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Schlagwortarchiv für: einstweiliger Rechtsschutz

Miriam Hörnchen

Tätowierungen als Einstellungshindernis im Polizeidienst?

Aktuelles, Examensvorbereitung, Öffentliches Recht, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Startseite, Verwaltungsrecht

Die vom VG Berlin zu beantwortende Frage, ob die Ablehnung einer Bewerbung für den Polizeidienst wegen sichtbarer Tätowierungen rechtswidrig erfolgt, wirft eine Vielzahl examensrelevanter Fragestellungen auf: Aufgrund der Eilbedürftigkeit im Hinblick auf den Einstellungstermin wird diese Frage regelmäßig im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes relevant. Dabei sind dessen besondere Voraussetzungen ebenso zu prüfen wie – wegen des Bezugs zur Hauptsache – auch dessen Zulässigkeit und Begründetheit. Darüber hinaus eröffnet der Fall die Möglichkeit, allgemeine Probleme des Verwaltungsrechts – wie etwa den behördlichen Beurteilungsspielraum – sowie beamtenrechtliche Besonderheiten zu behandeln. (VG Berlin, Beschl. 27.2.2025 – VG 26 L 288/24, n.V.)

I. Der Sachverhalt (verkürzt dargestellt)

Dem Beschluss des VG Berlin lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Antragstellerin (im Folgenden: A) bewarb sich für die vorläufige Zulassung zum Vorbereitungsdienst des gehobenen Dienstes der Kriminalpolizei des Antragsgegners (im Folgenden: B) für den 1.4.2025. Dabei waren der Bewerbung auch Angaben zu etwaigen Tätowierungen beizufügen. A trägt unter anderem auf ihren beiden Handrücken Tätowierungen, die Motive von Rosenblüten sowie Namen ihrer Kinder abbilden und dabei den Großteil des Handrückens bedecken. Zudem finden sich an ihrem Handgelenk Tätowierungen in Form eines Armbands und der Zahl „248“ und an ihren Fingern ein bis drei Punkte und ein kleines Kreuz. Zusätzlich gab A an, dass sie beabsichtige, sich im Dezember 2024 weitere Tätowierungen stechen zu lassen. Die Bewerbung der A wurde jedoch vom B im November 2024 aufgrund der Tätowierungen „auf beiden Handrücken“ abgelehnt. Daraufhin stellte A beim VG Berlin einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz mit dem Ziel, den B zu verpflichten, sie vorläufig zum 1.4.2025 zum Vorbereitungsdienst zuzulassen.

II. Die Entscheidung (dargestellt im Gutachtenstil)

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat Erfolg, soweit dieser zulässig und begründet ist.

1. Zulässigkeit des Antrags

Der Antrag ist zulässig, wenn sämtliche Verfahrensvoraussetzungen erfüllt sind.

a) Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs

Ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes durch das Verwaltungsgericht setzt zunächst voraus, dass der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist. Das ist dann der Fall, wenn auch für die Streitigkeit der Hauptsache der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist, welcher sich grundsätzlich nach § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO richtet, es sei denn es greift eine speziellere aufdrängende Sonderzuweisung an das Verwaltungsgericht ein. Vorliegend könnte die aufdrängende Sonderzuweisung nach § 54 Abs. 1 BeamtStG in Betracht kommen, wenn es sich um eine Streitigkeit aus dem Beamtenverhältnis handelt. Eine solche liegt jedenfalls dann vor, wenn der geltend gemachte Anspruch seine Grundlage im Beamtenrecht hat (BVerwG, Urt. v. 24.6.1982 – 2 C 91/81, NJW 1983, 638). A verlangt die Zulassung zum Vorbereitungsdienst für die Laufbahn des gehobenen Dienstes der Kriminalpolizei. Dies findet seine Grundlage in Art. 33 Abs. 2 GG i.V.m. den Vorschriften des Beamtenrechts, insb. der Ernennung nach § 8 BeamtStG.

Folglich ist der Verwaltungsrechtsweg in der Hauptsache nach § 54 Abs. 1 BeamtStG und mithin auch im einstweiligen Rechtsschutz eröffnet.

b) Statthafter Antrag

Die Statthaftigkeit des Antrags richtet sich nach dem Begehren der Antragstellerin, §§ 122, 88 VwGO. A verfolgt das Ziel, dass B sie vorläufig zum Vorbereitungsdienst zum 1.4.2025 zulässt. Zur Verfolgung dieses Begehrens könnte ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 123 Abs. 1 VwGO in Betracht kommen. Dieser müsste statthaft sein.

aa) Kein Ausschluss nach § 123 Abs. 5 VwGO – kein Fall von §§ 80, 80a VwGO

Ein Antrag auf einstweilige Anordnung gem. § 123 Abs. 1 VwGO ist aufgrund der in § 123 Abs. 5 VwGO geregelten Subsidiarität zu den Anträgen nach §§ 80 und 80a VwGO dann ausgeschlossen, wenn er sein Begehren mit diesen Anträgen verfolgen kann. Das ist der Fall, wenn es um eine Vollziehung eines belastenden Verwaltungsaktes geht und somit in der Hauptsache eine Anfechtungsklage einschlägig ist. Dagegen ist § 123 VwGO einschlägig, wenn in der Hauptsache eine Verpflichtungs-, Leistungs- oder Feststellungsklage statthaft ist.

Vorliegend liegt zwar in der Ablehnung der Bewerbung durch B ein belastender Verwaltungsakt vor, jedoch begehrt A nicht die Aufhebung dieser Ablehnung, sondern primär die Zulassung zum Vorbereitungsdienst. Die Zulassung bedarf einer Ernennung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG, die einen begünstigenden Verwaltungsakt darstellt (VG Berlin, Urt. v. 21.6.2023 – VG 36 K 384/22, BeckRS 2023, 39968 Rn. 18; Stelkens/Bonk/Sachs/Stelkens, 10. Aufl. 2023, § 35 VwVfG Rn. 200). Dadurch, dass das Begehren mithin auf die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten Verwaltungsaktes gerichtet ist, ist in der Hauptsache eine Verpflichtungsklage in Gestalt der Versagungsgegenklage statthaft und mithin liegen keine vorrangigen Fälle des §§ 80, 80a VwGO vor.

Folglich ist der Antrag auf einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO durch § 123 Abs. 5 VwGO nicht ausgeschlossen.

bb) Die zwei Anordnungsformen
  • § 123 Abs. 1 VwGO enthält zwei Anordnungsformen:
    • § 123 Abs. 1 S. 1 VwGO: die Sicherungsanordnung, die der Sicherung eines bestehenden Zustandes (des „status quo“) vor möglichen künftigen Beeinträchtigungen dient.
    • § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO: die Regelungsanordnung, mit der die Vornahme einer behördlichen Leistung verlangt wird um eine vorläufige Zustandsverbesserung zu erreichen.

A begehrt zum Vorbereitungsdienst zugelassen zu werden. Dieses Begehren kann in der Hauptsache im Wege einer Verpflichtungsklage geltend gemacht werden, da sie die Vornahme einer behördlichen Leistung verlangt. Folglich geht es um eine vorläufige Zustandsverbesserung, wobei die Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO die statthafte Antragsart ist.

c) Antragsbefugnis § 42 Abs. 2 VwGO analog

Für einen Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ist eine Antragsbefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO analog erforderlich. Die Antragsbefugnis richtet sich wiederum danach, ob die Antragstellerin in der Hauptsache klagebefugt ist. Danach ist A klagebefugt, wenn A geltend macht durch die Ablehnung der Zulassung in ihren subjektiven Recht verletzt zu sein. Dies ist der Fall, wenn nicht von vornherein ausgeschlossen ist, dass der Anspruch auf die Zulassung zum Vorbereitungsdienst besteht.

Es existiert keine Anspruchsgrundlage, die einen Anspruch auf Zulassung zum Vorbereitungsdienst begründet. Vielmehr besteht die Entscheidung zur Zulassung im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn (s. hierzu später mehr unter: II. 2. a) bb) (1)). Doch auch wenn kein Anspruch auf einen begehrten Verwaltungsakt besteht, kann mit der Verpflichtungsklage dennoch ein Anspruch auf ermessens- bzw. beurteilungsfehlerfreie Entscheidung der Behörde (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO) verlangt werden. Dadurch, dass A geltend macht, dass B ihre Zulassung trotz ihrer Tätowierungen, hätte zubilligen müssen, ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass B sein Beurteilungsspielraum falsch ausgeübt hat und A demnach ein Anspruch auf eine erneute – beurteilungsfehlerfreie – Entscheidung hat.

A ist mithin klagebefugt und zugleich nach § 42 Abs. 2 VwGO analog antragsbefugt.

d) Richtiger Antragsgegner

Der richtige Antragsgegner ist der Klagegegner in der Hauptsache, welcher sich bei einer Verpflichtungsklage nach § 78 VwGO richtet. Nach § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO gilt das sog. „Rechtsträgerprinzip“, wonach die Klage (bzw. Antrag) gegen den Rechtsträger der Behörde zu richten ist, die den Verwaltungsakt erlassen (bzw. unterlassen) hat. Die Behörde selbst kommt als Klagegegner nur dann in Betracht, wenn ein Landesrecht dies ausdrücklich bestimmt, § 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO („Behördenprinzip“). Von dieser Möglichkeit hat das Land Berlin keinen Gebrauch gemacht (s. etwa OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 13.2.2023 – OVG 4 N 32/22, BeckRS 2023, 2047 Rn.7), sodass der Rechtsträger der Kriminalpolizei Berlin, mithin das Land Berlin, der richtige Klage- und zugleich Antragsgegner nach § 78 VwGO ist.

e) Die Beteiligte- und Prozessfähigkeit, §§ 61, 62 VwGO

A ist als natürliche Person nach § 61 Nr. 1 Var. 1 VwGO, das Land Berlin als juristische Person nach § 61 Nr. 1 Var. 2 VwGO beteiligtenfähig.

Die Prozessfähigkeit ergibt sich für A aus ihrer Geschäftsfähigkeit, nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 VwGO und für B handelt gem. § 62 Abs. 3 VwGO sein gesetzlicher Vertreter. Aus dem Ressortprinzip, Art. 58 Abs. 5 S. 1 VvB folgt, dass das Land Berlin gerichtlich durch das Mitglied des Senats vertreten wird, dessen Ressort betroffen ist. (Für NRW: Aus dem Ressortprinzip, Art. 55 Abs. 2 LVerfNRW folgt, dass das Land NRW durch den Minister vertreten wird, dessen Ressort betroffen ist.

f) Rechtsschutzbedürfnis

Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn die Klage in der Hauptsache schon offensichtlich unzulässig ist. Dies ist bei der Regelungsanordnung etwa dann der Fall, wenn der Antragssteller keinen Antrag bei der Behörde eingereicht hat. Vorliegend hat A eine Bewerbung auf Zulassung bei B eingereicht und andere Anhaltspunkte, die die offensichtliche Unzulässigkeit der Klage in der Hauptsache begründen würden, sind nicht ersichtlich.

g) Zwischenergebnis

Der Antrag auf einstweilige Anordnung in Form der Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO ist zulässig.

2. Begründetheit

Der Antrag nach § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO ist begründet, wenn die vorläufige Regelung nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden, drohende Gewalt zu verhindern oder sie aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei genügt es, wenn die Anspruchstellerin die tatsächlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs (Anordnungsanspruch) und die Gründe, die die Eilbedürftigkeit der gerichtlichen Entscheidung bedingen (Anordnungsgrund), glaubhaft macht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).

a) Vorliegen eines Anordnungsanspruchs

Der Anordnungsanspruch ist gegeben, wenn ein Erfolg in der Hauptsache im Wege einer summarischen Prüfung überwiegend wahrscheinlich ist. Dabei ist eine in der Hauptsache einschlägige Verpflichtungsklage begründet, soweit die Ablehnung des Verwaltungsaktes (hier: die Zulassung zum Vorbereitungsdienst) rechtswidrig ist und die A dadurch in ihren Rechten verletzt wird.

Hinweis: Für die Begründetheitsprüfung einer Verpflichtungsklage gibt es zwei Aufbaumöglichkeiten: Der Regelfall ist der „Anspruchsaufbau“ (1. AGL, 2. Formelle Voraussetzungen, 3. Materielle Voraussetzungen) und die Ausnahme ist der sog. „Rechtswidrigkeits- bzw. Ablehnungsaufbau“ (Formelle und Materielle Rechtswidrigkeit des abgelehnten Verwaltungsaktes). Das VG Berlin wählte den Rechtswidrigkeitsaufbau, der sich bei der Prüfung von Beurteilungs- und Ermessensspielräumen anbietet. Dieser Aufbau ist jedoch nicht zwingend.

aa) Formelle Rechtswidrigkeit der Ablehnung der Bewerbung

Mangels Anhaltspunkte im Sachverhalt ist von der formellen Rechtmäßigkeit des Bescheids über die Ablehnung der Bewerbung auszugehen.

bb) Materielle Rechtswidrigkeit der Ablehnung der Bewerbung

Fraglich ist, ob der Bescheid der Ablehnung der Bewerbung materiell rechtswidrig ist.

(1) Bestehen eines Beurteilungsspielraums

Bevor die Frage der Rechtswidrigkeit der Ablehnung der Bewerbung erfolgt, muss geklärt werden, inwieweit die behördliche Entscheidung gerichtlich überprüft werden kann. Eine gerichtliche Überprüfung könnte aufgrund eines bestehenden Beurteilungsspielraums der Behörde beschränkt sein.

Ein solcher wird insbesondere bei beamtenrechtlichen Beurteilungen angenommen. Vorliegend geht es um die Einstellung in den Vorbereitungsdienst für die Laufbahn des gehobenen Dienstes der Kriminalpolizei. Maßgeblich ist hierfür Art. 33 Abs. 2 GG – konkretisiert in der beamtenrechtlichen Vorschrift des § 9 BeamtStG –, der regelt, dass jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt hat. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass diese Vorschriften keinen unmittelbaren Anspruch auf Begründung eines Beamtenverhältnisses gewähren (vgl. BVerfG, Beschl. v. 22.5.1975 – 2 BvL 13/73, BVerfGE 39, 334; BVerwG, Beschl. v. 6.4.2006 – 2 VR 2.05; VG Berlin Urt. v. 21.6.2023 – 36 K 384/22, BeckRS 2023, 39968 Rn. 23).  Vielmehr wird dem Bewerber ein grundrechtsgleiches Recht darauf vermittelt, dass über seinen Antrag auf Zugang zu öffentlichen Ämtern nur nach Maßgabe seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung ermessensfehlerfrei entschieden wird (VG Berlin, Urteil. v. 21.06.2023 – VG 36 K 384/22, BeckRS 2023, 39968 Rn. 23). Demnach steht die Ernennung eines Bewerbers zum Beamten auf Widerruf im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn, der innerhalb des ihm durch die verfassungsrechtlichen und beamtenrechtlichen Vorschriften gesetzten Rahmens sowohl den Bedarf an Beamten als auch die aus seiner Sicht maßgebenden Eignungs-, Befähigungs- und Leistungskriterien bestimmen kann (VG Berlin, Beschl. 27.2.2025 – VG 26 L 288/24, S. 3, n.V.).

Von diesem Beurteilungsspielraum erfasst ist auch die – vorliegend maßgebliche – Entscheidung, ob die Voraussetzungen eines Einstellungshindernisses aufgrund des äußerlichen Erscheinungsbildes nach § 7 Abs. 1 S. 2 BeamtStG i.V.m. § 34 Abs. 2 BeamtStG vorliegen. Diese Regelungen lauten wie folgt

§ 7 Abs. 1 S. 2 BeamtStG:

In das Beamtenverhältnis darf nicht berufen werden, wer unveränderliche Merkmale des Erscheinungsbilds aufweist, die mit der Erfüllung der Pflichten nach § 34 Absatz 2 nicht vereinbar sind.

§ 34 Abs. 2 BeamtStG

Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen (S. 1). Insbesondere das Tragen von […] Tätowierungen im sichtbaren Bereich [kann] eingeschränkt oder untersagt wrden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert (S. 2). Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen (S.3).

(2) Beurteilungsfehler

Die Ablehnung der Bewerbung könnte jedoch trotz Beurteilungsspielraum rechtswidrig sein, wenn die Entscheidung beurteilungsfehlerhaft erfolgt ist und mithin die B ihren Beurteilungsspielraum überschritten hat. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass aufgrund der Eignungsbeurteilung, die ein Akt wertender Erkenntnis ist, der gerichtliche Prüfungsmaßstab dahingehend beschränkt ist, dass lediglich überprüft werden kann, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff verkannt, der Beurteilung einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt hat (VG Berlin, Beschl. 27.2.2025 – VG 26 L 288/24, S. 3, n.V.).

