hier seien ausschließlich die Störer in Anspruch zu nehmen, um eine doppelte Erstattung auszuschließen.
Bezüglich möglicher Grundrechtseingriffe lässt sich der Pressemitteilung des BVerwG nichts entnehmen. Allerdings stellte schon die Vorinstanz fest, Art. 14 GG schütze nicht das Vermögen als solches und damit nicht vor der Auferlegung von Geldleistungspflichten. Ein Eingriff in Art. 12 GG sei zwar aufgrund einer objektiv berufsregelnden Tendenz gegeben, jedoch durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt – der Schutz bei Hochrisikospielen diene vorrangig dem wirtschaftlichen Interesse des Veranstalters, sodass die Kosten auch von diesem, nicht aber von der Allgemeinheit zu tragen seien. 
Fazit
Die Entscheidung eröffnet dem Klausursteller viele Möglichkeiten: je nach Schwerpunktsetzung und Fragestellung können Ansprüche aus dem Polizeirecht gegen Veranstalter und Teilnehmer sowie grundrechtliche Fragestellungen zu prüfen sein. Die Möglichkeit der Kostenerhebung bei „Sonderleistungen“ der Polizei ist ungewöhnlich und stellt eine besondere Schwierigkeit dar. Der Bearbeiter, der diesbezüglich Überlegungen anstellt, dürfte sich bei vertretbarer Argumentation besonders vom Durchschnitt abheben. 

03.04.2019/1 Kommentar/von Dr. Lena Bleckmann
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Lena Bleckmann https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Lena Bleckmann2019-04-03 09:00:422019-04-03 09:00:42Bundesverwaltungsgericht zu Polizeikosten bei Hochrisikospielen
Dr. Yannik Beden, M.A.

BGH Follow-Up: Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter bei anwaltlicher Beratung

Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schon gelesen?, Schuldrecht, Startseite, Zivilrecht, Zivilrecht

Mit seinem Urteil vom 7. Dezember 2017 – IX ZR 45/16 hat der 9. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs erneut Stellung zur äußerst prüfungsrelevanten Thematik der Anwendbarkeit und Reichweite der Grundsätze zum Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (VSD) bezogen. Am selben Tag judizierte der 7. Senat des Gerichts zur Frage des Verhältnisses zwischen dem VSD und § 278 BGB – diese Entscheidung wurde bereits in einem vorherigen Beitrag behandelt. Auch der vom 9. Zivilsenat zu entscheidende Fall beleuchtet im Kern die Primärhaftung von Erfüllungsgehilfen in den klassischen Dreipersonenverhältnissen des VSD. Dieses Mal stand die Haftung eines zur Beratung hinzugezogenen Anwalts zur Debatte:
 
I. Der zugrundeliegende Sachverhalt (vereinfacht)
Die A-GmbH beabsichtigt, in Rumänien eine Milchviehanlage zu erwerben und zu erweitern. Dazu möchte sie Fördermittel der EU in Anspruch nehmen. Da dies mit einigen bürokratischen und juristischen Hürden verbunden ist, schließt die A-GmbH einen Vertrag mit der X-AG, wonach diese sie gegen ein Erfolgshonorar von 1,2 Mio. € beraten und unterstützen soll. In dem Vertrag vereinbaren die Parteien, dass die anwaltliche Beratung ausschließlich durch die X-AG realisiert werden soll, woraufhin diese einen Anwaltsvertrag mit dem Rechtsanwalt R abschließt.
Die A-GmbH schließt sodann einen Darlehensvertrag mit der P-Bank. Mit diesem Kredit sollen 45 % des Gesamtinvestitionsvolumens abgedeckt werden. Weitere 45 % der Investition sollen mit EU-Fördermitteln gedeckt werden. Die restlichen 10 % bringt die A-GmbH selbst bei. Voraussetzung für die Auszahlung der Darlehensvaluta ist nach den Bestimmungen des Darlehensvertrags, dass die A-GmbH Genossenschaftsanteile an der D-Bank erwirbt. Vor diesem Hintergrund eröffnet Rechtsanwalt R ein Anderkonto, auf welches die A-GmbH 80.000 € für den Erwerb der Genossenschaftsanteile überweist. Diesen Betrag leitet R sodann an die D-Bank weiter.
Entgegen der vertraglichen Vereinbarung zahlt die P-Bank allerdings das Darlehen nicht an die A-GmbH aus. Auch die beantragten EU Fördermittel werden der A-GmbH nicht bewilligt. Sie verlangt deshalb die Rückzahlung der 80.000 € von Rechtsanwalt R. Im zwischen der A-GmbH und der X-AG geschlossenen Vertrag wurde vereinbart, dass der für den Erwerb der Genossenschaftsanteile notwendige Betrag erst nach Bewilligung der EU Fördermittel an die P-Bank ausgezahlt werden soll.
Hat die A-GmbH einen Anspruch gegen Rechtsanwalt R auf Zahlung von 80.000 €?
Anmerkung: Deliktische Ansprüche der A-GmbH gegen R sind nicht zu prüfen.
II. Mögliche Anspruchsgrundlagen
Zu denken ist zunächst an einen Anspruch gegen R aus einem eigenständigen, zwischen der A-GmbH und dem R geschlossenen (Anwalts-)Vertrag. Auch Ansprüche aus einem Treuhandvertrag sind in Betracht zu ziehen. Beides ist jedoch letztlich in Ermangelung eines entsprechenden Parteiwillens abzulehnen. Auch ein Anspruch aus § 675 Abs. 2 BGB scheidet mangels Verpflichtungswillens und auch vor dem Hintergrund der zwischen der A-GmbH und der X-AG getroffenen Vereinbarung aus. Fraglich ist jedoch, ob die A-GmbH einen Anspruch gegen R nach den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter hat. Diese Wirkung könnte nämlich dem zwischen der X-AG und Rechtsanwalt R geschlossenen Anwaltsvertrag zukommen:
III. Reminder: Dogmatische Begründung und Voraussetzungen des VSD
In der Klausur gilt es, Ansprüche aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter in einem zweigliedrigen Aufbau zu prüfen. Zunächst sollte auf die – nach wie vor umstrittene – Verortung der Rechtsfigur eingegangen werden. Im Anschluss müssen dann die weitestgehend einheitlich anerkannten und vom BGH in ständiger Rechtsprechung bestätigten Anspruchsvoraussetzungen geprüft werden1
1. Rechtliche Grundlage
Auch wenn der BGH die dogmatische Verortung des VSD in jüngeren Entscheidungen teilweise ausdrücklich offenlässt, greifen die Senate des Gerichts in den meisten Urteilen auf eine ergänzende Vertragsauslegung und den mutmaßlichen Willen der Vertragsparteien zurück – §§ 133, 157 BGB. Im Schrifttum wird mitunter auf § 328 BGB rekurriert, einige Autoren verorten den Vertragstypus bei § 242 BGB. Auch eine Anknüpfung an § 311 Abs. 3 S. 1 BGB wird diskutiert. Da der VSD als eigenständiger Vertragstypus seit langer Zeit von allen Beteiligten anerkannt wird, mag man auch durchaus von Gewohnheitsrecht sprechen. In der juristischen Prüfung sollten die in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen kurz genannt und sich für eine Auffassung mit entsprechender Begründung entschieden werden.
2. Voraussetzungen des Anspruchs aus VSD
Folgende Merkmale müssen für den Anspruch nach den Grundsätzen des VSD verwirklicht sein:
(1) Bestimmungsgemäße Leistungsnähe des Dritten
Der Dritte muss bestimmungsgemäß mit der (Haupt-)Leistung in Berührung kommen und den Gefahren von Schutzpflichtverletzungen ebenso ausgesetzt sein wie der Gläubiger
(2) Gläubigernähe des Dritten
Der Gläubiger muss ein Interesse an der Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich des Vertrags haben
(3) Erkennbarkeit der Leistungs- und Gläubigernähe
Für den Schuldner müssen Leistungs- und Gläubigernähe des Dritten erkennbar und zumutbar sein.
(4) Schutzbedürfnis des Dritten
Für die Ausdehnung des Vertragsschutzes muss ein Bedürfnis bestehen. Dieses entfällt insbesondere, wenn dem Dritten eigene vertragliche Ansprüche zustehen, die den identischen oder zumindest gleichwertigen Inhalt haben.
(5) Ggf.: Analoge Anwendung des § 334 BGB
Da der Dritte über die Konstruktion des VSD einen vollwertigen Anspruch gegen den Schuldner erwirbt, stellt sich die Frage nach einer analogen Anwendung der haftungsbeschränkenden Norm des § 334 BGB. Die Bestimmung gilt unmittelbar nur für den Vertrag zugunsten Dritter – § 328 BGB. Eine entsprechende Anwendung wird diskutiert, um eine Besserstellung des Dritten gegenüber dem Primärgläubiger zu verhindern. Ob diese Analogie möglich und geboten ist, wird uneinheitlich beurteilt (zum Streitstand ausführlich Zenner, NJW 2009, 1030 ff.). Die Problematik sollte jedoch nur diskutiert werden, wenn dem Schuldner tatsächlich eine Haftungsbeschränkung gegenüber dem Primärgläubiger zugutekommt.
IV. Was entschied  der BGH?
Anders als noch die Vorinstanz urteilte der BGH, dass der zwischen der X-AG und Rechtsanwalt R bestehende Anwaltsvertrag keine drittschützende Wirkung gegenüber der A-GmbH entfalte. Das Landgericht entschied, dass die Beratungsleistungen des R aufgrund der erkennbaren Pflicht der X-AG, die Interessen der A-GmbH umfassend zu schützen, auch gegenüber letzterer Wirkung entfalten. Die Pflichtverletzung des R bestünde darin, die A-GmbH nicht vor den Risiken einer ungesicherten Vorleistung gewarnt zu haben. Im Falle eines entsprechenden Hinweises hätte die A-GmbH – so das Landgericht – eine Treuhandabrede mit R geschlossen und auf schützende Treuhandbedingungen bestanden.
Dieser Wertung widersprach der 9. Zivilsenat. Entscheidend ist nach Auffassung des BGH, dass der Rechtsanwalt R nicht aufgrund eines mit der A-GmbH geschlossenen Vertrags tätig wurde, sondern erst durch die Beauftragung der X-AG. Allein diese ist für die anwaltliche Beratung und Durchführung des Projekts der A-GmbH verantwortlich. R sei deshalb lediglich als Erfüllungsgehilfe der X-AG tätig geworden – § 278 BGB. Für einen eigenständigen Anspruch der A-GmbH gegen R nach den Grundsätzen des VSD fehle eine entsprechende Schutzbedürftigkeit der A-GmbH.
„Auch Verträge über anwaltliche Leistungen können Schutzwirkungen für Dritte entfalten. Voraussetzung der Einbeziehung Dritter in den Schutzbereich eines Vertrages ist, dass der Dritte bestimmungsgemäß mit der vom Anwalt geschuldeten Leistung in Berührung kommt, dass der Vertragspartner des Anwalts ein eigenes Interesse an der Einbeziehung des Dritten hat, dass der Anwalt die Leistungsnähe des Dritten und das Einbeziehungsinteresse seines Vertragspartners erkennen kann und dass der Dritte wegen des Fehlens eigener Ansprüche schutzbedürftig ist. Ausgeschlossen ist ein zusätzlicher Rechtsschutz regelmäßig dann, wenn der Dritte wegen des verfahrensgegenständlichen Sachverhalts bereits über einen inhaltsgleichen vertraglichen Anspruch verfügt. Ob der Anspruch finanziell durchsetzbar ist, ist unerheblich. Durch die Einbeziehung des Dritten ändern sich die Pflichten nicht, welche der Anwalt dem Mandanten gegenüber übernommen hat.
[…]
Die Klägerin  [A-GmbH] ist nicht schutzbedürftig. Ihr steht wegen der von ihr beanstandeten Beratungsfehler gegebenenfalls ein Schadensersatzanspruch gegen die Gesellschaft [X-AG] zu, als deren Erfüllungsgehilfe der Beklagte [R] tätig war.
[…]
Die Gesellschaft hatte die Beratung und Unterstützung der Klägerin im Zusammenhang mit dem beabsichtigten Erwerb der Milchviehanlage in Rumänien einschließlich der Finanzierung und der Beantragung der Fördermittel übernommen. Der Beklagte war nicht Partei dieses Vertrages. Dem Vertrag zwischen der Klägerin und der Gesellschaft zufolge sollte der Beklagte „die anwaltliche Beratung bezüglich der Vertragsgestaltung des Projekts“ übernehmen, jedoch nicht aufgrund eines mit der Klägerin geschlossenen Anwaltsvertrages, sondern aufgrund eines Auftrags der Gesellschaft. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung war die rechtliche Beratung also nicht ausschließlich vom Beklagten geschuldet. Der Beklagte hatte zwar alle auftretenden rechtlichen Fragen zu klären und die Verträge zu gestalten. Im Verhältnis zur Klägerin schuldete jedoch ausschließlich die Gesellschaft die genannten Leistungen. Dem eigenen Vortrag der Klägerin nach bezahlte die Gesellschaft die Beratungsleistungen, die der Beklagte zu erbringen hatte; sie gab diese Kosten im Rahmen des ihr zustehenden Honorars an die Klägerin weiter.
Gemäß § 278 S. 1 BGB hat der Geschäftsherr ein Verschulden der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie ein eigenes Verschulden. Berücksichtigten die Verträge, welche die von der Gesellschaft unterstützte und beratene Klägerin im Zusammenhang mit der Finanzierung schloss, nicht hinreichend die Interessen der Klägerin, sahen sie etwa ungesicherte Vorleistungen vor, war der Rückzahlungsanspruch der Klägerin im Falle eines Scheiterns des Antrags auf Fördermittel oder des Darlehensvertrages nicht hinreichend gesichert oder war der Vertragspartner erkennbar unseriös, hat die Gesellschaft für daraus entstandene Schäden einzustehen. Gleiches gilt, wenn die Beratungsleistungen der Gesellschaft unzulänglich waren, etwa weil sie die Klägerin nicht über die mit den ungesicherten Vorleistungen oder der fehlenden Absicherung des Rückzahlungsanspruchs verbundenen Risiken aufgeklärt hat. Eines zusätzlichen Anspruchs gegen den Beklagten als den Erfüllungsgehilfen der Gesellschaft bedarf es nicht. Nach allgemeinen Grundsätzen haftet der Erfüllungsgehilfe dem Vertragspartner seines Geschäftsherrn nicht unmittelbar. Das gilt auch dann, wenn der Vertragspartner den Erfüllungsgehilfen mit ausgewählt hat oder sich – wie hier – ausdrücklich mit dem Einsatz eines bestimmten Erfüllungsgehilfen einverstanden erklärt hat.“
V. Was bleibt also?
Fest steht, dass der BGH seine Judikatur zur Haftungserweiterung bei Erfüllungsgehilfen konsequent fortsetzt. Zwar können auch Verträge über anwaltliche Leistungen Schutzwirkung für Dritte entfalten – es bedarf jedoch auch hier einer Schutzbedürftigkeit nach den allgemeinen Grundsätzen des VSD. Da Erfüllungsgehilfen im Ausgangspunkt nicht unmittelbar gegenüber dem Vertragspartner des Geschäftsherrn haften, bedarf es einer genauen Kontrolle, ob dem Dritten nicht bereits eigene vertragliche Ansprüche mit (jedenfalls) gleichwertigem Inhalt zustehen. In der Klausur müssen deshalb die jeweiligen Vertragsinhalte genau geprüft und ggf. ausgelegt werden.