Ein Beurteilungsfehler könnte dahingehend in Betracht kommen, dass die Ablehnung der Bewerbung aufgrund der konkreten Tätowierungen der A unverhältnismäßig ist. Denn bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 S. 2 BeamtStG i.V.m. § 34 Abs. 2 BeamtStG vorliegen ist stets der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten (VG Berlin, Beschl. 27.2.2025 – VG 26 L 288/24, S. 4, n.V.).

Hintergrund ist, dass die Untersagung des Tragens bestimmter Tätowierungen in das durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete Persönlichkeitsrecht des Bewerbers eingreift (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.11.2017 – 2 C 25/17 –, juris Rn. 33). Dieser Eingriff reicht auch weiter als derjenige, Dienstkleidung anzulegen und Schmuck vor dem Dienstantritt abzulegen, weil er das auf Dauer angelegte äußere Erscheinungsbild des beim Tragen der Uniform sichtbaren Körperbereichs des Beamten betrifft (BVerwG, Urt. v. 14.5.2020 – 2 C 13.19 –, juris Rn. 11).

Zur Beurteilung, ob eine Ablehnung der Bewerbung auf § 7 Abs. 1 S. 2 BeamtStG i.V.m. § 34 Abs. 2 S. 2 und 3 BeamtStG gestützt werden kann, bedarf mithin einer individuellen Betrachtung der Tätowierung des Bewerbers und ihrer potentiellen Wirkungen im Rahmen der Dienstausübung. Insbesondere bei der Frage, ob die Tätowierungen über das übliche Maß hinausgehen, hat der Dienstherr sich an den Anschauungen zu orientieren, die in der pluralistischen Gesellschaft herrschen und darf sich dabei einem Wandel dieser Anschauungen nicht verschließen. Daher kann er ein gesellschaftlich weitgehend akzeptiertes Aussehen nicht schon deshalb untersagen, weil er es ungeachtet der veränderten Verhältnisse weiterhin für unpassend, unästhetisch oder nicht schicklich hält (OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 8.12. 2022 – 2 B 10974/22 –, juris Rn. 15 m.w.N.).

Nach dem dargelegten Maßstab gelangt das VG Berlin zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen nicht vorliegen und die Entscheidung der B als unverhältnismäßig anzusehen ist. Zur Begründung stützt sich das VG Berlin auf folgende Argumente:

1) Argumente dafür, dass die Tätowierung auf dem Handrücken (wie bei A) nicht über das übliche Maß hinausgehen (§ 34 Abs. 2 S. 3 Hs. 1 BeamtStG):

  • Anerkennung und Verbreitung von Tätowierungen: Bei der Beurteilung der Frage, ob Tätowierungen über das übliche Maß hinausgehen, müsse die heutzutage allgemein große Verbreitung von Tätowierungen beachtet werden. Das VG Berlin nennt eine Statistik des Instituts für Demoskopie Allensbach, die belegt, dass im Jahr 2014 24 % der 16- bis 29-Jährigen eine Tätowierung besaßen. wobei bei Frauen in dieser Altersgruppe der Anteil sogar bei 30 %, in Ostdeutschland (geschlechterübergreifend) bei 41 % lag (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.11.2017 – 2 C 25/17 –, juris Rn. 50). Zudem geht das VG Berlin davon aus, dass die Verbreitung der Tätowierungen – auch im sichtbaren Bereich – zugenommen haben.
  • Größe der Tätowierung: Zwar sei es richtig – wie von B vorgetragen – dass die Tätowierungen einen Großteil des Handrückens bedecken, jedoch im Verhältnis zum Körper nicht von einer derart großen Tätowierung gesprochen werden kann.
  • Keine außergewöhnlichen Motive: Bei den Motiven (Rosenblüten, Namenszüge, Zahl, Armband) handelt es sich nicht um außergewöhnliche Motive, sondern diesen seien weit verbreitet.

2) Argumente dafür, dass die Tätowierungen der A trotz ihrer Sichtbarkeit im vorliegenden Einzelfall nicht geeignet ist, ihre amtliche Funktion im angestrebten Amt als Polizeibeamtin in den Hintergrund zu drängen (§ 34 Abs. 2 S. 3 Hs. 2 BeamtStG):

  • ZWAR überwiegende Sichtbarkeit: Die Tätowierungen auf dem Handrücken sind nicht nur bei einem unmittelbaren Kontakt mit Bürgerinnen und Bürgern erkennbar, sondern bereits aus einiger Entfernung.
  • ABER keine Anhaltspunkte für eine gesteigerte Aufmerksamkeit auf die Tätowierungen: Aufgrund der klaren Erkennbarkeit und unkritischen Inhalte der Motive, ist nicht zu befürchten, dass Bürgerinnen und Bürger eine Interpretation bzw. Projektion der persönlichen Überzeugung der A als Privatperson vornehmen.
    • Namenszüge: Es entsteht der Eindruck, dass es sich um Namen von der A nahestehenden Personen handelt, ohne dass dies dazu führen könnte, dass die amtliche Funktion in den Hintergrund gedrängt wird
  • Gesellschaftliche Akzeptanz, insb. am Standort Berlin
    • Eine negative Bewertung der Tätowierungen von lebensälteren Bürgerinnen und Bürgern sei aufgrund der harmlosen Motive und der zunehmenden Verbreitung von Tätowierungen – insb. am Standort Berlin – nicht zu befürchten und könne keinen Rückschluss dahingehend begründen, dass die amtliche Funktion in den Hintergrund gedrückt werden würde.

Folglich überschreitet die B bei der Entscheidung, dass die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 S. 2 BeamtStG i.V.m. § 34 Abs. 2 BeamtStG vorliegen und mithin zu einer Ablehnung der Bewerbung führen, ihren Beurteilungsspielraum, da diese unzureichend den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit berücksichtigt.

(3) Zwischenergebnis

Folglich ist die Ablehnung der Bewerbung rechtswidrig und verletzt die A in ihren Rechten.

cc) Spruchreife/Anspruchsinhalt

Dadurch, dass sich aus Art. 33 Abs. 2 GG kein unmittelbarer Anspruch auf Begründung eines Beamtenverhältnisses herleiten lässt, sondern vielmehr dem Bewerber ein grundrechtsgleiches Recht darauf vermittelt, dass über seinen Antrag auf Zugang zu öffentlichen Ämtern nach Maßgabe seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung beurteilungsfehlerfrei entschieden wird, ist die Sache noch nicht spruchreif. Eine Ermessensreduzierung auf Null liegt auch nicht vor, da die A bereits im Rahmen des Auswahlverfahrens angegeben hat, dass sie beabsichtige, sich im Dezember 2024 eine weitere Tätowierung stechen zu lassen, dessen Begutachtung von den Behörden noch aussteht. Folge ist nach § 113 Abs. 5 S. 2 VwGO, dass das Gericht die Behörde verpflichtet unter Beachtung ihrer Rechtsauffassung neu über den Antrag zu bescheiden (sog. „Bescheidungsurteil“). Dabei ist es unerheblich, dass die Neubescheidung nicht von A beantragt wurde, da diese vielmehr als „Minus“ im Antrag zum Vornahmebegehren enthalten ist (Wysk/Bamberger, 4. Aufl. 2025, § 113 VwGO Rn. 105; ebenfalls als „Minus“ zum Antrag bezeichnend: VG Berlin, Beschl. v. 27.2.2025 – VG 26 L 288/24, S. 7, n.V.). Eine vorläufige Neubescheidung ist auch zeitlich vor dem Einstellungstermin (1.4.2025) noch möglich, sodass eine Verpflichtung der Behörde zur vorläufigen Einstellung der A nicht aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes erforderlich ist (s. zu einer Konstellation, in der die Neubescheidung zeitlich nicht mehr möglich war: OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 27.9.2022 – OVG 4 S 29/22, S. 5) (VG Berlin, Beschl. v. 27.2.2025 – VG 26 L 288/24, S. 7, n.V.).

dd) Zwischenergebnis

Folglich hat die Verpflichtungsklage in der Hauptsache mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Erfolg. Ein Anordnungsanspruch kann mithin glaubhaft gemacht werden.

b) Anordnungsgrund

Neben einem Anordnungsanspruch muss ebenfalls ein Anordnungsgrund vorliegen. Dieser ist im Rahmen einer Regelungsanordnung gegeben, wenn die Anordnung nötig ist, um wesentliche Nachteile für A abzuwenden oder drohende Gefahren zu verhindern. Vorliegend würde ein Abwarten des Hauptsachverfahrens bedeuten, dass A nicht zum zeitnahen Einstellungstermin (1.4.2025) eingestellt wird und mithin eine erhebliche, mit ihren Rechten aus Art. 12 GG, Art. 33 Abs. 2 GG nicht vereinbare Ausbildungsverzögerung in Kauf nehmen müsste. Folglich ist die einstweilige Anordnung nötig, um wesentliche Nachteile, die in Form der Ausbildungsverzögerung entstehen würden, erforderlich und mithin Anordnungsgrund gegeben.

c) Keine Vorwegnahme und Überschreitung der Hauptsache

Mit der Verpflichtung, dass B lediglich über die Zulassung zum Vorbereitungsdienst der A erneut entscheiden muss, wird weder die Hauptsache vorweggenommen, noch diese überschritten.

d) Zwischenergebnis Begründetheit

Folglich ist der Antrag nach § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO begründet.

3. Endergebnis

Der Antrag nach § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO ist sowohl zulässig als auch begründet.

03.06.2025/0 Kommentare/von Miriam Hörnchen
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Miriam Hörnchen https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Miriam Hörnchen2025-06-03 08:45:032025-06-06 10:50:46Tätowierungen als Einstellungshindernis im Polizeidienst?
Redaktion

Gedächtnisprotokoll Öffentliches Recht I Mai 2024 NRW

Aktuelles, Examensreport, Nordrhein-Westfalen, Öffentliches Recht, Polizei- und Ordnungsrecht, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Startseite, Verfassungsrecht, Verschiedenes, Verwaltungsrecht

Wir freuen uns sehr, ein Gedächtnisprotokoll zur ersten Klausur im Öffentlichen Recht des Mai-Durchgangs 2024 in Nordrhein-Westfalen veröffentlichen zu können und danken Laura erneut ganz herzlich für die Zusendung. Selbstverständlich kann juraexamen.info keine Gewähr dafür geben, dass die in Gedächtnisprotokollen wiedergegebene Aufgabenstellung auch der tatsächlichen entspricht. Dennoch sollen Euch die Protokolle als Anhaltspunkt dienen, was euch im Examen erwartet.

Sachverhalt

In der kreisfreien Stadt D in NRW gibt es eine Gesamtschule mit einer gymnasialen Oberstufe (G). Die Schule wird von Schülern unterschiedlichster Religionsangehörigkeit besucht. Schon häufiger kam es zwischen den Schülern zu Spannungen auf Grund der verschiedenen Religionen.

Der 18-jährige A besucht die Oberstufe der G und ist seit kurzem Mitglied einer Glaubensgruppe die der Meinung ist, nur sie würden den christlichen Glauben richtig interpretieren. Dazu gehört, laut ihnen, auch das tägliche 10-minütige verpflichtende Gebet zwischen 12 und 13 Uhr. Dafür müssen sie sich auf den Boden vor einer Wand knien und laut beten. Der A fühlt sich demgegenüber verpflichtet und möchte nicht darauf verzichten oder leise beten.

Deswegen sucht er am 22.5 zum ersten Mal einen leeren Flur der Schule auf, um in der Pause diesem verpflichtenden Gebet nachzukommen. Dabei wird er rasch von anderen Schülern bemerkt. Einige fühlen sich davon provoziert und gestört und tun dies lautstark kund, andere wiederum verteidigen vehement diesen christlichen Glauben und schreien die anderen Schüler an. Der A beteiligt sich nicht an diesen Auseinandersetzungen und erscheint auch pünktlich zum Unterrichtsbeginn. Die Auseinandersetzungen sorgen aber dafür, dass der Unterricht nicht reibungslos abläuft.

Die Schulleiterin L zitiert den A deswegen in ihr Büro und ordnet ihm (formell rechtmäßig) ein Verbot des rituellen Betens auf dem Schulgelände, gem. § 43 III 3 SchulG NRW an, außerdem stellt sie ihm in Aussicht das Verstöße dagegen auch erzieherische Maßnahmen oder Ordnungsmaßnahmen nach sich ziehen können.

Der A lässt sich davon nicht beirren und so sucht er auch am 23.5 wieder einen leeren Flur auf, um dem Gebet nachzukommen. Dabei wird er auch wieder von Schülern bemerkt und wieder kommt es zu Auseinandersetzungen an denen A sich nicht beteiligt. Die L ermahnt den A und verweist ihn auf das Gespräch und den angedrohten Konsequenzen vom 22.5.

Auch am darauffolgenden Tag sucht der A wieder den Flur auf um beten zu können. Noch bevor andere Schüler ihn bemerken können, bemerkt die L ihn und zitiert ihn zusammen mit seiner Klassenlehrerin in ihr Büro. Nach Anhörung des A (§ 53 VI iVm § 123 I SchulG NRW) übergibt L dem A den schriftlichen und begründeten Unterrichtsausschluss für zwei Wochen beginnend ab dem folgenden Montag 27.5.

Der A legt noch am gleichen Tag einen formell rechtmäßigen Widerspruch und auch noch am gleichen Tag einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gegen das Land NRW beim zuständigen Verwaltungsgericht ein.

Laut A würde das Gebetsverbot ihn in seiner Religionsfreiheit aus Art. 4 GG einschränken, außerdem wäre es in Anbetracht der § 2 Abs. 6 Nr. 4 und 7 SchulG NRW Aufgabe der Schule ihm eine freie Religionsausübung zu gewährleisten. Deswegen wäre das Gebetsverbot sowieso rechtswidrig.

Außerdem würde ihn ein Unterrichtsausschluss benachteiligen, da seine Noten aktuell schon nicht gut sind und in Anbetracht der schon in einem Jahr stattfindenden Abiturprüfungen, würde diese harte „Sanktion“ unverhältnismäßig in sein Recht auf Bildung aus Art. 2 und 7 GG, § 1 SchulG NRW eingreifen.

Die G führt dagegen aus, dass sie schon alleine aufgrund der religiösen Neutralität solche rituellen Gebete unterbinden müsse. Deswegen könne das Gebetsverbot gar nicht rechtswidrig sein und wurde deswegen auch rechtmäßig angeordnet. Außerdem könnte sie, wenn der Unterricht gestört wird, nicht mehr ihrer Erziehungs- und Bildungspflicht nachkommen, welche sich aus dem Grundgesetz iVm § 1, § 2 SchulG NRW ergibt.

Frage: Hat der Antrag auf Einstweilige Anordnung des Rechtsschutzes Aussicht auf Erfolg?

Bearbeitervermerk:

– zu prüfen sind NICHT die Landesverfassung NRW, Art. 3 GG

– Aus dem SchulG sind nur die im Sachverhalt genannten Normen zu prüfen, deren Verfassungsmäßigkeit zu unterstellen ist

– unterstellen Sie die Prozess- und Beteiligtenfähigkeit

– Unterstellen Sie, dass der Antrag gegen den richtigen Klagegegner gerichtet ist

03.06.2024/1 Kommentar/von Redaktion
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2024-06-03 13:04:412024-06-03 13:04:46Gedächtnisprotokoll Öffentliches Recht I Mai 2024 NRW
Dr. Philip Musiol

VG Berlin zum Carsharing: Gemeingebrauch oder Sondernutzung?

Examensvorbereitung, Lerntipps, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Startseite, Verwaltungsrecht

Das VG Berlin hatte am 01.08.2022 über einen Eilantrag von zwei Carsharing-Unternehmen zu entscheiden (Az. 1 L 193/22). Inhaltlich befasst sich die Entscheidung mit der Frage, ob es sich beim Abstellen von für stationsungebundenes Carsharing genutzten Fahrzeugen im öffentlichen Verkehrsraum um erlaubnisfreien straßenrechtlichen Gemeingebrauch oder um genehmigungspflichtige Sondernutzung handelt.

I. Sachverhalt

Die antragstellenden Carsharing-Unternehmen bieten in Berlin stationsungebundenes Carsharing an. Sie stellen also ihren Kunden die Pkw ohne festen Abhol- und Rückgabeort zur Verfügung. Die Kunden mieten die Pkw dabei über eine App, über die sich die Pkw auch lokalisieren, öffnen und nach Ende der Benutzung wieder schließen lassen. Nach Ende der Nutzung werden die Pkw im öffentlichen Verkehrsraum (auf Parkplätzen) abgestellt.

Nach dem zum 1. September 2022 geänderten Berliner Straßengesetz sollen auf das gewerbliche Anbieten von Carsharing-Fahrzeugen, die selbstständig reserviert und genutzt werden können, die Vorschriften über die Sondernutzung öffentlicher Straßen anwendbar sein. Danach wären die antragstellenden Unternehmen unter anderem verpflichtet, eine Sondernutzungserlaubnis zu beantragen und Gebühren zu entrichten. Mit ihrem Antrag begehrten die Antragstellerinnen im vorläufigen Rechtsschutz die Feststellung, dass das von ihnen betriebene Carsharing keine erlaubnispflichtige Sondernutzung öffentlicher Straßen darstellt.

II. Die Entscheidung

Das VG Berlin gab den Antragstellerinnen Recht. Die Vorschriften über die Sondernutzung öffentlicher Straßen seien nicht anwendbar, weil es sich bei stationsungebundenem Carsharing um erlaubnisfreien Gemeingebrauch handele. Dies gelte auch für das Abstellen der Pkw im öffentlichen Raum. Denn zu der bestimmungsgemäßen Nutzung der öffentlichen Straßen gehöre neben dem fließenden Verkehr auch der ruhende Verkehr (also das Parken), solange das betreffende Fahrzeug zum Verkehr zugelassen und betriebsbereit sei. Nach Ansicht des VG Berlin überwiegt der gewerbliche Zweck, den die Antragstellerinnen mit dem Abstellen der Pkw verfolgen, auch nicht den Zweck der Benutzung der Straßen zum Verkehr.

III. Einordnung der Entscheidung

Es handelt sich zwar „nur“ um eine Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz, gegen die zudem Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht eingelegt werden kann. Aber dennoch lohnt sich eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Entscheidung: Denn die Frage, ob die (teilweise) gewerbliche Nutzung von öffentlichen Straßen Gemeingebrauch oder Sondernutzung ist, lässt sich auf vielerlei Fallkonstellationen (u.a. E-Scooter, Mietfahrräder) übertragen. Außerdem lassen sich sämtliche Fragestellungen hierzu ohne vertieftes Spezialwissen argumentativ beantworten, was die Thematik besonders examensrelevant macht.

Die Frage, ob es sich bei der Nutzung öffentlicher Straßen und Wege um Sondernutzung oder Gemeingebrauch handelt, richtet sich nach dem Landesrecht (s. etwa §§ 14, 18 StrWG NRW; §§ 16, 19 HmgWG). Nach den landesrechtlichen Vorschriften, die sich im Wesentlichen entsprechen, fällt unter den erlaubnisfreien Gemeingebrauch jeder Gebrauch der öffentlichen Straßen im Rahmen der Widmung und der verkehrsrechtlichen Vorschriften. Kein Gemeingebrauch liegt demgegenüber vor, wenn die Straße nicht vorwiegend zum Verkehr benutzt wird, dem sie zu dienen bestimmt ist. Die Bestimmung des Zwecks, zu dem die Straße benutzt wird, erfolgt dabei nach dem äußeren Erscheinungsbild der Straßennutzung. Sofern die Verkehrszwecke mit anderen Zwecken zusammentreffen, kommt es darauf an, was der vorrangige Zweck der Straßennutzung ist (BVerwG, Beschl. v. 28.08.2012 − 3 B 8/12, NVwZ 2012, 1623 Rn. 9 ff.). So viel zu der Ausgangslage.

In einem zweiten Schritt ist Arbeit am Fall gefragt: Es muss konkret herausgearbeitet werden, welchen Zweck der Anbieter (Carsharing/E-Scooter/Fahrräder) durch das Abstellen seiner Fortbewegungsmittel im öffentlichen Raum vorrangig verfolgt. Klar ist dabei, dass der Anbieter stets zumindest auch gewerbliche Zwecke verfolgt, da er die Nutzung der Fortbewegungsmittel nur gegen Abschluss eines Mietvertrags anbietet. Anerkannt ist, dass mit dem Anbieten von Waren oder Dienstleistungen (Aufstellen von Kaugummiautomaten oder Altkleidercontainern) verkehrsfremde Zwecke verfolgt werden. Gleichzeig liegt es in der Natur der Sache, dass die Pkw oder E-Scooter von den Kunden der Unternehmen zu Fortbewegungszwecken und damit zur Ortsveränderung genutzt werden. Für die Annahme, dass die Pkw zur Benutzung der Straßen zum Verkehr im öffentlichen Raum abgestellt werden, spricht weiterhin der Umstand, dass sie nach jedem Abstellen wieder zu Zwecken der Ortsveränderung in Betrieb genommen werden sollen. Wie gesehen fällt sowohl der fließende als auch der ruhende Verkehr unter den Begriff des Gemeingebrauchs. Entscheidend kommt es also auf eine Abwägung zwischen den verfolgten Zwecken an.

Hier gibt es wohl keine eindeutig richtige oder falsche Lösung: So hat OVG Münster entschieden, dass das Abstellen von Mietfahrrädern im öffentlichen Straßenraum eine erlaubnispflichtige Sondernutzung sei (Beschluss vom 20.11.2020 – 11 B 1459/20, NJW 2020, 3797), zehn Jahre zuvor ordnete das OVG Hamburg das Abstellen von Mietfahrrädern auf öffentlichen Wegeflächen dem Gemeingebrauch zu (Beschluss vom 19. 6. 2009 – 2 Bs 82/09, NVwZ-RR 2010, 34). Das OVG Münster begründete seine Entscheidung damit, dass die im öffentlichen Straßenraum abgestellten Fahrräder nicht nur Mietgegenstand seien, sondern vielmehr eine Aufforderung zum Abschluss eines Vertrages enthielten (wobei es offenlässt, ob es sich um eine invitatio ad offerendum oder eine offerta ad incertas personas handelt). Dieses Argument gilt für Mietfahrräder und E-Scooter gleichermaßen: Es liegt nahe, dass potenzielle Kunden den Entschluss zur Nutzung eines Mietfahrrads oder eines E-Scooters erst spontan fassen, nachdem sie im öffentlichen Verkehrsraum auf das abgestellte und betriebsbereite Fortbewegungsmittel aufmerksam werden. Damit kommt im öffentlichen Raum abgestellten Fahrrädern und Rollern eine nicht unerhebliche Werbewirkung zu. Hiervon ist die Konstellation des Carsharings zu unterscheiden: Kunden eines Carsharing-Unternehmens werden einen Pkw typischerweise nicht aufgrund eines spontanen Entschlusses in Anspruch nehmen. Vielmehr liegt nahe, dass sie einen Pkw nur dann nutzen – und ggf. zuvor mittels der App lokalisieren – wenn sie schon zuvor den Entschluss zur Nutzung gefasst haben. Vor diesem Hintergrund ließe sich vertreten, dass insoweit der gewerbliche Zweck – verglichen mit den zuvor genannten anderen Beispielen – gegenüber der Nutzung der Straße zu Verkehrszwecken weiter in den Hintergrund rückt.

Wichtig ist, dass die beiden möglichen Zwecksetzungen erkannt, benannt und sauber gegenübergestellt werden. Aufgrund der „Flut“ von E-Scootern in den Innenstädten und der wachsenden Beliebtheit von Carsharing-Angeboten handelt es sich sicherlich um eine Thematik, die in Zukunft noch häufiger die Gerichte und Prüfungsämter beschäftigen wird.

08.08.2022/1 Kommentar/von Dr. Philip Musiol
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Philip Musiol https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Philip Musiol2022-08-08 07:02:162022-10-24 14:49:28VG Berlin zum Carsharing: Gemeingebrauch oder Sondernutzung?
Gastautor

Versammlungsverbot an einem Tag des Gedenkens

Examensvorbereitung, Lerntipps, Öffentliches Recht, Polizei- und Ordnungsrecht, Versammlungsrecht, Verwaltungsrecht

Wir freuen uns, einen Gastbeitrag von Marius Marquardt veröffentlichen zu können. Der Autor ist Jurastudent (5. Semester) im Schwerpunktbereich Arbeits- und Sozialrecht an der Universität Konstanz.
 
Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich ausgehend von einem Sachverhalt mit dem Versammlungsrecht und der Problematik des Verbots einer Versammlung an besonders geschützten Tagen. Neben der Behandlung dieses Problems aus dem besonderen Verwaltungsrecht wird ebenfalls auf den einstweiligen Rechtsschutz gemäß § 80 Ab. 5 VwGO eingegangen.
Zur Aktualität der Problematik sei auf die Entscheidung des Thüringer OVG (3 EO 842/16) hingewiesen.
 
Sachverhalt

V meldet für seine Vereinigung „ Patriotische Deutsche für das christliche Abendland und gegen dessen Islamisierung“ eine Versammlung von 500 Personen am 09.11. an, bei der diese gegen die Bildungspolitik der Landesregierung Baden-Württemberg protestieren wollen.
Die Vereinigung hat bereits an anderen historisch sensiblen Daten solche Veranstaltungen angemeldet und letztlich doch gemäß ihrer rechtsextremen Gesinnung gegen Geflüchtete oder „die Stigmatisierung der Herrschaft unseres Führers“ demonstriert und die Teilnehmer* haben dies lautstark, insbesondere durch Sprechchöre, kundgetan (dies ist als Verstoß gegen die öffentliche Ordnung zu unterstellen).
Die zuständige Behörde ordnete die Verlegung der Versammlung auf den 10.11. an, sowie die sofortige Vollziehbarkeit (diese ist als formell rechtmäßig zu unterstellen). Zur Begründung führte sie aus, dass an diesem Tag einige bereits genehmigte Veranstaltungen zum Gedenken an die im Rahmen des Naziregimes Ermordeten statt finde. Diesen Marsch würde die Versammlung insbesondere deshalb stören, weil Megafone dieses Gedenken unmöglich machen würden. Außerdem sei wegen anderer, in diesem Jahr bereits erfolgter Versammlung, die ebenfalls geltend machten ein unproblematisches Thema behandeln zu wollen letztlich doch in menschenverachtender Weise gegen bestimmte Gruppen demonstriert worden sei. Aufgrund dessen, dass die Vereinigung die Taten des Unrechtsregimes nicht verurteile, sondern sogar preise, sei das ethische und soziale Empfinden der Gesellschaft verletzt.
Der Verlegungsbescheid erging am 05.11., V fragt, ob die Anrufung eines Gerichts erfolgreich wäre.
Es ist davon auszugehen, dass dem 9.11. wegen der „Reichsprogromnacht“ ein eindeutiger Sinngehalt mit gewichtiger Symbolkraft zukommt.

 
Gutachten
 
V könnte sich erfolgreich gegen den Verlegungsbescheid wehren, wenn ein Rechtsmittel zulässig und begründet wäre.
 
I. Zulässigkeit
1. Verwaltungsrechtsweg
Mangels aufdrängender oder abdrängender Sonderzuweisung, bleibt nur die Generalklausel des § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO. Nach der modifizierten Subjektstheorie liegt eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vor, wenn die voraussichtlich streitentscheidende Norm öffentlich-rechtlich ist und dies ist dann der Fall, wenn zumindest auf einer Seite ein Träger hoheitlicher Gewalt als solcher berechtigt oder verpflichtet wird. Diese Norm ist hier § 15 VersG. Dadurch dass diese die Behörde berechtigt, zum Schutze der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit einzugreifen, ist diese öffentlich-rechtlicher Art. Da sich vorliegend keine Verfassungsorgane um Verfassungsrecht streiten, ist der Streit doppelt verfassungsunmittelbar.
Der Verwaltungsrechtsweg ist daher eröffnet.
 
2. Statthaftes Rechtsschutzmittel
Angesichts dessen, dass die Versammlung innerhalb von 4 Tagen stattfinden soll, bleibt dem V nur der einstweilige Rechtsschutz. Fraglich ist, ob § 123 VwGO oder § 80 Abs. 5 VwGO anzuwenden ist. Dies hängt davon ab, welche Klage im Hauptsacheverfahren statthaft wäre.
Die statthafte Klageart richtet sich nach dem Klagebegehren. Dadurch dass Versammlungen keiner Erlaubnis bedürfen, will sich V nur gegen die Verlegung der Versammlung richten. Dieser Bescheid könnte ein VA sein. Dadurch dass eine Behörde bezogen auf die konkrete Veranstaltung (Einzelfall) eine Regelung (Verlegungsanordnung) als hoheitliche Maßnahme traf, liegt ein solcher vor.
In der Hauptsache wäre die Anfechtungsklage statthaft, hier ist § 80 Abs. 5 VwGO einschlägig. 
 
3. Antragsbefugnis
Fraglich ist, ob V den Antrag für die Vereinigung stellen kann. Hierfür müsste er durch Art. 8 GG geschützt sein. Die Vereinigung ist eine inländische juristische Person. Gemäß Art. 19 Abs. 3 finden die Grundrechte hier entsprechend Anwendung, soweit sie ihrem Wesen nach anwendbar sind. Dadurch dass Art. 8 GG gerade die gemeinsame Versammlung schützt, ist dieses Grundrecht auf diese Vereinigung anwendbar, da sonst die dahinterstehenden natürlichen Personen ihr Grundrecht nicht effektiv ausüben könnten.
Als Adressat eines belastenden VA ist die Vereinigung antragsbefugt, da zumindest eine Verletzung der Versammlungsfreiheit aus Art. 8 Abs. 1 GG möglich erscheint.
 
4. Rechtsschutzbedürfnis
Streitig ist, ob ein Vorverfahren nach § 80 Abs. 4 erforderlich ist. Dadurch dass § 80 Abs. 6 dies nur für einen bestimmten Fall anordnet (Anforderung von Kosten und Abgaben), ist davon auszugehen, dass dies nicht der Fall ist.
Problematisch ist außerdem, dass V keinen Widerspruch eingelegt hat. Ob dies erforderlich ist, ist umstritten. Angesichts dessen, dass die Erforderlichkeit zu einer Verkürzung der Widerspruchsfrist führen würde (statt einem Monat hätte V hier nur wenige Tage Zeit), ist dies abzulehnen. V muss keinen Widerspruch einlegen. Das gleiche gilt für die Erhebung der Anfechtungsklage, auch diese ist daher entbehrlich. Nach der anderen Ansicht wäre die Klage nicht unzulässig, Widerspruch und/oder Anfechtungsklage müssten nur bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erhoben werden.
 
5. Antragsgegner, Beteiligten- und Prozessfähigkeit
Richtiger Antragsgegner ist der Rechtsträger der Behörde (§ 78 VwGO analog). Die Beteiligten- und Prozessfähigkeit ergibt sich für die Vereinigung aus §§ 61 Nr. 1, 62 Abs. 1 Nr. 1 VwGO.
 
II. Begründetheit
Der Antrag ist begründet, wenn die Vollzugsanordnung formell rechtswidrig ist, oder das Aussetzungsinteresse des Einzelnen das öffentliche Interesse an der Vollziehung überwiegt. Letzteres ist der Fall, wenn sich in einer summarischen Prüfung [Anm.: Dies bedeutet keinesfalls eine nur oberflächliche juristische Prüfung sondern nur ein Absehen vom Grundsatz des Vollbeweises. Im ersten jur. Examen ist dies daher von geringer Bedeutung.] ergibt, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist (am Vollzug eines rechtswidrigen Verwaltungsakts kann kein öffentliches Interesse bestehen) oder dass kein besonderes Vollzugsinteresse besteht.
 
1. Formelle Rechtmäßigkeit der Vollzugsanordnung
Die Anordnung ist formell rechtmäßig, wenn die Behörde in der Begründung die wesentlichen Gründe für die Ermessensentscheidung im Einzelfall von der Regelwirkung der aufschiebenden Wirkung der Rechtsmittel abzuweichen angegeben hat, wobei nicht nur die Ausführungen des Hauptverwaltungsakts wiederholt werden dürfen. Da die Argumentation dennoch eine ähnliche sein kann, sind grundsätzlich keine zu hohen Anforderungen zu stellen.
Hiervon ist laut Sachverhalt auszugehen.
 