29.01.2018/2 Kommentare/von Dr. Yannik Beden, M.A.
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Yannik Beden, M.A. https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Yannik Beden, M.A.2018-01-29 10:00:012018-01-29 10:00:01BGH Follow-Up: Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter bei anwaltlicher Beratung
Tom Stiebert

OLG Hamm: Besonderheit im Schadensrecht – Anspruchsübergang auf Krankenversicherung

Arztrecht, Deliktsrecht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Startseite, Zivilrecht, Zivilrecht

Der Bereich des Schadensrechts bzw. Fragen eines Anspruchsübergangs ist in der Klausur häufig sehr relevant. Sei es auf der Rechtsfolgenebene bzgl. der Schadensberechnung oder aber bereits im Rahmen der Anspruchsgrundlage. Insofern sollten gesetzliche Normen zum Anspruchsübergang zwingend bekannt sein. Hinzuweisen ist dabei bspw. auf § 86 VVG und § 116 SGB X. Zu letzterem ist auf ein kürzlich veröffentlichtes Urteil des OLG Hamm vom 9.9.2016 (26 U 14/16) hinzuweisen.
I. Folgender Sachverhalt lag dem zugrunde:
Patient P ließ sich in den Jahren 2006 und 2007 von einem Augenarzt wegen Augenschmerzen und Dunkelsehen behandeln. Der Beklagte diagnostizierte eine Bindehautentzündung, die er mit Augentropfen behandeln ließ. Eine weitere diagnostische Abklärung im Hinblick auf einen grünen Star unterblieb, obwohl die Beschwerden fortbestanden. Ende 2007 stellte sich nach Besuch einer weiteren Praxis heraus, dass P an fortgeschrittenem grünen Star an beiden Augen litt. Trotz umgehend durchgeführter Operationen verlor der Patient seine Sehschärfe, erlitt eine Gesichtsfeldeinengung und ist heute so gut wie blind. Bei rechtzeitiger OP hätte die Ursache direkt erkannt und noch beseitigt werden können. Ferner war die Behandlung auch grob fehlerhaft.
P erhielt von der Haftpflichtversicherung des Arztes Schadensersatz in einer Abfindung in Höhe von 475.000 Euro. Zusätzlich erhält P auch Blindengeld i.H.v. ca. 30.000 Euro nach dem Gesetz über die Hilfe für Blinde und Gehörlose (GHBG). (Hierbei handelt es sich um Landesrecht). Dieses wird unabhängig von Einkommen und Vermögen durch die Sozialhilfeträger gezahlt, die nun hierfür den Schädiger (den Arzt)b in Regress nehmen wollen.
II. Lösung
Das OLG Hamm lehnte einen Anspruchsübergang nach §§ 116 SGB X iVm. § 823 Abs. 2 BGB ab.
Für einen solchen Anspruchsübergang müsste zunächst ein SE-Anspruch des P gegen den Arzt bestehen. Dieser müsste in der Klausur ausführlich geprüft werden. Insbesondere sind dabei die Besonderheiten der Arzthaftung zu beachten. (siehe unsere Beiträge hier und hier), die auch auf den Tierarzt ausgedehnt wurden.
Daneben muss die Sozialversicherung auf Grund des Schadensereignisses Sozialleistungen zu erbringen hat, die der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienen. Fraglich ist, ob die Leistung von Blindengeld hierunter fällt. Dies hat das OLG Hamm verneint. Voraussetzung ist eine sachliche Kongruenz zwischen der Ersatzpflicht des Schädigers und der Leistungsverpflichtung des Sozialhilfeträgers. Fraglich ist, ob eine solche hier besteht. Dazu müssen die Leistung des Sozialhilfeträgers und der vom Schädiger zu leistende Schadensersatz dem Ausgleich derselben Einbuße des Geschädigten dienen. Das OLG Hamm verneinte einen entsprechenden Zusammenhang:

„Eine solche Kongruenz bestehe zwischen dem Blindengeld und dem Schadensersatzanspruch des Patienten, der auch den Ausgleich von durch die Erblindung entstandenen Mehraufwendungen umfasse, nicht. Das auf der Grundlage des nordrhein-westfälischen Gesetzes über die Hilfen für Blinde und Gehörlose gezahlte Blindengeld werde unabhängig von Einkommens- und Vermögensverhältnissen und auch von einer Erforderlichkeit aus Seiten des Blinden pauschal gezahlt. Es solle Nachteile der Behinderung mildern, die Teilhabe am Leben der Gesellschaft ermöglichen und ein möglichst selbständiges und selbstbestimmtes Leben erleichtern sowie die Pflegbedürftigkeit vermeiden oder zumindest vermindern. Es werde abstrakt berechnet und nehme für sich gar nicht in Anspruch, jeglichen Mehraufwand abzudecken. Beim zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch, auf den der gesetzliche Forderungsübergang anzuwenden sei, werde demgegenüber nach haftungsrechtlichen Gesichtspunkten allein auf den tatsächlich entstandenen blindheitsbedingt entstandenen Mehrbedarf abgestellt. Im Falle eines Anspruchsübergangs würde der Blinde zudem schlechter gestellt, weil er vom Schädiger nur die über das gezahlte Blindengeld hinausgehenden Mehraufwendungen ersetzt verlangen könne und Aufwendungen in dieser Höhe zunächst auch schlüssig darlegen müsse.“

Insofern wird eine Kongruenz abgelehnt. Eine doppelte Inanspruchnahme scheide zudem auch aus:

Dass er auch nicht „doppelt“ entschädigt werde, regele das Gesetz über die Hilfen für Blinde und Gehörlose dadurch, dass er sich gezahlte Entschädigungsleistungen wegen Mehraufwendungen auf das Blindengeld anrechnen lassen müsse.

III. Fazit
Mit dieser atypischen Konstellation lässt sich die Prüfung eines Standardfalls gut verbinden. Die Normen zum Anspruchsübergang sollten beherrscht werden. So lässt sich auch eine solche Konstellation ohne Schwierigkeiten lösen. Der Fall kann in den nächsten Monaten und Jahren häufig relevant werden, da die Revision zum BGH eingelegt wurde.
 
 

11.11.2016/1 Kommentar/von Tom Stiebert
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tom Stiebert https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tom Stiebert2016-11-11 09:00:572016-11-11 09:00:57OLG Hamm: Besonderheit im Schadensrecht – Anspruchsübergang auf Krankenversicherung
Tom Stiebert

OLG Hamm: Zusammenstoß im Supermarkt – Verkehrsunfall analog?

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Verkehrsunfälle sind in juristischen Klausuren ein Klassiker – nicht nur im zweiten sondern auch im Ersten Staatsexamen. Die etwas verworrene Prüfung der §§ 7 und 18 StVG und die komplizierte inzidente Prüfung des § 17 StVG sind wohl den meisten Juristen bekannt. Was aber, wenn ein Zusammenstoß in einem Supermarkt passiert? Die Pressemitteilung des OLG Hamm zu einem aktuellen Urteil (OLG Hamm v. 6.6.2016 – 6 U 203/15) spricht insofern von einer „Kundenkollision“.
I. Was war passiert?
Der Sachverhalt ist kurz zusammengefasst: Die Klägerin und die Beklagte suchten im April 2012 als Kundinnen einen Supermarkt auf. In einem Gang des Supermarktes machte die Beklagte beim Abbiegen von einem Haupt- in einen Seitengang einen Schritt rückwärts, ohne sich zuvor umzusehen. Nach ihren Angaben wollte sie eine ihr entgegen kommende Verkäuferin mit einer sog. Ameise nebst einer Palette vorbeilassen. Durch den Rückwärtsschritt kam es zum Zusammenstoß mit der Klägerin, die aus einem Seitengang kommend die Beklagte an der Seite ihres Rückens passieren wollte. Die Klägerin stürzte und zog sich den Bruch ihres Ellenbogens zu, der operativ versorgt werden musste. Die Klägerin begehrte nun Schadensersatz und ein angemessenes Schmerzensgeld.
II. Lösung des OLG
Das OLG sprach einen entsprechenden Anspruch zu, kürzte diesen aber wegen Mitverschulden um 50%. Dem lag folgende Würdigung zugrunde.
Da die Regelungen des StVG hier offensichtlich nicht greifen – ein Kraftfahrzeug liegt nicht vor – kann sich ein Anspruch allein aus § 823 Abs. 1 BGB ergeben.
Eine Handlung der Beklagten lag in Gestalt des Rückwärtsgehens vor.
Auch eine Rechtsgutsverletzung der Klägerin – gesundheitliche Schädigung – trat ein.
Die Handlung ist auch rechtswidrig und schuldhaft. Insbesondere war die Handlung auch nicht sozialadäquat. das OLG führt insofern aus:

Dabei habe die Beklagte schuldhaft gehandelt und sich nicht lediglich sozialadäquat verhalten. Wegen der in einem Supermarkt bestehenden Kollisionsgefahr mit anderen Kunden oder von diesen benutzten Einkaufswagen bewege sich ein verständiger Kunde im eigenen Interesse nicht rückwärts von einem Regal in den Gang zurück, ohne sich zuvor umzuschauen. Jedenfalls müsse ein Besucher, der sich rückwärts in die Verkaufsgänge zurückbewege, mit Hindernissen verschiedenster Art rechnen, weil diese dem Treiben im Supermarkt immanent seien. Auf diese habe sich der Kunde einzurichten, was die Beklagte versäumt habe, weil sie – ohne zuvor zurück zu sehen – zurückgegangen sei.