2. Rechtmäßigkeit des Bescheids
a) Ermächtigungsgrundlage
Beim Eingriff in ein Grundrecht ist eine Ermächtigungsgrundlage erforderlich (Vorbehalt des Gesetzes, Wesentlichkeitstheorie).
Alle Deutschen haben gemäß Art. 8 Abs. 1 GG das Recht, sich ohne Anmeldung zu versammeln. Einschränkungen sind nach Art. 8 Abs. 2 GG nur durch oder auf Grund eines Gesetzes und nur für Versammlungen unter freiem Himmel zulässig. Eine Versammlung läge bei der Zusammenkunft von mindestens zwei Personen (str.) vor, die damit den Zweck verfolgen, an der öffentlichen Meinungsbildung teilzunehmen (str.). Entgegen dem Wortlaut ist „unter freiem Himmel“ keine Begrenzung nach oben, sondern eine zu Seite. Es kommt darauf an, ob die Veranstaltung von allen Menschen erreicht werden kann (öffentlich ist) oder ob sie nur einem bestimmten Personenkreis zugänglich ist. Hier möchte V in der Stadt demonstrieren und somit liegt eine Versammlung unter freiem Himmel i.S.d. Art 8 Abs. 2 GG vor, da sowohl bei Zugrundelegung der Absichten die die Stadt unterstellt wie auch derer, die V vorträgt die Meinungsbildung beeinflusst werden soll.
Mangels Versammlungsgesetz des Landes bleibt nur das Bundesrecht. Hier kommt als Ermächtigungsgrundlage für Verbote oder Auflagen nur § 15 VersG in Betracht. Einschlägig könnte § 15 Abs. 2 Nr. 1, 2 VersG sein. Dieser spricht von Gedenkstätten, also Orten. Angesichts des Vorbehalts des Gesetzes scheidet eine Ausdehnung auf Gedenktage aus. Somit durfte die Behörde nur gemäß § 15 Abs. 1 VersG ein Verbot oder eine Auflage erteilen, wenn die öffentliche Sicherheit oder Ordnung unmittelbar gefährdet ist.
 
b) Formelle Rechtmäßigkeit
Mangels Sachverhaltsangaben ist davon auszugehen, dass die zuständige Behörde gemäß den Verfahrensvorschriften (insbesondere: Anhörung des V) den VA gemäß den Formvorschriften erlassen hat, er formell rechtmäßig ist.
 
c) Materielle Rechtmäßigkeit
Eine Versammlung i.S.d. § 15 Abs. 1 VersG liegt vor. Des Weiteren müsste eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bestehen. Unter der öffentlichen Sicherheit versteht man die gesamte objektive Rechtsordnung, alle subjektiven Rechte sowie die Einrichtungen des Staates. Anhaltspunkt für eine Verletzung dieser Rechtsgüter liegen nicht vor.
Jedoch kommt eine Verletzung der öffentlichen Ordnung in Betracht. Dies ist die Gesamtheit der ungeschriebenen Regeln, die nach den herrschenden sozialen und ethischen Anschauung unerlässliche Voraussetzung für ein geregeltes Zusammenleben in einer Gesellschaft sind und mit dem Grundgesetz zu vereinbaren sind. Soweit einem bestimmten Tag ein eindeutiger Sinngehalt mit gewichtiger Symbolkraft zukommt, so darf bei einer Versammlung dieser Sinngehalt nicht in einer Weise angegriffen werden, die gleichzeitig die soziale und ethische Anschauung in erheblicher Weise verletzt (vgl.: BVerfG 6 C 1/13). Dieses Gedenken würde empfindlich gestört werden, wenn diese Veranstaltung von Reden via Megafon begleitet würde. Durch die Veranstaltung droht ein „Wachrufen der Schrecken des vergangenen totalitären und unmenschlichen Regimes“ (BVerfG 1 BvQ 22/01) sodass Bürger eingeschüchtert werden können. Auch ein provozierendes Verhalten der Teilnehmer erscheint zumindest möglich. Die öffentliche Sicherheit ist daher betroffen.
Fraglich ist, ob eine Gefahr für die öffentliche Ordnung vorliegt. Darunter versteht man einen Sachverhalt, der bei ungehinderter Fortentwicklung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden an der öffentlichen Ordnung führt. Je höher der Wert des geschützten Rechtsguts, desto eher liegt eine hinreichende Wahrscheinlichkeit vor. Bei der Beschränkung der Versammlungsfreiheit muss beachtet werden, dass die Gefahr nicht von der geäußerten Meinung selbst abhängen darf, sondern von der Art und Weise der Durchführung (BVerfGE 1 BvQ 9/01). Zur Art der Durchführung gehört auch die Wahl des Datums. Hiervon kann eine provozierende Wirkung ausgehen, denn es wird gezeigt, dass die Vereinigung „Patriotische[r] Deutsche[r] für das christliche Abendland und gegen dessen Islamisierung“ als rechtsextreme Vereinigung auch an solchen Daten demonstrieren kann. Des Weiteren ist das Verhalten der Vereinigung, die für ihre Veranstaltungen regelmäßig historisch sensible Daten wählt, rechtsmissbräuchlich. Der Vortrag, es sei eine bloß zufällige Häufung stellt sich als Schutzbehauptung dar, die auf Grund der tatsächlichen Durchführung bereits erfolgter Veranstaltungen nicht zu überzeugen vermag. Zwar wird ein allgemeinpolitischer Grund vorgeschoben, dieser ist jedoch wenig glaubhaft, sodass hier davon ausgegangen werden kann, dass die Versammlung eine eindeutig gegen das Gedenken gerichtete Stoßrichtung hat. Etwas anderes könnte sich nur ergeben, wenn die Gründe nicht vorgeschoben wären/ es hierfür nicht ausreichend Anhaltspunkte gäbe, denn dann wäre zu befürchten, dass eine von der, von den Teilnehmern vertretenen Meinung abhängige Entscheidung vorläge, was mit den grundsätzlichen Wertentscheidungen des Grundgesetzes (z.B. Meinungsfreiheit, Gleichbehandlungsgrundsatz) unvereinbar wäre. Dadurch dass die Vereinigung dies früher bereits getan hat und dabei die Art und Weise der Durchführung gegen die öffentliche Ordnung verstieß, ist die Gefahr auch keine bloße Unterstellung, sondern stützt sich auf Tatsachen. Das Argument, dass so jede Veranstaltung rechtsextremer Vereinigungen an historisch sensiblen Daten verhindert werden könne und insbesondere in der Rechtsprechung Anklang findet (vgl.: VG Trier 1 K 180/12.TR), ist nicht tragfähig: Wenn bei jeder Veranstaltung dieser Vereinigung an einem solchen Termin eine Gefahr für die öffentliche Ordnung vorliegt, kann sich aus dem ständigen rechtswidrigen Verhalten keine Besserstellung dieser Vereinigung ergeben. [Anm.: a.A. hier gut vertretbar; sofern man eine Gefahr für die öffentliche Ordnung ablehnt, sollte hilfsgutachtlich weiter geprüft werden.]
Fraglich ist des Weiteren, ob eine Auflage oder ein Verbot vorliegt, denn es ist umstritten, ob eine Gefahr für die öffentliche Ordnung ein Verbot oder nur Auflagen rechtfertigen kann. Im Brockdorf-Entschluss hatte das BVerfG entschieden, dass Verbote von Versammlungen nur zum Schutz wesentlicher Rechtsgüter in Betracht kommen. Eine bloße Gefährdung der öffentlichen Ordnung genüge regelmäßig nicht. Später ergänzte es diese Ansicht um den Aspekt, dass ein Verbot bei der Gefahr für die öffentliche Ordnung nur in Betracht kommt, wenn nicht auf die Meinung selbst (dann wären die Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG zu beachten) sondern auf Art und Weise der Durchführung abgestellt wird. Insbesondere bei Veranstaltungen an Tagen, die dem Gedenken an den Holocaust oder allgemein dem Unrecht im Nationalsozialismus dienen sollen, sei auch bei einer Gefahr für die öffentliche Ordnung ein Verbot denkbar, die Einzelfallmaßnahme muss aber dem Gebot der Verhältnismäßigkeit gerecht werden. Daher kann eine Gefahr für die öffentliche Ordnung auch eine Verbot rechtfertigen und eine Abgrenzung der Verlegungsverfügung ist hier entbehrlich. 
Fraglich ist, ob die Maßnahme im Rahmen des Ermessens der Behörde lag. In Betracht kommt hier ein Verstoß gegen die Verhältnismäßigkeit. Ein legitimer Zweck liegt in der Verhinderung der Gefahr für die öffentliche Ordnung. Die Verlegung ist geeignet dies zu erreichen, da an anderen Tagen, die nicht dem Gedenken dienen Meinungsäußerungen durch Megafone nicht geeignet sind die ethischen und sozialen Anschauungen zu stören. Die Maßnahme müsste aber auch erforderlich sein. In Betracht kommt etwa die Auflage, keine Megafone zu benutzen. Dies schränkt jedoch die Meinungsäußerung stark ein, da die Sprechenden dann von den Teilnehmern nicht mehr gehört werden können. Ob diese Maßnahme daher milder ist, kann stark bezweifelt werden. Außerdem sind Sprechchöre der Teilnehmer ebenso wahrscheinlich und kaum zu verhindern, stören das Gedenken aber ebenso. Eine mildere Maßnahme als die Verlegung gab es daher nicht. Im Rahmen der Angemessenheit ist insbesondere zu beachten, dass sich die Verfügung eher als Auflage darstellt. Die Wahl eines in naher Zukunft liegenden Datums betrifft weniger das Ob der Veranstaltung, sondern vielmehr das Wie [Anm.: wenngleich diese Abgrenzung oben nicht relevant war, so ist eine Auflage natürlich eher gerechtfertigt, als ein Verbot]. Die Veranstaltung wird nicht vollständig verboten, es wird lediglich eine Regelung in Hinblick auf die Zeit der Versammlung vorgenommen. Dadurch dass die erlaubte Versammlung der nicht gestatteten stark ähnelt und ohne weiteres wiedererkannt werden kann, wird nicht der Kern der Versammlung verändert. Auch indem die Veranstaltung direkt auf den nächstmöglichen Termin verlegt wird, an dem keine Störung der öffentlichen Ordnung vorliegt, ist die Maßnahme  angemessen.
 
c) Besonderes Vollzugsinteresse
Dadurch dass wegen der rechtshemmenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage  eine tatsächliche Verlegung nur durch die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit erreicht werden kann, liegt das besondere Vollzugsinteresse vor.
Der VA ist formell und materiell rechtmäßig.
 
III. Ergebnis
Der zulässige Antrag ist unbegründet, er hat keine Aussicht auf Erfolg.
 
Literatur:
Detterbeck, Steffen: Allgemeines Verwaltungsrecht
Kopp, Ferdinand; Schenke, Wolf-Rüdiger: VwGO Kommentar (insbes. § 80)
Pieroth, Bodo; Schlink, Bernhard; Kniesel, Michael: Polizei und Ordnungsrecht (insbes. §§ 20ff.)
*Zur besseren Lesbarkeit wird nur die männliche Form verwendet, es ist stets auch die weibliche gemeint.

02.01.2017/17 Kommentare/von Gastautor
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2017-01-02 11:00:012017-01-02 11:00:01Versammlungsverbot an einem Tag des Gedenkens
Redaktion

Schema: Der Antrag nach §§ 80 Abs. 5 S. 1, 80a VwGO

Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes, Verwaltungsrecht

Antrag auf Anordnung/Wiederherstellung

der aufschiebenden Wirkung, § 80 V 1 VwGO, § 80a VwGO

A. Sachentscheidungsvoraussetzungen

I. Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges, § 40 I 1 VwGO

II. Statthafte Antragsart

1. Antragsbegehren des Antragstellers, § 88 VwGO analog: Antragsteller muss die Suspendierung eines VA begehren

2. Statthafter Antrag

a)  Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung (§ 80 V 1 Alt. 1 VwGO) in den Fällen des § 80 II 1 Nr. 1-3 VwGO oder

b)  Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (§ 80 V 1 Alt. 2 VwGO) in den Fällen des § 80 II 1 Nr. 4 VwGO oder

c)  Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung eines VA mit Drittwirkung durch den Begünstigten (§ 80a III 1, I Nr. 1 VwGO), falls der Nachbarrechtsbehelf aufschiebende Wirkung hat oder

d)  Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung eines VA mit Drittwirkung durch den Nachbarn (§ 80a III 1, I Nr. 2 VwGO), falls der Nachbarrechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung (klassisch: § 212a I BauGB) oder

e)  Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung eines VA mit Drittwirkung des begünstigten Dritten (§ 80a III 1, II VwGO, falls der Rechtsbehelf des belasteten Adressaten aufschiebende Wirkung hat) oder

f)  Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung, § 80 V VwGO analog

III. Antragsbefugnis, § 42 II VwGO analog
Antragsteller muss die Möglichkeit der Verletzung eigener Rechte geltend machen.

IV. Antragsgegner, § 78 VwGO analog

V. Beteiligten- und Prozessfähigkeit, §§ 61, 62 VwGO

VI. Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis

1. Erforderlichkeit eines vorherigen Rechtsbehelfes [(-), Wortlaut]

2.Vorheriger Antrag an die Behörde auf Aussetzung der Vollziehung [§ 80 IV VwGO, nur im Rahmen des § 80 VI iVm § 80 II 1 Nr. 1 VwGO erforderlich]

3.Rechtsbehelf in der Hauptsache nicht offensichtlich unzulässig (Frist)

B. Begründetheit

I. Nur bei Antrag nach § 80 V 1 Alt. 2  VwGO und § 80a III 1, I Nr. 2 VwGO: Formell ordnungsgemäße Anordnung der sofortigen Vollziehung

1. Zuständigkeit, § 80 II 1 Nr. 4 VwGO

2. Verfahren [Str.: § 28 VwVfG]

3. Form: Schriftform und Begründung, § 80 III 1 VwGO

II. Interessenabwägung
Antrag begründet, wenn eine Interessenabwägung ergibt, dass das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt

1. Erfolgsaussichten in der Hauptsache

a) „Ernstliche Zweifel“ an der Rechtmäßigkeit des VA (in den Fällen des § 80 II 1 Nr. 1-3, 2 VwGO) oder offensichtliche Rechtswidrigkeit des VA (im Fall des § 80 II 1 Nr. 4 VwGO):  Antrag begründet

b) Offensichtliche Rechtmäßigkeit des VA

– Antrag i.d.R. unbegründet in den Fällen des § 80 II 1 Nr. 1-3, 2 VwGO (gesetzliche Wertung: Vorrang des Vollzugsinteresses, Ausnahme: Unbillige Härte)

– Im Fall des § 80 II 1 Nr. 4 VwGO: Str. ob zusätzlich Interessenabwägung erforderlich

2. Bei offenen Erfolgsaussichten

– Antrag i.d.R. unbegründet in den Fällen des § 80 II 1 Nr. 1-3, 2 VwGO (gesetzliche Wertung: Vorrang des Vollzugsinteresses)

– Im Fall des § 80 II 1 Nr. 4 VwGO: umfassende Abwägung der beteiligten Interessen


 
Das Schema ist entnommen von myjurazone.de.
Vertiefte Erörterungen zum Antrag nach § 80 V VwGO könnt ihr hier finden.

14.07.2016/0 Kommentare/von Redaktion
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2016-07-14 11:00:552016-07-14 11:00:55Schema: Der Antrag nach §§ 80 Abs. 5 S. 1, 80a VwGO
Gastautor

Der einstweilige Rechtsschutz im Verwaltungsrecht – Formale Unterschiede zum Urteil und Tenorierungsbeispiele

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Wir freuen uns nachfolgend einen Gastbeitrag von Ass.iur. Susanne Münch veröffentlichen zu können. Der Beitrag beschäftigt sich mit den formalen Besonderheiten des einstweiligen Rechtsschutzes in verwaltungsrechtlichen Assessorklausuren.
 
1. Der einstweilige Rechtsschutz
Der einstweilige Rechtsschutz spielt im Assessorexamen eine sehr wichtige Rolle. Im Folgenden werden die wichtigsten formalen Anforderungen des Beschlusses dargestellt und einige Tenorierungsbeispiele zur Übung gegeben.
Sowohl über die Anordnung (bzw. Wiederherstellung) der aufschiebenden Wirkung im Zusammenhang mit einem Anfechtungsbegehren, §§ 80, 80 a VwGO, also auch über den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO  wird im Wege des Beschlusses entschieden.
2. Im Unterschied zum Urteilsaufbau müssen folgende formalen Unterschiede beachtet werden:
a) Rubrum:
– Es wird nicht „im Namen des Volkes“ verkündet, da der Beschluss kein Urteil ist.
– Parteien heißen Antragsteller und Antragsgegner, nicht Kläger und Beklagter.
– Bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung wirken die ehrenamtlichen Richter nicht mit (§ 5 III S.2 VwGO).
 
b) Beschlussformel:
– Es wird „beschlossen“, nicht „entschieden“.
– Sie enthält einen Hauptausspruch und eine Kostenentscheidung; ein Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit erfolgt nicht, da einstweilige Anordnungen per se vollstreckbar sind (§ 168 I Nr.2 VwGO; § 149 I VwGO).
– Die Entscheidung über den Wert des Streitgegenstandes wird in Klausuren i.d.R. erlassen (§ 53 III iVm § 52 I, II GKG).
 
c) Gründe:
– Kein Differenzierung in „Tatbestand und Entscheidungsgründe“; alles wird unter der Überschrift „Gründe“ abgehandelt:
I. (Sachverhaltsdarstellung)
II. (Entscheidungsgründe)
 
d) Rechtsmittelbelehrung:
– Die Beschwerde nach §§ 146, 147 VwGO.
 
e) Tenorierungsbeispiele:
(1) Der Antrag nach § 80 V VwGO hat keinen Erfolg: „Der Antrag wird abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.“
 
(2)  Die Stadt S erlässt gegen A eine Untersagungsverfügung und erklärt diese für sofort vollziehbar. A erhebt Widerspruch und beantragt mit Erfolg vorläufigen Rechtsschutz: „Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom (…) gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom (…) wird wiederhergestellt. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.“
 
(3) Die Stadt S erlässt gegen A eine Untersagungsverfügung und erklärt diese ohne Begründung für sofort vollziehbar (Vollziehungsanordnung formell rechtswidrig). A erhebt Widerspruch und beantragt vorläufigen Rechtsschutz: „Die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Bescheids der Antragsgegnerin vom (…) wird aufgehoben. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.“
Anm. (str.): Nach h.M. wird hier gerade nicht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederhergestellt, sondern nur die Anordnung der sofortigen Vollziehung aufgehoben; danach kann die Stadt S (mit Begründung) erneut die sofortige Vollziehung anordnen.
 
(4) Die Stadt S erlässt gegen A einen Abschleppkostenbescheid. A legt Widerspruch ein. Die Stadt S hält den Abschleppkostenbescheid kraft Gesetzes für sofort vollziehbar und will nun die Forderung eintreiben. A, der den Bescheid nicht für sofort vollziehbar kraft Gesetzes hält, beantragt vorläufigen Rechtsschutz: „Es wird festgestellt, dass der Widerspruch des A gegen den Bescheid der Stadt S vom (…) aufschiebende Wirkung hat. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.“
Anm.: Die Kosten einer Ersatzvornahme oder einer unmittelbaren Ausführung fallen nach h.M. weder unter § 80 II S.1 Nr.1 VwGO noch unter die Verwaltungsvollstreckung (also nicht unter § 20 AGVWGO). Hier droht also eine sog. „faktische Vollziehung“.
 
(5) Die Stadt S erteilt Gastwirt W eine Gaststättenerlaubnis. Nachbar N legt Widerspruch ein. Die Stadt S lehnt die von W beantragte Anordnung der sofortigen Vollziehung der Erlaubnis ab. W beantragt jetzt beim VerwG die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Erlaubnis. Das Gericht lädt N bei, N stellt keinen Antrag. W hat mit seinem Antrag Erfolg: „Die sofortige Vollziehung der Gaststättenerlaubnis der Stadt S vom (…) wird angeordnet. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.“
 Anm.: § 80a III iVm I Nr.1 VwGO
 
(6) Nachbar N erhält eine Baugenehmigung. W legt Widerspruch ein und beantragt erfolglos, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen. W wendet sich an das VerwG. Dieses lädt N bei, der eine Ablehnung des Antrags beantragt. W hat keinen Erfolg: „Der Antrag wird abgelehnt. Der Antragssteller trägt die Kosten des Verfahrens, einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.“
Anm.: Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 I VwGO. Es entspricht der Billigkeit i.S.v. § 162 III VwGO, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen dem Antragssteller aufzuerlegen, denn der Beigeladene hat sich durch seine Antragsstellung dem Risiko ausgesetzt, im Falle des Unterliegens gem. § 154 III VwGO mit Verfahrenskosten belastet zu werden.
 
(7) Die XYZ- Partei will in wenigen Tagen in der Stadthalle der Stadt S ihren Landesparteitag durchführen. Der Antrag hat Erfolg: „Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin am (…) die Stadthalle zur (…) zu überlassen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.“
Anm.: Regelungsanordnung
 
(8) Der Antragsteller möchte vor dem Hintergrund seiner beamtenrechtlichen Konkurrentenklage verhindern, dass der Beigeladene vor einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache befördert wird (nach einer Beförderung stünde seinem Anliegen der Grundsatz der Ämterstabilität im Wege). Der Beigeladene stellt keinen Antrag. Der Antrag hat Erfolg.„Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache von der Beförderung des Beigeladenen abzusehen. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.“
Anm: Sicherungsanordnung

11.04.2014/3 Kommentare/von Gastautor
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2014-04-11 09:00:552014-04-11 09:00:55Der einstweilige Rechtsschutz im Verwaltungsrecht – Formale Unterschiede zum Urteil und Tenorierungsbeispiele
Dr. Maximilian Schmidt

Der Fall Eren Derdiyok – Beschäftigungsanspruch eines Profifußballers

Aktuelles, Arbeitsrecht, Schon gelesen?, Startseite

Ein für die mündlichen Prüfung im Examen sehr geeigneter Fall im Arbeitsrecht spielt sich momentan bei der TSG Hoffenheim ab. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung des Fußballprofis Eren Derdiyok kann Anlass dazu sein, sich in seiner Examensvorbereitung mit dem arbeitsrechtlichen Beschäftigungsanspruch auseinanderzusetzen.
Der Fußballprofi Eren Derdiyok wurde von der TSG Hoffenheim verpflichtet und, nach für den Trainer nicht zufrieden stellenden Leistungen, vom Training der Profimannschaft ausgeschlossen und in eine sog. „Trainingsgruppe 2“ verschoben, s. hier. Dort trainieren ebenfalls fünf andere ausgebootete Profispieler und einige Amateure. Eren Derdiyok macht jetzt im einstweiligen Rechtsschutz geltend, dass das Niveau dieser „Traininsgruppe 2“ nicht dem des Profikaders entspricht und er somit nicht angemessen beschäftigt sei.
I. Der Beschäftigungsanspruch
Zunächst muss die richtige Anspruchsgrundlage gefunden werden. Das BAG leitet eine allg. Beschäftigungspflicht aus dem Persönlichkeitsrecht des AN ab (BAG v. 10.11.1955 – 2 AZR 591/54, BAGE 2, 221). Der Anspruch beruht nach Auffassung des BAG unmittelbar auf der sich aus § 242 BGB unter Berücksichtigung der verfassungsrechtl. Wertentsch. der Art. 2 und 1 GG über den Persönlichkeitsschutz für den AG ergebenden arbeitsvertragl. Förderungspflicht der Beschäftigungsinteressen des AN. Der Beschäftigungsanspruch muss jedoch dann zurücktreten, wenn überwiegende schutzwerte Interessen des AG entgegenstehen. Dies können nach der Rspr. des GS im Einzelnen sein: Wegfall der Vertrauensgrundlage, fehlender Einsatzmöglichkeit, Gefahr des Geheimnisverrats, unzumutbare wirtschaftl. Belastung sowie alle Gründe, die eine fristlose Kündigung rechtfertigen würden (ErfK/Preis, 13. Aufl. 2013, § 611 Rn. 563)
Das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers erfordert also eine dem Arbeitsvertrag entsprechende Beschäftigung. Als Fußballprofi fällt hierunter auf jeden Fall ein ordnungsgemäßes Training mit Vollprofis der ersten oder zweiten Mannschaft. Insbesondere wird man bloße Kraft- und Ausdauerübungen als nicht ausreichend erachten können; das Fußballspiel erfordert auch taktisches und mannschaftsspezifisches Training. Vorliegend ist fraglich, ob die „Trainingsgruppe 2“ diesen Anforderungen genügt. Eren Derdiyok macht geltend, dass ein ordnungsgemäßer Trainingsbetrieb in diesem Sinne nicht gewährleistet sei. Dagegen könnte zunächst angeführt werden, dass immerhin bis zu 12 Profifußballspieler mittrainieren und somit ein gewisses fußballerisches Niveau gehalten wird. Allerdings sind es eben höchstens 12 Teilnehmer. Dies erlaubt kein geordnetes mannschaftstaktisches Training. Mangels Teilnahme an Wettbewerben ist die „Trainingsgruppe 2“ hierauf auch gar nicht ausgelegt. Auch ein angesetztes Testspiel gegen einen Kreisligisten ändert hieran nichts: Für dieses soll die „Trainingsgruppe 2“ mit Amateurspielern aufgefüllt werden. Da diese aber nie mit den aussortierten Profis zusammentrainiert haben, erschließt sich der Trainingseffekt nicht. Vielmehr werden die aussortierten Profis zwangsläufig mangels Eingliederung in eine Fußballmannschaft an fußballerischem Können verlieren. Hiervor soll die Beschäftigungspflicht aber gerade schützen. Es scheint vielmehr eine bloße Beschäftigungstherapie vorzuliegen, die den Profis deutlich machen soll, dass sie keine Zukunft mehr beim Verein haben.
Dies genügt dann aber nicht mehr den Anforderungen an die Beschäftigungspflicht der TSG Hoffenheim gegenüber ihrem Spieler.
Dies könnte aber ausnahmsweise zulässig sein, wenn ein Fall der Durchbrechung der Beschäftigungspflicht vorliegt. Aufgrund der Herleitung aus Art. 2 Abs 1 und Art. 1 GG (Allgemeines Persönlichkeitsrecht) und Verortung bei § 242 BGB ist eine Abwägung mit den geschützten Interessen des Arbeitgebers vorzunehmen. Diese können ausnahmsweise überwiegen, z.B. in Fällen von Gefahren für den Arbeitgeber bei Fortbeschäftigung. Vorliegend könnte ein Fall der fehlenden Einsatzmöglichkeit vorliegen. Offensichtlich besteht bei der TSG Hoffenheim kein Bedarf für den Stürmer Eren Derdiyok. Dies alleine kann aber nicht genügen, es geht schließlich um die Teilnahme am Trainingsbetrieb und nicht am Spielbetrieb. Dass hier keine Möglichkeit besteht Eren Derdiyok ins Training der Profis einzubeziehen, ist nicht ersichtlich. Vielmehr ist es üblich, dass auch aussortierte Spieler (d.h. solche auf die der Trainer künftig im Spielbetrieb verzichten möchte) am Training der Profis teilnehmen dürfen. Somit liegt auch kein Ausnahmefall der Durchbrechung der Beschäftigungspflicht vor.
Eren Derdiyok hat einen Anspruch auf Teilnahme am Trainingsbetrieb der Profis der TSG Hoffenheim aus § 611 BGB iVm § 242 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, 1 GG (APR).
II. Gerichtliche Geltendmachung
Derdiyok hat hier den Weg der einstweiligen Verfügung gewählt, § 62 Abs. 2 ArbGG iVm. § 940 ZPO (Regelungsverfügung). Zuständig ist das ArbG der Hauptsache, § 62 Abs. 2 ArbGG iVm. § 943 ZPO. Der Verfügungsanspruch liegt vor, s. I. Als Verfügungsgrund genügt das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht hergeleitete besondere Beschäftigungsinteresse, das ohne die einstweilige Verfügung vereitelt würde. Sowohl Verfügungsgrund als auch Verfügungsanspruch sind ausreichend glaubhaft gemacht, § 62 Abs. 2 ArbGG iVm. § 920 Abs. 2 ZPO, § 294 ZPO. Das ArbG wird somit eine einstweilige Verfügung auf Teilnahme am Trainingsbetrieb der Profis erlassen.
III. Fazit
Der Fall kann als Einführung in das Recht der Beschäftigungspflicht als auch zur Vertiefung des Rechtes des einstweiligen Rechtsschutzes dienen. Hierzu ist er insbesondere in einer mündlichen Prüfung geeignet. Ein sportinteressierter, arbeitsrechtlicher Prüfer könnte auf ihn zu sprechen kommen.

24.08.2013/4 Kommentare/von Dr. Maximilian Schmidt
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Maximilian Schmidt https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Maximilian Schmidt2013-08-24 12:00:032013-08-24 12:00:03Der Fall Eren Derdiyok – Beschäftigungsanspruch eines Profifußballers
Dr. Jan Winzen

Einstweiliger Rechtsschutz im Verwaltungsverfahren Teil 2 – Der Antrag nach § 80 a Abs. 3 VwGO

Baurecht, Fallbearbeitung und Methodik, Öffentliches Recht, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes, Verwaltungsrecht

Nachdem Gegenstand des ersten Teils unserer Reihe zum verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutz der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO  war (hier), beschäftigt sich der vorliegende Beitrag mit den Besonderheiten des Antrags nach § 80 a Abs. 3 VwGO.
§ 80 a Abs. 3 VwGO betrifft den vorläufigen Rechtsschutz bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung (zur Erinnerung: Unter einem Verwaltungsakt mit Drittwirkung versteht man einen Verwaltungsakt, der einen Bürger begünstigt, zugleich aber auch einen anderen in seinen Rechten belastet). § 80 Abs. 1 Satz 2 VwGO ordnet an, dass Widerspruch und Anfechtungsklage auch insoweit aufschiebende Wirkung haben und verweist dabei auf § 80 a VwGO.
Zum Hintergrund: Die Regelung des § 80 Abs. 1 Satz 2 VwGO entstammt genau wie § 80 a VwGO dem vierten Gesetz zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung vom 01.01.1991. Viele Autoren sahen (und sehen) darin nur eine Klarstellung, da die betroffenen Fälle bereits von § 80 VwGO erfasst gewesen sein sollen (allen voran Schoch, etwa in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 80 a, Rn. 2). Einige Gerichte gingen davon aus, dass Eilrechtsschutz gegen Verwaltungsakte mit Drittwirkung zuvor nur über § 123 Abs. 1 VwGO zu erlangen war (so etwa ausdrücklich der 4. Senat des VGH Kassel in einem Beschluss vom 09.06.1992 – 4 TH 2512/91 Rz. 7 – juris).
Überragende Bedeutung in der Ausbildung hat § 80 a Abs. 3 VwGO im Baurecht. Im Schulfall setzt sich der Antragsteller gegen den Vollzug der seinem Nachbarn erteilten Baugenehmigung zur Wehr.
Achtung: In der Praxis führt allerdings eine Ausweitung der Genehmigungsfreiheit im Baurecht (vgl. etwa § 65 BauO NRW und § 55 iVm Anlage 2 der hessischen BauO) indessen gerade hier zu einer Zurückdrängung der Bedeutung des Eilantrags nach § 80 a Abs. 3 VwGO. Denn ohne den Verwaltungsakt (der Baugenehmigung) fehlt die wichtigste Voraussetzung für die Statthaftigkeit des Antrags nach § 80 a Abs. 3 VwGO. Eilrechtsschutz kommt dann nur über § 123 Abs. 1 VwGO in Betracht.
1.) Vorbemerkung zur Prüfung eines Antrags nach § 80 a Abs. 3 VwGO
Die Prüfung des Antrags nach § 80 a Abs. 3 VwGO orientiert sich weitgehend an der des § 80 Abs. 5 VwGO.
2.) Andere Interessenlage
Dem Antrag nach § 80 a Abs. 3 VwGO liegt jedoch eine andere Interessenlage zugrunde als dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO. Während es dort um das Über-/Unterordnungsverhältnis Staat/Bürger geht und die aufschiebende Wirkung gewissermaßen das Gegengewicht zu der hoheitlichen Verwaltungsmacht darstellt, betrifft § 80 a Abs. 3 VwGo ein Gleichordnungsverhältnis. Dementsprechend ist auch der Anordnung des § 80 Abs. 1 Satz 2 VwGO (aufschiebende Wirkung grundsätzlich auch bei Rechtsbehelfen gegen Verwaltungsakte mit Drittwirkung) keine gesetzgeberische Grundentscheidung für ein Überwiegen des Suspensivinteresses des Bürgers zu entnehmen. Als bloß verfahrensrechtliche Regelung weist die Norm dem Begünstigten des Verwaltungsaktes vielmehr eine Art „Initiativlast“ zu, die aufschiebende Wirkung durch einen Antrag bei der Behörde oder bei Gericht zu überwinden.
Kommt schon im Eilverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO der Herausarbeitung des Begehrens des Antragstellers eine besondere Bedeutung zu, so gilt dies erst Recht für das Verfahren nach § 80 a Abs. 3 VwGO (dazu sogleich). Nahezu alle Schwierigkeiten der Prüfung eines Antrags nach § 80 a Abs. 3 VwGO ergeben sich aus der unübersichtlichen Verweisungstechnik des § 80 a VwGO.
3.) Das behördliche Verfahren der Abs. 1 und 2 
Ausgangspunkt für das Verständnis der Normstruktur ist das behördliche Aussetzungsverfahren nach § 80 a Abs. 1 und Abs. 2 VwGO. Der gerichtliche Eilrechtsschutz knüpft nämlich gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 1 VwGO hieran an:

Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen.