Auch eine haftungsbegründende Kausalität lag vor.
Ebenso ist ein Schaden vorliegend, für den auch die Rechtsgutsverletzung kausal ist (haftungsausfüllende Kausalität).
Somit steht der Klägerin ein Schadensersatzanspruch nach § 249 Abs. 1 BGB sowie ein Schmerzensgeldanspruch nach § 253 Abs. 2 BGB zu. Beide Ansprüche sind aber wegen Mitverschulden der Klägerin gemäß § 254 Abs. 1 BGB um 50% zu mindern, wobei zu beachten ist, dass im Rahmen des Schmerzensgeldes ein solches Mitverschulden bereits im Rahmen der Bemessung zu beachten ist (Palandt/Grüneberg, § 253 BGB, Rn. 20). Zur (Mit)verursachung durch die Klägerin führt das Gericht aus:

Die Klägerin treffe ein hälftiges Mitverschulden an dem Unfall, weil sie ebenso wie die Beklagte zu der Kollision beigetragen habe. Sie habe ihrerseits nicht auf die Bewegungen der sich in ihrer Nähe bewegenden Beklagten geachtet, als sie diese passiert habe. Hierdurch habe sie ebenso wie die Beklagte gegen die beschriebenen Sorgfaltspflichten eines Kunden beim Besuch eines Supermarkts verstoßen.

Damit war der Anspruch um 50% zu kürzen.
III. Fazit
Es zeigen sich daher auch hier deutliche Parallelen zum Autounfall. Auch hier ist die Problematik des Mitverschuldens von zentraler Bedeutung. Anders als dort ergibt sich ein Mitverschulden aber nicht aus der Betriebsgefahr selbst, sondern muss im Einzelfall deutlich werden. Allerdings wird auch hier offenkundig eine Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme postuliert. Ein unbesonnenes Bewegen im Supermarkt soll nicht möglich sein. Vielmehr gilt es auch hier stets das Umfeld und den fließenden „Einkaufswagenverkehr“ im Blick zu behalten. Nur so können Haftungsrisiken ausgeschlossen werden.

23.08.2016/1 Kommentar/von Tom Stiebert
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tom Stiebert https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tom Stiebert2016-08-23 13:30:582016-08-23 13:30:58OLG Hamm: Zusammenstoß im Supermarkt – Verkehrsunfall analog?
Tom Stiebert

OLG Oldenburg: Rollenspiele sind auch nur Sport – Haftung für Verletzungen

Deliktsrecht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Schuldrecht, Startseite, Zivilrecht

Das OLG Oldenburg hat sich in einem aktuellen Urteil zur Frage der Haftung wegen einer Verletzung bei einem Live Action Role Playing Game (also einem Live-Rollenspiel geäußert). (OLG Oldenburg v. 28.4.2016 – 3 U 20/16. Das Gericht bildete den Haftungsmaßstab dabei parallel zur Verletzung bei Fußballspielen. Das Urteil ist sowohl juristisch interessant als auch tatsächlich erheiternd.
I. Folgender Sachverhalt lag zugrunde:
Der Kläger hatte dem Beklagten vorgeworfen, ihn bei einer mittelalterlichen Kampfszene im Rahmen eines Live-Rollenspiels auf dem Ferienhof Groneik in Gehrde am 20.4.2013 mit einer Schaumstoffkeule so schwer am Auge verletzt zu haben, dass ein Dauerschaden eingetreten sei und die Sehfähigkeit des Klägers aller Voraussicht nach nicht wieder hergestellt werden könne. Im Rahmen des Spiels kämpften gegnerische Mannschaften nach einem Regelwerk in einer Weise gegeneinander, die auch bei regelgerechtem Verhalten die Gefahr von Verletzungen mit sich bringe. Letztlich war diese Verletzung unstreitig. Ebenso unstreitig war aber auch, dass dies nicht auf Vorsatz beruhte. Vielmehr lag allenfalls ein fahrlässiges Handeln zugrunde.
II. Das Gericht verneinte sodann die Haftung unter paralleler Heranziehung der Grundsätze zu Verletzungen bei Fußballspielen:

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist die Rechtsauffassung des Landgerichts, wonach die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze zur Verschuldenshaftung bzw. zum Verschuldensmaßstab bei Kampfsportarten, wie etwa Fußball, auf das in Frage stehende Live-Rollenspiel übertragen werden können, zu bestätigen.

Als Anspruchsgrundlage kommt nur ein deliktischer Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB in Betracht.
Durch die vom Beklagten herbeigeführten Schlag mit der Keule und die Verletzung liegt eine kausal verursachte Gesundheitsverletzung des Anspruchstellers vor.
Fraglich ist in diesen Fällen der Verletzungen bei Sportveranstaltungen, wie weit die deliktische Haftung der Gegenspieler geht.
Dabei sind folgende Fälle zu unterscheiden:

  • durch regelwidriges Verhalten herbeigeführte Verletzungen
  • Verletzungen durch regelkonformes Verhalten
  • bloß geringfügiger Regelverstoß  (sog. „erlaubte Härte“)

Vertiefend hierzu unser sehr instruktiver Beitrag zu Foulspiel im Fußball.
Nach diesen Grundsätzen ist eine Haftung hier abzulehnen:

Wegen eines fahrlässigen Kopftreffers des Beklagten stehe dem Kläger aber kein Schadensersatz zu. Denn zum einen würden die Regeln der LARP-Veranstaltung, an der die Parteien teilgenommen hatten, lediglich vorsätzliche Kopftreffer verbieten, zum anderen sei dem Kläger bereits vor seiner Teilnahme an dem Rollenspiel bekannt gewesen, dass es bei solchen Kämpfen hin und wieder auch zu Kopftreffern kommen könne. Soweit er dennoch an den Kampfszenen teilgenommen habe, habe er mit seiner Teilnahme stillschweigend darin eingewilligt, wegen fahrlässiger Kopftreffer und deren Folgen keine Ansprüche gegen andere Kampfteilnehmer geltend zu machen.

Auch hier gleichen die Erwägungen denjenigen beim Fußballfoul, wo eine Heranziehung von § 242 BGB angenommen wird.

Denn hier wie da kämpften gegnerische Mannschaften nach einem Regelwerk in einer Weise gegeneinander, die auch bei regelgerechtem Verhalten die Gefahr von Verletzungen mit sich bringe. Eine Haftung komme in diesen Fällen – auch im Falle einer „im Eifer des Gefechts“ erfolgten Regelverletzung – nur bei vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verstößen gegen die Spielvorgaben in Betracht.

Aus diesem Grund scheidet eine Haftung damit aus.
 

04.07.2016/5 Kommentare/von Tom Stiebert
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tom Stiebert https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tom Stiebert2016-07-04 16:09:302016-07-04 16:09:30OLG Oldenburg: Rollenspiele sind auch nur Sport – Haftung für Verletzungen
Tom Stiebert

BGH: Grobe Behandlungsfehler des Tierarztes führen zur Beweislastumkehr

Arztrecht, Deliktsrecht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schon gelesen?, Schuldrecht, Startseite, Zivilrecht, Zivilrecht

Das Deliktsrecht – insbesondere die sehr umfangreiche Kasuistik zu § 823 BGB – gehört wohl zu den meist unterschätzten juristischen Bereichen. Hier können in der Klausur massiv Punkte verloren oder aber eben auch gewonnen werden – je nachdem wie sauber die Prüfung der Voraussetzungen gelingt. Insofern ist die Kenntnis eines Urteils des BGH v. 10.5.2016 (VI ZR 247/15) absoluter Pflichtstoff, der auch interessante Zusammenhänge zu anderen Bereichen zeigt.
I. Sachverhalt
Was war passiert? Ein Pferd hatte durch den Tritt eines anderen Pferdes eine Fissur (einen Haarriss) des Knochens erlitten, die sich zu einer vollständigen Fraktur (einen Bruch) entwickelt hatte. Die Eigentümerin hatte die Fissur nicht erkannt, brachte ihr Pferd aber aufgrund der Beinverletzung zu einem Tierarzt. Dieser verschloss lediglich die von außen sichtbare Wunde, nahm aber keine weiteren Untersuchungen vor. Einige Tage später wurde eine Fraktur des verletzten Beines diagnostiziert, die es sich beim aufstehen an dem bereits vorgeschädigten Bein zugezogen hatte. Eine Operation gelang nicht, sodass das Pferd getötet werden musste. Im Streitfall blieb ungeklärt, ob der grobe Behandlungsfehler dafür ursächlich war, dass sich das Pferd beim Aufstehen das Bein brach.
Die Eigentümerin verlangte vom Tierarzt nun Schadensersatz wegen der fehlerhaften Behandlung ihres Pferdes.
II. Rechtliche Würdigung
Denkbar ist hier entweder ein vertraglicher Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB iVm dem Behandlungsvertrag oder aber ein deliktischer Anspruch aus § 823 BGB. In beiden Konstellationen muss die Rechtsgutsverletzung (hier ggf. fehlerhafte Behandlung) bzw. die Pflichtverletzung (unzureichende Untersuchung) kausal für den eingetretenen Schaden, also den Bruch des Beines sein. Dies war hier gerade nicht aufzuklären. Zwar hätte der Arzt die Fissur entdecken und behandeln müssen, es konnte aber nicht bewiesen werden, dass diese Nichtbehandlung bzw. die Fissur an sich kausal für den Bruch des Beines gewesen sind. Fraglich ist, wer das Risiko dieser Unsicherheit zu tragen hat.
An sich ist derjenige beweisbelastet, der diejenigen Tatsachen vorbringt, die seinen Anspruch begründen. Da hier die Eigentümerin einen Schadensersatzanspruch geltend macht, müsste sie folglich auch sämtlich hierfür notwendigen Tatsachen, mithin also auch die Kausalität beweisen. Dies ist häufig nahezu unmöglich. Auch der BGH hat dies so bestätigt:

Sie knüpfen vielmehr daran an, dass die nachträgliche Aufklärbarkeit des tatsächlichen Behandlungsgeschehens wegen des besonderen Gewichts des Behandlungsfehlers und seiner Bedeutung für die Behandlung in einer Weise erschwert ist, dass der Arzt nach Treu und Glauben – also aus Billigkeitsgründen – dem Patienten den vollen Kausalitätsnachweis nicht zumuten kann. Die Beweislastumkehr soll einen Ausgleich dafür bieten, dass das Spektrum der für die Schädigung in Betracht kommenden Ursachen gerade durch den Fehler besonders verbreitert oder verschoben worden ist (ständige Rechtsprechung so etwa Senat, BGHZ 72, 132, 136; 132, 47, 52; 159, 48, 55; Urteile vom 7. Juni 1983 – VI ZR 284/81 – VersR 1983, 983; vom 28. Juni 1988 – VI ZR 217/87 – VersR 1989, 80, 81; vom 4. Oktober 1994 – VI ZR 205/93 – VersR 1995, 46, 47; vom 16. April 1996 – VI ZR 190/95 – VersR 1996, 976, 979; und vom 11. Juni 1996 – VI ZR 172/95 – VersR 1996, 1148, 1150; Steffen in Festschrift für Brandner 1996 S. 327, 335 f.)
(BGH, Urteil vom 06. Oktober 2009 – VI ZR 24/09 –, Rn. 14, juris)

Aus diesem Grund wird eine Beweislastumkehr bejaht, sodass der Arzt nunmehr die fehlende Ursächlichkeit des Fehlers für den Schaden bejahen muss.
Im Bereich des Arzthaftungsrechts wurde dieses Recht durch § 630h BGB kodifiziert. Dieser gilt aber nicht für die Tierarztbehandlung, vgl. den klaren Wortlaut des § 630a Abs. 1 BGB. Auf diese Konstellationen hat nun aber die Rechtsprechung die Haftung ausgedehnt. Die Situationen seien hier vergleichbar:

Nach Auffassung des BGH sind die in der Humanmedizin entwickelten Rechtsgrundsätze hinsichtlich der Beweislastumkehr bei groben Behandlungsfehlern, insbesondere auch bei Befunderhebungsfehlern, auch im Bereich der tierärztlichen Behandlung anzuwenden. Beide Tätigkeiten bezögen sich auf einen lebenden Organismus. Bei der tierärztlichen Behandlung komme – wie in der Humanmedizin – dem für die Beweislastumkehr maßgeblichen Gesichtspunkt, einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass das Spektrum der für die Schädigung in Betracht kommenden Ursachen wegen der elementaren Bedeutung des Fehlers besonders verbreitert oder verschoben worden sei, eine besondere Bedeutung zu. Auch der grob fehlerhaft handelnde Tierarzt habe durch einen schwerwiegenden Verstoß gegen die anerkannten Regeln der tierärztlichen Kunst Aufklärungserschwernisse in das Geschehen hineingetragen und dadurch die Beweisnot auf Seiten des Geschädigten vertieft.