Die Kenntnis der Handlungsmöglichkeiten der Behörde ist deshalb für die Beherrschung des gerichtlichen Eilrechtsschutzes von besonderer Bedeutung. Dieser sieht für bestimmte Verfahrenssituationen unterschiedliche Anträge vor. Einer Klausur zum gerichtlichen Eilrechtsschutz nach § 80 a Abs. 3 VwGO liegt regelmäßig eine der folgenden Verfahrenskonstellationen zugrunde:

  • § 80 a Abs. 1 VwGO

§ 80 a Abs 1 VwGO betrifft die Verfahrenssituation, in der ein Dritter mittels Widerspruch oder Anfechtungsklage gegen den einen anderen begünstigenden Verwaltungsakt vorgeht.
Nach § 80 a Abs. 1 Nr. 1 VwGO kann der Begünstigte (z.B. einer Gaststättenerlaubnis oder einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage) den Eintritt der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs (Regelfall des § 80 Abs. 1 Satz 2 VwGO)  dadurch verhindern, dass er bei der Behörde einen Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung stellt (die Anordnung der sofortigen Vollziehung ergeht dann auf Grundlage des bereits bekannten § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) – diese Konstellation lag etwa der Entscheidung des VG Darmstadt vom 27.06.2011 (6 L 425/11.DA) zugrunde.
Instrumentell stellt § 80 a Abs. 1 Nr. 1 VwGO im Gleichordnungsverhältnis zwischen dem privaten Begünstigten und dem privaten Dritten das notwendige Gegengewicht zu § 80 Abs. 1 Satz 2 VwGO dar. Nach richtiger (wenn auch umstrittener) Ansicht, kann die Behörde die sofortige Vollziehung (genau wie bei § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) auch von sich aus anordnen (diese Befugnis wird in § 80 a Abs. 1 Nr. 2 VwGO vorausgesetzt, dazu sogleich).
Den für Klausuren vermutlich bedeutsameren Fall regelt § 80 a Abs. 1 Nr. 2 VwGO. Danach kann nämlich der Dritte (also vor allem der Nachbar) in Fällen, in denen die aufschiebende Wirkung seines Rechtsbehelf gegen den Verwaltungsakt (also insbesondere die Baugenehmigung) entfällt, bei der Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (nach § 80 Abs. 4 VwGO) stellen.
Die Vorschrift ist deshalb von so herausragender Bedeutung, weil sie § 212 a BauGB ins Spiel bringt. Die aufschiebende Wirkung des Nachbarrechtsbehelfs kann nämlich genau wie im Verfahren des § 80 Abs. 5 VwGO nach einer der Varianten des § 80 Abs. 2 VwGO entfallen sein. Hier ist § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 von Bedeutung. Danach entfällt die aufschiebende Wirkung in (anderen) durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen. Bundesgesetzlich vorgesehen ist dies in § 212 a Abs. 1 BauGB für Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens (wozu insbesondere die Baugenehmigung zählt). Die Vorschrift bezweckt schlicht die Ermöglichung eines schnellen Baubeginns.
Lesenswert zu §§ 80 a Abs. 1 Nr. 2 VwGO, 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, 212 a Abs. 1 BauGB ist etwa der Beschluss des VG Augsburg vom 29.02.2012 (Au 4 S 12.224).
Natürlich kommt im Rahmen des § 80 a Abs. 1 Nr. 2 VwGO auch die vorausgegangene Anordnung der sofortigen Vollziehung durch die Behörde nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO zum Tragen.

  • § 80 a Abs. 2 VwGO

§ 80 a Abs. 2 VwGO betrifft die (für die Ausbildung wohl weniger relevante) Rechtsschutzkonstellation, in der der Adressat sich mit Widerspruch oder Anfechtungsklage gegen einen belastenden Verwaltungsakts währt, der zugleich einen Dritten begünstigt. Hier kann der Dritte die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs (Regelfall des § 80 Abs. 1 Satz 2 VwGO) überwinden, indem er bei der Behörde einen Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) stellt. Beispielhaft für den Anwendungsbereich der Vorschrift lässt sich folgende Passage aus einem Beschluss des VG Würzburg vom 25.08.2011 (W 5 E 11.576 Rz. 46 – juris) heranziehen:

§ 80 a Abs. 2 VwGO greift insbesondere für die Situation, dass die Bauaufsichtsbehörde eine Nutzungsuntersagung (Anm.: im Hinblick auf die Nutzung eines Grundstücks als Parkplatz) erlassen, der Pflichtige hiergegen aber Anfechtungsklage erhoben hat. Hat die Bauaufsichtsbehörde nicht den Sofortvollzug dieser Maßnahme angeordnet, kommt der Klage nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufschiebende Wirkung zu; die Anordnung ist suspendiert und muss (vorerst) nicht befolgt werden. Der Nachbar (Anm.: der von der Nutzungsuntersagung begünstigt wird) kann in einem solchen Fall jedoch den Sofortvollzug erreichen (…).

I. Die Zulässigkeit eines Antrags nach § 80 a Abs. 3 VwGO.
Da sich die Zulässigkeitsprüfung grds. an der des § 80 Abs. 5 VwGO (auf den ja auch § 80 a Abs. 3 Satz 2 VwGO verweist) orientiert, wird im Folgenden nur auf die Besonderheiten des Verfahrens nach § 80 a Abs. 3 VwGO eingegangen.
1.) Statthaftigkeit

  • Herausarbeitung des Rechtsschutzziels

In der Statthaftigkeit ist herauszuarbeiten, welche der oben genannten Verfahrenssituationen dem gerichtlichen Eilantrag zugrunde liegt. Auch hier ist wegen des Gebots effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) nicht die konkrete Formulierung, sondern das in der Sache verfolgte Rechtsschutzziel maßgebend. Notfalls ist dieses durch Auslegung zu ermitteln. §§ 88, 122 VwGO können herangezogen werden. Auch ist eine „Umdeutung“ (nach dem Rechtsgedanken des § 140 BGB) eines Antrags nach §123 Abs. 1 VwGO in einen Antrag nach § 80 a Abs. 3 VwGO möglich (das gilt natürlich auch für § 80 Abs. 5 VwGO).
Bei dieser Gelegenheit sei auch noch einmal darauf hingewiesen, dass auch von anwaltlich beratenen Antragstellern gestellte Eilanträge ausgelegt und umgedeutet werden können (lesenswert hierzu BVerwG, NVwZ 2012, 375 f.). Eine Ausnahme soll in diesem Fall aber dann gelten, wenn der Antragsteller ausdrücklich auf seinem geäußerten Begehren beharrt (siehe etwa Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier § 80 VwGO Rn. 458).

  • Bestimmung der einschlägigen Norm

Wie sich aus der alternativen Aufzählung des § 80 a Abs. 3 Satz 1 VwGO ergibt, kann das Gericht Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern, aufheben oder selbst treffen.
Sofern das Gericht selbst eine Maßnahme nach den Absätzen 1 und 2 trifft, gewährt es denjenigen vorläufigen Rechtsschutz, der an sich der Verwaltung obliegt (vgl. Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier § 80 a VwGO Rn. 46). Für die Statthaftigkeit gilt das oben zum behördlichen Verfahren Gesagte entsprechend. Ob der Antragsteller sich zuvor an die Behörde wenden muss, ist eine Frage, die nach herkömmlicher Sichtweise im Rahmen des Rechtsschutzinteresses zu beantworten ist.
Eine immer wieder erörterte Frage (Standardproblem) ergibt sich vor allem im Anwendungsbereich des § 80 a Abs. 3 Satz 1 Alt. 3, Abs. 1 Nr. 2 VwGO. Hat der Rechtsbehelf des Dritten gegen die Baugenehmigung des Begünstigten wegen § 212 a Abs. 1 BauGB keine aufschiebende Wirkung (oder hat die Behörde von sich aus die sofortige Vollziehung, etwa einer Gaststättenerlaubnis, angeordnet), ist umstritten, ob sich sein gerichtlicher Eilrechtsschutz nach § 80 a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 2 VwGO (entsprechend dem Wortlaut: gerichtet auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung) oder nach §§ 80 a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO (gerichtet auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung) richtet. Bedeutung hat die Entscheidung dieser Streitfrage wohl ohnehin nur im zweiten Examen (weil sie in der Anwaltsklausur für die Stellung des Antrags und im Übrigen für die Formulierung des Tenors maßgebend ist). Dogmatisch lässt sich für § 80 a Abs. 3 Satz 1 Alt. 3, Abs. 1 Nr. 2 VwGO das Argument der Spezialität heranziehen (wer sich für eine methodisch anschauliche Argumentation interessiert, dem sei der Beitrag von Budroweit/Wuttke, JuS 2006, 876, 878 empfohlen). Häufig wird empfohlen, sich in der Klausur einfach an die Rechtsprechung des für einen selbst maßgebenden OVG bzw. VGH zu halten (das OVG Münster etwa wendet § 80 a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO an, zuletzt in einem Beschluss vom 23.05.2012 – 7 B 548/12).
Sofern dem Antrag eine Maßnahmen der Behörde vorausgegangen sein sollte, geht es regelmäßig um § 80 a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 VwGO, nämlich die Aufhebung der behördlichen Maßnahme (die Änderung nach Alt. 1 zielt auf eine Modifikation der behördlichen Maßnahme ab, etwa durch Auflagen, soll aber hier nicht weiter verfolgt werden, da die Relevanz, jedenfalls für das erste Examen, eher gering sein dürfte).
Exemplarisch soll hier zum einen der Antrag auf Aufhebung der behördlichen Vollziehbarkeitsanordnung nach § 80 a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 (siehe oben) durch das Gericht genannt werden (auch hier ist es natürlich wieder denkbar, die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung statt über § 80 a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 VwGO über § 80 a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO zu erreichen). Jedenfalls kann der belastete Dritte auf diesem Weg den sog. status quo ante erreichen (die aufschiebende Wirkung seines Rechtsbehelfs).
Hat die Behörde auf Antrag des Dritten die Vollziehung (z.B. der Baugenehmigung) ausgesetzt (§ 80 a Abs. 1 Nr. 2 VwGO), kann zum anderen der Begünstigte seinerseits beim Verwaltungsgericht einen Antrag nach § 80 a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 VwGO auf Aufhebung der Aussetzung der Vollziehung stellen und so den status quo ante (keine aufschiebende Wirkung wegen z.B. § 212 a Abs. 1 BauGB) wiederherstellen.
2.) Antragsbefugnis
Die nächste Eigenart des Antrags nach § 80 a Abs. 3 VwGO liegt naturgemäß in der Antragsbefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO analog). Besonderheiten gegenüber dem Hauptsacheverfahren in Drittanfechtungsfällen ergeben sich freilich nicht. Die Antragsbefugnis kann nur auf eine mögliche Beeinträchtigung drittschützender Normen gestützt werden. Als Hauptanwendungsfall ist natürlich auch hier wieder das Baunachbarrecht zu nennen. Zur Wiederholung sei auf den hier veröffentlichten Beitrag zum Nachbarschutz im Baurecht verwiesen.
3.) Rechtsschutzbedürfnis
Im Rahmen der Prüfung des Rechtsschutzbedürfnisses gilt es einige Besonderheiten des Antrags nach § 80 a Abs. 3 VwGO zu beachten.

  • Rechtsbehelf des Antragstellers

Genau wie beim Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO setzt das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag nach § 80 a Abs. 3 VwGO aber zunächst grundsätzlich voraus, dass der Antragsteller bereits Widerspruch gegen den Verwaltungsakt eingelegt hat (nicht schon Anfechtungsklage, dies ergibt sich aus § 80 Abs. 5 Satz 2 VwGO, auf den § 80 a Abs. 3 Satz 2 VwGO verweist). Das gilt wegen der eindeutigen Anordnung in § 80 a Abs. 1 VwGO („Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf (…) ein“) auch für die Aussetzung der Vollziehung nach § 80 a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 2 VwGO (an sich sieht § 80 Abs. 4 VwGO, auf den in § 80 a Abs. 1 Nr. 2 VwGO verwiesen wird, diese Voraussetzung nämlich gerade nicht vor).

  • Rechtsbehelf nicht offensichtlich unzulässig

Zudem darf der zugrunde liegende Verwaltungsakt noch nicht bestandskräftig (ein Rechtsbehelf hiergegen also nicht offensichtlich unzulässig) sein. Wie bei § 80 Abs. 5 VwGO geht es hier um Fristenprobleme.
Der Klassiker dürfte die fehlende Bekanntgabe des Verwaltungsaktes gegenüber dem Dritten darstellen. In diesem Fall erlangt der Dritte (etwa der Nachbar) von dem Verwaltungsakt regelmäßig lediglich rein tatsächlich Kenntnis von dem Verwaltungsakt (nämlich z.B. infolge des Baubeginns) und stellt dann einen – vermeintlich verspäteten – Eilantrag. Hier konnte indessen mangels amtlicher Bekanntgabe gegenüber dem Nachbarn überhaupt keine Rechtsmittelfrist (auch nicht die des § 58 Abs. 2 VwGO) in Gang gesetzt werden. Der Verwaltungsakt ist folglich für den Dritten nicht durch Ablauf der Rechtsmittelfrist bestandskräftig geworden (zu beachten ist allenfalls noch, dass die Rechtsprechung dem Widerspruchsrecht des Antragstellers nach Treu und Glauben den Einwand der Verwirkung entgegenhält, wenn dieser zuverlässig Kenntnis von dem Verwaltungsakt erlangt hat oder hätte erlangen können und müssen. Das für eine Verwirkung erforderliche schutzwürdige Vertrauen des Antragsgegners soll allerdings in der Regel erst nach Ablauf der Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO eintreten können. Die Leitentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts stammt vom 25.01.1974 – IV C 2.72).

  • Entfallen des Suspensiveffekts

Der Wegfall der aufschiebenden Wirkung ist wie im Rahmen der Prüfung des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO positiv festzustellen. Hier sei insbesondere noch einmal auf §§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, 212 a Abs. 1 BauGB verwiesen.

  • Vorheriger Antrag bei der Behörde

Ein weiteres Standardproblem des § 80 a Abs. 3 VwGO betrifft die Frage, ob das Rechtsschutzbedürfnis entfällt, wenn der Dritte vor Stellung eines gerichtlichen Eilantrags nicht ein behördliches Aussetzungsverfahren betrieben hat. Anders als bei § 80 Abs. 5 VwGO lässt sich das Erfordernis eines vorherigen Antrags bei der Behörde nicht mit einem Verweis auf die eindeutige Regelung des § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO (Umkehrschluss) ablehnen. § 80 a Abs. 3 Satz 2 VwGO verweist nämlich auf § 80 Abs. 5 bis 8 VwGO (also insbesondere auch Abs. 6). Sieht man in diesem Verweis eine bloße Rechtsfolgenverweisung, kann man ein behördliches Aussetzungsverfahren stets als Zugangsvoraussetzung für einen Antrag nach § 80 a Abs. 3 VwGO verstehen. Für diese Ansicht lässt sich anführen, dass andernfalls der Verweis auf Abs. 6 leer liefe, da Verwaltungsakte mit Drittwirkung wohl so gut wie nie Kosten und Abgaben zum Gegenstand haben. Dies ist aber eigentlich sogleich schon das Hauptargument für die Gegenansicht, die in dem Verweis eine Rechtsgrundverweisung (und in der Einbeziehung des Abs. 6 ein Redaktionsversehen) erblickt. Denn das gesetzgeberische Konzept der §§ 80, 80 a VwGO verträgt sich, sofern es um die Herstellung der aufschiebenden Wirkung geht, nicht mit dem Erfordernis eines vorherigen behördlichen Verfahrens (für eine methodisch anschauliche Argumentation sei auf Schoch, in Schoch/Schneider/Bier § 80 a VwGO Rn. 74 ff. verwiesen).
In der Klausur ist es allerdings überaus ratsam, wenn möglich, von einer Streitentscheidung abzusehen. Dies dürfte meist über §§ 80 a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO gelingen. Danach ist ein vorheriger Antrag bei der Behörde jedenfalls nicht erforderlich, wenn die Vollstreckung droht. Dies ist mit Baubeginn der Fall (und typischerweise erfährt der Nachbar ja durch den Baubeginn überhaupt erst von der Existenz der Baugenehmigung, siehe oben).