Der BGH bleibt hier also bei den ungeschriebenen Grundsätzen und wendet nicht, was auch möglich wäre, § 630h BGB analog an. Die genaue Begründung bleibt aber den Urteilsgründen vorbehalten.
III. Examensrelevanz
Tiere sind auch nur Menschen – das möchte der BGH in diesem Urteil wohl sagen. Für Menschen sollte die Rechtsprechung zu § 823 BGB, die eine entsprechende Beweislastumkehr postulierte, bekannt sein. Spätestens seit der expliziten Kodifizierung in § 630h BGB bedarf es aber dieser Rechtsprechung nicht mehr. Auch diese gesetzliche Regelung des Behandlungsvertrages sollte bekannt sein.
Wenige Gründe sind ersichtlich, warum diese Rechtsprechung nicht auch auf den Tierarzt ausgedehnt werden soll. Die Unterschiede sind gering, die Beweislastschwierigkeiten identisch. Insofern ist dem BGH absolut zuzustimmen. Für Examenskandidaten positiv ist, dass sie damit diese Fallgruppe der Beweislastumkehr nicht etwa wegen § 630h BGB umsonst gelernt haben, sondern nun auch auf den Tierarztvertrag anwenden können. Einem neuen Klausurfall sind damit Tür und Tor geöffnet.

11.05.2016/1 Kommentar/von Tom Stiebert
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tom Stiebert https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tom Stiebert2016-05-11 08:45:042016-05-11 08:45:04BGH: Grobe Behandlungsfehler des Tierarztes führen zur Beweislastumkehr
Dr. Christoph Werkmeister

BGH: Haftungsbeschränkungen in AGB von Reinigungen

AGB-Recht, Rechtsprechung, Zivilrecht

Erst vor einigen Tagen berichteten wir sehr ausführlich zu einem examensrelevanten Urteil, das sich mit dem Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen befasste (in der Sache ging es um die Zulässigkeit des Verkaufs von Miles&More-Punkten, siehe dazu hier). Der BGH äußerte sich aktuell erneut zu einer Fallgestaltung aus dem AGB-Recht (Urteil vom 04.07.2013 – VII ZR 249/12). Behandelt wurden dieses Mal bestimmte Haftungsbeschränkungsklauseln, die im Textilreinigungsgewerbe gebräuchlich sind.
Klassische AGB-Kontrolle
Die AGB von vielen Textilreinigern enthielten die folgende Klausel:

Der Textilreiniger haftet für den Verlust des Reinigungsgutes unbegrenzt in Höhe des Zeitwertes. Für Bearbeitungsschäden haftet der Textilreiniger nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit unbegrenzt in Höhe des Zeitwertes. Ansonsten ist die Haftung auf das 15fache des Bearbeitungspreises begrenzt. Achtung: Unsere Haftung kann auf das 15fache des Bearbeitungspreises begrenzt sein (siehe Nr. 5 AGB). Sie können aber unbegrenzte Haftung in Höhe des Zeitwertes, zum Beispiel durch Abschluss einer Versicherung, vereinbaren.

Insbesondere die ersten beiden Sätze der Klausel wurden vom BGH wegen Verstoßes gegen § 309 Nr. 7 b) BGB für unwirksam erklärt, da eine Beschränkung der Haftung für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit auf den Zeitwert der beschädigten Sache vorlag. Nach Auffassung des BGH musste indes der Wiederbeschaffungswert der Sache maßgeblich sein.
Im Übrigen stelle die Beschränkung auf das 15fache des Reinigungspreises einen Verstoß gegen § 307 Abs. 1 BGB dar, da die Klausel den Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige. Der Reinigungspreis, der im Vergleich zum Wert der Sache erheblich niedriger sein kann, stellt nach dem BGH keinen tauglichen Maßstab für die Begrenzung der Haftung dar. Es fehle jegliche Relation zur tatsächlichen Schadenshöhe.
Examensrelevanz
Das AGB-Recht muss zwingend für das erste sowie das zweite Staatsexamen beherrscht werden. Die hier genannten Aspekte, die zu einer Nichtigkeit der Klausel führten, stellen nur einen von vielen Aufhängern dar, um die Wirksamkeit der Klauseln zu Fall zu bringen. Für die Klausur ist eine ausschöpfende Argumentation bei der Bewertung der Klauseln und weniger das Ergebnis bedeutsam, um dem Korrektor zu zeigen, dass der Sinngehalt der Klausel und auch der wirtschaftliche Kontext nachvollzogen werden konnten.
Die Systematik und der Prüfungsaufbau einer AGB-Prüfung werden in einem anderen Beitrag erläutert (siehe dazu schematisch hier). Die wichtigsten Judikate aus der letzten Zeit zu diesem Thema findet ihr im Übrigen hier.

08.07.2013/0 Kommentare/von Dr. Christoph Werkmeister
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2013-07-08 07:01:252013-07-08 07:01:25BGH: Haftungsbeschränkungen in AGB von Reinigungen
Dr. Christoph Werkmeister

Facebook an Kosten für ausufernde Facebook-Partys beteiligen?

Aktuelles, Deliktsrecht, Verfassungsrecht, Zivilrecht

Beck-aktuell berichtet, dass die Deutsche Polizei-Gewerkschaft sich dafür einsetzt, dass das Unternehmen Facebook an den Kosten für sogenannte Facebook-Partys beteiligt werden soll. Wie eine derartige Beteiligung de lege ferenda aussehen soll, wird in der Kurzmeldung indes nicht erörtert.
So oder so, auch de lege lata ist das Thema Facebook-Partys bereits eine Rechtsmaterie, die viel Aufsehen und durchaus auch komplexe Fragestellungen mit sich bringt. Höchstrichterlich ist in diesem Bereich jedenfalls noch nicht viel geklärt, so dass Facebook-Partys sicherlich auch bald in den Examina auftauchen werden. Aufgrund der aktuellen Debatte eignet sich das Thema natürlich noch mehr für anstehende mündliche Prüfungen. Insofern sei an dieser Stelle auf unseren seinerzeit verfassten Beitrag zu den zivilrechtlichen Implikationen von Facebook-Partys verwiesen. Auch die Frage, inwiefern virtuelle Ansammlungen Versammlungen i.S.d. Art. 8 GG darstellen können, kann im Kontext von Facebook-Veranstaltungen im Raum stehen, weshalb auch dieser Beitrag einschlägig ist.

14.08.2012/0 Kommentare/von Dr. Christoph Werkmeister
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2012-08-14 20:00:082012-08-14 20:00:08Facebook an Kosten für ausufernde Facebook-Partys beteiligen?
Dr. Johannes Traut

LG München I: Anonyme Hotspots erlaubt!?

Deliktsrecht, Rechtsprechung, Zivilrecht

Beck-online titelte vor kurzem „Anonyme Hotspots erlaubt“ (becklink 1021386). In dem Artikel wurde über eine Entscheidung des LG München I berichtet, wonach Anbieter kostenloser Hotspots ihre Nutzer nicht identifizieren müssen (Urteil vom 12.01.2012, Az.: 17 HK O 1398/11, abrufbar im Volltext hier).
Dieser Bericht und insbesondere die gewählte Überschrift sind irreführend. Die Entscheidung des LG München I bezieht sich auf eine Fallgestaltung aus dem Wettbewerbsrecht. Ein Konkurrent hatte den Betreiber des Hotspots verklagt, das Anbieten eines Internetzugangs ohne Identifizierung zu unterlassen. Das Gericht entschied, dass es nach dem TKG und anderen Rechtsvorschriften keine Pflicht gibt Nutzer zu identifizieren.
Keine Aussage hat das Urteil dagegen zu der Haftung für Rechtsverletzungen, welche mittels des zur Verfügung gestellten WLANs begangen werden, getroffen. Es bleibt vielmehr dabei, dass dem Betreiber eines solchen ungesicherten und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellten WLAN-Zugangs erhebliche Haftungsrisiken drohen. Dabei kann es für das „ob“ und den Umfang der Haftung dann durchaus eine Rolle spielen, ob der Betreiber auf die Identifizierung der Nutzer verzichtet oder nicht. Verzichtet er darauf, kann man möglicherweise annehmen, dass er Rechtsverletzungen mit bedingtem Vorsatz in Kauf nimmt.
Das wäre etwa für die Haftung von mittels eines Netzwerks begangenen Urheberrechtsverletzungen relevant. Das folgt aus der BGH-Rechtsprechung (BGH Urteil vom 12. 5. 2010 – I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 = NJW 2010, 206 – Sommer unseres Lebens, hier ein Bericht auf juraexamen.info). Dort hatte der BGH entschieden, dass Inhaber von Urheberrechten von den Betreibern des WLANs Beseitigung bzw. Unterlassung der durch das WLAN begangenen Urheberrechtsverletzungen gem. § 97 Abs. 1 UrhG verlangen können. Das gelte selbst dann, wenn, wie in dem BGH entschiedenen Fall, ein Dritter unberechtigt das WLAN nutze.
Eine Haftung auf Schadensersatz gem. § 97 Abs. 2 UrhG scheide aber aus, da der Betreiber des WLANs, jedenfalls wenn er es Dritten nicht zur Verfügung stellt, nicht Täter oder Teilnehmer der Urheberrechtsverletzung ist. Denn um Täter zu sein, müsste er selbst das Werk zugänglich gemacht haben (§ 19a UrhG). Das jedoch ist nicht bereits mit der Zurverfügungstellung eines Internetanschluss der Fall, sondern erst mit dem Onlinestellen des Werkes. Eine Haftung als Teilnehmer käme jedoch in Betracht, wenn er vorsätzlich handelt. Ein solcher Vorsatz wird im vom BGH entschiedenen Fall des Einbruchs in ein privates Netzwerk fernliegend sein. Anders mag es liegen, wenn man ein Netzwerk öffentlich zur Verfügung stellt und die anonyme Nutzung desselben erlaubt. Daran ändert auch die zitierte Entscheidung des LG München I nichts.

01.08.2012/0 Kommentare/von Dr. Johannes Traut
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Johannes Traut https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Johannes Traut2012-08-01 09:18:402012-08-01 09:18:40LG München I: Anonyme Hotspots erlaubt!?
Gastautor

Aufsatzwettbewerb: Die Haftung von Ratingagenturen nach den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter

Lerntipps, Schon gelesen?, Schuldrecht, Startseite, Verschiedenes, Zivilrecht

Wir freuen uns, euch heute den vierten Beitrag zu unserem Aufsatzwettbewerb veröffentlichen zu können.
Der Beitrag wurde von Harald Frey verfasst.
Wichtig ist: Entscheidend für die Vergabe der Preise ist die Anzahl „likes“ hier auf unserer Seite sowie auf Facebook in den nächsten 2 Wochen . Also fleißig voten, wenn euch der Beitrag gefällt.
In der aktuellen Diskussion um die Wirtschaftskrise geraten Ratingagenturen zunehmend in die Kritik. Es stellt sich in diesem aktuellen Zusammenhang die Frage der zivilrechtlichen Haftung von Ratingagenturen, insbesondere bei fehlerhafter Erstellung von Ratings und dadurch erlittenen Vermögensschäden von Dritten. Der Beitrag untersucht die Möglichkeit einer haftungsrechtlichen Einbindung von Ratingagenturen in das Institut des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter.
I.    Grundlegender Problemaufriss
Ausgangspunkt ist zunächst – wie bei jeder haftungsrechtlichen Einordnung – die Unterscheidung zwischen vertraglicher, quasi-vertraglicher und deliktischer Haftung. Bei der Haftung von Ratingagenturen stellen sich eigene (spezielle) Fragen in jedem dieser Teilbereiche, wobei die letzten beiden Rechtsbereiche hier ausgeklammert werden sollen.
Für das Verständnis des Problemkreises „Ratingagenturen und Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter“ bedarf es zunächst einiger allgemeiner und grundlegender Ausführungen:
Ganz grundsätzlich muss man sich vor Augen führen, dass jede Frage nach vertraglicher Haftung immer im Hinblick auf Zwei-Personen-Verhältnisse beantwortet werden muss. Dies folgt schon aus der Relativität der Schuldverhältnisse; sie wirken grds. nur zwischen zwei Parteien, die privatautonom sozusagen aufeinander zugehen. Davon bildet das Institut des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter freilich eine Ausnahme und Ausnahmen sind eng auszulegen (so bereits der alte lateinische Grundsatz singularia non sunt extendenda). Deshalb müssen, wie bei jeder Ausnahme, Kriterien für die Ausnahme gefunden werden. Im Hintergrund dieser engen Auslegung steht der Gedanke, dass mit einer Erweiterung des vertraglichen Schutzes – mit allen damit verbundenen haftungsrechtlichen Vorteilen – nicht die Grenzen zur deliktischen Haftung unterlaufen werden sollen und dürfen. Damit einher geht nämlich stets die Gefahr die Haftung des Schuldners über Gebühr auszudehnen; er haftet „plötzlich“ auf vertraglicher Grundlage gegenüber Personen mit denen er gerade keine Sonderverbindung eingegangen ist. Im Ausgangspunkt muss der Schuldner damit nicht rechnen.
Dieses Problem wird im Zusammenhang mit erstellten Ratings besonders deutlich: Gerade in Folge von Ratings kann es zu erheblichen Vermögensdispositionen Dritter kommen (bspw. Anleihen-/Aktienkäufe an einem positiv gerateten Unternehmen). Eine Ausweitung der vertraglichen Haftung einer Ratingagentur für ihre erstellten Ratings gegenüber Dritten könnte somit zu ganz erheblichen, evtl. schwer kalkulierbaren Haftungsrisiken führen. Es entsteht also eine haftungsrechtliche Belastung durch Risikokumulationen. Dies birgt die Gefahr einer Haftungsausuferung in sich. Auf der anderen Seite zeigt gerade die aktuelle wirtschaftliche Situation, dass die Öffentlichkeit und die Märkte Rating-Klassifizierungen erhebliche Beachtung schenken. Anleger werden dabei regelmäßig auf die Richtigkeit derartiger Ratings vertrauen und gerade deshalb Vermögendispositionen treffen.
II.    Solicited / unsolicited ratings
Zu unterscheiden sind zunächst zwei grundlegende Konstellationen: Entweder wird eine Ratingagentur aufgrund eines bestimmten Auftrags für ein bestimmtes Unternehmens tätig (sog. solicited ratings) oder sie erstellt ein Rating ganz ohne Auftrag, d.h. gewissermaßen „aus freien Stücken“ (sog. unsolicited ratings, engl. für unaufgefordert, unverlangt). Bei einem solicited rating handelt die Ratingagentur also auf Grundlage eines  Vertragsverhältnisses mit einem Unternehmen, für das sie ein Rating erstellt (vgl. z.B. Deipenbrock, BB 2003, 1850). Hinsichtlich der vertragstypischen Einordnung eines Ratingvertrages, d.h. eines solicited ratings, bestehen unterschiedliche denkbare Ansätze: In Betracht zu ziehen sind insbesondere Dienstvertrag (§ 611 BGB), Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 BGB) und Werkvertrag (§ 631 BGB). Da die Ratingagentur durch den Ratingvertrag nicht nur eine reine Analysetätigkeit als solche schuldet, sondern (jedenfalls auch) die Erstellung des Ratings als Erfolg (vgl. Witte/Hrubesch, ZIP 2005, 1349), wird man dabei jedenfalls  zumindest von einem werkvertraglichen Element ausgehen müssen.
Für die hier näher zu betrachtende Haftung nach den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter kommen nur die Fälle der solicited ratings in Betracht. Bei unsolicited ratings fehlt es bereits an einer entsprechenden vertraglichen Grundlage als Ausgangspunkt, von der aus sich eine entsprechende Schutzwirkung für Dritte herleiten ließe. In solchen Fällen kommen vertragliche Ansprüche a priori nicht in Betracht.
Zur Verdeutlichung dazu folgende Grafik:

 
III.    Dogmatische Begründung des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter
Dass auch einem Dritten Ansprüche aus einem Vertragsverhältnis erwachsen können, obwohl dieser nicht selbst Vertragspartei ist, ist dem BGB nicht fremd, wie der Blick auf die §§ 328 ff. BGB zeigt. Zwar ist seit langem anerkannt, dass auch vertragliche Schutzpflichten zugunsten (außenstehender) Dritter entstehen können, jedoch ist die dogmatische Herleitung des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter umstritten. Da es sich um einen Bruch der im BGB strengen Trennung zwischen vertraglicher und deliktischer Haftung handelt (s.o. bereits), bedarf es dazu eines gewissen Begründungsaufwandes.
Freilich sind dies Fragen des „wie“ und nicht des „ob“. Dass es im Grundsatz des Instituts des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter bedarf, ist wohl unbestritten. An dieser Stelle geht es deshalb um einen Streit des richtigen Weges zu ein und demselben Ziel. Deshalb soll an dieser Stelle nicht die dogmatische Herleitung diskutiert werden (vgl. dazu Palandt/Grüneberg, § 328 Rn. 14 m.w.N.). Nach dem Gesagten zeigt sich allerdings so die Erkenntnis, dass die Einbeziehung eines Dritten in den vertraglichen Schutzbereich eher strengen Voraussetzungen unterliegen muss. Die Kriterien dienen dazu den Kreis der einbeziehbaren Personen zu begrenzen.
Vor diesem Hintergrund verdienen die einzelnen tatbestandlichen Voraussetzungen genauere Betrachtung.
IV.    Voraussetzungen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter
Die Rspr. hat seit längerem allgemeine Kriterien für die Ausdehnung der vertraglichen Schutzwirkung zugunsten Dritter, die nicht selbst Vertragspartei sind, aufgestellt. Die entscheidende Frage lautet, ob diese Kriterien in den Fällen der solicited ratings erfüllt sind.
1.    Leistungsnähe
Zunächst muss der Dritte (hier der Anleger/Investor) sich ebenso im Gefahrenbereich der vertraglichen Leistung befinden, wie der Gläubiger selbst. Der Dritte muss also in ähnlicher Weise wie der Gläubiger bestimmungsgemäß mit der Leistung in Berührung kommen und demzufolge den Gefahren von Schutzpflichtverletzungen ebenso ausgesetzt sein.
Bewertet eine Ratingagentur ein Unternehmen, fließen in die Bewertung verschiedene quantitative und qualitative Faktoren mit ein (vgl. Witte/Hrubesch, ZIP 2004, 1348). Durch eine Einstufung der Bonität  soll so die Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines Kreditrisikos prognostiziert werden (eingehend: Vetter, WM 2004, 1701 ff.; v. Schweinitz, WM 2008, 953). Ein Rating ist im Wesentlichen eine Bewertung der Bonität und der finanziellen Ausfallwahrscheinlichkeit.
Anleger werden derartige Einstufungen und Urteile durch Ratingagenturen bei ihrer Kaufentscheidung in aller Regel berücksichtigen. Der Hauptzweck von Ratings besteht gerade darin, dass Dritte keine detaillierte Analyse des Unternehmens erstellen müssen, sondern sich auf das Rating verlassen können (vgl. Witte/Hrubesch, ZIP 2004, 1351). Sie sind also zur Informierung von Anlegern und Investoren gedacht und sollen letztlich die Finanzierungsmöglichkeit des bewerteten Unternehmens günstig beeinflussen (vgl. Haar, NZG 2010, 1283). Das Rating soll normalweise nicht – jedenfalls nicht nur – ein Informationsbedürfnis des Emittenten, d.h. des Unternehmens selbst, befriedigen. Die Informationen sollen vielmehr bestimmungsgemäß gerade dem Dritten zugutekommen. Den Ratingagenturen ist auch bewusst, dass der Rechtsverkehr gerade auf die Richtigkeit ihrer Leistung vertraut und derartige Analysen als Grundlage weitreichender Entscheidungen heranzieht. Liegt eine fehlerhafte Einschätzung des Kreditrisikos durch die Ratingagentur vor, so sind in erster Linie die Anleger bzw. Investoren von dieser Leistung betroffen. Die Leistung selbst weißt damit einen Drittbezug auf.
Die Leistungsnähe ließe sich somit bejahen.
2.    Einbeziehungsinteresse des Gläubigers
Als zweite Voraussetzung wird gefordert, dass der Gläubiger ein Interesse am Schutz des Dritten haben muss (auch als „Gläubigernähe“ bezeichnet).
Typischerweise hatte die Rspr. anfänglich ein Verhältnis mit „personenrechtlichem Einschlag“ gefordert (insbesondere bei familien- oder arbeitsrechtlichen Verhältnissen, sog. „Wohl- und Wehebeziehungen“, z.B. BGH NJW 1970, 40).
Seit längerem hat die Rspr. allerdings den Kreis der einbezogenen Personen deutlich ausgeweitet und auf einen „personenrechtlichen Einschlag“ verzichtet. Angesprochen sind damit v.a. die Fälle der Expertenhaftung („Gutachterfälle“).
Die entscheidende Frage lautet, ob sich die von der Rspr. entschiedenen Fälle zur Expertenhaftung auf die vorliegende Konstellation übertragen lassen.
Der zentrale Anknüpfungspunkt für die Einbeziehung Dritter in der Fallgruppe der Expertenhaftung muss vor allem in der besondere Sachkunde und Kompetenz, die bestimmten Experten vom Verkehr üblicherweise entgegengebracht werden, gefunden werden. Sie nehmen damit im Geschäftsverkehr eine herausragende Stellung in Bezug auf die von ihnen gefällten Urteile und Bewertungen ein, v.a. wenn von Neutralität und Objektivität ausgegangen wird.
Entsprechendes dürfte auch für Ratingagenturen gelten. Dem steht eine mangelnde staatliche Anerkennung nicht entgegen (wie z.B. bei Kfz-Sachverständigen, vgl. Palandt/Grüneberg, § 328 Rn. 34 m.w.N.). Es kann nicht auf eine formale Anerkennung ankommen, sondern vielmehr auf das tatsächliche Vertrauen der beteiligen Verkehrskreise auf das spezielle Fachwissen des Experten (so auch Peters, Die Haftung und Regulierung von Ratingagenturen, S. 114). Den Ratingagenturen kommt im Wirtschafsleben ohne weiteres eine sog. „funktionale Autorität“ zu (s. Vetter, WM 2004, 1709).
Daraus folgend steht einem Drittschutz nach mittlerweile ständiger Rspr. auch ein Gegenlauf der Interessen zwischen Dritten und Gläubiger nicht entgegen (z.B. BGH NJW-RR 2004, 1357). Zwar sind die klassischen Fallkonstellationen geprägt von einer Parallelität der Interessenslagen. In Fällen mit personenrechtlichem Einschlag liegt regelmäßig ein Gleichlauf der Interessen vor.
Ein Einbeziehungsinteresse wird nach der Rspr. aber auch dann bejaht, wenn die im Vertrag versprochene Leistung aus Sicht der Vertragspartner als Grundlage für Dispositionen des Dritten mit vermögensrechtlichen Folgen dient und der Dritte im Vertrauen auf die Leistung solche Dispositionen getroffen hat (BGH NJW 2002, 3626). In diesem Sinne verhält es sich auch in den Konstellationen erstellter Ratings.
Das Einbeziehungsinteresse wäre damit ebenfalls zu bejahen.
3.    Erkennbarkeit für den Schuldner
Die ersten beiden genannten Voraussetzungen müssen für den Schuldner bei Entstehung des Schuldverhältnisses erkennbar sein. Sein Haftungsrisiko soll sich innerhalb des von ihm erkennbaren Umfangs halten, damit er die Folgen abschätzen kann.
Für die Ratingagentur ist erkennbar, dass Anleger sich gerade auf die Richtigkeit ihrer Ratings verlassen und damit den Gefahren einer Fehlbewertung ausgesetzt sind. Dieser Drittbezug der Leistung ist für die Ratingagentur ohne weiteres erkennbar. Vielmehr noch: Der Drittbezug der Leistung (d.h. die Leistungsnähe) ist ja gerade ein wesentlicher Zweck (s.o.). Diese Zweckbestimmung verleiht die Ratingagentur ihrer Leistung gewissermaßen selbst.
Darüber hinaus ist für die Ratingagentur auch ersichtlich, dass aufgrund der Bedeutung und Tragweite ihrer Einschätzungen die Anleger ein erhebliches Vertrauen im Hinblick auf die Richtigkeit und Methodengerechtigkeit der Ratings entgegen bringen. Angesichts der Reputation und des eigenen Anspruchs der Ratingagenturen als unabhängige Bewerter und Analysten ist ein derartiges Vertrauen der Anleger auch berechtigt (vgl. v. Schweinitz, WM 2008, 956).
Gegen die Erkennbarkeit spricht die Anonymität des Anlegerkreises und des Kapitalmarktes. Die Voraussetzung der Erkennbarkeit könnte demnach als Korrektiv auf einen erkennbaren Personenkreis zu beziehen sein. Einer Ratingagentur wird nämlich nicht im Einzelnen bekannt sein, welche Anleger sich auf ihre Ratings verlassen. Es besteht i.d.R. auch keinerlei direkter Kontakt zwischen Ratingagentur und Anleger. Ratingurteile erfolgen letztlich „ad incertas personas“, sodass der Kreis schutzwürdiger Dritter nicht zuverlässig begrenzbar wäre (so Deipenbrock, BB 2003, 1853). Man würde anderenfalls den Schutzbereich auf eine kaum mehr überschaubare Personengruppe erstrecken. An dieser Stelle wird das Problem einer möglicher Haftungsüberdehnung deutlich.
Jedoch hat die Rspr. entschieden, dass Name und Zahl der zu schützenden Dritten dem Schuldner (hier Ratingagentur) nicht bekannt zu sein brauchen (z.B. BGH NJW 1995, 392). Als wesentlicher Aspekt tritt hinzu, dass die Ratingagenturen selbst über die Verbreitung ihrer Bewertungen entscheiden, womit auch eine Ausdehnung ihrer Verantwortlichkeit einhergehen muss (Peters, Die Haftung und Regulierung von Ratingagenturen, S. 115). Damit setzen sie sich auf diese Weise einem entsprechenden Haftungsrisiko eigenverantwortlich aus und haben somit die Gefahr einer weiterreichenden Haftung einzukalkulieren (Peters, a.a.O.).
4.    Schutzbedürftigkeit des Dritten
An der Ausdehnung des Vertragsschutzes muss nach Treu und Glauben ein Bedürfnis bestehen, weil der Dritte anderenfalls nicht ausreichend geschützt wäre (vgl. Palandt/Grüneberg, § 328 Rn. 18). Für einen zusätzlichen Drittschutz besteht jedoch kein Bedürfnis mehr, wenn der Dritte selbst einen anderen inhaltsgleichen Anspruch hat.
Im Falle fehlerhaft erstellter Ratings werden dem Anleger regelmäßig keine anderen vertraglichen Ansprüche zustehen. Selbst wenn dem Anleger ein Anspruch aus sog. Prospekthaftung gegen einen Emittenten eines Wertpapiers zustehen sollte, so schließt dies nach Ansicht des BGH ein Anspruch nach den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter nicht aus (vgl. BGH NJW 2004, 3420).
V.    Fazit
Insgesamt erscheint die Einbeziehung von Anlegern bzw. Investoren in den vertraglichen Schutzbereich in Fällen eines fehlerhaft erstellten solicited rating nach den bisherigen Grundsätzen der Rspr., insbesondere in Bezug auf die Fallgruppe der Expertenhaftung, als konsequent.