  • Erlangung eines rechtlichen Vorteils noch möglich

Für gerichtliche Eilanträge eines Nachbarn, die auf Aussetzung der Vollziehung (der Baugenehmigung) gerichtet sind, besteht schließlich auch dann kein Rechtsschutzbedürfnis, wenn das Bauvorhaben bereits weitgehend fertig gestellt ist und die Aussetzung der Vollziehung dem Nachbarn keinen rechtlichen Vorteil mehr verschaffen würde (es geht hier freilich nicht um vollständig fertiggestellte Wohnhäuser – dass die Aussetzung der Vollziehung insoweit nicht zielführend ist, dürfte jedem einleuchten; vielmehr betrifft diese Fallgruppe Grenzfälle, in denen zum Beispiel ein Rohbau bereits errichtet ist und nur noch der Innenausbau verhindert werden soll – siehe dazu etwa den Beschluss des OVG Berlin-Brandenburg vom 23.03.2006 – OVG 10 S 21.05).
II. Die Begründetheit eines Antrags nach § 80 a Abs. 3 VwGO.
Mangels gesetzlich normierter Kriterien für die Entscheidung des Gerichts, kann auch die Begründetheit des Antrags nach § 80 a Abs. 3 VwGO nur das Ergebnis einer Interessenabwägung sein. Dabei sind, je nach Verfahrenssituation, kleinere Besonderheiten zu beachten.
1.) Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung (§§ 80 a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO) bzw. Aussetzung der Vollziehung (§ 80 a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 2 VwGO) 
Unabhängig von dem (oben) eingeschlagenen Weg, hat man hier den Rechtsgedanken des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO zu beachten. Die Norm wird nämlich von § 80 a Abs. 1 Nr. 2 VwGO ausdrücklich in Bezug genommen und ist damit wegen des Verweises in § 80 a Abs. 3 Satz 1 VwGO auch von dem Gericht zu beachten. Der Eilantrag des Dritten gegen die sofortige Vollziehbarkeit eines Verwaltungsakts ist danach dann begründet, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen.
Maßgebend sind also zunächst die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache. Man hat das bekannte Prüfungsschema (Ermächtigungsgrundlage, formelle Rechtmäßigkeit, materielle Rechtmäßigkeit) abzuarbeiten. Zu beachten ist dabei freilich, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit – etwa einer Baugenehmigung – allein nicht den Erfolg des Antrags begründen können. Vielmehr müssen sich diese Zweifel gerade aus einem Verstoß gegen drittschützende Normen ergeben.
Für die Klausur bedeutet das Folgendes: Ist der Verwaltungsakt wegen Verstoßes gegen drittschützende Normen rechtswidrig, ist der Antrag begründet (es reicht – wegen der Terminologie „ernstliche Zweifel“ theoretisch schon die überwiegende Wahrscheinlichkeit der Rechtswidrigkeit aus). Ist der Verwaltungsakt dagegen rechtmäßig, bleibt es bei seiner Vollziehbarkeit. Einer besonderen Dringlichkeit der Vollziehung bedarf es nicht.
Sollte einmal der Fall eintreten, dass die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache offen sind, bedarf es einer Einzelfallentscheidung. Im Baurecht sollte man aber nicht voreilig auf die Interessen des Dritten an der Vermeidung vollendeter  Tatsachen (durch den Baubeginn) abstellen. Instruktiv dazu etwa folgende Passage aus einem Beschluss des OVG Lüneburg (vom 9. 9. 2004 – 1 ME 194/04):

Nicht nur auf Seiten des Nachbarn drohen vollendete, weil unumkehrbare Tatsachen einzutreten, wenn das Vorhaben verwirklicht wird. Auch auf der Seite des Bauherrn können solche nicht mehr wieder gut zu machende Folgen eintreten. Diese bestehen im Falle einer Antragsstattgabe darin, dass die durch den Aufschub verlorene Zeit nicht nachgeholt werden kann und die in dieser Zeit erzielbaren Gewinne nicht mehr realisiert werden können.

Teilweise wird auch vertreten, der Gesetzgeber habe im Baurecht mit der Regelung des § 212 a Abs. 1 BauGB eine Grundentscheidung getroffen, die (bei offenem Ausgang der Hauptsache) für das Überwiegen des Vollzugsineresses des Begünstigten spreche. Diese Auffassung widerspricht indessen der oben beschriebenen Ausgangslage, die dem Verfahren nach § 80 a VwGO zugrunde liegt, nämlich ein Gleichordnungsverhältnis zwischen Privaten. Danach kommt § 212 a Abs. 1 BauGB, genau wie § 80 Abs. 1 Satz 2 VwGO lediglich die Funktion der Zuordnung einer Verfahrenslast zu.
Anhand der genannten Parameter muss man sich dann unter gründlicher Auswertung der angebotenen Fakten entscheiden. Wahrscheinlich wird letztlich doch die Schutzposition des Dritten, die etwa durch den Baubeginn beeinträchtigt würde, schwerer wiegen.
2.) Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung
Einen Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung kann entweder der Adressat eines begünstigenden Verwaltungsaktes, wie zum Beispiel einer Gaststättenerlaubnis (gegen den ein Dritter einen Rechtsbehelf mit aufschiebender Wirkung eingelegt hat), selbst gestellt haben (dann nach § 80 a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 1 VwGO).
Es kann aber auch ein Dritter, der durch den Verwaltungsakt begünstigt ist, den Antrag stellen, um die in Folge eines Rechtsbehelfs des Adressaten (zum Beispiel einer Beseitigungsverfügung) eingetretene aufschiebende Wirkung zu überwinden (dann nach § 80 a Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 VwGO – zum behördlichen Verfahren siehe oben).
Das Gericht kann hier selbst über die Anordnung der sofortigen Vollziehung entscheiden.

  • § 80 a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 1 VwGO

Maßgebend sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs des Dritten, der die aufschiebende Wirkung ausgelöst hat.
Ist die Gaststättenerlaubnis rechtmäßig, ordnet das Gericht die sofortige Vollziehung an. Ist sie dagegen rechtswidrig, wird der Antrag abgelehnt, wenn die Rechtswidrigkeit auf der Verletzung drittschützender Normen beruht. Sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs offen, bedarf es wieder einer Interessenabwägung im Einzelfall anhand aller angebotenen Tatsachen.

  • § 80 a Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 VwGO

Auch hier ist Ausgangspunkt die Erfolgsaussicht des Rechtsbehelfs, der die aufschiebende Wirkung ausgelöst hat. Ist die Beseitigungsverfügung rechtswidrig, lehnt das Gericht den Antrag des Dritten ab.
Ist die Beseitigungsverfügung rechtmäßig, ist Voraussetzung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung durch das Gericht, dass der Dritte einen Anspruch auf das behördliche Einschreiten, also den Erlass der Beseitigungsverfügung hat. Zudem muss der Dritte darlegen, dass der Sofortvollzug in seinem überwiegenden Interesse, das über jenes Interesse hinausgeht, welches den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt, geboten ist.
Dass diese Voraussetzung sicher selten vorliegen werden, kommt etwa in folgender Passage aus einem Beschluss des OVG Münster (vom 10.02.2010 – 7 B 1368/09) zum Ausdruck:

Wie das Verwaltungsgericht zutreffend herausgestellt hat, rechtfertigt sich die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer bauordnungsrechtlichen Verfügung, welche wie hier die Beseitigung von Bausubstanz fordert, nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen. In Anknüpfung an die gewichtigen Auswirkungen eines solchen Eingriffs ist es regelmäßig schon Gründen der Gewährung effektiven Rechtsschutzes geschuldet, dem Interesse des Ordnungspflichtigen an dem Erhalt der aufschiebenden Wirkung seiner Klage den Vorrang einzuräumen.

 
 
 
 
 

06.11.2012/4 Kommentare/von Dr. Jan Winzen
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Jan Winzen https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Jan Winzen2012-11-06 09:00:412012-11-06 09:00:41Einstweiliger Rechtsschutz im Verwaltungsverfahren Teil 2 – Der Antrag nach § 80 a Abs. 3 VwGO
Dr. Jan Winzen

Einstweiliger Rechtsschutz im Verwaltungsverfahren Teil 1 – Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO

Fallbearbeitung und Methodik, Für die ersten Semester, Lerntipps, Öffentliches Recht, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes, Verwaltungsrecht

Die Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kennt drei verschiedene Eilrechtsschutzverfahren. Neben die geläufigen Anträge nach §§ 80, 80 a VwGO und § 123 VwGO tritt die einstweilige Anordnung im Normenkontrollverfahren (§ 47 Abs. 6 VwGO).  Letztere ist jedoch in Praxis und Klausurexamen ohne Bedeutung und wird hier deshalb auch nicht behandelt (in der mündlichen Prüfung kann man aber sicher punkten, wenn man die Vorschrift kennt).
Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO sind dagegen Ausgangspunkt für einen Großteil der bei den Verwaltungsgerichten anhängigen Verfahren. Im Baunachbarrecht (vgl. dazu bereits hier) gilt entsprechendes für den Antrag nach § 80 a Abs. 3 Satz 1 VwGO (dazu hier). Es verwundert deshalb auch nicht, dass beide Verfahren regelmäßig Gegenstand von Examensklausuren und Kurzvorträgen sind. Die einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO erfährt demgegenüber eine eher stiefmütterliche Behandlung in der Klausurauswahl. Auch sie hat aber verschiedene Anwendungsfälle (siehe zu einer neueren Entscheidung etwa hier). Das Zusammenspiel zwischen den Verfahren nach §§ 80, 80 a VwGO  und § 123 VwGO zu verstehen, ist zudem für den sicheren Umgang mit Klausuren zum öffentlich rechtlichen Eilrechtsschutz unerlässlich.
Der vorliegende Beitrag befasst sich mit dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO. Die wichtigsten Klausurprobleme werden an den jeweiligen Stellen im Rahmen des hier vorgestellten Prüfungsaufbaus erörtert. Beiträge zu den Besonderheiten des sog. faktischen Vollzugs (§ 80 Abs. 5 VwGO analog), sowie zu  § 80 a VwGO (zum Beitrag) und zu § 123 VwGO werden folgen.
Vorbemerkungen zur Prüfung eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO
Vorab noch einmal zum Grundverständnis: Erlässt die Behörde einen den Bürger belastenden Verwaltungsakt, kann der Bürger die Wirksamkeit des Verwaltungsaktes durch Einlegung eines Widerspruchs oder Erhebung einer Anfechtungsklage hemmen und so insbesondere dessen Vollstreckung (vorerst) verhindern. Grundsätzlich ist Voraussetzung der Verwaltungsvollstreckung nämlich, dass der zu vollstreckende Verwaltungsakt unanfechtbar ist oder ein Rechtsbehelf gegen ihn keine aufschiebende Wirkung hat (siehe z.B. § 47 Abs. 1 HSOG in Hessen oder § 50 Abs. 1 PolG NRW in Nordrhein-Westfalen; instruktiv zur Verwaltungsvollstreckung ist auch dieser Beitrag). Die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ist gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO aber der Regelfall. Insoweit bedarf es also keines zusätzlichen Antrages nach § 80 Abs. 5 VwGO. Denn ein erfolgreicher Antrag führt immer nur den Eintritt der aufschiebenden Wirkung herbei. Der Anwendungsbereich des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO ist also auf Fälle beschränkt, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage ausnahmsweise keine aufschiebende Wirkung zukommt. Wann dies der Fall ist, regelt § 80 Abs. 2 VwGO.
Der Prüfungsaufbau des Eilantrags orientiert sich strikt an dem einer Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO). Im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung liegt das Hauptaugenmerk auf der Statthaftigkeit des Antrags und (insofern anders als bei der Zulässigkeitsprüfung im Rahmen einer Anfechtungsklage) dem Rechtsschutzbedürfnis. Im vorliegenden Beitrag sollen deshalb auch nur diese Punkte ausführlicher betrachtet werden. Größere Schwierigkeiten bietet dann die Prüfung der Begründetheit. Hier ist es unerlässlich, sich (in Ermangelung jeglicher Anhaltspunkte im Normtext) ein Prüfungsschema, die entsprechenden Obersätze und einige Entscheidungsregeln einzuprägen (dazu unten).
I. Die Zulässigkeit eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO
1.) Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges
Zuständig für einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist das Gericht der Hauptsache (§ 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Rechtsweg für den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist also eröffnet, wenn in der Hauptsache der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist. Dies richtet sich in Ermangelung aufdrängender Sonderzuweisungen bekanntlich nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Insoweit bestehen also beim Eilrechtsschutz keine Besonderheiten.
2.) Statthaftigkeit
Welcher Antrag statthaft ist, richtet sich nach dem Begehren des Antragstellers (Achtung: im Eilrechtsschutz gilt eine andere Terminologie als im Hauptsacheverfahren: statt Kläger/Beklagter spricht man von Antragssteller/Antragsgegner). Für das Verhältnis zu § 123 Abs. 1 VwGO enthält das Gesetz in § 123 Abs. 5 VwGO eine Abgrenzungsregel: einstweiliger Rechtschutz gegen belastende Verwaltungsakte ist danach stets über §§ 80, 80 a VwGO zu gewähren. Im Übrigen greift § 123 Abs. 1 VwGO ein (Auffangtatbestand). Das Begehren des Antragsstellers hat das Gericht (bzw. der Examenskandidat) im Zweifel nach §§ 88, 122 VwGO durch Auslegung zu ermitteln. Ein wörtlich unzutreffend gestellter Antrag ist deshalb unschädlich.
Folgender Obersatz bietet sich an: Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist statthaft, wenn es dem Antragssteller darum geht, vor der Vollziehung eines Verwaltungsaktes verschont zu bleiben; was in der Regel der Fall ist, wenn in der Hauptsache eine Anfechtungsklage statthaft ist.
Nun befindet man sich wieder im gewohnten Fahrwasser. Gegen den Vollzug offensichtlich belastender Verwaltungsakte (Abrissverfügung im Baurecht, Beseitigungsanordnung im Straßenrecht, Rücknahme einer Gaststättenerlaubnis, Versammlungsverbot) ist stets ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft. Im Regelfall sollte es in den Klausuren auch um ähnlich offensichtliche Fälle gehen. Die Musik spielt schließlich in der Begründetheit.
Im Zusammenhang mit der Statthaftigkeit eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO wird als Musterbeispiel für erhöhten Begründungsaufwand häufig die Ablehnung eines Antrages auf Verlängerung des Aufenthaltstitels (§ 81 Abs. 1 AufenthG) genannt. Wer unbefangen an den Fall herangeht, sollte meinen, weil in der Hauptsache eine Verpflichtungsklage auf Erteilung der beantragten Verlängerung statthaft sei, müsse im Eilrechtsschutz ein Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO gestellt werden. Indessen bestimmt § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG, dass der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend gilt, wenn vor dem Ablauf des Aufenthaltstitels dessen Verlängerung beantragt wurde. Das Begehren des Antragsstellers, im Bundesgebiet verbleiben zu dürfen, ist also gewahrt solange die Behörde seinen Antrag nicht abgelehnt hat. Deshalb stellt die behördliche Versagung der Verlängerung eine eigenständige Rechtsbeeinträchtigung dar, der im Eilrechtsschutz mit Hilfe des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO begegnet werden kann  (dies wird im Übrigen auch durch § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG bestätigt). Der Fall sollte zwar bekannt sein. Für Klausuren eignet er sich gleichwohl nicht wirklich.
Schließlich empfiehlt es sich in der Statthaftigkeit kurz anzudeuten, ob es sich um einen Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO, gerichtet auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung (wenn die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VwGO entfällt), oder um einen solchen nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO, gerichtet auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (wenn die Behörde die sofortige Vollziehung nach Maßgabe des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet hat), handelt.
3.) Antragsbefugnis
Der Antragsteller muss analog § 42 Abs. 2 VwGO antragsbefugt sein.
4.) Antragsgegner
Auch hier keine Besonderheiten. § 78 VwGO gilt analog. Je nach Landesrecht gilt § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO analog (Rechtsträgerprinzip – z.B. in Hessen) oder § 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO analog (Behördenprinzip – vor Inkrafttreten des JustG z.B. in NRW, dort in Verbindung mit § 5 Abs. 2 Satz 1 AG VwGO, ebenfalls in analoger Anwendung).
5.) Antragsfrist
Fristen sind für den Antrag im Eilrechtsschutz grundsätzlich nicht einzuhalten, es sei denn, sie sind – wie z.B. in §§ 36 Abs. 3 Satz 1 und 18 a Abs. 4 Satz 1 AsylVerfG – spezialgesetzlich angeordnet.
6.) Rechtsschutzbedürfnis
Das Rechtsschutzbedürfnis stellt wie eingangs schon angedeutet den zweiten wichtigen Prüfungspunkt in der Zulässigkeit dar. Es empfiehlt sich, die Prüfung in die folgenden Gliederungspunkte aufzufächern.