22.02.2012/7 Kommentare/von Gastautor
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2012-02-22 12:00:452012-02-22 12:00:45Aufsatzwettbewerb: Die Haftung von Ratingagenturen nach den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter
Dr. Christoph Werkmeister

BGH zu Verzugsvoraussetzungen bei selbstschuldnerischer Bürgschaft

Kreditsicherung, Rechtsprechung, Schuldrecht, Zivilrecht

Von Sina Nienhaus
In dem Urteil des BGH  vom 10.2.2011 (Az.VII ZR 53/10) stellt der 7. Senat erstmalig fest, in welchen Fällen der in Anspruch genommene selbstschuldnerische Bürge in Verzug gerät. Dabei konkretisiert er, welche Anstrengungen der Bürge zur Vermeidung des Verschuldensvorwurfs unternehmen muss und wiederholt daneben wichtige Grundsätze des Bürgschaftsrechts.
I. Sachverhalt
Die Klägerin beauftragte ein Bauunternehmen (Schuldnerin) im Juni 2007 mit Rohbauarbeiten für einen Neubau. Die Beklagte hatte sich mit zwei selbstschuldnerischen Bürgschaften gegenüber der Klägerin für die Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen der Schuldnerin aus dem Bauvertrag bis zu einer Gesamthöhe von 80.000 € verbürgt. Nachdem die Schuldnerin die Arbeiten jedoch mangelhaft ausgeführt hat, kündigte die Klägerin den Bauvertrag und verlangte Schadensersatz.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 7.7.2008 forderte die Klägerin die Beklagte unter Beifügung eines Entwurfs der Klageschrift zur Zahlung der Bürgschaftssumme bis zum 25.7.2008 auf. Der Entwurf nahm auf insgesamt 30 Anlagen Bezug, die der Beklagten nicht vorgelegt wurden.
Die Beklagte verlangte mit einem Standardschreiben vom 14.7.2008 die Vorlage bestimmter Unterlagen, die sie bei Geltendmachung von Bürgschaftsforderungen standardmäßig fordert. Die Klägerin kam dem Verlangen der Beklagten nicht nach. Sie hat nach Ablauf der gesetzten Frist Klage auf Zahlung von 80.000 € nebst Zinsen eingereicht.
Dem BGH oblag es nun die Frage zu klären, unter welchen Voraussetzungen der Verzug bei Fälligkeit der Bürgschaftsforderung eintritt.
II. Entscheidung
Das Gericht bestätigte zunächst die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung (BGHZ 175, 161, 169), dass die Bürgschaftsforderung aus einer selbstschuldnerischen Bürgschaft zusammen mit der gesicherten Hauptforderung fällig wird und somit eine zusätzliche Leistungsaufforderung nicht erforderlich ist. Für den Sachverhalt bedeutet dies, dass die Forderungen aus den Bürgschaften der Beklagten damit fällig und die Mahnung der Klägerin somit zulässig war. Nun erschien es jedoch fraglich, ob wegen der fehlenden Übersendung der geforderten Unterlagen der Verzug mangels Verschuldens nach § 286 Abs. 4 BGB nicht eingetreten war. Die Beweispflicht trifft den Bürgen. Maßstab ist auch hier der § 276 BGB.
Zunächst wiederholte der Senat den Grundsatz, dass der Bürge nicht in Verzug gerät, wenn er an der Leistung durch eine nicht zu vertretende Ungewissheit über das Bestehen und den Umfang der gesicherten Forderung gehindert ist (vgl. BGH NJW 2006, 3271, 3272). Da der Bürge selbst nicht Vertragspartei ist, ist er besonders schutzbedürftig. Es ist somit Aufgabe des Gläubigers, dem Bürgen alle Informationen zu erteilen bzw. die nötigen Unterlagen zugänglich zu machen, die ihm eine zuverlässige Prüfung ermöglichen, ob die die Hauptforderung begründenden Tatsachen vorliegen. Werden die notwendigen Informationen nicht erteilt, gerät der Bürge nicht in Verzug, wenn ihn kein eigenes Verschulden daran trifft, dass er sie nicht erhalten hat.
Nun wird es jedoch interessant: Nach Ansicht des BGH trifft den Bürgen eine aktive Mitwirkungspflicht, um einen Verschuldensvorwurfs zu vermeiden. Er müsse den Gläubiger über seine Schwierigkeiten, die behauptete Forderung zu prüfen, informieren und insbesondere fallbezogen die aus seiner Sicht erforderlichen Unterlagen anfordern. Ein Standardschreiben genüge hingegen dafür nicht. Das Schreiben der Beklagten vom 14.7.2008 genügte diesen Anforderungen nicht. Sie befand sich damit seit dem 26.7.2008 in Verzug.
Der BGH hat allerdings die Frage offen gelassen, ob der Bürge nach seiner Inanspruchnahme daneben verpflichtet ist, die aus seiner Sicht fehlenden Informationen auch vom Hauptschuldner zu erlangen.
III. Fazit
Für die Praxis bedeutet dies, dass den üblichen Standardschreiben der Kautionsversicherer der Bauwirtschaft ein Riegel vorgeschoben wird (s. dazu NJW-Spezial 2011, 174). Doch auch der Examenskandidat sollte sich den spezifischen Anforderungen an den Bürgen für die Begründung des Schuldnerverzugs bewusst sein, da der § 286 BGB und dessen Besonderheiten schön neben anderen Problemen des Leistungsstörungsrechts geprüft werden kann.
Die Gastautorin Sina Nienhaus studiert Jura im 6. Semester an der Universität Hamburg.

05.02.2012/0 Kommentare/von Dr. Christoph Werkmeister
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2012-02-05 10:37:342012-02-05 10:37:34BGH zu Verzugsvoraussetzungen bei selbstschuldnerischer Bürgschaft
Dr. Christoph Werkmeister

OLG Oldenburg zu § 823 Abs. 1 BGB bei Verlust von auf magnetischen Datenträgern gespeicherten Informationen

Deliktsrecht, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Zivilrecht, Zivilrecht

Das OLG Oldenburg entschied, dass die Zerstörung von Daten auf einer Festplatte eine Eigentumsverletzung i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB darstelle (Beschl. v. 24.11.2011, Az. 2 U 98/11). Im Sachverhalt ging es um ein beklagtes Bauunternehmen, welches bei Baumaßnahmen Stromleitungen beschädigte. Aufgrund der beschädigten Kabel kam es in der Folge zu einem Datenverlust bei dem klagenden Unternehmen. Die verlorenen  Daten mussten mithilfe von Software-Experten Wiederhergestellt werden. Hierbei fiel eine nicht unbeträchtliche Anzahl an Arbeitsstunden an, die das klagende Unternehmen im Wege der Klage geltend machte.
Daten auf magnetischen Laufwerken 
Das Gericht war der Ansicht, dass auf Datenträgern gespeicherte Daten vom Eigentumsschutz erfasst seien. Durch die Zerstörung der Daten sei eine Eigentumsverletzung i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB eingetreten, so dass im Ergebnis ein Schadensersatzanspruch bestünde. Als Argument führte das Gericht insbesondere an, dass bei der Speicherung auf magnetischen Datenträgern eine Verkörperung des Datenbestandes im Material vorliege.
Die Entscheidung kommt überraschend, da in solchen Fällen regelmäßig ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als sonstiges Recht nach § 823 Abs. 1 BGB diskutiert wird. Eine solche Verletzung wird in diesen Fällen regelmäßig verneint, da es beim Durchtrennen von Stromkabeln an der Betriebsbezogenheit des Eingriffs fehlt. Die Entscheidung des OLG stellt insofern eine beträchtliche Haftungserweiterung dar.
Andere Datenträger?
Sofern man der Logik des OLG folgen mag, so stellen sich weitere Abgrenzungsfragen: Wie ist es mit Flashspeichern? Welche Folgen hat das Cloud-Computing? Und wäre es nicht willkürlich nur magnetische Datenträger von der Haftung zu erfassen? Die Fragen zeigen, dass der Tatbestand des § 823 BGB auch heute noch einer Konturierung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung bedarf. Die geschilderten Probleme sind deshalb höchst examensrelevant.
 

19.12.2011/2 Kommentare/von Dr. Christoph Werkmeister
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2011-12-19 08:11:072011-12-19 08:11:07OLG Oldenburg zu § 823 Abs. 1 BGB bei Verlust von auf magnetischen Datenträgern gespeicherten Informationen
Dr. Christoph Werkmeister

Facebook-Party in Münchener S-Bahn eskaliert

Aktuelles, Deliktsrecht, Zivilrecht

Die Berliner Morgenpost berichtet über eine Facebook-Party, die anlässlich der Einführung eines Alkoholverbots in der Münchener S-Bahn veranstaltet wurde.
Es kam, wie es kommen musste. Die Party eskalierte und es entstanden Sachschäden in Höhe von mehr als 100.000 €. Die Frage, die sich nun stellt: Wer haftet für die Schäden – und können auch die Initiatoren belangt werden?
Wir hatten uns bereits in einem anderen Fall mit der Haftung für Facebook-Parties beschäftigt, weshalb an dieser Stelle auf den damals erstellten Artikel verwiesen werden soll.

12.12.2011/0 Kommentare/von Dr. Christoph Werkmeister
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2011-12-12 15:40:062011-12-12 15:40:06Facebook-Party in Münchener S-Bahn eskaliert
Dr. Christoph Werkmeister

OLG Hamm zur Tierhalterhaftung bei Hundebeißereien

Deliktsrecht, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Zivilrecht

Beck-aktuell berichtet über ein aktuelles Urteil des OLG Hamm, dass sich prima zum Abfragen der Grundsätze zur Tierhalterhaftung nach § 833 BGB eignet (Urt. v. 17.10.2011, Az. I-6 U 72/11).

[…] Eine Hundehalterin, die in die Beißerei zweier Hunde eingriff, um ihr eigenes Tier zu schützen, und dabei von dem fremden Hund gebissen und verletzt wurde, erhält von der Halterin des fremden Tieres nur anteiligen Schadensersatz und Schmerzensgeld. Das Oberlandesgericht Hamm ist von einem Mitverschulden in Höhe von 50% ausgegangen […]

Rechtsnatur der Tierhalterhaftung
Die Tierhalterhaftung nach § 833 S. 1 BGB stellt genau wie etwa die Halterhaftung für Kfz nach § 7 Abs. 1 StVG eine sog. Gefährdungshaftung dar. Hiernach hat der Halter eines Tieres grundsätzlich für Schäden zu haften, die durch das Tier verursacht wurden. Das besondere an einer Gefährdungshaftung ist, dass ein Anspruch ohne Verschulden des Halters begründet wird. Die Wertung des § 833 BGB  ist bedingt durch die spezifische Tiergefahr, die sich insbesondere dann verwirklichen kann, wenn das Tier unberechenbar reagiert.
Wichtig für das Studium ist das Herausarbeiten der Haltereigenschaft. Diese definiert sich unabhängig von eigentumsrechtlichen Vorgaben. Bedeutsam ist vielmehr die Sachherrschaft über das Tier, in wessen Interesse die Haltung des Tieres liegt und auch wer das Tier regelmäßig beaufsichtigt und pflegt.
Im Hinblick auf die o.g. Besonderheiten ist für die Fallbearbeitung zu beachten, dass auch nicht deliktsfähige Personen i.S.d. §§ 827 ff. BGB nach § 833 S. 1 BGB haften können (vgl. Palandt/Sprau, § 833 BGB  Rn. 1). Sofern also ein Siebenjähriger als Halter im Sinne der Vorschrift zu qualifizieren wäre (so u.U. bei einem Hamster), könnte auch er im Zuge der Gefährdungshaftung verantwortlich sein.
Ausnahme für Nutztiere
Eine tatbestandliche Ausnahme der Gefährdungshaftung ist zum einen in § 833 S. 2 BGB für Nutztiere angeordnet:

Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt ist, und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

Fehlen tierspezifischer Gefahren
Des Weiteren kann die Gefährdungshaftung zu verneinen sein, wenn zwar kausal durch das Verhalten des Tieres ein Schaden verursacht wurde, dieses Verhalten jedoch keine sog. tierspezifische Gefahr dargestellt hat. Beruht eine Schadensverursachung etwa nicht auf einem Verhalten des Tieres, sondern auf äußeren Einflüssen, so liegt im Zweifel keine tierspezifische Gefahr vor. Dies wäre etwa der Fall, wenn ein Tier während eines  Tiertransportes in einem Anhänger bei einem Unfall durch die Gegend geschleudert wird und dabei etwas zerstört.
Keine Haftung soll mangels tierspezifischer Gefahr zudem eintreten, wenn das verletzende Verhalten des Tieres allein auf die menschliche (An)Leitung des Tieres zurückzuführen ist (so jedenfalls BGH, Urteil vom 06-03-1990 – VI ZR 246/89; es ging hierbei um einen Fall, bei dem Pferde durch Menschenhand auf eine Straße gescheucht wurden und dadurch einen Unfall verursachten). Diese Linie wird mitunter in der Literatur kritisiert.  Es sei nicht einsichtig, warum die bewusste Lenkung eines Tieres dessen Gefahr, die auch in der besonderen Energie des Tieres liegt, anders zu bewerten sei als der Grundfall der Tierhalterhaftung (vgl. Spindler in Beck-OK BGB § 833, Rn. 10) . Im Normalfall wird es sich allerdings schwerlich feststellen lassen, ob ein bestimmtes Verhalten eines Tieres (etwa das Zubeißen auf Kommando) ausschließlich auf menschliches Handeln zurückzuführen ist oder ob doch noch ein Funke Eigenwille des Tieres vorhanden war. Bei Zweifeln ist m.E. prima facie von Letzterem auszugehen (a.A. aber der BGH a.a.O.). Dies insbesondere deshalb, weil bei Gericht schwerlich eine Zeugenvernehmung des betroffenen Tieres für Klarheit sorgen wird.

15.11.2011/0 Kommentare/von Dr. Christoph Werkmeister
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2011-11-15 22:57:352011-11-15 22:57:35OLG Hamm zur Tierhalterhaftung bei Hundebeißereien
Dr. Johannes Traut

Haftung für fehlende Krippenplätze in Deutschland?!

Aktuelles, Öffentliches Recht, Staatshaftung

Die FAZ berichtet: „Kinderbetreuung – Kommunen fürchten um Krippen-Ausbau“: Der hessische Städte- und Gemeindebund hat sich in Recht deutlichen Worten dafür ausgesprochen, den Rechtsanspruch von Eltern auf die Betreuung von Kleinkindern nicht schon 2013 gelten zu lassen. (FAZ.net v. 8.11.2011 ). Die Kommunen fürchten den nahenden Stichtag zu Recht: Ab dem 1.8.2013 können sich die Kinder in die Krippen einklagen. Gibt es nicht genug Krippenplätze, steht ihnen ein Schadensersatzsanspruch aus Amtshaftung (§ 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG) zu.
I. Der gesetzliche Anspruch auf einen Krippenplatz: § 24 Abs. 2 SGB VIII n.F.
Geschaffen wurde der Anspruch auf eine durch das sogenannte „Kinderförderungsgesetz (KiföG, unter diesem Namen auch bei beck-online zu finden)“ v. 10.12.2008 (BGBl. I S. 2403; Gesetzgebungsmaterialien BT-Drs. 16/9299, 16/10173). Bisher enthält das SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfe) nur einen Anspruch auf einen Kindergartenplatz. Geregelt ist dieser in § 24 Abs. 1 S. 1. Für jüngere Kinder besteht nur der gesetzliche Auftrag, sie durch Betreuung zu fördern, aber kein Rechtsanspruch (§ 23 Abs. 3 SGB VIII). Es handelt sich lediglich um eine objektiv-rechtliche Verpflichtung (vgl. auch BT-Drs. 16/9299, S. 15). Die gesamte Norm lautet wie folgt:
 
§ 24 Anspruch auf Förderung in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege
(1)     Ein Kind hat vom vollendeten dritten Lebensjahr bis zum Schuleintritt Anspruch auf den Besuch einer Tageseinrichtung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen oder ergänzend Förderung in Kindertagespflege zur Verfügung steht.
(2)     Für Kinder im Alter unter drei Jahren und im schulpflichtigen Alter ist ein bedarfsgerechtes Angebot an Plätzen in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege vorzuhalten.
(3)     Ein Kind, das das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn

  1. diese Leistung für seine Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist oder
  2. die Erziehungsberechtigten

a)      einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind,
b)      sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder
c)      Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches erhalten.
Lebt das Kind nur mit einem Erziehungsberechtigten zusammen, so tritt diese Person an die Stelle der Erziehungsberechtigten. Der Umfang der täglichen Förderung richtet sich nach dem individuellen Bedarf.
(4)     Die Träger der Öffentlichen Jugendhilfe oder die von ihnen beauftragten Stellen sind verpflichtet, Eltern oder Elternteile, die Leistungen nach Absatz 1 oder 2 in Anspruch nehmen wollen, über das Platzangebot im örtlichen Einzugsbereich und die pädagogische Konzeption der Einrichtungen zu informieren und sie bei der Auswahl zu beraten. Landesrecht kann bestimmen, dass Eltern den Träger der Öffentlichen Jugendhilfe oder die beauftragte Stelle innerhalb einer bestimmten Frist vor der beabsichtigten Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis setzen.
(5)     Geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 Abs  3 können auch vermittelt werden, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 3 nicht vorliegen. In diesem Fall besteht die Pflicht zur Gewährung einer laufenden Geldleistung nach § 23 Abs  1 nicht; Aufwendungen nach § 23 Abs  2 Satz 1 Nr  3 können erstattet werden.
(6)     Weitergehendes Landesrecht bleibt unberührt.
 
Das KiFöG hat mit § 24a SGB VIII zunächst Übergangsrecht geschaffen, das für eine ausreichende Zahl von Krippenplätzen zum Stichtag sorgen soll. Nach Art. 10 Abs. 3 KiFöG tritt zum 1.8.2013 § 24a SGB VIII in Kraft und § 24 SGB VIII erthält gleichzeitig folgende Fassung:
 
§ 24 Anspruch auf Förderung in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege n.F.
(1)    Ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Einrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn

  1. durch diese Leistung seine Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit gestärkt wird oder
  2. die Erziehungsberechtigten

a)      einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind,
b)      sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder
c)      Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches erhalten.
Lebt das Kind nur mit einem Erziehungsberechtigten zusammen, so tritt diese Person an die Stelle der Erziehungsberechtigten. Der Umfang der täglichen Förderung richtet sich nach dem individuellen Bedarf.
(2)    Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(3)    Ein Kind, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, hat bis zum Schuleintritt Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfügung steht. Das Kind kann bei besonderem Bedarf oder ergänzend auch in Kindertagespflege gefördert werden.
(4)    Für Kinder im schulpflichtigen Alter ist ein bedarfsgerechtes Angebot in Tageseinrichtungen vorzuhalten. Absatz 1 Satz 3 und Absatz 3 Satz 3 gelten entsprechend.
(5)    Die Träger der öffentliche Jugendhilfe oder die von ihnen beauftragten Stellen sind verpflichtet, Eltern oder Elternteile, die Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 in Anspruch nehmen wollen, über das Platzangebot im örtlichen Einzugsbereich und die pädagogische Konzeption der Einrichtungen zu informieren und sie bei der Auswahl zu beraten. Landesrecht kann bestimmen, dass die erziehungsberechtigten Personen den zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die beauftragte Stelle innerhalb einer bestimmten Frist vor der beabsichtigten Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis setzen.
(6)    Weitergehendes Landesrecht bleibt unberührt.
 