  • Rechtsbehelf des Antragsstellers 

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Das steht ausdrücklich in § 80 Abs. 5 Satz 2 VwGO. Sofern ein Vorverfahren nicht entbehrlich ist, muss der Antragsteller aber Widerspruch gegen den ihn belastenden Verwaltungsakt eingelegt haben. Dies wird in der Klausur in aller Regel der Fall sein.

  • Rechtsbehelf nicht offensichtlich unzulässig 

Sehr viel interessanter als der Umstand, dass überhaupt ein Rechtsbehelf eingelegt wurde, ist in Klausuren die Frage, ob dieser Rechtsbehelf vielleicht offensichtlich unzulässig ist. Praktisch geht es hier immer um die Verfristung des Widerspruchs (bzw. – bei Entbehrlichkeit des Vorverfahrens – der Anfechtungsklage). Alle anderen bedeutenden Zulässigkeitsvoraussetzungen des Hauptsacherechtsbehelfs (Verwaltungsrechtsweg, Statthaftigkeit, Klagebefugnis) wurden ja bereits entsprechend für den Eilantrag geprüft.
Der Eilantrag wird an dieser Stelle der Prüfung so gut wie nie scheitern. Die Kunst besteht einfach darin, die aufgeworfenen Fristprobleme vernünftig zu bewältigen. Zu denken ist etwa an eine fehlerhafte Rechtbehelfsbelehrung mit der Folge des § 58 Abs. 2 VwGO (Jahresfrist), einen Wiedereinsetzungsantrag nach § 60 VwGO (insbesondere im zweiten Examen) oder Fragen der Fristberechnung aus dem BGB  (§ 57 Abs. 2 VwGO verweist über § 222 Abs. 1 ZPO auf die §§ 187 ff. BGB).

  • Entfallen des Suspensiveffekts

Wie bereits in der Vorbemerkung angedeutet, besteht ein Bedürfnis für den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO überhaupt nur, wenn Widerspruch oder Anfechtungsklage ausnahmsweise keine aufschiebende Wirkung haben. Es muss im Rahmen des Rechtsschutzbedürfnisses also positiv festgestellt werden, dass ein Fall des § 80 Abs. 2 VwGO vorliegt.
Dazu folgende grundlegende Erläuterungen:
§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO (Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten): Hierdurch soll eine Gefährdung der Finanzierung notwendiger öffentlicher Aufgaben verhindert werden. Planbare Ausgaben müssen planbaren Einnahmen gegenüber stehen. Gemeint sind vor allem Beiträge und Gebühren (zur allgemeinen Definition siehe schon hier). Insbesondere Kosten, die im Zusammenhang mit Vollstreckungsmaßnahmen geltend gemacht werden (z.B. Kosten der Ersatzvornahme oder Kosten für die Anwendung unmittelbaren Zwangs), fallen nicht unter § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO. Zwangsinstrumente sollen zu einer Willensbeugung des Adressaten einer Verfügung führen und dienen nicht etwa der Finanzierung planbarer Ausgaben der öffentlichen Hand. Entsprechendes gilt für die Festsetzung eines Zwangsgeldes.
§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO (unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten): Diese Ausnahme dient der Effektivität der Gefahrenabwehr. Die Maßnahme muss unaufschiebbar sein. Das ist typischerweise bei mündlichen Verwaltungsakten der Fall (Musterbeispiel ist der Platzverweis). Bei schriftlich erlassenen Verwaltungsakten spricht eine Vermutung gegen die Unaufschiebbarkeit. Außerdem müssen die Maßnahmen von einem Polizeivollzugsbeamten im engeren Sinne stammen (nicht von einer allgemeinen Gefahrenabwehrbehörde!). Im Verkehrsrecht wird § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO analog angewendet. Dies ist erforderlich, weil das Bundesverwaltungsgericht Verkehrszeichen VA-Qualität (in Form der Allgmeinverfügung) beimisst (siehe dazu hier), Verkehrszeichen aber „ihrer Natur nach“ keinen Aufschub dulden (So Pietzner/Ronellenfitsch, Das Assessorexamen im Öffentlichen Recht, 12. Aufl. 2010, § 54 Rn. 15).
§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO  (in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen): Aus dem Bundesrecht sind vor allem § 54 Abs. 4 BeamtenStG (keine aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Abordnung oder Versetzung eines Beamten) und § 212 a Abs. 1 BauGB (keine aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens) zu nennen. Auf Ebene des Landesrechts enthalten typischerweise die Ausführungsgesetze zur VwGO Regelungen, welche die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen, die sich gegen Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung richten, entfallen lassen (etwa § 112 JustG in NRW oder § 16 AGVwGO in Hessen, der sogar die Anforderung von Kosten oder voraussichtlichen Kosten der Verwaltungsvollstreckung erfasst).
§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO (Anordnung der sofortigen Vollziehung durch die Behörde): Hier entfällt die aufschiebende Wirkung nicht – wie in den Fällen der Nr. 1 bis 3 – kraft Gesetzes. Vielmehr entscheidet hierüber allein die Behörde. Die Vorschrift hat große praktische Bedeutung und wird deshalb auch meist in der Klausur einschlägig sein. Im Rahmen des Rechtsschutzinteresses ist aber zunächst nur positiv festzustellen, dass ein Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO vorliegt. Die Besonderheiten der behördlichen Anordnung der sofortigen Vollziehung betreffen sämtlich Fragen der Begründetheit (dazu unten).

  • Vorheriger Antrag bei der Behörde

Zu guter Letzt kann man im Rechtsschutzbedürfnis noch kurz auf die Frage eingehen, ob sich der Antragssteller vor Stellung des gerichtlichen Eilantrags an die Behörde wenden muss. § 80 Abs. 4 VwGO sieht ja ein behördliches Aussetzungsverfahren ausdrücklich vor. Im Umkehrschluss zu § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO – wonach der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO nur nach erfolgloser Durchführung eines behördlichen Aussetzungsverfahrens zulässig ist – folgt jedoch, dass dies in den (klausurrelevanten) Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 4 VwGO gerade nicht erforderlich ist. Angesichts dieser eindeutigen Rechtslage sollte man auf die Frage wirklich nur eingehen, wenn der Sachverhalt einen entsprechenden Hinweis enthält. Etwas anders gilt im Rahmen des Antrags nach § 80 a Abs. 3 Satz 1 VwGO. Hierzu aber erst in einem der Folgebeiträge.
II. Die Begründetheit eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO
Wie bereits mehrfach angedeutet, ist die Prüfung der Begründetheit (und der richtige Umgang mit den Besonderheiten des Eilrechtsschutzes) entscheidend für die Bewertung jeder Klausur, die einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO zum Gegenstand hat.
Der Normtext des § 80 VwGO ist hinsichtlich des Prüfungsmaßstabes nicht sehr ergiebig. Rechtssprechung und Lehre haben aber ein mittlerweile in weiten Teilen einhellig anerkanntes Schema etabliert, an dem man sich sehr gut orientieren kann. Im Ausgangspunkt ist zwischen dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO) und dem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO) zu differenzieren.
1.) Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO)
(Nochmal zur Erinnerung: es geht hier um die Fälle, in denen die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VwGO von Gesetzes wegen entfällt.)
In der Begründetheit des Eilantrags ist eine Interessenabwägung vorzunehmen. Der Antrag ist begründet, wenn das private Aussetzungsinteresse (auch: Suspensivinteresse) des Antragsstellers das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt. Dies richtet sich in erster Linie nach der (summarisch geprüften) Erfolgsaussicht des Rechtsbehelfs in der Hauptsache.
An dieser Stelle ist man also wieder im bekannten Fahrwasser und prüft ganz normal – wie in der Begründetheit der Anfechtungsklage – das Vorliegen einer Ermächtigungsgrundlage sowie die formelle und materielle Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes, gegen dessen Vollziehung sich der Eilantrag richtet.
Ist eine Aussage über die Erfolgsaussichten in der Hauptsache  abschließend möglich, gilt Folgendes: Ist der Verwaltungsakt (offensichtlich) rechtswidrig, hat der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO Erfolg. Umgekehrt ist der Antrag unbegründet, wenn der Verwaltungsakt (offensichtlich) rechtmäßig ist.
Sollte aber der (schwierigere) Fall eintreten, dass die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache offen sind (etwa weil ausweislich des Sachverhalts eine entscheidungserhebliche Tatsache im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch nicht aufgeklärt ist), bedarf es der eigentlichen Interessenabwägung. Sind keine Umstände ersichtlich, die für ein Überwiegen von Aussetzung- oder Vollzugsinteresse sprechen, hilft die gesetzgeberische Wertung des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VwGO (Wegfall der aufschiebenden Wirkung!). Dem öffentlichen Vollzugsinteresse ist der dann der Vorrang einzuräumen. Gerade an dieser Stelle kann der Sachverhalt aber auch eine andere rechtliche Wertung gebieten. Namentlich, wenn dem Antragsteller bei Vollziehung des Verwaltungsaktes schwere und/oder nicht wiedergutzumachende Schäden drohen, ist trotz der Wertung des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VwGO dem Antrag stattzugeben. Häufig wird hier eine Folgenabschätzung im Sinne der Doppelhypothese (bekannt aus dem einstweiligen Rechtsschutz nach § 32 BVerfGG) durchgeführt (eine interessante Entscheidung, allerdings zu § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO, findet Ihr etwa hier). Wie so oft kommt es in erster Linie darauf an, sämtliche im Sachverhalt enthaltenen Informationen in das hier präsentierte Prüfungsschema einzuordnen und keine erheblichen Belange (insbesondere des Antragstellers) schlicht zu ignorieren.
2.) Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO)
(Hier geht es um den behördlichen Sofortvollzug, bei dem die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO auf Anordnung der Behörde entfällt).
Anders als bei § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO ist hier der Interessenabwägung (insbesondere Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache) die formelle Überprüfung der behördlichen Vollziehungsanordnung vorzuschalten.

  • Prüfung der Anordnung der sofortigen Vollziehung

Zuständig für die Anordnung der sofortigen Vollziehung sind sowohl die Erlassbehörde als auch die Widerspruchsbehörde (Zuständigkeitskonkurrenz, vgl. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO). Hier wird sich regelmäßig kein Problem ergeben.
Im Hinblick auf das Verfahren kann es im ersten Examen vorkommen, dass eine Anhörung des Betroffenen vor Erlass der Anordnung unterblieben und auch nicht während des gerichtlichen Verfahrens nachgeholt worden ist (entweder steht dies ausdrücklich im Sachverhalt oder es fehlt einfach eine Information dazu). Eine Anhörung wäre gemäß § 28 Abs. 1 VwVfG erforderlich, wenn die Anordnung der sofortigen Vollziehung VA-Charakter hätte (dies ist nach einzelnen Stimmen in der Literatur der Fall). Richtigerweise ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung aber kein Verwaltungsakt. Für diese (herrschende) Meinung spricht zum Beispiel, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung das Verwaltungsverfahren nicht abschließt (wie es § 9 VwVfG aber bei Vorliegen eines Verwaltungsaktes annimmt) und – u.a. mangels Fristen für ein gerichtliches Vorgehen – nicht der Bestandskraft fähig ist. Gegen eine entsprechende Anwendung des § 28 Abs. 1 VwVfG spricht, dass § 80 Abs. 3 VwGO abschließende Regelungen über die Form der Anordnung enthält (weshalb eine Regelungslücke nicht vorliegt). Im Übrigen kann nicht gewollt sein, dass die Anordnung selbst mit Widerspruch und Anfechtungsklage angegriffen werden könnte (die dann ja die aufschiebende Wirkung der Anordnung auslösen würden).
Wichtiger ist dann die ordnungsgemäße Form der Anordnung der sofortigen Vollziehung. § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO verlangt die schriftliche Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung. Es handelt sich hierbei ausschließlich um ein Formerfordernis (auf die inhaltliche Richtigkeit der Begründung kommt es an dieser Stelle nicht an). Der Behörde soll der besondere Charakter der Vollziehungsanordnung vor Augen geführt werden, damit sie sich ernsthaft mit der Prüfung des besonderen Vollzugsinteresses auseinandersetzt (Warnfunktion). Darüber hinaus soll der Adressat der Anordnung in die Lage versetzt werden, die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels gegen die Anordnung abzuschätzen (Informationsfunktion). Die genannten Funktionen des Begründungserfordernisses sind nur erfüllt, wenn die Behörde das besondere Vollzugsinteresse anhand des konkreten Einzelfalls darlegt. Die bloße Wiederholung des Gestztestextes, formelhafte Wendungen, Ausführungen zu Sinn und Zweck (Gesetzesbegründung) etc. genügen dem Begründungserfordernis nicht, sofern ihnen der Bezug zum Einzelfall fehlt.
Gerade an dieser Stelle kann sich häufig ein besonderes Klausurproblem ergeben, wenn die Anordnung der sofortigen Vollziehung wegen eines Begründungsfehlers rechtswidrig ist. Die Behandlung dieses Spezialproblems soll allerdings einem späteren Beitrag vorbehalten bleiben.

  • Interessenabwägung

Im Rahmen der Interessenabwägung gilt zunächst das oben zu § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO Gesagte entsprechend. Maßgebend sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache, wobei hier die Besonderheit hinzu kommt, dass selbst bei Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung gegeben sein muss (so ausdrücklich in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO vorgesehen).
Für die Entscheidung über den Antrag bedeutet das Folgendes: Ist der Verwaltungsakt (offensichtlich) rechtswidrig, hat der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO Erfolg (wie oben). Ist der Verwaltungsakt aber rechtmäßig, bedarf es (anders als oben) noch eines besonderen – von den Erfolgsaussichten der Hauptsache unabhängigen -Vollzugsinteresses der Behörde. Hier ist wieder der Sachverhalt sorgfältig auszuwerten, wobei im Zweifel entsprechend der gesetzlichen Wertung des § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO (Regelfall der aufschiebenden Wirkung) dem Suspensivinteresse des Antragsstelles der Vorrang einzuräumen ist. Entsprechendes gilt, wenn der Ausgang der Hauptsache offen ist, wobei auch hier wieder eine Folgenabschätzung zu einem anderen Ergebnis führen kann (zur Folgenabschätzung im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO etwa hier).

12.10.2012/4 Kommentare/von Dr. Jan Winzen
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Jan Winzen https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Jan Winzen2012-10-12 09:00:482012-10-12 09:00:48Einstweiliger Rechtsschutz im Verwaltungsverfahren Teil 1 – Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO

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Annika Flamme

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Ein absoluter Klausurklassiker ist die schenkweise Übereignung von dinglich belasteten Grundstücken an beschränkt Geschäftsfähige, deren aufkommende Probleme nachstehend von unserer Gastautorin Annika Flamme erörtert werden. Die Kernfrage in diesem Zusammenhang […]

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16.11.2025/0 Kommentare/von Annika Flamme
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Annika Flamme https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Annika Flamme2025-11-16 16:32:042025-11-17 09:33:11Examensklassiker: Elterliche Grundstücks- und Immobilienschenkungen an ihre beschränkt geschäftsfähigen Kinder
Marie-Lou Merhi

Präventiver Verfassungsschutz versus Meinungs- und Pressefreiheit – Das BVerwG hebt das Verbot der COMPACT-Magazin GmbH auf

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„Unser Verbot ist ein harter Schlag gegen die rechtsextremistische Szene“. Dies verkündete die damalige Bundesinnenministerin Nancy Faeser, als sie im Juli 2024 die COMPACT-Magazin GmbH öffentlichkeitswirksam verbot. Die Organisation sei […]

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10.11.2025/0 Kommentare/von Marie-Lou Merhi
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Marie-Lou Merhi https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Marie-Lou Merhi2025-11-10 08:11:162025-11-10 13:53:46Präventiver Verfassungsschutz versus Meinungs- und Pressefreiheit – Das BVerwG hebt das Verbot der COMPACT-Magazin GmbH auf
Gastautor

Praktikum am Landgericht Bonn

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Wir freuen uns, nachfolgend einen Gastbeitrag von Amelie Pühler veröffentlichen zu können. Die Autorin studiert Rechtswissenschaften an der Universität Bonn und berichtet über ihr absolviertes Pflichtpraktikum am Landgericht Bonn. Nach […]

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04.11.2025/0 Kommentare/von Gastautor
https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2025-11-04 18:18:532025-11-10 13:37:23Praktikum am Landgericht Bonn

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