Dann enthält das Gesetz damit nicht nur einen unmittelbaren Anspruch auf einen Kindergartenplatz (so schon bisher nach § 24 Abs. 1 SGB VIII a.F.; ab 1.8.2013 dann § 24 Abs. 3 SGB VIII n.F.), sondern auch auf einen Krippenplatz (§ 24 Abs. 2 SGB VIII n.F.). Die Gesetzesbegründung ist ganz eindeutig: Es geht um einen „Rechtsanspruch“, der ausdrücklich in Gegensatz zu lediglich objektiv-rechtlichen Verpflichtungen (vgl. § 24 Abs. 1 SGB VIII n.F.) gesetzt wird. Er ist also ein subjektives Recht und damit einklagbar (vgl. auch BT-Drs. 16/9299, S. 15).
II. Einklagbarer Anspruch
Der Anspruch auf einen Krippenplatz kann damit – nach Antrag und ggf. erfolglosem Widerspruchsverfahren – im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durchgesetzt werden. Man kann auf die umfangreiche Literatur und Rechtsprechung zum Anspruch auf einen Kindergartenplatz zurückgreifen (vgl. etwa OVG Lüneburg v. 24.1.2003 – 4 ME 596/02, NJW 2003, 1826; VG Göttingen v. 21.8.1998 – 2 B 2297–98, NVwZ-RR 1999, 130; Wiesner/Struck, SGB VIII, 4. Auflage 2011, § 24 Rn. 7ff. m.w.N.; wirklich gute Darstellung bei Georgii, NJW 1996, 686).
Der Anspruch richtet sich gegen den Träger der öffentlichen Jugendhilfe (vgl. § 24 Abs. 3 S. 2 SGB VIII n.F.). Dieser wird durch Landesrecht bestimmt (§ 69 Abs. 1 SGB VIII). Soweit sie keine Regelung getroffen haben, gilt die alte Rechtslage vor der Förderalismusreform fort, wonach die kommunalen Gebietskörperschaften zuständig waren.
Erfüllt werden kann der Anspruch nur durch ein bedarfsgerechtes Angebot; bei Berufstätigen Eltern bedarf es also eines Platzes in der Vormittagsgruppe (OVG Lüneburg v. 24.1.2003 – 4 ME 596/02, NJW 2003, 1826, 1827). Erforderlich ist wohl eine Mindestbetreuungszeit von etwa sechs Stunden (so zu Kindergartenplätzen Georgii, NJW 1996, 686, 688) Allerdings haben die Eltern keinen Anspruch auf einen ganz bestimmten Platz. Noch etwas unklar ist, inwieweit der Träger sich auf Unmöglichkeit (allgemeiner Rechtsgedanke des § 275 Abs. 1 BGB) berufen kann, weil die Kapzitäten nicht ausreichen.
Das OVG Lüneburg (OVG Lüneburg v. 24.1.2003 – 4 ME 596/02, NJW 2003, 1826, 1827) führte dazu aus:

 „Dem somit glaubhaft gemachten Anspruch auf Verschaffung eines Kindergartenplatzes in einer Vormittagsgruppe eines ortsnahen Kindergartens kann der Ag. nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Kapazität der in Betracht kommenden Kindergärten sei erschöpft. Dies kann nur dann gelten, wenn alle tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten erschöpft sind, das Kind in eine Vormittagsgruppe eines Kindergartens aufzunehmen (vgl. Rechtsprechung des BVerfG zur Zulassungsbeschränkung im Hochschulrecht: BVerfGE 33, 303 = NJW 1972, 1561; BVerfGE 51, 130 = NJW 1979, 1541).“

Dieser Rechtsansicht wird man wohl nicht folgen können. Bei Studienplätzen besteht nur eine Verpflichtung dazu, angemessene Kapazitäten vorzuhalten. Innerhalb dieser darf dann ein Zulassungsanspruch abgelehnt werden, soweit ermessenfehlerfrei (Art. 3 Abs. 1 GG) ausgewählt wurde. Hier jedoch besteht ausdrücklich ein Anspruch JEDES Kindes auf einen Krippenplatz. § 24 SGB Abs. 2 SGB VIII n.F. (und die Übergangsvorschrift des § 24a SGB VIII) zielen gerade darauf ab, entsprechende Kapazitäten zu schaffen. Einzig relevanter Einwand kann daher sein, dass es nicht möglich ist, schnell genug ausreichende Kapazitäten zu schaffen (vgl. auch Georgii, NJW 1996, 686, 689 zu Kindergartenplätzen). Allgemein die Berufung auf unzureichende Kapazitäten zuzulassen, würde dagegen die dauerhafte Vereitelung des Gesetzeszwecks ermöglichen. Das kann man nicht zulassen.

 Anmerkung: A.A. natürlich vertretbar, insbesondere mit dem Hinweis auf das scharfe Schwert des dann bestehenden Staatshaftungsanspruchs – s. dazu sogleich.

Zur prozessualen Durchsetzung (für die mündliche Prüfung insb.):

  •  Verwaltungsrechtsweg: § 40 Abs. 1 VwGO (eine abdrängende Zuweisung zu den Sozialgerichten besteht nach § 51 SGG nicht).
  •  Klageart: Üblicherweise Verpflichtungsklage; auch soweit die Gemeinde ihre Kinderkrippen privatrechtlich organisiert hat. Hier gilt die Zwei-Stufen-Theorie. Genauer dazu den Beitrag zur Nutzung gemeindlicher Einrichtungen .
  •  Einstweiliger Rechtsschutz (Beispiel: VG Göttingen v. 21.8.1998 – 2 B 2297–98, NVwZ-RR 1999, 130): Hier geht es um einen Fall des § 123 Abs. 1 VwGO (Argumente wie bekannt: Verpflichtungsklage in Hauptsache bzw. Wiederherstellung aufschiebender Wirkung würde nicht genügen). Auch eine Vorwegnahme der Hauptsache ist wegen Art. 19 Abs. 4 GG hinzunehmen, auch wenn dies eigentlich Sinn und Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes widerspricht (vgl. Gregorii, NJW 1996, 686, 689).

III. Sekundäransprüche
 1. Schadensersatz nach § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG
Bereits für den Kindergartenplatz war anerkannt, dass das Versäumnis, ausreichende Kapazitäten zu schaffen eine Amtspflichtverletzung für die Behördenspitze des jeweils zuständigen Verwaltungsträgers (meist der Gemeinden) darstellt. Der Bürgermeister einer Gemeinde muss also für ausreichende Kapazitäten sorgen, ansonsten hat er seine durch § 24 SGB VIII begründete Pflichten verletzt. Da der sich abzeichende Kapazitätsengpass zu erkennen war, ist die Verletzung auch schuldhaft (zumindest fahrlässig). Zu all dem für die Kindergartenplätze Georgii, NJW 1996, 686, 689f. Im Einzelnen kann man argumentieren:
Aus § 24 Abs. 2 SGB VIII n.F. und davor aus § 24a SGB VIII folgt ganz eindeutig die Rechtspflicht, angemessene Betreuungskapazitäten zu schaffen. Diese trifft die zuständigen Amtsträger. Nach den Gemeindeordnungen sind der Bürgermeister der Gemeinde und der Rat gemeinsam zuständig. Der Bürgermeister ist verantwortlich für die Leitung und Beaufsichtigung des Geschäftsganges der gesamten Verwaltung (§ 62 GO NRW); der Rat kann alle Angelegenheiten an sich ziehen, § 41 GO NRW. Deshalb trifft sie jedenfalls zusammen die Pflicht, für ausreichende Kapazitäten zu sorgen. Dass eine genaue Schuldzuweisung zwischen Rat und Bürgermeister nicht gelingt, ist unerheblich. Der Bürger kann nicht mit dem internen Aufbau der Verwaltung belastet werden.
Allerdings ist die Schaffung entsprechender Krippenplätze zunächst eine objektiv-rechtliche Pflicht, deren Verletzung nicht ohne weiteres „dem Bürger gegenüber obliegt“ (vgl. § 839 Abs. 1 BGB). Aus der Formulierung folgt, dass die verletzte Amtspflicht eine Pflicht sein muss, die nicht nur gegenüber der Allgemeinheit besteht, sondern den Zweck hat, mindestens auch die Interessen gerade des Geschädigten wahrzunehmen. Das ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Amtspflichtverstoß wie hier zugleich eine Verletzung subjektiver öffentlicher Rechte des Geschädigten darstellt (BGH NJW 1983, 215). Dies ist hier erst der Fall, wenn am 1.8.2013 der neue § 24 Abs. 2 SGB VIII n.F. ein subjektiven Leistungsanspruch begründet. Dann entsteht eine drittbezogene Amtspflicht, die der zuständige Amtsträger durch ungenügende Vorbereitung verletzten konnte. Die Verletzung ist auch schuldhaft (s.oben). Der Anspruch besteht auch gegenüber den Eltern; zwar sind die Kinder Anspruchsberechtigte des § 24 Abs. 2 SGB VIII n.F., aber die Norm ist auch den Eltern zu dienen bestimmt (vgl. auch Georgii, NJW 1996, 686, 689f.; hier kann man auch A.A. sein, so wohl Wiesner/Struck, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 24 Rn. 26f.). Letztlich kommt es darauf aber nicht unbedingt an, da die Eltern auch im Namen des Kindes entsprechende Leistungen „erwerben können“.
Ersatzfähig sind damit alle kausalen Schäden, allerdings kann nur Geldersatz gefordert werden (es geht ja im dogmatischen Ausgangspunkt um die Haftung des Beamten selbst, nicht um die des Staates). Es kann sich um erhebliche Summe handeln: Es sind alle finanziellen Nachteile, die durch die Versagung des Kindergartenplatzes entstanden sind, auszugleichen. Hierzu zählen insbesondere die Aufwendungen, die der Geschädigte zur Abwendung des Schadenseintrittes oder zur Geringhaltung des Schadens gemacht hat und die er nach Lage der Dinge für erforderlich halten durfte (vgl. Wiesner/Struck, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 24 Rn. 26f). Wenn Eltern zur Ermöglichung der eigenen Erwerbstätigkeit etwa eine Kindertagesmutter einstellen, können sie den die Kindergartenbeiträge überschießenden finanziellen Aufwand ersetzt verlangen. Ist die Verpflichtung einer Tagesmutter nicht möglich und muß deswegen ein Elternteil den Beruf aufgeben, so kann als Schaden der Verdienstausfall geltend gemacht werden (dazu Gregorii, NJW 1996, 686, 690).
Allerdings gilt nach § 839 Abs. 3 BGB: Kein Dulde und Liqudiere! Daher muss das Kind bzw. seine Eltern (je nachdem, wer den Anspruch stellt) vorher erfolglos den Verwaltungsrechtsweg beschritten haben!
2. Aufwendungsersatzanspruch nach §§ 670, 683, 677 BGB
In Betracht kommt auch ein Aufwendungsersatzanspruch nach §§ 670, 683, 677 BGB aus öffentlich-rechtlicher GoA. Führung eines fremden Geschäfts ist dann die Selbsterfüllung der Amtspflicht aus § 24 Abs. 3 SGB VIII. Georgii bejahte für den Kindergartenplatz diesen Anspruch recht freihändig (NJW 1990, 686, 690ff.). Hier kann man ausführlich diskutieren. Ich würde ihn ablehnen. Die öffentliche Hand wird kaum derartige Fremdgeschäftsführung wollen. Sie ist wohl auch nicht ohne weiters nach § 679 BGB unbeachtlich. Nur weil eine entsprechende Amtspflicht besteht, muss die Erfüllung nicht zwingend im öffentlichen Interesse sein. Vielmehr droht die Umgehung des § 839 Abs. 3 BGB. Hinzu kommt , dass der Gesetzgeber selbst durch § 24a SGB VIII dafür sorgen wollte, dass die öffentliche Hand den Anspruch selbst erfüllen kann. Deshalb besteht also M.E. kein öffentliches Interesse daran, dass gerade die Eltern selbst den Krippenplatz schaffen.
In jedem Fall ist in der Praxis die Erforderlichkeit (§ 670 BGB) kaum nachzuweisen, weil ohne entsprechenden Prozess nicht gezeigt ist, dass die öffentliche Hand den Anspruch wirklich nicht hätte erfüllen können.

09.11.2011/5 Kommentare/von Dr. Johannes Traut
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Johannes Traut https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Johannes Traut2011-11-09 19:56:562011-11-09 19:56:56Haftung für fehlende Krippenplätze in Deutschland?!
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